Verinnerlichter Sexismus

Verinnerlichter Sexismus oder „internalisierter Sexismus“ ist ein Begriff aus dem Feminismus, mit dem erklärt wird, warum Frauen viele Diskriminierungen nicht erkennen und sie durch ihr Handeln sogar unterstützen.

Es erklärt also, warum man gleichzeitig ein sehr mächtiges Patriarchat haben kann, die meisten Frauen sich aber daran anscheinend nicht wirklich stören, jedenfalls nicht gegen das Patriarchat aufbegehren. Zudem erlaubt es Äußerungen von Frauen, die antifeministisch sind oder sich etwa dagegen aussprechen, dass Frauen unterdrückt werden, zu erklären.

Der Ansatz ist, dass diese Frauen aufgrund ihrer Erziehung stark in die in der sexistischen Gesellschaft vorhanden Regeln eingebunden sind und sich innerhalb dieser nur in den dort zur Verfügung gestellten Rollen und Mustern bewegen können: Wenn eine Frau also akzeptiert, dass sie eine Frau ist und daher gewisse Regeln für sie gelten, dann empfindet sie die dafür in der Gesellschaft bestehenden Rollen eben als angemessen.

Von der Seite Feminismus101:

ir leben in einer Gesellschaft, die uns vom Tag unserer Geburt an, bis zu dem Tag an dem wir sterben, mit sexistischen Botschaften bombardiert. Die Art, wie diese Botschaften ankommen, variiert von Person zu Person. Sie wird außerdem von Faktoren wie Zeit, Ort, Persönlichkeit oder Tagesform beeinflusst.

Wenn jemand einer bestimmten Botschaft ausgesetzt ist, wird er oder sie diese auf einer bewussten und unterbewussten Ebene interpretieren und anschließend entscheiden, wie diese Botschaft letztendlich verinnerlicht wird: sie wird akzeptiert, abgelehnt oder beides vermischt.

Jamet Thomas erklärt innere und äußere Unterdrückung:

Die sexistische Botschaft erreicht uns auf zwei Arten: äußere und innere Unterdrückung. Der äußere Sexismus sind Aussagen und Verhaltensweisen die uns von Außen, durch Institutionen oder Einzelpersonen erreichen, beispielsweise “Frauen sind zu emotional um Führungspositionen zu übernehmen”. Verinnerlichter Sexismus ist es, diese Stereotypen und Fehlinformationen zu glauben und zu übernehmen. Eine sexistische Gesellschaft vermittelt uns, was es bedeutet weiblich zu sein, z.B. “Was weißt ich schon…”, “Wer bin ich das zu sagen…”. Sowohl die äußere als auch innere Art der Unterdrückung ist schmerzhaft und einschränkend für Frauen als Einzelpersonen oder in einer Gruppe und entzieht uns die besten Gedanken, Entscheidungen und Handlungen.

Es ist also der Kampf gegen die große Gesellschaft, der einem zu groß erscheint und den man daher gar nicht mehr antritt. Statt dessen solidarisiert man sich in einer Art Stockholmsyndrom mit dem System und macht es sich zu eigen: So ist man kein Gegner mehr, der kämpfen muss, sondern kann innerhalb der Regeln eine positive Identität als Frau aufbauen. Das ganze scheint mir an Foucault festzumachen, der von einem ähnlichen Modell ausgeht.

Die Folgen eines solchen verinnerlichten Sexismus sind schrecklich:

Verinnerlichter Sexismus beeinflusst sowohl uns selbst negativ, als auch die Frauen in unserem Umfeld. Das zeigt sich hauptsächlich auf die folgenden Arten:

Verinnerlichter Sexismus ist eine unfreiwillige Reaktion auf Unterdrückung, die ausserhalb der eigenen Gruppe entsteht und dazu führt, dass Mitglieder der Gruppe sich selbst und gegenseitig verabscheuen und für die eigene Unterdrückung verantwortlich machen – anstatt zu erkennen, dass diese Meinungen durch das unterdrückerische, sozio-ökonomisch-politische System konstruiert werden.

– Penny Rosenwasser (Proceedings of the 41st Annual Adult Education Research Conference, 2000): Tool for Transformation: Cooperative Inquiry as a Process for Healing from Internalized Oppression.

Der Umgang mit dem eigenen Sexismus wird, wie das Verinnerlichen des von außen wirkenden Sexismus, durch verschiedenen Faktoren beeinflusst. Wenn Rosenwasser sagt, dass “Gruppenmitglieder sich selbst gegenüber abgeneigt sind” (Selbsthass), meint sie nicht, dass alle Frauen die ganze Zeit deprimiert sind, weil sie permanent darüber nachdenken, wie nutzlos sie sind, weil sie Frauen sind. Selbiges gilt für das “nicht mögen von Anderen in der Gruppe” – es bedeutet nicht, dass etwa Frauen, die Sexismus verinnerlicht haben, keine Beziehungen zu anderen Frauen aufbauen können. Was es allerdings bedeutet ist, dass es für Frauen – auch feministische – sehr leicht ist, eine “männliche” Perspektive einzunehmen und dadurch die “weiblichen” Standpunkte abzuwerten. Anders ausgedrückt:

Die Folgen, sich diese Rolle zu Eigen zu machen, sind ein enormes Reservoir an Selbsthass. Kein wirklich wahrgenommener oder hingenommener Selbsthass, die meisten Frauen würden das leugnen. Er kann sich dadurch ausdrücken, sich in seiner eigenen Rolle unwohl zu fühlen, als Gefühl der Leere, als Taubheit, Unruhe oder lähmende Ängstlichkeit. Es kann sich auch in einer Verteidigung der eigenen Rolle äußern. Aber er existiert, oft unterbewusst, vergiftet ihr Dasein, entfremdet sie von sich selbst und ihren eigenen Bedürfnissen, lässt sie auf andere Frauen wie eine Fremde wirken. Es folgt der Fluchtversuch: Identifikation mit dem Unterdrücker,, durch ihn leben, Status durch seine Macht und seine Errungenschaften erlangen. Und dadurch, sich nicht mit anderen “leeren Hüllen” zu identifizieren, wie sie selbst es sind. Frauen identifizieren sich nicht mit anderen Frauen, die ihre eigene Unterdrückung, ihren zweitrangigen Status, ihre eigenen Selbstzweifel widerspiegeln. Eine andere Frau damit zu konfrontieren ist letztendlich die Konfrontation mit dem eigenen Selbst, das man vermeiden wollte. Und in diesem Spiegel wissen wir, dass wir das, zu dem wir gemacht wurden, nicht wirklich lieben und respektieren können.

Ich finde es ja immer wieder faszinierend, wie es der Feminismus zum einen schafft Frauen abzuwerten, die anscheinend dann umfassend Selbsthass haben und sich mit ihrem Unterdrücker identifizieren, und zum anderen sich damit gleichzeitig gegen jede Kritik immunisieren kann:

Eine Frau stimmt dem Feminismus nicht zu? Das arme Ding will sich nur seinen Selbsthass nicht eingestehen, es identifiziert sich mit dem Unterdrücker, schrecklich so was, vielleicht schafft sie es ja noch irgendwann ihre Unterdrückung einzusehen, dann wird sie sich wieder lieben können.

Kritik wird damit unmöglich und der Frau das eigene Denken abgesprochen.