Dieser Beitrag ist Teil der evolutionären Theoriewoche
Das heutige Thema ist
Das egoistische Gen
Dabei handelt es sich um eine der von Kritikern wohl am häufigsten falsch verstandenen Theorien, die nicht eine Selektion auf Egoismus beinhaltet, sondern die Weitergabe von Genen in den Mittelpunkt setzt.
Dazu aus einem Artikel:
- Evolution erfolgt über Mutation von Genen und deren Selektion
- Eine Mutation, die nicht über Fortpflanzung weitergegeben wird, kann sich evolutionär nicht auswirken.
- Jede Veränderung einer Spezies kann nur über die Veränderung von Einzelwesen dieser Spezies erfolgen und nur von Generation zu Generation, eine Spezies an sich kann sich nicht verändern bzw. nur als Summe der Änderungen innerhalb der Einzelwesen von Generation zu Generation
- eine Gruppenselektion findet nicht statt. Ein Gen kann langfristig nur selektiert werden, wenn es dem Einzelwesen Vorteile bringt (“egoistisches Gen”), Vorteile für das einzelne Wesen können allerdings auch Vorteile der Gruppe sein, wenn diese auf das Einzelwesen zurückschlagen und diesem mehr bringen als sie das Einzelwesen kosten. Ansonsten droht eine Freeriderproblematik, da sich deren Gene durchsetzen.
Und aus der Wikipedia:
Dawkins geht von der Überlegung aus, dass in der Evolutionsforschung eine Zeit lang Arten als Einheit der Selektion angesehen wurden (Arterhaltung). So heißt es in älteren Dokumentationen oft: Tiere „opfern sich zum Wohl der Art“. Inzwischen geht die allgemeine Tendenz jedoch eher in die Richtung, einzelne Individuen und ihre Konkurrenz um Ressourcen in den Vordergrund zu stellen. Dawkins denkt diesen Ansatz radikal weiter: Warum sollten nicht die Genabschnitte einzelner Chromosomen selbst mit den gleichen Genabschnitten anderer Chromosomen miteinander „im Wettstreit stehen“? Denn zumindest Lebewesen, die sich sexuell vermehren, können ja nicht als ganze Individuen in die nächste Generation weitergegeben werden, sondern nur eine mehr oder weniger willkürliche Auswahl ihrer Gene. Insofern besteht eine Konkurrenz der Gene um ihre Verteilung in der nächsten Generation, an den jeweils entsprechenden Stellen im Chromosomensatz.
Besonders allele Gene stehen in direkter Konkurrenz, also solche, die an der gleichen Stelle im Genom sitzen können und die gleiche Aufgabe erfüllen, sich aber darin voneinander unterscheiden können, wie sie diese Aufgabe erfüllen. Gene müssen deshalb immer „egoistisch“ sein, das heißt in diesem Zusammenhang ihre Verbreitung auf Kosten von anderen Genen vergrößern (wobei der „Egoismus“ der Gene sich freilich nur als anschauliches Bild versteht – Gene haben weder Gefühle noch Absichten). Es lässt sich nur auf die Vergangenheit schauend erklären: Ist ein Allel heute noch vorhanden, folgt daraus, dass es sich egoistisch (hier im Sinne von darwinistisch evolutionär) gegen andere durchgesetzt hat. Andere Allele, mögen sie noch so funktionell für ihre Träger gewesen sein, sind unterlegen und verschwunden – entweder aufgrund ihrer eigenen evolutionären Unterlegenheit oder jener der sie begleitenden Allele.
Wer nicht versteht, dass die Weitergabe und die Selektion bestimmter Gene der entscheidende Punkt innerhalb der Evolutionsbiologie ist, der hat die gesamte Theorie aus meiner Sicht nicht verstanden. Deswegen sollen diese Theorien den Anfangspunkt bilden.
Mit „Genmathematik“ meine ich eben genau dieses Abstellen auf das Gen und den Verweis darauf, dass sich etwas durchsetzt, wenn dadurch die dafür verantwortlichen Gene zahlreicher werden. Das spielt insbesondere bei Verwandtenselektion aber auch bei Konzepten wie „Vaterschaftssicherheit“ für das Verständnis eine Rolle.
Das Konzept des „selfish gene“ stammt ja aus dem gleichnamigen Buch von Richard Dawkins und ist mittlerweile schon fast 40 Jahre alt.
Dawkins hat diese anthropomorphisierende Metapher für den Charakter von Genen schon lange bereut, da sie irreführend ist.
Seine Hoffnung, die Menschheit könne sich quasi in ihrem Handeln durch Entwicklung einer befreienden Intelligenz von den evolutionären Zwängen ihrer genetischen Bestimmtheit emanzipieren, gilt mehr als illusionäre Hoffnung, denn als empirisch belegbar.
Dass Dawkins Buch andererseits von Seiten der biologieskeptischen Geisteswissenschaftler unter Beschuß kam, versteht sich von selbst.
Schließlich ging es für sie um´s ganze. Um das Konzept des „Altruismus“, um den „freien Willen“ und um das Ausmaß biologischer Determinierung menschlichen Seins.
Als Hilfsargument wurde hierbei immer wieder die äußerst komplexe Informationsverarbeitung zwischen Gen – Individuum – Umwelt bemüht, die ein kausales Primat des Gens ausschließe.
Soziale Empirie wurde hierbei ausgeblendet.
Die zunehmende Aufarbeitung neurobiologischer Informationswege belegt dieses Primat aber ein ums andere mal.
Der Masterplan ist nicht der, den wir uns aufgrund unserer speziesspezifischen Imaginationskraft am liebsten vorstellen.
Dass es keine genetisch bedingte Gruppenselektion gibt, entspricht übrigens nicht dem aktuellen Forschungsstand.
„“Cultural evolutionary theory, however, has suffered from an overemphasis on the experiences and behaviors of individuals at the expense of acknowledging complex group organization…Many important behaviors related to the success and function of human societies are only properly defined at the level of groups“
Klicke, um auf smaldino2014.pdf zuzugreifen
Hast du die schon mal über legt, wie eine Gruppenselektion, abzugrenzen von einer Selektion von Menschen als Bestandteil der Gruppe, funktionieren soll?
@ christian
„Multilevel selection theory“
Eine sehr interessante Theorie.
Klicke, um auf Vol07x23UnderstandingEvolution.pdf zuzugreifen
http://www.jstor.org/stable/10.1086/522809
@ratloser
https://en.wikipedia.org/wiki/Group_selection
Das Hühner Experiment hatte mir Roslin auch mal entgegen gehalten:
https://allesevolution.wordpress.com/2012/01/05/grundregeln-der-evolution/#comment-27751
Es zeigt sich aber, dass das ganz stinknormale Selektion nach dem „eogistischen Gen“ war und keine weiteren Ebenen beteiligt waren:
https://allesevolution.wordpress.com/2012/01/05/grundregeln-der-evolution/#comment-27766
Und das ist auch meist das Ergebnis dieser „Multi Level Selektion“. Auf jeder der betrachteten Ebenen findet eine Selektion des Einzelwesens nach dem Prinzip der egoistischen Gene statt. Weswegen es eine eher nichtssagende Theorie ist
http://edge.org/conversation/the-false-allure-of-group-selection
@chris
„Und das ist auch meist das Ergebnis dieser “Multi Level Selektion”. Auf jeder der betrachteten Ebenen findet eine Selektion des Einzelwesens nach dem Prinzip der egoistischen Gene statt. Weswegen es eine eher nichtssagende Theorie ist“
Bingo. Die ganzen rein theoretischen Konzepte, um einen besseren Begriff als „Art“ als Evolutionseinheit hinzubekommen, haben gar nichts geholfen. Ob das nun „Fortpflanzungsgemeinschaft“ oder eben „Gruppenselektion“ oder MLsonstwas war. Ob beabsichtigt oder nicht, war dies aber praktisch immer nur ein Infallstor für obskurantistische Vorstellungen, wie „Intelligent Design“ und anderes.
Wenn dann bitte schön einen neuen Theorieansatz, der rein molekularbiologisch-genetisch ausgerichtet ist, hier wird die „Schlacht um Darwin“, um das *beste* Gen und was es bedeuten mag, geschlagen 🙂
@ratloser
„Schließlich ging es für sie um´s ganze.“
Wie kommst du eigentlich auf diese Idee? Damit frage ich nicht danach, was diese Geisteswissenschaftler wirklich dachten, denn mir ist schon klar, daß du das nicht weißt, sondern nach den inhaltlichen Punkten, die dir Anlaß zu der Vermutung geben, es müßte für sie um’s Ganze gehen?
Nun wenn Biologie Erklärungen liefern kann für Altruismus, freien Willen, menschliches Sozialverhalten usw., ist ein Großteil der geisteswissenschaftlichen Erklärungen dieser Phänomene wenn nicht überflüssig so doch in Frage gestellt.
@El_Mocho
Die Biologie liefert Erklärungen für den freien Willen?
„Die Biologie liefert Erklärungen für den freien Willen?“
Null, weder dafür, noch dagegen. Wäre genau deine Baustelle, wie auch „Altruismus“ und etliches mehr.
Als „nicht existente Phänomene“ (@ratloser) würde ich das alles gar nicht ansehen, nur nicht als Probleme der (biologischen) Wissenschaft.
(Ja, natürlich — für „Hirnforscher“ und SJWs & Genderleute stellt sich das wohl anders dar.)
@ elmar
„Die Biologie liefert Erklärungen für den freien Willen?“
Nein, natürlich nicht. Denn es gibt keinen freien Willen.
Die Erklärung für nicht existente Phänomene obliegt der Kompetenz der Philosophie.
😉
Das meinte ich ungefähr. Es ist im Rahmen einer naturalistischen Position durchaus möglich, eine Erklärung für den sog. Freien Willen zu finden, die mit einem allgemeinen Determinismus übereinstimmt, s. etwa hier:
https://en.wikipedia.org/wiki/Freedom_Evolves
Und habt ihr euch mal überlegt, wie eucher biologisch erklärter Determinismus aussieht?
Ist jede einzelne Handlung determiniert? Und wenn sie es nicht ist, die wird dann der Einfluß auf die Handlungen durch die Biologie ausgeübt? Und wäre die Etablierung einer generellen Tendenz nicht viel komplizierter zu bewerkstelligen, als die strikte Determination jeder einzelnen Handlung?
@elmar
„Und habt ihr euch mal überlegt, wie eucher biologisch erklärter Determinismus aussieht?“
Das wäre eigentlich eher Thema für morgen. Heute könntest du dir mal überlegen, wie Selektion auf genebene verläuft. Und welche Folgen das hat.
„Ist jede einzelne Handlung determiniert? Und wenn sie es nicht ist, die wird dann der Einfluß auf die Handlungen durch die Biologie ausgeübt? Und wäre die Etablierung einer generellen Tendenz nicht viel komplizierter zu bewerkstelligen, als die strikte Determination jeder einzelnen Handlung?“
Schau dir doch mal die Theorien dazu an, vollziehe sie nach und bringe dann eine Kritik.
Da wir evolutionswoche haben:
Bis zu welchem Grad der „menschwerdung“ bzw bei welchen Tieren gehst du denn von einem tatsächlich „freien Willen“ und bis zu welchem noch von einem „biologischen determinismus“ ein?
Einzeller, primitiere Mehrzeller, Insekten, Fische, Echsen, Säugetiere, Primaten, Mensch?
Wann in unserer Entwicklungsstufe haben wir den Übergang gemacht? Hatte Ardipithecus ramidus oder die Australopithecinen schon einen „freien willen“? Oder erst der Homo?
Und wie hat sich das ausgewirkt im aufbau unseres Gehirns? Wurden bisherige Gehirnbereiche nutzlos und sind verschwunden?
Wie ist das Gehirn entstanden?
Da wäre auch das „egoistische Gen“ ein guter Punkt, den man sich bewußt machen sollte: Selektion auf der Genebene haben eben auch das Gehirn geschaffen. Und damit ist das Gehirn letztendlich etwas, was nur der Weitergabe von Genen dient. Nur solange dies gefördert wurde konnte eine Mutation sich durchsetzen.
@ elmar
Es ist notwendig sich zu vergenwärtigen, dass Handlungen einem durch eine komplexe Interaktion von genetisch determiniertem neurobiologischen Netzwerk und Umwelt bedingten Phänotyp entsprechen.
Eine Entscheidung, die zu einer Handlung führt, ist nicht Folge „eines Gen“´s, sondern Ausdruck einer Resonanz von externen Einflüssen auf dem Boden der individuellen neurobiologischen Verfasstheit.
Der Resonanzkörper, die Art der möglichen Resonanz sind biologisch vorgegeben. Die tatsächliche Resonanz aber wird auch durch die externen Faktoren, deren Reizstärke, deren Reizdauer, deren Informationskomplexizität etc. etc. mitbestimmt.
Bei freiem Willen muss man sich fragen: „frei wovon“ und „frei wozu“.
Denkt man zum Beispiel an die Freiheit, den Willen zu allgemein ethisch empfohlener Verhaltensweise zum Ausdruck zu bringen, stößt man schnell an den Punkt, an dem diesem z.B. konträres emotionales „(Nicht)Wollen“ in die Quere kommt.
Wir können uns nicht aussuchen, was wir wollen. Wir können nur versuchen, unser Wollen sozialverträglich zu kontrollieren…so gut es geht.
@ Christian
Die bislang (evolutionär sehr kurze) Erfolgsgeschichte unserer ZNS-Evolution mit solchen Folgen wie Reflexions-, Antizipations- und Empathievermögen könnte sich übrigens langfristig auch als evolutionärer Irrweg erweisen.
„Die bislang (evolutionär sehr kurze) Erfolgsgeschichte unserer ZNS-Evolution mit solchen Folgen wie Reflexions-, Antizipations- und Empathievermögen könnte sich übrigens langfristig auch als evolutionärer Irrweg erweisen.“
Es ist sehr gut möglich, dass die Menschheit sich mit Hilfe ihrer überlegenen Intelligenz selbst auslöscht, zumindest als biologische Spezies.
Stimmt, der reine Titel hält bis heute eine Menge Linker davon ab, sich überhaupt mit Biologie/Evolutionstheorie in Bezug auf Menschen zu befassen.
„Biologie ist Faschsimus“ – wer hat das gesagt?
Ein Gen kann langfristig nur selektiert werden, wenn es dem Einzelwesen Vorteile bringt (“egoistisches Gen”), Vorteile für das einzelne Wesen können allerdings auch Vorteile der Gruppe sein, wenn diese auf das Einzelwesen zurückschlagen und diesem mehr bringen als sie das Einzelwesen kosten. Ansonsten droht eine Freeriderproblematik, da sich deren Gene durchsetzen.
Der Druck Richtung Gruppenzugehörigkeit ist jedenfally so groß*, dass bestimmte Individuen Eigenschaften, die der Gruppenzugehörigkeit dienen, sofern sie diese gen-seitig nicht mitbringen, zumindest eine gewisse Zeit lang verhaltensseitig simulieren.
Das Fortbestehen von Psycho- und Soziopathen im Genpool kommt der Freeriderproblematik ziemlich nahe. ME hat wurde hier im evolutionären Prozess aufgrund widersprüchlicher Anforderung ein nur vorläufiger Kompromiss gefunden.
*Dafür spricht z.B. dass die molekularbiologischen Vorgänge, die zu sozialem „Schmerz“ (Scham, Schuld, Abweisung,…) führen weitgehend dieselben sind, die bei körperlichem Schmerz ablaufen (über Aktivierung des AGC).
@zip
„Der Druck Richtung Gruppenzugehörigkeit ist jedenfally so groß*, dass bestimmte Individuen Eigenschaften, die der Gruppenzugehörigkeit dienen, sofern sie diese gen-seitig nicht mitbringen, zumindest eine gewisse Zeit lang verhaltensseitig simulieren.“
Das ist ja ein Vorteil für das Einzelwesen: Er wird „Gruppentauglicher“. und nur nach diesem Vorteil erfolgt die Selektion. Die Evolution der Kooperation ist nur mit dem Prisoners Dilemma zu verstehen. Kooperation bietet enorme Vorteile, ist aber einfach auszubeuten. Deswegen gibt es keine saubere Lösung, nur Maßnahmen und Gegenmaßnahmen. Eine wesentliche ist zB das Gedächtnis für das frühere Verhalten.
@zip
„Der Druck Richtung Gruppenzugehörigkeit ist jedenfally so groß*, dass bestimmte Individuen Eigenschaften, die der Gruppenzugehörigkeit dienen, sofern sie diese gen-seitig nicht mitbringen, zumindest eine gewisse Zeit lang verhaltensseitig simulieren.“
Das ist ja ein Vorteil für das Einzelwesen: Er wird „Gruppentauglicher“. und nur nach diesem Vorteil erfolgt die Selektion. Die Evolution der Kooperation ist nur mit dem Prisoners Dilemma zu verstehen. Kooperation bietet enorme Vorteile, ist aber einfach auszubeuten. Deswegen gibt es keine saubere Lösung, nur Maßnahmen und Gegenmaßnahmen. Eine wesentliche ist zB das Gedächtnis für das frühere Verhalten.
Wichtig ist es auch die Funktion des Signallings in dem Zusammenhang zu verstehen: Es hat einen hohen Wert einen guten Ruf zu haben, weil einen Leute danach kooperation eher anbieten. Es bringt aber wenig(er) bei Fremden, die man nur einmal sieht oder wenn es keiner mitbekommt.
Ja, aber Psychopathie schlägt destruktiv auf die Gruppe zurück und ist für des Individuum (weil es unter hohem Aufwand simulieren muss) letztlich enorm „costly“.
@ zip
Psychopathische Persönlichkeitseigenschaften können sowohl für die Gruppe als auch das Individuum in bestimmten Situationen durchaus sehr vorteilhaft sein.
@ ratloser
Stimmt, Psychopathen treffen Entscheidungen unter Gesichtspunkten, zu denen ein „Normalo“ wohl nicht fähig wäre – z.B. „mitleidloses“ Opfern von Gruppenmitglieder in Situationen der Gefährdung oder Verknappung.
Ich nehme auch an, dass Psychopathie ein costly mating signal ist. Wer soviel Aufwand betreibt, muss gute Gene haben.
Psychos kommen jedenfalls sehr häufig in die nächste Runde.
@zip
Was ist aber der Gegenmechanismus? Doch lediglich das Erkennen von Psychopathen, eine Fähigkeit die bei einzelnen selektiert worden ist.
Und eine gewisse Abscheu gegen sie, sofern sie einem nicht zuarbeiten und den eigenen Interessen dienen
Alles gut nach dem egoistischen Gen erklärbar.
Ist das Dein subjektiver Eindruck, oder kannst du das auch anhand von Statistiken nachweisen?
@ Glob
Auf der vom Kriminalpsychologen Robert D. Hare entwickelten 40-skaligen Revised Psychopathy Checklist erreichen Gefängnisinsassen oft hohe Punktezahlen (über 25). Der Prozentsatz der Psychopathen liegt bei Inhaftierten bei etwa 20%, womit sie gegenüber der Durchschnittsbevölkerung überrepräsentiert sind (zwischen 1-3%).
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7782747
Eine jüngst vorgelegte schwedische Studie über die Fertilität von Gefängnisinsassen, ‚Criminal offending as part of an alternative reproductive strategy..‘, kommt zu folgenden Ergebnissen:
Convicted criminal offenders had more children than individuals never convicted of a criminal offense. Criminal offenders also had more reproductive partners, were less often married, more likely to get remarried if ever married, and had more often contracted a sexually transmitted disease than non-offenders. Importantly, the increased reproductive success of criminals was explained by a fertility increase from having children with several different partners. We conclude that criminality appears to be adaptive in a contemporary industrialized country, and that this association can be explained by antisocial behavior being part of an adaptive alternative reproductive strategy.
http://www.ehbonline.org/article/S1090-5138%2814%2900077-4/abstract
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt der Betreiber des US-amerikanischen blogs „inductivist“, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Bevölkerungsdaten aller Art auszuwerten.
Demnach haben in einer Stichprobenerhebung (n=537) männliche Gefängnisinsassen zwischen 45 u. 54 Jahren durchschnittlich 3,04 Kinder, während die vergleichbare Altersklasse der Nicht-Deliquenten eine durchschnittliche Kinderanzahl von 2,62 aufweist (MIDUS-Studie).
http://inductivist.blogspot.co.at/2011/02/average-family-size-of-jail-inmates.html
http://inductivist.blogspot.co.at/2011/03/more-on-jail-inmate-fertility.html
Zuletzt sei auf die mittlerweile notorische Studie von Peter Jonason verwiesen, nach der männliche Probanden, die Persönlichkeitsmerkmale der ‚Dark Triad‘ (Machiavellismus, Narzissmus, Psychopathie) aufwiesen, mehr Erfolg beim Daten verbuchten.
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/per.698/abstract
Die Evidenz ist zwar noch nicht eindeutig, aber sie wurde 2013 von britischen Forschern unterstützt:
Women rated the high DT character as significantly more attractive.
Klicke, um auf The-Dark-Triad-Personality.pdf zuzugreifen
Der Drawback ist, dass ein Psychopath die Gruppe jede Menge Ressourcen kosten kann und somit jeden einzelnen der Gruppe in seinem Überleben gefährdet.
Simples, fast schon stereotypes Beispiel: der irre Chef, der das Unternehmen gegen die Wand fährt.
@zip
Dann übertrag das mal auf eine Gruppenselektionsebene. Wie soll eine Selektion dagegen erfolgen, die nicht allein mit dem egoistischen Gen zu erklären ist?
„Dann übertrag das mal auf eine Gruppenselektionsebene. Wie soll eine Selektion dagegen erfolgen, die nicht allein mit dem egoistischen Gen zu erklären ist?“
Durch den Wettbewerb der Gruppen.
@JC
Das große Problem ist ja, diesen Wettbewerb in eine Selektion zu bekommen. Wie werden da Gene selektiert, wie setzt sich die Mutation durch? Und was ist der Unterschied zwischen einer Selektion nach dem egoistischen gen?
zu Verdeutlichung der Problematik:
https://allesevolution.wordpress.com/2012/04/17/verwandtenselektion-gruppenselektion-selektion-des-einzelwesens-in-einer-gruppe/
Eine gruppe könnte z. B. eine bestimmte Struktur aufweisen, die es Psychopathen schwerer macht, Schaden anzurichten.
@JC Denton
Ja, aber Gruppen haben keine Gene. Einzelpersonen haben Gene. Natürlich kann es für die Einzelperson förderlich sein, bestimmte Gruppenstrukturen zu stützen.
Aber was ist dann das besondere der Gruppenselektion oder der multilevelselektion?
bzw.wie bekommt man diese Strukturen dann in die Gene? Wie muss die Selektion da aussehen?
@ Christian
Der Wettbewerb der Gruppen könnte z.B. einen Stamm, dessen individuelle Mitglieder zumindest teilweise (sodass sich das auf die Gruppenformation auswirkt) Träger eines bestimmten genetischen Merkmals sind, komplett auslöschen.
Somit ist das Gen verschwunden.
Wäre multilevel selection.
@ Christian
Wenn die Gruppe der Rothaarigen von der Gruppe der Schwarzhaarigen eliminiert wird, verschwindet auch das Gen für Rothaarigkeit.
@Christian
Ja, erfolgt über individuelle Genselektion.
Gruppenselektion kann es nicht geben, weil sich eine Gruppe nicht fortpflanzt. Das tut nur das Individuum.
siehe den suuperlangen hochkarätigen Essay oben, den @chris geposted hat. made my day 🙂
Gruppenselektion kann es nicht geben, weil sich eine Gruppe nicht fortpflanzt. Das tut nur das Individuum.
Adri, wissen wir schon. Es gibt aber darüber hinaus auch Gruppenkonkurrenz.
Na und? Die Selektion und Weitergabe der Gene kann dennoch nur über das Individuum erfolgen.
Die Wirkung der Gruppenkonkurrenz auf Gene kommt auf einer Ebene zum Tragen, die die Selektion und Weitergabe der Gene auf der individuellen Ebene der Gruppenmitglieder sozusagen überstimmt (overruled).
Und wie?
Nehmen wir einmal an, wir hätten zwei Gruppen der Gattung homo in ähnlichen Habitaten.
Die Habitate grenzen aneinander an. Sie weisen einen mittelhohen Strauch- und Baumbestand auf, in einem heißen, bzw. sehr heißen Klima.
Die eine Gruppe in dem sehr heißen Habitat bildet Individuen aus, die nicht so großgewachsen sind die also das Genmerkmal „klein“ haben, weil es ein Vorteil ist, unter den Bäumen und Sträuchern Schatten zu finden. Die andere Gruppe bildet weiterhin das Merkmal „großgewachsen“ aus.
Nun kommt es zu einem Klimaumschwung und der Lebensraum der Großgewachsenen wird auf einmal ziemlich kalt. Auch finden die Großen keine Nahrung mehr.
Sie dringen daher in das Habitat der Kleinen vor. Dort konkurrieren sie nun um die Ressourcen.
Die Sache kann auf verschiedene Weise gelöst werden.
1. Durch Verdrängung. Die Großen töten alle Kleinen. Die Träger des „nicht großgewachsen“-Merkmals sind somit ausgestorben.
2. Durch Vermischung. Die Frauen der Kleinen finden die Männer der Großen entzückend und umgekehrt. Sie paaren sich mit ihnen, nicht aber mit den kleinen Männer. Männer, mit dem Merkmal „nicht großgewachsen“ werden aus dem Genpool verdrängt. Für die Gruppe insgesamt erweist sich die neue Paarungsmode als Vorteil, weil sie sowohl auf Individuen zurückgreifen kann, die den Ressourcenraum der Kleinen abgrast als auch auf solche, die den Ressourcenraum der Großen nutzt.
Der Wirkfaktor hier ist die Konkurrenz der Gruppen, und was sich für die neugebildete Gruppe als vorteilhaft erweist.
Die Selektion erfolgt dennoch über die Weitergabe der Gene. Eine Gruppe ist kein handelndes Subjekt und kann daher keine Gene weitergeben.
Schläfst Du mit einer Frau oder schläft Deutschland mit einer Frau?
Die Gruppe ist in dem Fall ein handelndes Subjekt.
Die Gruppe der Großen kann als handelndes Subjekt beschließen: „wir töten alle Kleinen“ oder „wir nehmen deren Frauen“.
„Die Gruppe ist in dem Fall ein handelndes Subjekt.“
Nein, ist sie nicht.
Das ist aber nicht Gruppenselektion, es ist natürliche Selektion. Langfristig erfolgt eine Selektion des einzelnen, nicht gegen gruppentabus zu verstoßen oder sich mit stärkeren gut zu stellen
*seufz*
„*seufz*“
Schwer vorstellbar, dass Adrian mal Soldat war.
*seufz* war @Adrian.
@ Christian
Natürlich, das ist das Fundament. Selektion und Mutation findet auf der Ebene individueller Gensätze statt.
Langfristig erfolgt eine Selektion des einzelnen, nicht gegen gruppentabus zu verstoßen oder sich mit stärkeren gut zu stellen
Hier beginnt eine komplexe Dynamik. In der sexuellen Selektion sind eben auch Kurzzeitstrategen erfolgreich, die gerade das nicht tun, sondern die sich gegen Gruppentabus stellen und sich mit Stärkeren anlegen.
Multilevel Selection ist mE ein Erklärungsansatz, der es ermöglicht, die Komplexität des konfligierenden Verhältnisses zwischen Individuum und Gruppe zu reduzieren.
„Multilevel Selection ist mE ein Erklärungsansatz, der es ermöglicht, die Komplexität des konfligierenden Verhältnisses zwischen Individuum und Gruppe zu reduzieren.“
Im Gegenteil, das erhöht nur die Komplexität. Fokussieren muss man sich darauf, wie das Individuum eine etwaige positive Mutation weitergibt, zum Vorteil einer Gruppe. Das heisst, wenn man im Einklang mit Darwin sein will.
Die Gruppe in den Fokus zu nehmen hiesse das Pferd von hinten aufzuzäumen. Dieser Irrweg ist nach Darwin eigentlich unverständlich…
Ja, aber ein Individuum kann erfolgreich seine Gene weitergeben, obwohl sie kurzfristig sehr nachteilig für die Gruppe sind.
Als vorteilhaft erweisen sie sich erst in der Konkurrenz mit anderen Gruppen.
Anders: ein gewisser Prozensatz an Psychopathen ist für Gruppen verkraftbar – auch wenn er den inneren Frieden gefährdet – sofern in der Auseinandersetzung mit anderen Gruppen das gefühllose Vorgehen des Psychopathen entscheidende Vorteile bringt.
@zip
„Als vorteilhaft erweisen sie sich erst in der Konkurrenz mit anderen Gruppen.“
Kann ja alles sein, aber logisch kommst du um das Individuum als Träger und Verbreiter der „vorteilhaften Gene“ nicht drumrum. Also wofür brauchen wir irgendwelche unproduktiven Feinheiten über für eine rein theoretische Diskussion?
„gefühllose Vorgehen des Psychopathen entscheidende Vorteile“
Das ist so ein Beipiel von unproduktivem Herumtheoretisieren. Wo wäre denn so ein ganz konkretes Beispiel zu finden? Wie trennst du deinen „Psychopathen“ ab, bsw. von einem hirngewaschenem, ideologisierten Vertreter der Gruppe?
Experimente damit sind (ähm) auch nicht so einfach. Warum also überhaupt die Grundsatzprobleme der Evolution ausgerechnet beim Menschen lösen wollen? Das ist extrem unpraktisch und daher alles andere als sachdienlich.
„Gruppenselektion kann es nicht geben, weil sich eine Gruppe nicht fortpflanzt. Das tut nur das Individuum.“
Gruppen können sich sozial und kulturell „fortpflanzen“.
„Gruppen können sich sozial und kulturell “fortpflanzen”.“
Nein, können sie nicht. Deshab schreibst Du „fortpfanzen“ ja auch in Anführungsstrichen.
„Nein, können sie nicht.“
Doch, können sie. Sprache ist eine Gruppeneigentschaft, die nicht genetisch weitergegeben wird.
„Sprache ist eine Gruppeneigentschaft, die nicht genetisch weitergegeben wird.“
Einem Tyrannosauris kann man keine deutsche Sprache beibringen.
„Einem Tyrannosauris kann man keine deutsche Sprache beibringen.“
Bei Menschen soll das angeblich aber funktionieren, auch wenn sie nicht miteinander verwandt sind.
Alle Menschen sind miteinander verwandt. Übrigens auch Menschen und Tyrannosaurier.
Das kann man nur dem Thesaurus Rex.
„Einem Tyrannosauris kann man keine deutsche Sprache beibringen.“
Der frisst seine Lehrer halt schneller auf, als dass er lernt.
Werde diese Woche wohl nicht allzuviel sagen, da ich mich nicht übermäßig für Evolutionstheorie begeistere, aber gerade darum begrüße ich die Themenwoche. Da kriegt man mal einen Kurzüberblick über ein paar Kernpunkte, ohne sich ewig damit beschäftigen zu müssen.
Ich hoffe allerdings, Christian erhöht seine Google-Treffer, indem er irgendwann in der Woche auch mal Pokémons erwähnt. Und sei es nur, um zu betonen, dass deren Evolution keine solche ist. 😉
Pokemon.
Ist vielleicht ein bisschen OT, habe ich habe mal einen interessanten Beitrag im Radio gehört, wo der Sachverständige ausführte, dass es in der Natur viel mehr Kooperation gibt als Konkurrenz. Des einen Outputs ist es anderen Inputs, Tiere und Pflanzen haben oft symbiotische Beziehungen, helfen einander. Er meinte auch, dass unser Wirtschaftssystem zu sehr auf dem Gedanken der Konkurrenz aufbaut ist und die in der Natur vorkommende Zusammenarbeit vernachlässigt.
Na ja, diese Kooperation ist typischerweise erst aus Konkurrenz entstanden. Dies ist die abschliessende Meinung der Symbionten und Parasiten-Forschung.
Kooperation ist auch kein Widerspruch zu den egoistischen gen. Solange es Vorteile bringt, zu kooperieren, ist Kooperation ja im Interesse der Weitergabe der gene
Ratloser
Das Gefährliche und Mittelalterliche an solchen Aussagen und an dem Weltbild eines Dawkins oder Evochris ist es, daß man meint, alle möglichen sozial bedingten Destruktivitäten in der menschlichen Gesellschaft auf biologische Ursachen zurückführen zu können, oder dies unreflektiert voraussetzt.
Ich kann nur vor solchen Ideologen warnen. Die menschliche Destruktivität ist nicht biologisch bedingt, sondern entsteht immer wieder neu durch eine gewalttätige Erziehung.
Dazu müßten sich diese Destruktivitäts-Biologisten aber einmal mit der Literatur und den Argumenten ernsthaft auseinandersetzen. Dieses Interesse ist aber nicht im geringsten zu erkennen.
Dieser Zynismus und diese Angst vor der Wahrheit sind viel gefährlicher als beispielsweise das Leugnen der Evolutionstheorie.
http://alice-miller.com
Jeder, der wissen will, kann wissen.
Sowohl bei Dawkins als auch bei Evochris zeigt es sich, daß sie geisteswissenschafltiche Analphabeten sind. Das zeigt sich auch bei Gerhard Roth.
Unser Wille ist frei
„Die menschliche Destruktivität ist nicht biologisch bedingt, sondern entsteht immer wieder neu durch eine gewalttätige Erziehung.“
Und wodurch ist die gewalttätige Erziehung bedingt? Durch den freien Willenß
„Und wodurch ist die gewalttätige Erziehung bedingt?“
Durch gewalttätige Erziehung 🙂
@Adrian
Bist Du deswegen, deshalb SO?! 🙂 Wegen der Gewalt? … 😦
@ Kirk! Du spinnst!! 🙂
Gewalt wird durch viele soziale Mechanismen erzeugt, bestimmt nicht nur durch Erziehung, die dem entgegenwirken kann.
„Gewalt wird durch viele soziale Mechanismen erzeugt“
Und biologische
ist aber nur Feintuning, verglichen mit den technischen Möglichkeiten.
Blub
Wurdest du als Kind geschlagen?
Zynismus ist heilbar.
Lies mal ein paar Texte von Alice Miller, mit welcher ich keine Affäre oder Beziehung habe.
Im übrigen verlangt auch der Pelz nicht, daß du vor ihm niederkniest und ihm in seiner Homo-Ehe-Analyse recht gibst. Das ist billige Polemik nach Adrian-Art. Seinen Text verstanden hast du nicht.
„Seinen Text verstanden hast du nicht“
Nur weil man einer Meinung nicht zustimmt, heißt das nicht, dass man sie nicht versteht.
Im Übrigen argumentiert Miller sehr unterkomplex. Sie berücksichtigt weder biologische Faktoren von Gewalt, noch deren Komplexität und auch nicht die offensichtlich Vorteile.
Wurdest du als Kind geschlagen?
Du verstehst Pelzens Text nicht, wie ich herausgefunden habe. Mehr dazu in Bälde auf meinem Blog.
@ James T. Kirk
„Ich kann nur vor solchen Ideologen warnen. Die menschliche Destruktivität ist nicht biologisch bedingt, sondern entsteht immer wieder neu durch eine gewalttätige Erziehung.
Dazu müßten sich diese Destruktivitäts-Biologisten aber einmal mit der Literatur und den Argumenten ernsthaft auseinandersetzen. Dieses Interesse ist aber nicht im geringsten zu erkennen. “
Ich finde, die menschliche Destruktivität ist AUCH biologisch bedingt, weil Tiere und Menschen an ein faschistoides System, nämlich die Natur, angepasst sind, wo von Natur aus ein ewiger Konkurrenzkamof um Lebensraum, Nahrungsressourcen und Fortpflanzungsprivilegien vorprogrammiert ist, und wo Lebenwesen verletztlich und sterblich, und bei Verletzung/Krankheit nur begrenzt regenerationsfähig sind.
Menschliche Destruktivität lässt sich natürlich in einem vergleichbaren Maße auch darauf zurückführen, dass Kinder körperlich und/oder seelisch misshandelt wurden.
Wie viel Prozent jetzt woran liegt, weiß ich nicht. Und ja: Die meisten hier interessieren sich nicht besonders für die Texte von Alice Miller, oder auch von Katharina Rutschky zum Thema „schwarze Pädagogik“ und die Folgen. Ich selbst habe davon ein wenig gelesen, was man sich dazu so ergooglen kann.
Ich glaube aber nicht, dass Menschen nur durch Misshandlung in der Kindheit schlechte Menschen werden, es ist lediglich eine der große Ursachen dafür.
@matthias
„ein faschistoides System, nämlich die Natur“
hier muss man „die Natur“ aber in Schutz nehmen, die kann nicht für alles Menschliche verantwortlich gemacht werden
„Ich glaube aber nicht, dass Menschen nur durch Misshandlung in der Kindheit schlechte Menschen werden, es ist lediglich eine der große Ursachen dafür.“
Wichtiger noch dürfte Aufstachelung, Fanatismus und Ideologisierung sein, die ganz bestimmt auch nicht hinreichend naturwissenschaftlich zu erklären sind.
@Alex
Genau das ist eben die unverbindliche Ebene, die viele Menschen bei diesem Thema betreten.
Warum haben sich nicht wenige Menschen in einem totalitären System wie dem Dritten Reich nicht aufstacheln und manipulieren lassen?
Die Antwort wirst du immer in deren Kindheit finden. Wer ausreichend humane Werte in der Kindheit erfahren hat, ist automatisch immun gegen Inhumanität. Das bedeutet nicht, daß die Kindheit von Regimegegnern ideal und nicht traumatisch gewesen sein muß. Aber sie war eben nicht so grausam, wie man dies bei den meisten NS-Größen nachweisen kann.
Es wird wohl noch 100 Jahre dauern, bis die Menschheit diese Zusammenhänge wirklich begriffen hat. Bis dahin begnügt man sich weiterhin mit abstrakten unverbindlichen Erklärungen ohne Anschauung des konkreten Individuums und seiner Geschichte. 🙂
Warum sollte die Biologie Strukturen der Verlogenheit vorgeben? Das ist unsinnig. Vielmehr liefert sie ein lebensförderliches Aggressionspotential, mit dem man sich gegen Gefahren und Unrecht wehren kann.
Verdrängte Wut und Haß auf die Eltern können sich Ersatzobjekte suchen und mithilfe einer staatlichen Ideologie manifestieren bzw. ausbrechen.
Dafür ist aber nicht im geringsten die Biologie verantwortlich. Sie liefert allein lebensförderliche Strukturen. Alles andere wäre auch Unsinn.
Man hat eben nach wie vor größte Hemmungen, das Wirken der Eltern kritisch zu betrachten. Das ist eigentlich unwürdig für eine aufgeklärte Gesellschaft.
„Wer nicht versteht, dass die Weitergabe und die Selektion bestimmter Gene der entscheidende Punkt innerhalb der Evolutionsbiologie ist, der hat die gesamte Theorie aus meiner Sicht nicht verstanden.“
Das stimmt natürlich. Wichtig ist aber auch zu erwähnen, dass die Selektion am Individuum angreift. Dies ist der Kern der Darwinschen Evolutionstheorie, wobei Darwin die Vererbung der veränderten Eigenschaften als entscheidend für die Entstehung der Arten ausmachen konnte.
Danach wusste man, dass die Gene massgeblich an der Vererbung beteiligt sind, als dass sie eine oberste Blaupause für die genetische Information liefern. Von dieser fliesst per RNA Replikation die Information in den Proteinbestand. Sowohl RNA und Protein sind an der Vererbung ebenfalls beteiligt. Sogar können Proteinkomplexe als Modulatoren der genetischen Expression vorübergehend völlig verschiedene Phänotypen vererbbar machen. Diese mögen der Zelle unterdessen dabei helfen, DNA Mutationen anzureichern. Diese bahnbrechende Entdeckung kommt aus der Prionenforschung, Susan Lindquist, die dies zeigen konnte (Nature, vor ein paar Jahren).
Ebenso ist die RNA an Vererbungsprozessen beteiligt, wie sich schon an der Existenz von RNA Viren früh zeigte. Der RNA Stoffwechsel ist gegenüber DNA erheblich beschleunigt. RNA-Protein-Partikel regeln im hohen Masse Proteintranslation, die auf die Produktion und damit die genetische Information rückkoppeln könnte – so jedenfalls das Bild, was sich dort ergibt.
Es ist eigentlich schon lange bekannt, dass verschiedene Arten von Vererbung ein Rolle neben der DNA, die ein wenig allen Glanz auf sich vereinigt hat, spielen.
Neben dem Individuum ist also der Vererbungsprozess, wie er molekular im Individuum abläuft, entscheidend für das Verständnis der Evolution.
Natürlich kann sich der hochkomplexe Mechanismus kaum zur Vorhersage der Evolution eignen, denn wenn Darwin recht hat, ist gerade das Überraschende einer Höherentwicklung charakteristisch für den Prozess. Genau das sichert das Überleben. Ironischerweise waren es politische „Darwinisten“, die genau das annahmen, die Theorie hier auf den Kopf stellend. Wären die „Kreationisten“, also die Kirchen damals, nicht so dumm gewesen, verbohrt nichts weiter als die Schöpfungsgeschichte zu lehren und hätten sich der wissenschaftlichen Sichtweise angeschlossen, wäre es kaum möglich gewesen Darwin fehlzuinterpretieren. Und er wird weiter fehlgedeutet und erstmalig sogar *völlig* negiert.
Nach Simon & Garfunkel Bridge over troubled water, eine wunderbar ironische Interpretation:
„“Hello Darwin my old friend. I’ve come to read from you again. You comfort me when I grow weary Of people saying “it’s just a theory”. Because a theory is a system of abstractions in our finite minds of the laws behind the things we find with science.““
ein unterhaltsames Filmchen hat man auch aus der cover version gemacht:
http://www.youtube.com/watch?v=SC_npZhC5u0
Ist wohl eher „The sound(s) of silence“, oder? 🙂
Darwin ist Heterosexist und postuliert eine Zweigeschlechtlichkeit. Verbannt ihn aus den Universitäten. Er ist rechts und eine Vorläuferin der Nazis.
Powered by Heinz-Jürgen Voß and the Animals.
Klar, nicht die „Bridge“, ohje 😦
„Powered by Heinz-Jürgen Voß and the Animals.“
Das war jetzt aber Eric Burdon, der mit den Animals 😉
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