Die „Ehe light“ – wäre der Pacte civil de solidarité (Pacs) auch etwas für Deutschland?

Aus der Reihe „Familienrecht in anderen Ländern“, in der ich schon Regelungen in Norwegen erwähnt habe, hier eine interessante Regelung aus Frankreich. Dort hat bereits länger mit dem „zivilen Solidaritätsakt“ oder dem „Pacte civil de solidarité (Pacs)“ eine Art „Ehe light“ eingeführt. Dieser bietet weniger umfangreiche Regelungen, aber damit auch mehr Freiheit als die Ehe.

Ein Artikel in der Zeit stellt es wie folgt dar:

Als Frankreichs Premierminister Lionel Jospin den zivilen Vertrag 1999 schuf, schuf er ihn vor allem für Homosexuelle. Sie durften damals – anders als heute – in Frankreich noch nicht heiraten. Seinen beispiellosen Erfolg verdankt der Pacs aber den heterosexuellen Paaren. Sie schließen inzwischen 96 von 100 dieser Verbindungen. Das Verb pacser ist den Französinnen und Franzosen so geläufig wie marier (heiraten).

„Es geht ganz einfach“, sagt Laurence Bucher am Telefon und erzählt vom kalten Januartag im Jahr 2008, als sie mit ihrem Partner zum Amtsgericht im 14. Arrondissement in Paris ging, um den Vertrag, ein einziges Formular, zu unterschreiben: „In zwei, drei Minuten ist man wieder draußen, es braucht keine Zeugen, kein romantisches Getue – und die Sache ist erledigt.“
Beim Pacs geht es um Vernunft. Punkt. Wer in Frankreich einen Pacs abschließt, der ist in Erb- und Steuerfragen den Verheirateten gleichgestellt. Gegenüber dem Staat, dem Arbeitgeber, aber auch in Spitälern ist man als Paar anerkannt. Und wer „verpacst“ ist, gilt als gebunden und findet darum leichter eine Wohnung. „Das ist in Paris nicht unwichtig“, sagt Bucher.

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Auch der Pacs ist als solcher gedacht. Der größte Vorteil dieser Ehe light ist, dass er vieles offenlässt. Das Paar bestimmt – allenfalls mithilfe eines Notars –, wie detailliert es sein Leben regeln und reglementieren will. Ob man zum Beispiel nach der Trennung eine Güterteilung will oder nicht. Oder wie sie sich „einander gegenseitige und materielle Hilfe“ leisten wollen. Sie wählen zwischen „choix 1“ – einem fixen Anteil des Vermögens – und „choix 2“ – einem frei bestimmbaren Betrag. Der größte Unterschied zur Ehe betrifft die Kindsbelange: Hier gibt es keine Regeln. Wer sich „verpacst“, der erhält damit keine elterliche Gewalt.

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So rasch und so einfach wie der Vertrag geschlossen werden kann, so leicht lässt er sich auch wieder auflösen. Es reicht eine kurze Mitteilung an den Gerichtsdiener. Auch damit trifft das Werk, das Verbindlichkeit auf Zeit fern jeder Ideologie bietet, den Zeitgeist perfekt. Und hält am Ende sogar mehr, als es verspricht: Die Trennungsrate liegt bei Pacs-Paaren tiefer als bei Verheirateten.

 

Es werden also einige der Vorteile der Ehe übertragen. Ansonsten scheinen die gleichen Rechte, wie bei unverheirateten Paaren zu bestehen, wobei man diese durch eine Form von „Partnerschaftsverträgen“ anscheinend weiter ausbauen kann. Es klingt so als würden dort bestimmte Modelle vorgegeben, so dass man nicht vollkommen alles neu entwerfen muss.

Ich könnte mir vorstellen, dass so etwas auch in Deutschland einen enormen Erfolg hätte. Die Leute suchen etwas, was sie entsprechend verbindet, und ein „Pacs“ ist immerhin eine gute Darstellung nach Außen. Und diese kann man auch entsprechend individualisieren und „fester“ machen, was auch den Vorteil hat, dass keiner genau weiß, dass man vielleicht gar nicht so fest zusammen ist, weil man es nicht fester gemacht hat. Es kommt vielleicht auch dem Zeitgeist und der erhöhten Unsicherheit in Beziehungen entgegen.

Gleichzeitig kann ich mir auch durchaus vorstellen, dass es zu längeren Beziehungen führen kann: Dann nämlich, wenn diejenigen nicht auf den Schutz der Ehe vertrauen, sondern vorsichtiger sind, weil die Trennung unkomplizierter ist.

In Deutschland würde es interessant werden, ob das Bundesverfassungsgericht ein Problem mit dem „Schutz der Ehe“ sieht, wenn eine „Ehe light“ eingeführt wird. Man kann sagen, dass sie dadurch entwertet wird und damit der verfassungsrechtliche Schutz nicht hinreichend umgesetzt ist. Aber man könnte eben ebenso vertreten, dass es ja keine Ehe ist und diese nach wie vor geschlossen werden kann. Man kann auch argumentieren, dass Ehe eben für Veränderungen offen sein muss und sich der Begriff hier gewandelt hat.