Nobelpreisträgerin Nüsslein-Volhard über Frauen in der Wissenschaft

Zwei interessante Artikel, in denen die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard ihre Meinung zu Frauen in der Wissenschaft darstellt:

1. Artikel in der EMMA

Der erste ist tatsächlich in der EMMA erschienen, auch wenn der Inhalt eher wenig positiv für Frauen ist:

Die Ausgangslage ist die Folgende:

Prof. Christiane Nüsslein-Volhard ist die Direktorin der Genetik-Abteilung des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen. Ihr Labor ist nicht erst, seit die heute 69-Jährige 1995 den Nobelpreis erhielt, weltweit renommiert. 2004 initiierte die Forscherin die Nüsslein-Volhard-Stiftung, die einmal im Jahr an begabte junge Forscherinnen mit Kind ein Stipendium über 400 € monatlich vergibt. Für eine Haushaltshilfe. Alice Schwarzer sprach mit Nüsslein-Volhard über den Sinn eines Putzfrauen-Stipendiums und die Lage der Frauen in der Forschung. Die Kritik der Nobelpreisträgerin an den Frauen ist scharf.

Dann aus dem Interview:

Sie haben in diesem Jahr von zwölf Stipendien nur die Hälfte vergeben. Warum?
Es waren einfach nicht genug geeignete Kandidatinnen da. Wir hatten 50 Bewerberinnen, davon haben wir zwölf eingeladen, aber nur bei sechsen hatten wir den Eindruck, dass es etwas wird.

Und was sind Ihre Kriterien dafür, dass es „etwas wird“?
Wir wollen die Frauen ja nicht fördern, weil sie ein Kind haben oder weil sie arm sind. Wir wollen sie fördern, weil sie begabt sind. Es müssen also Frauen sein, die richtig top sind.

Aber die rein formale Qualifikation ist der Jury doch aus den Bewerbungsunterlagen bekannt. Was also gibt in dem Gespräch den Ausschlag?
Ob sie wirklich ein Interesse an der Wissenschaft haben. Eine Leidenschaft. Manche haben leider so gar keine Vision.

Wie müsste ich mich benehmen, wenn ich von Frau Prof. Nüsslein-Volhard aus­gewählt werde?
Ganz ehrlich sein! Sie sollten uns begeistert von Ihrer Forschung erzählen. Wir müssten das Gefühl haben: Sie brennen. – Wir fragen die Frauen auch immer, wie sie das mit ihren Kindern organisieren. Und manche machen das so dämlich, dass man gleich weiß: Das wird nie was. Und wir fragen sie auch, ob ihre Männer sie unterstützen. Und dann ist es leider oft so, dass umgekehrt die Frauen ihre Männer unterstützen, weil die noch kein Geld verdienen. Das wollen wir natürlich nicht fördern.

Also schon einmal keine sehr vorteilhafte Sicht auf die Frauen. Weiter heißt es:

Als Sie das Putzfrauen-Stipendium 2004 initiiert haben, gab es da mehr relevante Bewerberinnen?
Ja. Es werden weniger. Viele moderne ­Frauen sind unglaublich nervig, haben weder Disziplin noch Motivation, nur Sinn für Schönheit und andere „Soft Skills“. Manche wissen so gar nicht, was sie wollen, lassen sich treiben. Wie soll man da Frauen fördern! Es gibt natürlich Ausnahmen von ganz Tollen, aber die reichen doch bei weitem nicht aus, um die geforderten Quoten zu erfüllen! Die Erfahrung mache ich leider immer wieder bei der Betreuung der ­Doktoranden und Doktorandinnen. Mein Labor hatte immer schon ein großes internationales Ansehen, aber es gibt kaum Frauen, die sich zu mir trauen. Ich habe immer etwa 80 Prozent Männer gehabt. Das liegt vermutlich auch an meinem schlechten Ruf: Bei mir muss man viel arbeiten. Manchmal kränkt mich das richtig. Dass manche so gar nicht begreifen, was das für einen Spaß ­machen kann, mit Leidenschaft zu forschen.

Erwartet man nicht, so einen Artikel in der EMMA. Wäre das ein Mann gewesen, dann wäre er wohl als unglaublicher Chauvi abgestempelt worden und hätte sich für den „Chauvi des Monats“ qualifiziert.

Nüsslein-Vollhardt dann weiter:

Wie ließe sich dieses Missverhältnis ändern?
Es wird heutzutage ja wahnsinnig um die Frauen geworben, dass sie in diese naturwissenschaftlichen Fächer gehen und dass sie Leitungsrollen übernehmen. Ich halte es für einen Fehler. Es ist zwar richtig, dass man sagt, dass es Diskriminierung von Frauen gibt, und dass Frauen das genau so gut können wie Männer. Gar keine Frage! Es gibt auch Top-Frauen. Aber es ist einfach zu beobachten, dass die meisten Frauen nicht so gerne forschen und auch nicht so gerne leiten. Das liegt daran, dass sie eine andere Art von Bestätigung suchen. Was Frauen glücklich macht, ist nicht der berufliche Erfolg, sondern ist das private Glück. Und ich verstehe das ja auch gut. Ich selber stelle mir da manchmal auch Fragen in Bezug auf mein Leben … Muss eine echte Karriere für Frauen immer auf Kosten des privaten Glücks gehen? Ich meine: Wer ­beneidet Frau Merkel? Deren Terminplan möchte doch niemand haben. Obwohl die wenigstens noch einen netten Mann hat. Aber es gibt ja auch Frauen, die keinen netten Mann haben oder gar keinen – und die beneidet keiner.

Das ist eine Beobachtung, die sich auch in anderen Studien dazu wiederfindet: Frauen haben oft eine andere Vorstellung von Work-Life-Balance. Wie steht es denn ihrer Meinung nach um die männlichen Forscher?:

Aber geraten nicht manche Männer bei Ihnen auch in Konflikt, wenn sie einerseits Lust haben, bis in die tiefe Nacht zu forschen, aber andererseits die Freundin oder gar eine Familie wartet?
Aber sicher. Die leiden auch ganz schön. Sie kümmern sich ja viel stärker als früher um die Kinder und sind viel mehr zu Hause. Was ja auch gut ist. Als ich promoviert habe, war ich fast die einzige Frau und es war ­üblich, dass man abends und auch Samstag- und Sonntagnachmittage im Labor war. Zu meiner Zeit gab es auch keine Doktoranden, die Kinder hatten. Die meisten waren alleinstehend. Jetzt ist es so, dass sie schon früh ­Beziehungen haben oder auch Kinder. Die Frau arbeitet dann meistens nicht. Viele Frauen unserer jungen Wissenschaftler machen lange, lange Babypausen. Die bleiben fünf, sechs Jahre lang einfach zu Hause. Und danach suchen sie sich einen Halbtagsjob.

Aber das müsste dann ja die dazugehörigen Männer entlasten.
Eigentlich ja. Trotzdem stehen manche fürchterlich unter Druck. Denn die Frauen meckern, dass die Männer sich nicht genug um die Kinder kümmern. Auch, wenn sie volltags Hausfrauen sind, warten sie, dass die Männer nach Hause kommen und schmeißen ihnen die Kinder in die Arme, statt das Abendessen auf dem Tisch zu haben. Das beobachte ich auch in meiner Verwandtschaft. Bei den ehrgeizigen unter meinen Forschern sind prompt einige Ehen kaputt gegangen. Die Frauen haben es alleine zu Hause einfach vor Langeweile nicht ausgehalten. Ist ja klar, wenn man sich nur noch über Kleinkinder beugt.

Man würde wirklich gerne das gleiche Interview noch mal mit einem männlichen Namen eines anonymen Forschers abdrucken und dann Besprechungen in feministischen Blogs lesen. Aber auch dieses Phänomen ist interessant: Vom Mann wird erwartet, dass er sich zusätzlich und obwohl er im wesentlichen die Frau freistellt, um das Kind kümmert. Und viele, die sehr ehrgeizig sind und sehr viel Zeit im Labor verbringen zahlen damit, dass es zu einer Scheidung kommt. Zudem sieht sie anscheinend auch die Frauen nicht als machtlose Wesen, sondern als Personen, die durchaus einen Druck ausüben und entsprechende Entscheidungen treffen, wenn es ihnen nicht mehr gefällt.

Doch zurück zu den Frauen:

Und die Doktorandinnen?
Die sind leider häufiger damit beschäftigt, gut auszusehen als gut zu forschen. Im vergangenen Jahr hatte ich vier Doktorandinnen, die abbrechen mussten. Eine aus schierer Unfähigkeit. Eine, weil sie Liebeskummer gekriegt und die Motivation völlig verloren hatte. Und zwei, weil ihre Männer weggezogen sind und sie dann mitziehen wollten. Diese Frauen haben das vorher einfach nicht richtig zu Ende gedacht. Sie verstehen nicht, was es bedeutet, zu forschen. Sie hätten einfach nicht an mein ­Institut kommen sollen. Denn sie machen ja auch Arbeit und eine miese Stimmung.

Also insgesamt eher ein sehr hartes Urteil.

Und wie erklären Sie sich das?
Das hat viel mit dem sozialen Druck zu tun. Es galt eine Zeitlang als richtig schick, ein naturwissenschaftliches Studium zu machen und auch etwas zu werden. Und es wurde auch sehr gepusht. Doch jetzt nimmt die Zahl der Frauen zu, die das nicht mehr machen wollen. Es ist ihnen einfach zu viel: leidenschaftlich arbeiten und gleichzeitig um ein Privatleben kämpfen. Die, die die Herausforderung dennoch annehmen, sind großartig. Fantastische Forscherinnen! Letztens hatten wir ein Auswahlverfahren, bei dem unter hundert die top Acht ausgewählt wurden – die Hälfte waren Frauen. Aber im Alltag habe ich im Moment eher die Aufgabe, Dompteuse (das moderne Wort heißt glaub ich Coach) für lauter labile, wehleidige junge Menschen ohne Verantwortungsgefühl zu sein. Das gilt für beide ­Geschlechter. Was mich sehr nervt. Wir hatten noch Ideale und wussten, dass man sich anstrengen muss, wenn man was werden will. Die schieben jedes verpatzte Experiment auf ihren „Betreuer“ und haben überhaupt nicht verstanden, dass man ­irgendwann selbst Verantwortung über das eigene Tun übernehmen muss und nicht ständig jemanden (Mama, Papa, Doktorvater oder Doktormama) für Mist, den man selbst verbockt, heranziehen kann. Da kann ich einiges erzählen!

Also auch noch einmal schelte für beide Geschlechter. Man merkt, dass sie hart gearbeitet hat und das auch von anderen erwartet. Gleichzeitig auch hier noch einmal die Beobachtung, dass viele Frauen eben einfach den Stress nicht wollen.

Kann man sagen: In Ihrer Generation waren die äußeren Hürden für eine Frau noch sehr hoch – jetzt sind es eher die inneren Hürden?
Genau. Früher war die Ausrede möglicherweise berechtigt, man wolle ja so gern, dürfe aber nicht. Jetzt aber müssen die Frauen selber bekennen, dass sie oft selber gar nicht wollen. Die Max-Planck-Gesellschaft muss und will ihren Frauenanteil unter den ­Direktoren erhöhen, was bedeutet, dass in Zukunft fast jede zweite Stelle mit einer Frau besetzt werden soll. Das ist gar nicht machbar. Außerdem würde es zu einer Diskriminierung der Männer führen! Es gibt heute einfach noch nicht so viele gute Frauen in den Naturwissenschaften. Auch wenn einige es wirklich geschafft haben

Also eigentlich gute Chancen für Frauen aber wenig Kandidatinnen, die den damit verbundenen Stress wollen.

Sie reden jetzt von Spitzenforschern. Und da verstehe ich Ihr Argument. Aber was ist mit dem Mittelbau? Sollten Frauen nicht das Recht haben, genau so mittelmäßig zu sein wie die Männer?
Ja, natürlich, sind sie doch auch. Selbst unter den Spitzenköchen gibt es kaum Frauen, und das liegt doch nun sicher nicht daran, dass Frauen nicht gerne kochen!

Erfrischende Argumentation, ich verweise noch einmal darauf, dass es ein Interview in der Emma ist, welches von Alice Schwarzer geführt wird.

Welchen Rat würden Sie einer jungen Frau, die es schaffen will, heute geben?
Ich würde sagen: Geniert euch nicht, das zu tun, was euch glücklich macht. Und wenn ihr keinen Bock auf Naturwissenschaften oder eine Leitungsfunktion habt, dann lasst es. Denn ohne Leidenschaft und Ehrgeiz geht es nicht.

Das ist etwas, was im Feminismus auch zu kurz kommt. Wollen Frauen den Stress wirklich? Häufig wird sogar zugestanden, dass Frauen den Stress nicht wollen und dann verlangt, dass man dann eben den Stress beseitigen muss und alles freundlicher und eher mit Familie und Kindern vereinbar gestalten soll. Nüsslein-Volhard vertritt hier recht nachhaltig die Meinung, dass das eben die Konkurrenzfähigkeit einschränkt.

2. Artikel in der Zeit

Ein weiteres Interview mit ihr ist gerade in der Zeit erschienen:

Auf die Frage, warum es so wenige weibliche Nobelpreisträger gibt:

Nüsslein-Volhard: Es gibt einige! Aber es stimmt, die meisten Entdeckungen werden von Männern gemacht. Viele Frauen betreiben die Wissenschaft nicht mit dieser Besessenheit und dem Ehrgeiz. Wenn man das halbtags macht oder nicht wirklich mit Leidenschaft, dann wird man nicht so erfolgreich. Und schauen Sie sich doch mal die männlichen Nobelpreisträger an: Da gibt es kaum einen, der eine Frau hat, die auch berufstätig ist. Die sind alle ganz fokussiert auf die Arbeit, oft völlig abgeschottet, denn die Frau kümmert sich ja um Haus, Kinder und Hund.

Auch das ist ein Effekt, der aus meiner Sicht unterschätzt wird. Wer Volltags in einem 60 Stunden Job ist, dessen Gedanken sind quasi fast vollständig bei dem bestimmten Thema, er beschäftigt sich weit aus mehr damit, als wenn er die Gedanken immer wieder unterbricht, weil es ein Halbtagsjob ist. Man kann ganz in der Arbeit versinken. Das ist aber ein Modell, welches den wenigsten Frauen gefallen wird. Sie wollen keinen Hausmann, sie wollen auch etwas von den Kindern haben etc.

ZEIT: Dann geht es also weniger um Begabungsunterschiede zwischen Mann und Frau, sondern vielmehr um den Grad der Besessenheit?

Nüsslein-Volhard: Das ist so. Und wir müssen uns nichts vormachen: Die Lebens- und Glücksziele, die persönlichen Interessen von Frauen sind einfach andere. Ich hatte vor Kurzem ein Gespräch mit Abiturienten und jungen Studenten. Die Jungs haben gesagt, sie wollen reich werden – und die Mädchen? Die möchten am liebsten einen netten Mann treffen, heiraten und Kinder bekommen. Und daran wird sich vielleicht erst mal nicht viel ändern.

Begabungsunterschiede kommen vielleicht noch hinzu, schon weil es mehr männliche Idioten, aber auch mehr männliche Genies gibt. Aber die unterschiedlichen Ziele, die im übrigen gut in die evolutionäre Psychologie passen, dürften auch noch einmal einen erheblichen Teil ausmachen

ZEIT: Hatten Sie nie solche Wünsche?

Nüsslein-Volhard:Ich habe mich mehr für Sachen interessiert als die anderen Mädchen, die mehr an Leuten interessiert waren. Dadurch fand ich selten jemanden, mit dem ich über meine Leidenschaft für Pflanzen, Tiere und die Natur reden konnte. Ich war oft in Gedanken, habe im Garten alle Pflanzen gekannt, hatte auch ein Mikroskop und war gefesselt von meinen Beobachtungen und meinen Büchern. Mit dieser extremen Neigung war ich eine Ausnahmeerscheinung. Ich wäre unglücklich geworden, wenn ich nicht Wissenschaftlerin hätte werden können. Aber ich kenne wenige Frauen, die dafür Verständnis haben.

An dieser Stelle wüßte man natürlich gerne etwas über die Digit Ratio von Nüsslein-Volhard. Ich habe dazu nur dieses Bild gefunden, welches aus meiner Sicht eine niedrige Digit Ratio nahelegt, aber es ist nicht klar zu erkennen.

Nüsslein Vollhardt Digit Ratio Hand

Nüsslein Vollhardt Digit Ratio Hand

Es wäre jedenfalls eine Beschreibung, die eher ein systematisches als ein empathisches Gehirn hindeutet.

Zur Wahrnehmung der Frauen, wenn man zugunsten der Karriere auf Kinder verzichtet oder es einschränkt

Nüsslein-Volhard: Viele Frauen schütteln den Kopf und fragen: Warum macht die das? Und wenn Wissenschaftlerinnen dann auch noch Kinder bekommen, dann wird geschimpft, dass sie sich vor lauter Arbeit nicht genügend um sie kümmern. Die anderen, nicht berufstätigen Frauen sind da manchmal richtig aggressiv.

Es ist eben auch eine Form intrasexueller Konkurrenz, die im Feminismus mit seiner „Das Patriarchat macht die Regeln“ etc vollkommen untergeht.

Dann auf direkte Frage zu der Verantwortung der Männer:

EIT: Es sind also nicht nur die Männer, die jungen Wissenschaftlerinnen das Leben schwer machen?

Nüsslein-Volhard: Es gibt Zoff unter den Frauen, da tobt der Kampf um das richtige Rollenbild. Und daneben manche Männer, die immer noch starke Vorurteile pflegen – was aber oft an schlechten Erfahrungen liegt, die sie gemacht haben. Sie wurden nicht selten von Frauen enttäuscht, obwohl sie ihnen gegenüber fördernd und freundlich waren und dann erleben mussten, dass sie ihnen mitten in der Doktorarbeit abhauen oder sich in der Kaffeepause über Schönheit und Leute unterhalten und eben nicht über Wissenschaft. Die verderben den Ruf, wissen Sie!

Auch eine interessante Perspektive, die man selten hört: Die Männer sind schlicht aufgrund schlechter Erfahrungen enttäuscht und bauen deswegen Vorurteile auf. Neben dem Kampf der Frauen um das richtige Rollenbild.

Und eine weitere interessante Nachfrage:

ZEIT: Fehlt Frauen der Machthunger?

Nüsslein-Volhard: Machthunger ist kein schönes Wort. Aber wahr ist, dass Macht bei Frauen nicht besonders gut angesehen ist, sie empfinden das oft nicht als etwas Positives. Wenn eine Frau wirklich mächtig ist, wird sie auch von anderen Frauen nicht besonders geschätzt. Und Männer können es sowieso nicht ertragen, wenn Frauen erfolgreicher sind.

Also allgemeine Abwertungen der machthungrigen Frau. Weder Frauen noch Männer mögen sie wirklich.

Und dann zu der sehr spannenden Frage, inwieweit Unterschiede angeboren sind:

ZEIT: Was sagen Sie als Genetikerin dazu, sind die Geschlechterunterschiede angeboren?

Nüsslein-Volhard: Angeboren schon, aber auf die Gene können wir es nicht schieben, die sind bei Männern und Frauen bis auf ganz wenige gleich. Es sind eher die Hormone. Testosteron beeinflusst ganz stark, wie aggressiv und dominant man ist. Die Hormone spielen schon während der Schwangerschaft eine Rolle. Jungen und Mädchen kommen komplett anders auf die Welt. Das lässt sich auch durch Erziehung nicht völlig umdrehen.

Danke Frau Nobelpreisträgerin. Das ist recht einfach zusammenfasst das, was hier auch vertreten wird (wenig verwunderlich, es ist die herrschende Meinung in der Biologie)

ZEIT: Aber Erziehung könnte zumindest einige der Vorurteile über die Geschlechter ausräumen.

Nüsslein-Volhard: Sicher, da tut sich ja auch schon einiges. Wichtig ist aber auch, dass Frauen verstehen, dass sie Abstriche machen müssen, wenn sie eine wissenschaftliche Karriere anstreben. Gerade mit Kindern. Sie können dann nicht auch noch eine hundertprozentig gute Mutter und supergepflegte Ehefrau sein und dazu putzen und kochen. Denn als Laborleiterin werden sie in ihrem Beruf sehr gebraucht, und je mehr es um ihre eigene individuelle Leistung geht, werden sie mit ihrer Zeit und Energie haushalten müssen. Eine Freundin von mir, eine sehr erfolgreiche Forscherin in den USA, beschloss, als ihr Kind auf die Welt kam, dass sie von nun an nicht mehr kochen wird, sondern dass die Familie sich nur noch von Take-away ernährt. Das hat ihr am Tag ungefähr zwei Stunden Zeitersparnis gebracht. Für deutsche Frauen ist das eine abenteuerliche Vorstellung, obwohl völlig logisch!

Also auch die Frage, was man zu „opfern“ bereit ist und inwieweit man sich von den Geschlechterrollen lösen kann. Es gibt durchaus Lösungen, von der Hausarbeitshilfe bis zum Take-Away-Essen, aber man muss sie auch nutzen. Man muss bereit sein, die Abstriche zu machen. Darauf zu bestehen, dass Hindernisse für einen aus dem Weg beräumt werden und sich die Gegebenheiten einer Karriere nach der Familienplanung ausrichten sollen, das klappt hingegen nicht.

ZEIT: Was raten Sie den Frauen?

Nüsslein-Volhard: Die jungen Frauen fragen mich oft: Ja, muss man denn da nicht furchtbar viel arbeiten? Aber klar muss man das! Und wer das nicht will, der sollte diesen Weg nicht gehen. Frauen sollten sich auch nicht so viel von außen einreden lassen. Nur weil jetzt überall für Mint-Berufe geworben wird, heißt das doch nicht, dass da jetzt alle aufspringen müssen. In der Biologie sind die Hälfte der Studenten Frauen. Viele promovieren, nur weil sie nicht wissen, was sie sonst machen sollen. Das reicht nicht. Wer sich aber einen Weg an die Spitze erkämpfen will, dem sollten dann auch alle Türen offen stehen, und diesen Frauen kann ich nur sagen: Seid nicht so zimperlich. Setzt euch durch. Steht nicht so viel vorm Spiegel! Es schadet auch nicht, wenn ihr euch weniger selbst um eure Kinder kümmert.

Also auch wieder ein Appell an die Eigenverantwortung und die Durchsetzungskraft.