Religion als Kosten-Nutzen-Veränderung

Bei Spieltheoretischer Betrachtung haben bestimmte Vorgehensweisen einen Nutzen, der sich aus Folgen, Risiken und potentiellen Gewinnen zusammensetzt. Religion erleichtert ebenso wie Ideologie die Kosten-Nutzen-Veränderung, Religion aber im wesentlich stärkeren Umfang.

Das liegt aus meiner Sicht daran, dass es Religion ermöglicht, bestimmte Verhaltensweisen mit einer zusätzlichen (wenn auch eigentlich imaginären) Belohnung, also einem Nutzen, zu versehen und daher eine Entscheidung in diese Richtung zu fördern.

Ein einfaches Beispiel:

  • Sich selbst in die Luft zu sprengen ist erst einmal unlogisch. Es beendet das eigene Leben und nimmt einem insofern die Möglichkeit, Gene in die nächste Generation zu bringen. Es ist insofern kein Wunder, dass wir einen Selbsterhaltungstrieb entwickelt haben, dem diese Entscheidung unlogisch erscheint
  • Religion, die ein ewiges Leben verspricht (oder auch nur eine Wiedergeburt in einer bestimmten Stufe) verändert diese Kostenbetrachtung. Zum einen ist dann das Sich-in-die Luft-sprengen nur das Ende des irdischen Lebens, zum anderen erfolgt eine Belohnung mit dem ewigen Leben im Paradies und anderen Vergütungen wie den bekannten Jungfrauen.
    Hierzu heißt es beispielsweise in der Wikipedia zu Selbstmordattentätern:
    Das amerikanische Verteidigungsministerium stellte in einer Studie über Selbstmordattentäter fest:

    „Seine Handlungen eröffnen ihm ein Szenario, in dem er selbst, seine Familie, sein Glaube und sein Gott nur gewinnen können. Der Bomber sichert sich die Errettung und die Freuden des Paradieses. Er verteidigt seinen Glauben und kann sich, erinnert als tapferer Krieger, in eine lange Reihe von Märtyrern einreihen. Und endlich, durch die Art seines Todes, wird ihm garantiert, dass er Allahs Wohlgefallen besitzt. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen wird das selbstlose Opfer des einzelnen Muslims, das er zur Zerstörung der Feinde des Islam bringt, eine geeignete, realisierbare und willkommene Handlungsoption.“

    Der Bericht der Counterintelligence Field Activity (CIFA) zitiert eine Reihe von Quellen aus dem Koran, die sich auf den Dschihad (Heiliger Krieg), Märtyrertum, oder das Paradies beziehen, in dem für den Märtyrer wunderschöne Herrenhäuser und Jungfrauen zu erwarten sind. Man weiß, dass vor Anschlägen von den Terroristen üblicherweise solche Passagen aus dem Koran rezitiert werden.

An diesem Beispiel sieht man schön, dass wir auch in religiösen Sachen einer Denkweise folgen, die versucht einen vorteilhaften Weg zu finden, bei dem wir möglichst viel Nutzen haben. Leider ist unser Gehirn in dieser Hinsicht relativ dumm und kann durch Konstruktionen wie „Gott“ und „ewiges Leben im Paradies“ überzeugt werden, wenn diese mit der passenden Autorität vorgetragen und von vielen Leuten aus der Umgebung geglaubt werden.

Gott spricht insoweit unseren Sinn für einen guten Handel an. 

Deswegen erlaubt Religion ein (unter der Annahme, dass es keinen Gott gibt) irrationales Handeln.

Ein Nachteil ist, dass diese Regeln, was richtig und was falsch ist, schwer zu ändern sind. Damit sie überhaupt wirksam in einen Handel bzw in eine Kosten-Nutzen-Rechnung einbezogen werden können, müssen sie erst einmal geglaubt werden. Dazu muss man sie Tabuisieren und absolut setzen. Ist dies erst einmal der Fall, dann sind die Wertungen daraus schwer wieder zu ändern, ohne das ganze System zu ändern, zumindest wenn man so etwas wie eine Bibel oder einen Koran dazu genommen hat. Denn eine Regeländerung ist gleichzeitig auch immer eine Entabuisierung von Kritik an diesen Stellen und kann zudem zu Konflikten über die Berechtigung der Änderungen führen.

Das macht Religion so gefährlich. Wer regeln zu sehr anpasst, der riskiert die Vorschriften seiner heiligen Texte zu enttabuisieren. Dies geschieht zum Teil in der christlichen Welt, in der viele Christen kaum noch religiös sind. Wer sie nicht anpasst, der muss oft mit Regeln leben, die auf dem moralischen Stand von vorindustriellen Nationen, bzw. von Hirtenvölkern vor 1400 Jahren sind (Mohammed lebte zB etwa 570 bis 630 nach Christus).

Eine neue Religion zu schaffen ist dabei sehr schwierig. Zu sehr sind wir aufgeklärt und würden alle neuen Wundertaten zu skeptisch sehen. Selbst Seine Nudeligkeit wird wohl nur die wenigsten überzeugen und Sein Opfer insoweit vergebens (wenn auch lecker) sein:

Fliegende Spaghetti Monster

Fliegende Spaghetti Monster

Ich wünsche dennoch Frohe Ostern!

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