Abgrenzung im Intersektionalismus: Wer darf sich wo einmischen?

Da Verhältnis im intersektionalen Feminismus zu bestimmten kulturellen Praktiken ist, wenn ich es richtig verstehe, dass jeweils die davon Betroffenen entscheiden müssen, ob sie diese gut finden oder nicht.

Deswegen ist es nicht an „westlichen Feministinnen“ beispielsweise kulturelle Praktiken wie ein Kopftuch oder eine Vollverschleierung zu kritisieren, sie können da allenfalls „Ally“ sein, also Frauen aus diesem Kulturkreis unterstützen, wenn diese damit nicht einverstanden sind.

Da würde mich interessieren, wo die Grenzen verlaufen: Darf eine amerikanische Feministin die deutsche oder französische Gesellschaft kritisieren oder könnte man hier sagen, dass die Frauen eben in einer Demokratie leben und die Regeln auch dort mitgestalten und anscheinend diese Ausprägungen der „Rape Culture“ so mittragen?

Und ab welchem Grad der Kritik überhaupt? Auch im arabischen Raum werden ja genug Frauen gegen Kopfbedeckungen oder Vollverschleierung sein.

Wenn man anführen würden, dass nur eine Frau aus dem jeweiligen Raum überhaupt dies kritisieren dürfte, dürfen dann PoCs oder Frauen aus einer anderen Kultur entscheiden, wie Frauen in Deutschland leben wollen?

Oder gibt es dann wieder Praktiken, die einen gewissen Spielraum lassen, bei denen man also die jeweiligen Frauen entscheiden lassen kann? Das würde aber nicht erklären, warum diese Zustimmung dann nicht nachgehalten wird sondern der Anteil der Frauen üblicherweise als „internalisierter Sexismus“ oder „wohlwollender Sexismus gegen Frauen“ abgetan wird.

Gibt es hier im Feminismus ein logisches Konzept, welches abgrenzt, wann man wie die Intersektionalität hereinspielen lässt, also eine Praxis, die man als sexistische Praxis auslegen würde, nicht kritisiert werden darf?

Oder geht es dabei nur um die Entscheidung der Einzelnen, also den Umstand, dass die einzelne Frau stets ein Kopftuch tragen darf, ihr aber nicht vorgehalten werden darf, wenn sie stattdessen sehr viel Haut zeigt? Aber auch hier scheint der Feminismus ja in seine Kritik nicht einzubeziehen, dass viele Frauen eben hier schlicht den gesellschaftlichen Regeln folgen und nicht aus eigenen Antrieb handeln.

Vielleicht ist die Lösung einfach nur ein schlichtes „privilegierte dürfen unprivilegierten nicht reinreden“. Also Weiße nicht Farbige. Allerdings würde dann eine Erkärung fehlen, warum man davon ausgeht, dass Privilegierte in der Hinsicht unfreier und beeinflusster sind und daher bei ihnen klar erkannt werden kann, dass ihr Verhalten auf gesellschaftlichen Regeln beruht und überall das Patriarchat nachgewiesen werden kann, dies allerdings bei den anderen Kulturen nicht der Fall ist. Letztendlich erklärt man damit man ja indirekt – insoweit ja auch zum Poststrukturalismus passend – dass es keine Kriterien für Sexismus und Diskriminierung gibt, weil man diese ja sonst in gleicher Weise bei den PoCs anwenden könnte und über ein subjektives Element und ein einmischen nicht geredet werden müsste. Es würde reichen, die Machtstrukturen in dieser Gesellschaft zu bestimmen.

37 Gedanken zu “Abgrenzung im Intersektionalismus: Wer darf sich wo einmischen?

  1. So schwierig ist diese Abgrenzung nicht. Als Faustregel gilt: Alles am Westen darf und muss beständig kritisert werden, denn der Westen, das sind weiße, heterosexuelle Männer; der Westen ist die Zentrale des Kapitalismus und damit der gewalttätigste, rassistischste, sexistischste Ort auf Erden.

    Dazu kommt ein vulgärer Antirassismus (der bei Lichte besehen nichts anderes ist, als eine linke Variante des Rassismus), der jedwedes Phänomen aus „nichtweißen“ Kulturkreisen einen Vertrauensvorschuss gewährt. Daher auch die Liebe der Linken zum Islam, bei gleichzeitiger Verteufelung des Christentums. Ersterer ist halt „schwarz“, letzteres „weiß“; ersterer ist Dritte Welt und damit gut, letzteres ist Westen und damit böse.

    Das ist das ideologische Weltbild der hiesigen, postmodernen Linken, die nach dem Zusammenbruch ihres Lieblingsprojekts Sozialismus im Nebel der ideologischen Orientierungslosigkeit umherirrt, und deren einzigster Bezugspunkt ihre Antipathie gegenüber dem kapitalistischen Westen ist.

    • Ich befürchte auch, dass es so simpel ist, reines Gut-Böse-Schema, das nicht hinterfragt wird, weil man schlicht jeden RassismusVorwurf Angaben will. Das ist dann natürlich ziemlich erbärmlich und in der tat auch eine Form des Rassismus. Würde mich daher interessieren, ob es da nicht doch noch irgendwie theoretische Ansätze gibt, die das zumindest etwa mehr begründen. Den die Erklärung werden sie ja so nicht unterschreiben vermute ich

  2. Deine Suche nach Logik im Feminismus ist ja süß.

    Der Feminismus und alle anderen linken Gutmenschen-Ideologien leben von einem Wettbewerb des Ungerechtigkeit-Feststellens und der moralischen Gewissensonanie. Da ist es unerheblich, ob die Ansichten dieser Pharisäer logisch konsistent sind. Hauptsache, man kann anderen Leuten irgendwelche Vorwürfe machen und sich selbst als besserer Mensch gerieren.

    Diese Leute verhalten sich quasi wie ihre Eltern, die auch immer recht hatten und die Moral in der Familie bestimmten – egal wie lebensfeindlich diese war.

    Das Kind muß diese Bigotterie und Verlogenheit der eigenen Eltern verdrängen, reproduziert sie aber unbewußt als Erwachsener. Ein sich Einfühlen in das Leid von KIndern solcher Eltern schafft mehr Verständnis für wie auch immer gefärbtes Pharisäertum.

    Wenn diese Leute selbst einsehen, daß sie als Kinder von ihren Eltern emotional betrogen wurden, werden sie schnell ablassen von ihren absurden Ideologien.

    Hier mal ein interessanter Text:
    Feminismus, Marxismus und Kindheit

      • @ christian

        „Unlogik herauszustellen ist aus meiner Sicht immer sinnvoll. Wenn die Leute anfangen, diese wahrzunehmen, dann hinterfragen sie automatisch mehr. Das erfolgt aus meiner Sicht am besten, indem man versucht, eine interne Logik zu finden.“

        Die „interne Logik“ ist doch nur die Rationalisierung des eigenen tendenziösen Wahrnehmungsbias sowie der eigenen (rein emotional motivierten) Handlungsimpulse.

        Dem sozial und psychisch Devianten die Unlogik seiner inneren Logik vor Augen zu führen, ist ein philanthropes, leider auch frustranes Ansinnen.

        Weder der Islamist noch der Antifa-Zelot lassen sich z. B. durch rationale Dekonstruierung ihrer Parallelwelt korrigieren…ganz im Gegenteil baut z.B. der Antifa-Zelot sogar den Islamisten eher in seiner Wahnwelt ein, als sich dem eigenen Zerrbild zu stellen.

        Korrektur solcher Wahnwelten erfolgt wenn überhaupt nur mittels emotionaler Einschläge, die das psychische System entscheidend neu justieren.

        Das aber hat nichts mit innerer, äußerer oder Paralogik zu tun.

        • @ratloser

          Ich will ja auch nicht die radikale Feministin korrigieren. Sondern anderen deutlich machen, dass es ein unlogisches System ist.

          Wenn man auf der Stufe stehen bleibt, dass es ja irgendwie radikal und unlogisch sein muss und deswegen abzulehnen ist, dann enthebt man sich selbst der Anforderung, seine Meinung zu begründen. Man schaltet selbst auf eine irrationale Feindschaft um. Davor sollte man sich aus meiner Sicht hüten.

        • Auf dieser Stufe sind wir ja nicht. Die Unlogik ist hinreichend bewiesen. Der Feminismus hat sich bis in den letzten Winkel als morbides System herausgestellt. Deshalb reicht es auch, die Unlogik in einem bisher unentdeckten Winkel einfach wieder einmal zu registrieren.

          Man muß sie nicht unbedingt en detail darlegen. Das hat nichts mit Feindschaft oder mangelnder Auseinandersetzung zu tun.

          Warum soll ich meine Energie für solch ein zutiefst krankes System verschwenden, das mit größter Leichtigkeit sofort als solches zu erkennen ist?

          Es ist wohl eher der Tonfall in Christians Artikeln, der irritiert. Denn er ist merkwürdig gutgläubig und steril. Ohne die angemessene Schärfe und Polemik – angesichts des überbordenden feministischen Schwachsinns.

          Dieser „Diplomatismus“ ist es ja auch, der manchen Leuten mißfällt. Er wirkt einfach Milchbubi-haft, gleich als ob je irgendein Dialog mit Feministinnen etwas gebracht hätte oder bringen könnte.

      • Das hat was damit zu tun, wer wen wie kritisieren darf. Darf ich als, sagen wir Atheist, in Kirchen gehen und Bibeln und Gesangsbücher leichter machen und die dortigen Sitzgelegenheiten mit Kauklebern verbessern?

        Die Studentx des genannten stören wohl auch ihnen nicht gefallende Vorlesungen. Wäre aus deren Sicht auch das Verhindern geschlechtergerechter Vorlesungssprache angebracht und wie könnte dann überhaupt noch ein Betrieb an Unis aussehen? Vorlesungen, die von Leuten gestürmt werden, denen Teilinhalte dort nicht passen …

        Was hat das also nicht mit dem Artikel zu tun?

        • @ ddbz

          Die erleuchtete Klasse darf alles kritisieren.

          Die nicht erleuchtete Klasse darf nur das kritisieren, was die erleuchtete Klasse kritisiert haben will.

          Kritisiert die nicht erleuchtete Klasse etwas, was die erleuchtete Klasse nicht kritisiert haben will, disqualifiziert sich die nicht erleuchtete Klasse hierdurch als rassistisch, rechts, misogyn, menschenfeindlich etc. etc.

          Mensch, das ist doch nun wirklich nicht soooo schwierig!

          😉

          • @ratloser

            „Die erleuchtete Klasse darf alles kritisieren“

            Hier ja gerade nicht. Die klassische Feministin ist ja nach wie vor weiß. Intersektionalismus sagt aber, dass sie bezüglich bestimmter Sachen den Mund halten muss.
            Insofern wären allenfalls PoCs die erleuchtete Klasse. Aber es gibt andererseits kaum eine wirklich bekannte PoC-Feministin im Stile von Valenti und Co

  3. Es zeigt sich ja immer deutlicher, dass nur Vertreter
    der „erleuchteten“ Eliten in der Lage sind zwischen
    Islam und Islam zu unterscheiden.
    Zu meiner Schande muss ich sagen, dass ich
    zu dumm für diese Hirnakrobatik mit raffinierter
    Selbstüberlistung bin.

    Mittlerweile ist mir aber klar, dass der Grund
    für dieses Verhalten in einer tief sitzenden
    über Jahrhunderte internalisierte Angst ist.

  4. Warum wir Angst haben, Dr Bill Warner

    http://europenews.dk/de/node/58557

    Es ist schon interessant was herauskommt,
    wenn sich Leute die sich ein Leben lang
    mit harten Wissenschaften erfolgreich
    beschäftigt haben und auch eigentlich
    politische Agnostiker sind, anfangen
    sich akribisch mit historischen Fakten
    zu beschäftigen.

    • Nun, es handelt sich um typisches Muster.

      Die überzeugtesten Apologeten jedweder Ideologien sind entweder Anhänger dieser Ideologien oder aber Menschen, deren „gefühltes“ Wissen (= Glaube) Empirie und Recherche ersetzt.

      Die stört Wissen nur. Die wollen nicht wissen. Wissen würde das angenehme Gefühl, auf der richtigen Seite zu sein, u.U. in Gefahr bringen.

      Das ist auch der Grund, warum totalitäre Entwicklungen immer mit Tabuisierungen, mit Ächtung von nicht nur gefühltem Wissen einhergehen.

      Eins von unzähligen Beispielen: die (Nicht)Diskussion um die Intelligenz.

      • Eines der wichtigsten Methoden zum Gewinn
        von Erkenntnissen ist je das Denken in
        Kategorien von Ursache und Wirkung.
        Im Vortrag von Bill Warne wir erwähnt,
        dass es in der Periode, die uns als die
        goldene Zeit des Islams verkauft wurde,
        eine Richtung der Philosophie gab, die
        den Zusammenhang von Ursache und Wirkung
        grundsätzlich negierte.
        Auch die Behauptung die Moslems hätten
        uns viel Wissen aus dem klassischen
        Altertum erhalten und weitergegeben
        stimmt weitgehend nicht.
        Sachen die mit dem Koran in Einklang
        sind, waren quasi redundant und Sachen
        die kontrovers zum Koran waren, sind
        per Definition sowieso falsch.

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