„Feld und Festung“ als Argumentationsstruktur im Feminismus und anderswo

Auf Meinungen und Deinungen wird ein interessantes Bild diskutiert: Das von Feld und Festung

Die Idee hinter dem Bild ist ein Feld, fruchtbares Ackerland und Wälder, in dessen Mitte eine Festung steht. Das Feld ist, wo du dich normalerweise aufhältst. Sobald du aber angegriffen wirst, ziehst du dich in die Festung zurück, bis der Angriff abgewehrt ist und kehrst dann unbehelligt ins Feld zurück.

Ein Beispiel wäre eine Diskussion mit einem religiösen Menschen, der behauptet, dass Gott der Schöpfer ist, der Menschen aus den Rippen anderer Menschen erschafft und Kranke heilt, wenn man nur an ihn glaubt und nett fragt (Feld). Wenn dann ein Atheist kommt und sagt, das mit der Rippe könne so nicht stimmen, zieht sich der Religiöse in seine Festung zurück und sagt: “Aber Gott ist doch nur ein Begriff dafür, dass in der Welt Schönheit und Ordnung sind! Du willst doch nicht sagen, dass es keine Schönheit gäbe, oder?”. Kaum ist der Atheist weg, können wieder Leute, die um ein goldenes Kalb tanzen,, abgeschlachtet werden. Natürlich nur metaphorisch 😉

Ein anderes Beispiel sind Feministinnen, die Frauenquoten und Rape Hysterie predigen (Feld), bis jemand kommt, der anmerkt, dass Feminismus damit direkt gegen das Grundgesetz und Rechtsstaatlichkeit verstößt. Schwupps sind alle in der Festung, dass Feminismus nur Gleichberechtigung will und nicht mehr sagt, als dass auch Frauen Menschen sind.

In dem von MundD verlinkten Text steht das folgende Beispiel:

3. The feminists who constantly argue about whether you can be a real feminist or not without believing in X, Y and Z and wanting to empower women in some very specific way, and who demand everybody support controversial policies like affirmative action or affirmative consent laws (bailey). Then when someone says they don’t really like feminism very much, they object “But feminism is just the belief that women are people!” (motte) Then once the person hastily retreats and promises he definitely didn’t mean women aren’t people, the feminists get back to demanding everyone support affirmative action because feminism, or arguing about whether you can be a feminist and wear lipstick.

Das ist in der Tat ein interessantes Modell, das dem ganzen Struktur gibt.

  • Man legt sich eine Grundaussage zu, die schwer angreifbar ist („Feminismus will nur Gleichberechtigung“)
  • Man baut ungehindert dieser Aussage weitere Forderungen und Thesen auf, die mit dieser Aussage evtl allenfalls entfernt etwas zu tun haben („die Gleichberechtigung wird behindert, indem Männer mittels der Zwangsheterosexualität Frauen in Abhängigkeit halten und zudem mittels einer Kultur, in der Vergewaltigungen von Frauen nicht bestraft werden, Frauen Angst einjagen um sie in Abhängigkeit zum Mann zu bringen„)
  • Wird eine der Aussagen angegriffen, dann dreht man diesen Angriff, indem man vorgibt lediglich für die Gleichberechtigung der Frau zu kämpfen.

Das ist im Feminismus in der Tat ein häufiges Phänomen, dass beispielsweise hier durchaus eine Rolle spielen könnten:

Da wird auch deutlich, dass es teilweise weniger ein Rückzug ist, als eine Gleichsetzung: „Wer gegen Maßnahme X ist, ist gegen Gleichberechtigung, ist gegen Frauen, hasst Frauen“

Der Angriff auf das schlecht zu verteidigende Feld wird insofern als Angriff auf die Festung reframt und darüber dann der Feind als der „Böse“ ausgewiesen.

Interessant wäre dann noch eine Diskussion dazu, wie man dieses Dilemma auflöst und das Reframen verhindert: Hier scheint mir der einfachste Weg zu sein, deutlich anzusprechen, was Feld und was Festung ist: Eben deutlich zu machen, dass man für Gleichberechtigung ist, aber gegen zB Männerfeindlichkeit, die in diesem Feld-Bereich deutlich wird. Es bietet sich an gegebenenfalls zu kontern und seinerseits eine „Festung“ ins Spiel zu bringen, die auf der „Gegenseite“ vielleicht schwerer zu besetzen ist. Vielleicht bietet sich an, hier auf „Tatsächliche Gleichberechtigung“ „Abwehr von Verteufelung“ oder eben „Humanismus“ abzustellen.

Vielleicht auch ein Grund, warum viele Feministinnen den Begriff des „Humanismus“ als Angriff verstehen: Er bietet für sie weit weniger eine Festung, für andere aber schon.

Das gibt es natürlich nicht nur im Feminismus, sondern in vielen anderen Bereichen auch. Sicherlich kann man auch eine biologische Argumentation in der Art aufbauen, wenn man zu wilde Spekulationen über evolutionäre Gründe anstellt und sich bei Angriffen etwa darauf zurückzieht, dass die Leute die Evolutionstheorie leugnen. Wobei das aus meiner Sicht abzugrenzen wäre von Theorien, die sich aus evolutionären Betrachtungen ergeben können und über die man als solche diskutieren kann. Auch die Gegner sollten sich dann bewußt sein, dass sie entsprechende Festungen haben, etwa wird gerne mit „niemand weiß wie es damals war“ überdeckt, dass es dennoch angesichts der allgemeinen Theorien durchaus sehr plausible Theorien sein können. Eine Sonderform praktiziert auch Elmar, wenn er einerseits schon unumstößliche Wahrheiten zu diversen Themen verkündet (Feld), bei Nachfragen oder dem Hinweis auf Unstimmigkeiten aber darauf verweist, dass er eigentlich noch nicht einmal Theorien hat, sondern diese erst entwickelt und alles später erklärt und bewiesen werden wird (Festung).

Insgesamt also ein sehr interessantes Modell, mit dem man einige Strukturen besser verstehen kann.