„Die Kommentare zu den Artikeln über Feminismus rechtfertigen Feminismus“ (Lewis´s Law)

Auf Quantenwelt wird „Lewis´s Law“ besprochen. Dies lautet wie folgt:

Etwas länger gefasst von Joachim:

“Die Kommentare zu jedem Artikel zum Feminismus rechtfertigt Feminismus.” Wo immer ein kommentierbarer Artikel von einer Feministin erscheint, sei es in der Onlineausgabe einer Zeitung oder in einem Blog, erscheinen in den Kommentarspalten sexistische Kommentare. Manchmal sind es Beleidigungen, manchmal Argumente, die auf sexistische Stereotype aufbauen.“

Das ist eine Argumenation, die man in der Tat auf feministischer Seite recht häufig trifft. Sie enthält aber aus meiner Sicht einen erheblichen Logikfehler.

Nehmen wir zunächst für die Diskussion an, dass es auf feministische Artikel hin tatsächlich erhebliche unsachliche Kritik der Art liest, wie man sie – zwischen durchaus vernünftigen Kommentaren – etwas auf Hatr liest. Also Beschimpfungen, Übergrifflichkeiten etc.

Dann stellt sich die Frage, was man daraus ableiten kann. Aus meiner Sicht erst einmal recht wenig.

1. DEN Feminismus gibt es nicht

Der erste Teil der Kritik wäre, dass man kaum selbst anführen kann, dass es DEN Feminismus nicht gibt, und dann aus den Kommentaren eine Berechtigung DES Feminismus herleiten kann.

Da zeigt sich wieder das weitverbreitete Mittel immer dann, wenn es vorteilhaft ist, den Feminismus als etwas darzustellen, was einfach nur irgendwie auf Gleichberechtigung und Frauenrechte ausgerichtet ist. Aus dieser Sicht würde das Argument noch halbwegs logisch erscheinen: Die Kommentare machen eine Geringschätzung von Frauen deutlich, für die dann DER Feminismus zuständig wäre.

Allerdings hat da die feministische Theorie eben nicht halt gemacht. Sondern einen erheblichen Überbau errichtet, der auf Gleichstellung auf der Grundlage einer nicht bestehenden reinen Konstruktion der Geschlechter ausgerichtet ist und damit alle Nachteile für Frauen als Diskriminierung ansieht, alle Nachteile von Männern aber als deren Problem, weil nur Nebenfolge der Unterdrückung der Frau. Diese Schuldzuweisung, die damit verbunden ist, bleibt so oder so falsch.

Insofern könnte man aus sexistischen Kommentaren allenfalls folgern, dass ein tatsächlich auf Gleichberechtigung und Frauenrechte ausgerichteter Feminismus erforderlich wäre, nicht DER Feminismus an sich.

2. Verallgemeinerungsfähigkeit

Daneben steht das Problem der Verallgemeinerungsfähigkeit. Nur weil es einen bestimmten Prozentsatz von Idioten gibt sagt das wenig über den Zustand der Gesellschaft aus. Insofern sagt auch das Auftreten bestimmter Kommentare wenig darüber aus, ob man daraus etwas herleiten kann.

Im Gender-Feminismus wird man das vielleicht so sehen, dass eine Gesellschaft, die immer noch solche Leute hat, auch immer noch Feminismus braucht, damit sie dekonstruiert werden kann, da es ja die Gesellschaft ist, die so etwas erzeugt. Schließlich gäbe es in einer feministischen Welt auch keinerlei Vergewaltigungen mehr. Aber das erscheint mir eine sehr gewagte Ansicht zu sein.

3. wie trägt der Feminismus selbst zu solchen Kommentaren bei?

Einen anderen interessanten Ansatz habe ich in diesen Artikel gefunden (auf den ich wegen seines anderen Inhalts noch mal zurückkommen werde):

The moral of the story is that if you are maximally mean to innocent people, then eventually bad things will happen to you. First, because you have no room to punish people any more for actually hurting you. Second, because people will figure if they’re doomed anyway, they can at least get the consolation of feeling like they’re doing you some damage on their way down.

This seems to me to be the position that lonely men are in online. People will tell them they’re evil misogynist rapists – as the articles above did – no matter what. In what is apparently shocking news to a lot of people, this makes them hurt and angry. As someone currently working on learning psychotherapy, I can confidently say that receiving a constant stream of hatred and put-downs throughout your most formative years can really screw you up. And so these people try to lash out at the people who are doing it to them, secure in the knowledge that there’s no room left for people to hate them even more.

I know this is true because it happened to me. I never became a manospherian per se, because two wrongs don’t make a right, but – as readers of this essay may be surprised to learn – I did become just a little bit bitter about feminism. If I hadn’t been so sure about that “two wrongs” issue I probably would have ended up a lot more radicalized.

Actually, that word – “radicalized” – conceals what is basically my exact thesis. We talk a lot about the “radicalization” of Muslims – for example, in Palestine. And indeed, nobody likes Hamas and we all agree they are terrible people and commit some terrible atrocities. Humans can certainly be very cruel, but there seems to be an unusual amount of cruelty in this particular region. And many people who like black-and-white thinking try to blame that on some defect in the Palestinian race, or claim the Quran urges Muslims should be hateful and violent. But if you’re willing to tolerate a little bit more complexity, it may occur to you to ask “Hey, I wonder if any of this anger among Palestinians has to do with the actions of Israel?” And then you might notice, for example, the past century of Middle Eastern history.

Yet somehow, when the manosphere is being terrible people and commiting terrible atrocities, the only explanation offered is that “you must hate all women” must appear in some sura of the Male Quran.

Das ist eine Erklärung für bestimmte Aggressionen, aber keine Rechtfertigung.
Ich kann mir schon vorstellen, dass sich hier Leute abreagieren, die gemerkt haben, dass sie ansonsten keinerlei Reaktion vom Feminismus bekommen, dieser nicht gesprächsbereit sind, das ihnen dort nur einseitig schuld zugewiesen wird, und die das Gefühl haben, dass ihnen hier immer mehr Handlungsraum genommen wird. Das gilt gerade dann, wenn die Macht des Feminismus über diverse Theorien noch mehr aufgebauscht wird, etwa starke Formen des Staatsfeminismus oder sonstige Formen der feministischen Verschwörung. Die Leute haben dann das Gefühl, dass genau der Feminismus für alles verantwortlich ist und wollen zum einen etwas kommentieren, was ihnen etwas ausgleich verschafft, was den anderen Angst macht, was sie stört und was sie, selbst wenn sie es nicht veröffentlichen schockt oder ihnen Angst einjagt. Der Gedanke, dass Feministinnen sie nicht mehr hassen können, dass hier eh jeder Raum verloren ist, kann dazu beitragen, dass man den Kommentar dann noch aggressiver gestaltet.