Paarungssvarianten bei den Primaten

In dem Blog von Erwin Schmidt habe ich mal wieder Gutes gefunden, nämlich diese interessante Aufstellung der „Mating Paterns“, also Paarungsarten:

primates

(Quelle:  Sexual selection and the evolution of behavior, morphology, neuroanatomy and genes in humans and other primates Roscoe Stanyon & Francesca Bigoni  Neuroscience and Biobehavioral Reviews (Oct 2014))

Es zeigt wenn auch sehr vereinfacht verschiedene Systeme an, die bei unseren näheren Verwandten vorliegen.

Multimale-multifemale bedeutet dabei, dass sowohl Weibchen als auch Männchen jeweils viele Partner haben, was zB  Spermienkonkurrenz begünstigt.

Single Male, multifemale wäre der klassische „Harem“, wobei dies im Gegensatz zu der Umsetzung in einem menschlichem Harem nicht bedeuten muss, dass die Weibchen eingesperrt sind, bei den Gorillas werden eher die anderen Männchen durch das dominante Männchen und dessen körperliche Überlegenheit ausgeschlossen.

Monogamie wäre eine Paarbindung, die beim Menschen in dieser absoluten Form auch nicht vorliegt, aber doch einen starken Bezug zu unserer Biologie hat

Polyandrous wäre ein Weibchen, welches mit mehreren Männchen lebt. Dies ist wegen der Vaterunsicherheit relativ selten und auch bei den Mandrillen, die hier aufgeführt sind, nicht so, dass harmonisch zusammengelebt wird, eher hat auch hier das dominante Männchen die Vorrechte. Wie zu erwarten haben hier die Männchen entsprechende Zeichen einer sexuellen Selektion, durch eine farbenprächtige Nase.

Fusion-Fission ist ein Lebensstil, bei dem Tiere sich immer wieder zu größeren Gruppen zusammenschließen, etwa zum schlafen und sich dann wieder trennen, etwa für die Nahrungssuche. Ähnlich verhält es sich auch bei der Paarung, bei der sich beispielsweise ein Weibchen der Gruppe des Männchen anschließt und sich dann später wieder von dieser trennt. Die Gruppen sind hier also starken Wechseln und Verschmelzungen unterzogen. Insofern bestehen Partnerschaften eher kurzfristig.

Solitary Males bedeutet, dass die Weibchen in Gruppen zusammenleben, die Männer als Einzelgänger leben und dann häufig ein Territorium haben, dass sie gegen eindringende Männchen verteidigen. Weibchen in diesem Gebiet können dann durchaus mit den dort lebenden Männern ansässig sein. Bei Orang-Utans, die dieser Strategie in der Grafik zugeordnet werden, scheint es dabei insbesondere von schwächeren Männchen mit unattraktiveren Gebieten auch zu erzwungenen Sex zu kommen, insbesondere auch mit „schwächeren Weibchen“, die in diese unattraktiveren Gebiete abgedrängt werden.

Ein wesentliches Element, welche Strategie sich in einer Tierart entwickelt hat, ist dabei auch die Evolution nach den zur Verfügung stehenden Nahrungsangebot: Viel Nahrung an bestimmten Orten erleichert zB Multimale-Multifemale, eine allgemein karge Gegend dann eher „Solitary males“. Auch Polyandrisches Verhalten kommt eher in kargeren Gegenden vor würde ich vermuten.

Zu Betrachtungen, wie die verschiedenen Systeme (vielleicht) auch unsere Vorfahren und damit unser Menschsein beeinflusst haben, finden sich interessante Betrachtungen bei David Geary, sowohl in seinem Buch „Male Female“ als auch an anderen Stellen

 

 

15 Gedanken zu “Paarungssvarianten bei den Primaten

  1. Ich habe mal gelesen, dass menschliche Männer auch Spermien haben, die keine Fortpflanzungsfunktion haben sondern die, andere Spermien zu behindern.
    Ich weiß nicht mehr wo. Kann da jemand was zu sagen?

  2. Sowohl Dr. Strangelove (http://youtu.be/iesXUFOlWC0) als auch die eine oder andere Feministin sind ja der Meinung, dass ein Zahlenverhältnis 1:10 von Männern zu Frauen angemessen wäre.

    Ich frage mich schon länger, was eigentlich die evolutionsbiologischen Ursachen dafür sind, dass das nicht so ist, sondern dass das Verhältnis von Männchen zu Weibchen bei höheren Tieren (Säugetiere und Vögel z.B.) ungefähr ausgeglichen ist. Wenn man sich diese Vielfalt der “Mating Patterns” ansieht, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass 50:50 für alle das evolutionsbiologische Optimum ist. Bei monogamem Verhalten dürfte es vielleicht tatsächlich das Optimum sein, aber bei den Gorillas z.B. scheint es mir eine ziemliche Verschwendung zu sein, soviele Männchen zu produzieren, die nichts zur Fortpflanzung der Art beitragen.

    Täusche ich mich und gibt es doch signifikante Abweichungen von 50:50 in Abhängigkeit vom “Mating Pattern”?

    Oder ist 50:50 tatsächlich immer das Optimum?

    Oder ist der Mechanismus, der das Geschlecht des Individuums festlegt, so auf 50:50 fixiert, dass, nachdem er sich mal entwickelt hat, die weitere Evolution keinen Ansatzpunkt mehr hat?

    (Für letzteres spricht, dass die Züchter von Legehennen und Milchkühen es noch nicht geschafft haben, daran zu drehen)

    • Irgendwie tragen die leer ausgehenden Gorillas durch schwächer sein zur Evolution bei. Auswahl braucht eben, dass es Nichtausgewählte gibt. Genauso wie Tiere einer Sippe sich gegenseitig mehr brauchen als Nachwuchs auf Teufel komm raus.

      Geringe Populationsgröße und sehr einseitige Geburtswahrscheinlichkeiten fühlt sich für mich nicht sehr stabil an.

    • Die Fortpflanzung der Art spielt in der Evolution eine geringe Rolle, die Förderung der eigenen Gene ist das Wesentliche. Gruppenselektion funktioniert nicht. Und der Investition in einen männlichen Nachwuchs steht bei gorillas eben auch ein enorm hoher Gewinn gegenüber

      • Deine und Blubs Argumente sind allerdings nur qualitativ und erklären nicht, dass gerade 50:50 rauskommt. Das Optimum könnte auch bei mehr oder weniger Männchen sein.

        Oder sind es gar nicht genau 50:50? In der Wikipedia habe ich gerade gelesen, dass beim Menschen das Verhältnis bei der Geburt 106:100 zugunsten der Jungen ist. Als möglicher Mechanismus wird angegeben, dass das Y-Spermium etwas beweglicher sein könnte.

        Von der Evolution her sehe ich bei monogamer Lebensweise schon einen Druck in Richtung 50:50. Ich erinnere mich dunkel, dass ich irgendwo früher mal ein Evolutionsargument zu den 106:100 gelesen habe: Bis zur Pubertät hat sich das im Mittel angeglichen, da die Jungs ein höheres Risiko zu sterben haben. Zum Beispiel bei Kämpfen mit dem Nachbarstamm.

        • Aus Sicht der Gene ist die spieltheoretische Frage ist doch: Sollte ich als Eltern gerade lieber ein männliches oder weibliches Kind zeugen?
          Das kommt jetzt auf den Erwartungswert an, also im Mittel zu erwartende Anzahl Enkel. Der wird zusätzlich von den anderen „Mitspielern“ beeinflusst: Zeugen alle anderen Mädchen, bringe ich lieber einen Jungen und umgekehrt. Um meinen genetischen Anteil an der Enkelgeneration zu maximieren, bringe ich also immer das Kind, dessen Geschlecht in der Minderheit ist, da hier der Impact im Genpool am grössten ist. Ergo wird sich ein Gleichgewicht von 50/50 einpendeln (Fisher’s principle).

        • @Markus: OK, das ist plausibel. Für den Erwartungswert bei den Enkeln ist es egal, ob in der Söhnegeneration einer alle Enkel zeugt oder alle jeweils wenige. In der Elterngeneration werden Söhne gezeugt in der „Hoffnung“, dass einer der eigenen zum Alphamännchen wird.

          WordPress: Warum gibt es eigentlich bei Markus‘ Kommentar kein „Antwort“ zum Anklicken?

    • vielleicht ist es auch nicht so leicht, alleine zehn Frauen zu versorgen, so ganz ohne Diener, Eunuchenbodyguards und Jagdhelfer.
      Die Steinzeit ist ja keine Playboyvilla wo das Essen vom catering gebracht wird.

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