Tag: 2. Januar 2015
„Pickuper machen ihr Selbstwertgefühl von der Bestätigung von Frauen abhängig“
Der Mädchenblog greift Pickup auf (via Onyx) und beklagt, dass sich dort der Wert des Mannes nur danach bestimmt, ob er Frauen rumbekommt:
Diese unreife Einstellung „Ich bin nur was wert, wenn ich möglichst viele scharfe Weiber rumkrieg“ macht das Selbstwertgefühl doch wiederum immer noch abhängig von – Frauen. Wie bei Frauen, die meinen, sie seien nur etwas wert, wenn sie von möglichst vielen Typen angehimmelt werden. Auf dieses Niveau wollt Ihr? Ernsthaft?
Da gibt’s doch (drehn wir’s mal um) in Russland diese Kurse für Frauen, wo ihnen beigebracht wird, wie man sich stylen/verhalten/blahblubb muß, um sich irgendeinen reichen alten Knacker zu sichern. Dasselbe in grün.
Und sowas soll dann selbstbewußt und würdevoll sein? Wirklich?
Das ist ein häufiger Vorwurf, der auch gerne in der Form kommt:
Pickup stellt Frauen erst recht auf das Podest, weil sie der Lebensinhalt jeden Pickupers sind, weil er sich nach ihren Wünschen, Vorstellungen, Vorlieben richtet und damit letztendlich sie die wichtigsten sind.
Aus meiner Sicht ist das ein reichlich unstimmiger Vorwurf. Denn Sex mit Frauen, das Erobern von Frauen, dass alles kann eben durchaus Spass machen, ebenso wie eine Beziehung oder eine Partnerschaft mit Frauen. Es gibt keinen Grund, sich in dieser Hinsicht nicht zu verbessern und es gibt auch keinen Grund, warum man nicht auch diesen Teil des Lebens zu seinem Hobby machen kann.
Hängt das Selbstwertgefühl ansonsten auch an einem Hobby? Muss ein Fußballspieler das Selbstwertgefühl von seinem Spielkönnen abhängig machen, muss er sich immer sagen, dass er nur etwas wert ist, wenn alle anderen Spieler ihn bewundern?
Aus meiner Sicht nicht. Natürlich kann dies der Fall sein. Einige nehmen das Spiel zu ernst und verbinden damit tatsächlich ihren Wert als Mensch. Viele spielen aber einfach gerne Fußball, wollen die Herausforderung, mögen die Endorphine der körperlichen Herausforderung, des erfolgreichen Torschusses, des Zusammen- aber auch Gegeneinanderspielens. Niemand würde hier von vorneherein sagen, dass jeder, der sich mit Fußball beschäftigt per se das Gefühl braucht, den Gegner auszuspielen, dass er seinen Selbstwert davon abhängig macht, dass ihm das gelingt, dass er nur angehimmelt werden möchte. Er kann auch viele andere positive Seiten aus dem Spiel ziehen, von körperlicher Fitness bis zu dem Gefühl Teil einer Mannschaft zu sein und mit anderen Spass zu haben.
Genauso kann ein Pickuper einfach gerne mit Frauen schlafen und die Herausforderung mögen, sie zu erobern, er kann seinen Umgang mit Frauen an sich verbessern wollen, er kann das Gefühl mögen, dass Frauen ihn positiv und sexuell wahrnehmen oder er kann auch einfach nur Dynamiken in einer Beziehung nachvollziehen wollen. Das er dazu die diesbezuglichen Regeln studiert und anwendet ist nicht ungewöhnlich: Der Torwart wird sich mit seiner Technik, aber auch mit den Möglichkeiten des Stürmers beschäftigen. Er wird sich mit Taktiken beschäftigen, wann es günstiger ist, aus dem Tor hinauszulaufen und wann es günstiger ist, im Tor zu bleiben. Er wird sich damit beschäftigen, wie man Ecken zumacht und wo man steht und er wird auch die Eigenarten bestimmter Stürmer einplanen ebenso wie diese seine einplanen. Obwohl er sich mit dieser Theorie beschäftigt sind die Eigenarten der Stürmer und deren Verhalten nicht da wichtigste für ihn und Stürmer seine Götter und sein Lebensinhalt. Er kann dennoch Spass am Spiel haben.
Dabei muss auch nicht jedes Spiel austauschbar sein, bestimmte Spiele können eine besondere Bedeutung haben oder andere Situationen beeinhalten, Mannschaften auf die man sich einlassen muss, gegen die es schwieriger oder leichter ist. Das es immer eine nächste Mannschaft gibt gegen die man spielt, macht die gegenwärtige Mannschaft gegen die man spielt, nicht unmenschlich oder zu einem reinen Objekt, an dem man seine Fußballlust befriedigt.
Genauso kann im Pickup natürlich auch jede Frau etwas anderes sein, eine Herausforderung, ein angenehmer Gesprächspartner, jemand, mit dem man gar keine Chemie hat oder jemand, mit dem man sich die Bälle wunderbar hin und herspielen kann, bei dem man das Gefühl hat, dass der andere das Spiel ebenso gut spielt wie man selbst und es beiden Spass macht. Und: Gerade dadurch, dass er die Regeln des Spiels versteht und etwas Technik entwickelt hat, kann das Spiel auch schlicht mehr Spass machen. Weil ein Spiel, indem man schlecht ist, in dem es vom Zufall abhängt, ob etwas gelingt, indem immer wieder etwas schief geht und indem man das Gefühl hat, dass der andere einfach nicht einzuschätzen ist, eben weniger Spass macht.
Ja, Sex mit Frauen einfach so kann Spass machen. Nein, damit macht man sie nicht per se zum Objekt.
Der Unterschied zum alten Knacker ist auch, dass man sich ja nicht auf jemanden einlassen muss, den man eigentlich nicht mag. Man könnte hier eher das Bild bemühen, dass eine Frau lernt, wie man flirtet, wie man sich zurechtmacht, wie man einen guten Körper bekommt, damit sie auch tatsächlich einen Partner bekommt, der ebenfalls sexy ist, witzig ist und zu ihr passt. Das klingt natürlich weit weniger schlimm als Frauen, die sich von reichen alten Herrn nehmen lassen, um an deren Geld zu kommen.
Aber es verletzt eben auch die Vorstellung, dass Liebe etwas reines ist, was einfach so passiert, zwei Seelen, die zueinander schweben und sich vereinen. Dies wird ersetzt durch Punkte, die anstrengend sein können, die man lernen muss, die anderen deutlich machen, dass sie diese nicht erfüllen. Es macht Liebe und Begehren zu einem gewissen Teil berechnbar und berührt damit wichtige Warnsignale vor Betrug. Und der Betrüger muss eben in ein schlechtes Licht gestellt werden, eine arme Wurst, die kein Selbstvertrauen hat und den Betrug braucht.
Das muss aber schlicht nicht der Fall sein. Auch soziales Verhalten ist zu einem Teil erlernbar und damit kann ein tatsächlicher Entwicklungsschritt verbunden sein. Das muss einen nicht verzweifelt machen. Man muss auch, wenn man sich mit Pickup beschäftigt, nicht per se verzweifelt Frauen aufreißen und das auch schon gar nicht für immer. Man kann sich zB auch eine bestimmte Zeit ausleben, lernen, einfach so Sex haben und dann auf eine Beziehung umstellen. Oder man überspringt diese Phase und flirtet einfach gleich mit dem Ziel einer Beziehung.
Sicherlich: Gerade die Leute, die etwas sehr exzessiv betreiben und darin sehr gut werden, entwickeln häufig das Gefühl, dass ihre schlechteren „Gegenspieler“ einfach und schlicht sind und dann auch austauschbar. Der „Fluch des Players„.
Niemand zwingt einen aber in diese Gegenden vorzustoßen.