1. Was ist Eltern-Kind-Entfremdung?
Ein großes Problem bei der Wahrnehmung von Umgang mit einem Kind nach einer Trennung ist, dass Probleme zwischen den Eltern durch ein Elternteil oder beide auf das Kind übertragen werden und dabei direkt oder indirekt eine Positionierung des Kindes in dem Streit der Eltern erreicht wird, die dazu führt, dass das Kind den anderen Elternteil ablehnt.
Das gemeine daran ist, dass es oft nicht direkt erfolgt, sondern auch in ganz kleinen Schritten und mit sehr subtilen Zeichen erreicht werden kann. Beispielsweise kann der Elternteil, bei dem das Kind lebt, auch einfach vor jedem Umgangskontakt schlecht gelaunt sein und nach dem Umgangskontakt, gerade wenn das Kind positives berichtet, noch schlechter gelaunt sein oder sich dann gegenüber dem Kind kalt verhalten. Auf diese Weise nimmt das Kind auf, dass der Umgang mit dem anderen Elternteil etwas schlechtes ist und solidarisiert sich mit dem Elternteil, bei dem es sich aufhält, ist dann auch besonders empfänglich für Gründe, den Umgang abzulehnen und sperrt sich schließlich gegen diesen.
Dabei kann es verschieden starke Formen geben: Es kann Kinder geben, die sich heulend und schreiend an den Elternteil, bei dem sie wohnen, klammern, wenn es zur Übergabe kommen soll und dann, sollte die Übergabe doch irgendwie klappen und sie bei dem Elternteil, welches Umgang hat, im Auto sitzen, sobald der andere Elternteil aus der Sicht ist, ein Herz und eine Seele sind und es ein schönes Umgangswochenende wird. Allerdings können die gleichen Kinder dann auch wieder „zuhause“ angekommen, den Umgang als nicht schön darstellen, damit sie dem anderen Elternteil gerecht werden.
2. Ist Eltern-Kind-Entfremdung bösartig?
Aus meiner Sicht gibt es bewußte und unbewußte Formen der Eltern-Kind-Entfremdung. In der bewußten Form ist natürlich eine Bösartigkeit häufig nicht zu leugnen. Allerdings ist auch dies nicht immer einfach zu bewerten. Möglicherweise ist der andere Elternteil aus der Sicht des handelnden Elternteils wirklich der böse und derjenige kann insoweit nicht aus seiner Haut heraus.
Schwieriger zu handhaben ist die unterbewußte Form der Eltern-Kind-Entfremdung, weil dieser häufig ein selbstverstärkender Effekt zugrundeliegt: Das Kind nimmt die negative Stimmung auf und beginnt, Widerwillen gegen den Umgang zu zeigen oder diesen herabzuspielen. Dies wiederum nimmt der beeinflussende Elternteil auf und hat nun etwas, auf dem er seine Sorge aufbauen kann: „Das Kind will nicht, es fühlt sich nicht wohl“. Daraus kann eine Spirale entstehen, bei der das Kind indirekt für Widerwillen belohnt wird, weil der Elternteil sich kümmert, tröstet etc und jede Verstärkung der Ablehnung des Kindes auch gleich wieder eine Berechtigung darstellt, das Kind zu beeinflussen.
Insofern wird die Eltern-Kind-Entfremdung auch häufig einen Beschützerinstinkt wecken und gerade solche Elternteile, die ihr Kind sehr stark „bemuttern“ werden noch eher in diese Spirale hineingleiten.
Ich bin durchaus überzeugt davon, dass sehr viele sich in diesem Moment als Beschützer der Interessen des Kindes sehen und nicht als jemand, der unlauter vorgeht und das Kind zu Unrecht gegen den anderen Elternteil einnimmt. Sie werden durchaus aus Überzeugung anführen, dass sie ja alles machen, damit das Kind an den anderen Elternteil herausgegeben wird und vorhalte, dass das Kind dennoch gerade diese Vorbereitungen als Stress ansieht und an anderen Umständen merkt, dass es besser eigentlich nicht wollen soll, geradezu als Angriff auf sich sehen, der ihre ganzen Mühen abwertet.
Ein häufiger Einwand ist auch, dass man selbst ja versucht ganz ruhig zu sein, der andere aber genau wissen würde, welche Knöpfe er wie drücken kann, ohne das es groß aufhält und der andere eben keine Gelegenheit auslassen würde, einen zu reizen. Deswegen wäre es auch kein Wunder, wenn es da immer wieder zu Streitigkeiten kommen würde, die man eigentlich von dem Kind fernhalten wolle. Aufgrund dieser Provokationen sei es auch kein Wunder, wenn das Kind dann den anderen Elternteil nicht mehr sehen wollen würde.
3. Wer macht es?
Ich kenne keine Statistiken dazu. Zahlenmässig werden es fast automatisch wesentlich mehr Frauen als Männer sein, weil Kinder weitaus häufiger nach einer Trennung bei der Mutter leben und der Vater Umgang hat. Ob dies auch unter Berücksichtigung dieser Zahlen eher bei Frauen als bei Männern vorkommt, kann ich insofern nicht sagen.
Allerdings scheinen mir in dieser Hinsicht viele Mütter wesentlich „bemutternder“ und auch eher geneigt, die Beziehung zu dem anderen gerade auch stark zu emotionalisieren. Aber das kann ein aus den Zahlenverhältnissen resultierender subjektiver Eindruck sein.
4. Nochmal was dazu aus der Wikipedia
Zwei Stellen aus der Wikipedia noch:
Die erste beschreibt die Eltern-Kind-Entfremdung:
Das elterliche Entfremdungssyndrom wurde 1985 zum ersten Mal von dem US-amerikanischen Kinderpsychiater Richard A. Gardner so bezeichnet und beschrieben.[1] Gardner beschrieb das elterliche Entfremdungssyndrom als die Beschäftigung des Kindes damit, einen Elternteil zu kritisieren und abzuwerten.[12] Laut Gardner tritt das Syndrom dann auf, wenn im Kontext eines Sorgerechtstreits ein Elternteil bewusst oder unbewusst versucht, das Kind vom anderen Elternteil zu entfremden.[13] Gardner zufolge äußert sich das Syndrom in Form von acht Symptomen, die sich im Verhalten des Kindes zeigen. Diese Symptome sind:
Hass und Abwertung eines Elternteils durch das Kind
schwache, absurde oder alberne Begründungen für diesen Hass und diese Abwertung
Fehlen der üblichen Ambivalenz gegenüber dem entfremdeten Elternteil
starkes Bestehen des Kindes darauf, dass es allein seine Entscheidung war, einen Elternteil abzulehnen
reflexartige Unterstützung des bevorzugten Elternteils während des Sorgerechtsstreits
Fehlen von Schuldgefühlen bezüglich des Verhaltens gegenüber dem entfremdeten Elternteil
Gebrauch von Redewendungen und Szenarien des bevorzugten Elternteils
Abwertung nicht nur des entfremdeten Elternteils, sondern auch von dessen Familie und Freunden.[14][15][16]
Diese acht Faktoren wurden allerdings nicht von Experten in dem Bereich erforscht.[17]Gardner unterscheidet drei Stufen des PAS, eine milde, eine mittlere und eine schwere. Die Anzahl und das Ausmaß der acht Symptome nehmen im Verlauf der Stufen zu.[18]
Als schwache Entfremdung gilt, wenn das Kind zwar gegen den entfremdeten, getrennt lebenden Elternteil eingestellt ist, es aber die Besuche des getrennt lebenden Elternteils wenig oder überhaupt nicht ablehnt. Die mittlere Stufe des Syndroms äußert sich in heftigerer Ablehnung von Besuchen und deutlich negativer Einstellung gegenüber dem entfremdeten Elternteil. Gardner empfiehlt in solchen Fällen, dass der betreuende Elternteil das Sorgerecht behält, falls er es unterlässt, das Kind vom getrennt lebenden Elternteil zu entfremden. Falls die Entfremdung fortgeführt wird, so empfiehlt Gardner die Übertragung des Sorgerechts auf den entfremdeten Elternteil sowie eine Therapie zur Verbesserung der Beziehung zwischen dem Kind und dem entfremdeten Elternteil.
In schweren Fällen weist das Kind alle acht Symptome auf und weigert sich, den entfremdeten Elternteil zu besuchen, bis hin zu Drohungen, fortzulaufen oder Selbstmord zu begehen, falls die Besuche fortgesetzt werden. Gardner empfiehlt, das Kind aus dem Haus des betreuenden, bevorzugten Elternteils zu entfernen und es in einem Heim unterzubringen, bis das Kind bei dem entfremdeten Elternteil einziehen kann. Zusätzlich befürwortet Gardner eine therapeutische Behandlung des Kindes.[1][16][18] Gardners empfohlene Interventionen für die mittlere und schwere Stufe des Syndroms, einschließlich der gerichtlich angeordneten Übergabe des Kindes an den entfremdeten Elternteil, wurden kritisiert, unter anderem als exzessive Strafmaßnahmen gegen das Kind und den betreuenden Elternteil.[19][20] Mit der Zeit revidierte Gardner seine Ansichten und sprach sich weniger befürwortend für die aggressivsten Interventionen aus.[19]
Die zweite Stelle behandelt die juristische Seite und den Gebrauch in der Männerrechtsbewegung:
Mit dem Erstarken der Väterrechts- und Männerrechtsbewegung wird das elterliche Entfremdungssyndrom gelegentlich im Rahmen von Umgangsrechtsstreitigkeiten, vor allem bei Umgangsverweigerung, thematisiert.[61][62]
Der abgelehnte Elternteil kann das Verhalten des ehemaligen Partners und dessen Beziehung zum Kind falsch deuten und es als krankhaft empfinden.[63][64] Häufig ist es unklar, ob das Kind einen Elternteil aus eigenen Stücken ablehnt oder ob die Ablehnung durch den sorgeberechtigten Elternteil verursacht wurde.[63] Laut Jörg M. Fegert handelt es sich beim „Parental Alienation Syndrome” tatsächlich um das „Parental Accusation Syndrome” (dt. elterliches Beschuldigungssyndrom), welches als taktische Waffe in Sorgerechtsfragen eingesetzt wird, um den anderen Elternteil vor Gericht zu belasten.[65][66] Der Diplompsychologe Jörg Fichtner wirft der Väterrechtsbewegung vor, das Kindeswohl mit den Interessen des getrennt lebenden Elternteils, meist des Vaters, zu verwechseln und Mütterlichkeit anzugreifen.[64] Der gesellschaftliche Anspruch eines lebendigen Kontaktes zu den eigenen Kinder habe für Väter zugenommen und dieser werde dann nachholend in Folge einer Trennung eingefordert; „was dann schon mal im Widerspruch zum bisherigen Alltag und zu den Vorstellungen der Mütter steht.“.[67]
5. Was kann man gegen eine Eltern-Kind-Entfremdung machen?
Ein gutes Verhältnis zu dem anderen Elternteil haben und diesen nicht provozieren ist natürlich der beste Weg so etwas vorzubeugen. Das ist aber natürlich nicht bei jeder Trennung möglich.
Das macht Gegenmaßnahmen oft sehr schwierig.
Eine Möglichkeit ist das Aufsuchen einer Beratungsstelle, die vermittelt, wie man wieder trotz Trennung relativ normal miteinander umgeht und versucht, Konflikte auszuräumen. Dies wird auch häufig von Gerichten angeraten. Zudem kann man sich an das Jugendamt wenden und diese um ein Tätigwerden bitten, was häufig zu gemeinsamen Elterngesprächen etc führt.
Ansonsten werden bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung häufig die folgenden Schritte nach und nach umgesetzt:
a) Einen Antrag auf Umgang stellen: Es muss erst einmal überhaupt ein gerichtlich angeordneter Umgang vorliegen, damit man eine Handhabe hat.
b) Eine Umgangspflegschaft beantragen: Ein Umgangspfleger kann je nach Gericht entweder die Umgangszeiten und die Art und Weise des Umgangs regeln, die Umgangskontakte begleiten oder auch eine „kontaktlose Übergabe“ gestalten. Das bedeutet, dass das Kind erst zum Umgangspfleger gebracht wird und es dann der Umgangsberechtige dort abholt, was die Konfliktsituation für das Kind entschärfen kann, dass es dem anderen Elternteil nicht deutlich machen muss, dass es „auf seiner Seite“ steht. Zudem kann der Umgangspfleger auch dem Richter ein besseres Bild geben, inwiefern eine Beeinflussung des Kindes vorliegt.
c) Ein Gutachten zur Erziehungsfähigkeit: Wenn deutlich wird, dass der Elternteil das Kind so stark beeinflusst, dass dies krankhafte Züge annimmt, dann kann dies gegen die Erziehungsfähigkeit dieses Elternteils sprechen und das kann sogar dazu führen, dass das Kind diesem Elternteil weggenommen wird. Häufig wird aber nur damit gedroht, dass dies geschieht.
d) Festsetzung von Ordnungsgeldern: Das Gericht kann bei der vorsätzlichen Verhinderung von Umgang Ordnungsgelder, hilfweise Ordnungshaft festsetzen, und dies immer weiter ansteigend, bis sich der andere Elternteil daran hält. Dies wird allerdings von Gerichten eher zurückhaltend ausgeübt. Nach meiner Erfahrung noch zurückhaltender, wenn sie davon ausgehen, dass eine unterbewußte Beeinflussung vorliegt.