„Frauen müssen sich beim Sex öffnen, deswegen sind sie verletzlicher“

Auf dem im vorherigen Artikel bereits zitierten Blog gibt es in den Kommentaren noch eine interessante Aussage der Autorin:

 Aber versuch bitte dich in eine Frau zu versetzen. Wir sind diejenigen, die Kinder bekommen, sich Mann “öffnen” müssen. Nicht nur im sexuellen Sinn, auch emotional. Aber dieses “öffnen” bedeutet einen großen Einschnitt im Leben von Frau. Sie macht sich damit verletzlich, sie ist ungeschützt. Und das macht ihr Angst. Auch, wenn ich nie etwas mit Mann hatte und haben werde, so kann ich das zu 100 % nachempfinden.

Männer kennen dieses Gefühl nicht. Für gewisse Typen sind Frauen nur ein Objekt aus Busen, Beine, Po. Das Gesamtpaket, der Mensch, interessiert sie nicht.

Das ist eine häufig auftauchende Argumentation, die ich daher besprechenswert finde. Aus meiner Sicht gehen die dortigen Argumente etwas an der Sache vorbei, eben weil sie statt auf evolutionäre Vorgänge abzustellen soziale oder systembedingte Argumente bringen.

Es ist ja nicht per se logisch, dass Frauen, weil ein Penis in sie eindringt, sich schwerer zu Sex bewegen lassen müssen. Auch bei Bonobos dringt ein Penis ein und sie bekommen Kinder, aber sie brauchen dafür keine Gefühle oder sehen das als einen großen Einschnitt in ihr Leben. Dutzende von Tierarten haben Weibchen, die sich öffnen, aber deswegen nicht per se verletzlich sind. Es handelt sich hier also eigentlich um ein Scheinargument, dass zwar mit der Schwangerschaft und der besonderen Konstellation der Menschen ungefähr auf dem richtigen Weg ist, aber eigentlich auf die „Kosten des Sex„, Paarbindung, beiderseitige Versorgung und die darauf aufbauenden evolutionären Selektionen auf ein anderes Verhältnis zu Sex abstellen sollte.

Die Frau muss sich auch nicht wirklich emotional öffnen. Denn wenn es nur um Sex geht, dann ist die Öffnung der Frau keine großartige Anforderung, eher ist es die Öffnung des Mannes, da die Frau die geistige Verbindung braucht. Eine Frau könnte relativ wenig über sich Preis geben, damit es zum Sex kommt.

Es werden auf den ersten Blick irgendwie passende Bausteine wie „Verletzlichkeit, weil sie sich öffnen muss“ behandelt, aber das auch nicht auf einen längeren Zeitraum und die damit zwangsläufig entstehenden Selektionsvorgänge umgelegt: Wenn es für Frauen immer gefährlicher war, sie immer verletzlicher waren und ungeschützter was Sex angeht, dann hat das eine Selektion auf in dieser Hinsicht vorsichtigere Frauen zur Folge.

Falsch ist auch, dass Männer Gefühle in dieser Hinsicht nicht kennen. Sie sind ebenfalls in einer Beziehung verletzlich, wollen akzeptiert werden, legen Teile von sich offen und sind – auch gerade in der Flirtphase -oft weitaus eher in der Gefahr, Ablehnung zu erfahren. Vielleicht haben Männer andere Ängste als Frauen – vielleicht weniger die Angst, sexuell abgelehnt zu werden, dafür mehr die Angst, dass sie nur bestimmte Vorteile erlangen will, dass sie ihn in der Flirtphase ablehnt, dass sie ansonsten Anforderungen stellt, die er nicht erfüllen kann. All dies sind nicht minder reale Ängste von Männern.

Natürlich kann die Frau Angst vor einer Vergewaltigung haben, aber das wird bei den meisten Frauen bei einer sich anbahnenden Beziehung wohl nicht der vorherrschende Gedanke auf einer rationalen Ebene sein – unterbewußt mag diese Angst ebenso eine Rolle spielen wie die Frage, ob er der richtige ist und eine Langzeitstrategie will, eben die bei dieser Verteilung der Kosten des Sex zu erwartenden Vorbehalte.

Ganz einordnen kann ich auch nicht die Aussage „Männer kennen dieses Gefühl nicht. Für gewisse Typen sind Frauen nur ein Objekt aus Busen, Beine, Po. Das Gesamtpaket, der Mensch, interessiert sie nicht.“ Hier scheint mit Hilfe der gewissen Typen Männern an sich das Gefühl der Angst abgesprochen zu werden. Interessanterweise steht auch hier der (Alpha-)Mann, der eine Kurzzeitstrategie fährt im Vordergrund der Überlegungen, das auch Männer Bindung und Beziehung wollen scheint in den Überlegungen eine geringe Rolle zu spielen. Es ist auch nichts schlimmes daran, mit einer schönen Frau Sex haben zu wollen, deswegen muss sie nicht zum Objekt werden.