„Der Feminismus will doch gerade die negativen Geschlechterrollen auch für Männer aufheben“

In einer Diskussion zu der Frage, wann ein Feminist / Maskulist als vernünftig angesehen wird, bringt Onyx ein bereits häufiger im Feminismus verwendetes Argument:

In seiner Rezension listet Hoffmann einige Dinge auf, wo Männer benachteiligt werden (fehlende Hilfsangebote für Männer, höhere Suizidrate, Sorgerechtsstreitigkeiten, etc). Was er nicht sagt, ist, dass die meisten Punkte davon Ursachen haben, die Anne selbst kritisiert. Nämlich die Tatsache, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der es für Männer verpönt ist, schwach zu sein. In einer Gesellschaft, in deren Justiz selbst noch Gedankenkonstrukte herrschen, in denen “Frau und Muttersein” untrennbar miteinander verwoben ist, aber “Mann und Vatersein” immer optional, und mit vielen Diskussionen verbunden ist

Ich hatte es kürzlich auch schon hier etwas ausführlicher dargestellt, es ist – wie Leszek in der Diskussion bei Onyx auch richtig anführt – das „Patriarchy hurts men too“-Argument.

Meiner Meinung nach geht es an der Sache vorbei. Denn tatsächlich ist das, was der radikale Genderfeminismus dort anbietet, sehr wohl gegen Männer oder zumindest Männlichkeit gerichtet. Denn es wird ja nicht einfach darauf abgestellt, dass sich jeder verhalten soll, wie er will, sondern das ganze wird in eine Opferrolle der Frauen und eine Täterrolle der Männer eingeordnet.

Ein Vergleich macht vielleicht deutlich, warum der Genderfeminismus sich hier zwar formell das Helfen für Männer auf die Fahnen schreiben kann, tatsächlich aber eine Hilfe nicht erfolgt:

Wenn religiöse mittelalterliche Fanatiker anführen, dass sie doch die Probleme der Bauern genau benennen, nämlich schlechte Ernten und zuviel Hagel, und diese Beheben wollen, also eigentlich gut für die Bauern sind, ihre Hilfe aber darin bestehen würde, die Bauern ganz überwiegend für Sünder zu halten und diese Sünden durch das Feuer reinigen wollen, dann können sie sich natürlich in ihrer Gedankenwelt durchaus darauf beruhen, dass ein durch Verbrennen erlöster Sünder sowohl von seinen Sünden reingewaschen ist, was seiner unsterblichen Seele zugute kommt als auch das Dorf durch seine nun nicht mehr vorhandene Sündhaftigkeit auch vor einer Hungersnot bewahrt. Aber wir würden diese Maßnahme trotz dieses scheinbar „guten“ Ansatzes nicht für die heutige Zeit empfehlen, in der wir wissen, dass Dürre und Hagel unabhängig von Sünde existieren.

Der Fehler liegt hier darin, dass ein gutes Ziel  benannt werden kann, welches die anderen auch erreichen wollen, dass aber aufgrund einer falschen Theorie zu den Ursachen mit vollkommen falschen Mitteln angegangen wird, die überaus schädlich für die Bauern sind.

Auf den radikalen Genderfeminismus übertragen mag das gute Ziel sein, dass der Theorie nach auch stereotypes Verhalten von Männern aufgebrochen werden soll. Als Ursache wird aber „das Patriarchat“ angesehen, welches nicht existiert. Und das Mittel ist, dass man Männlichkeit an sich dämonisiert und in eine Privilegientheorie einordnet, innerhalb der Männer eine Art Erbschuld zugwiesen wird, die sie quasi zu Menschen zweiter Klasse macht, die sich beständig für alles exculpieren müssen, beständig ihre Privilegien hinterfragen müssen und selbst nicht diskriminiert werden können.

Verständlicherweise ist diese Position der beständigen Schuld für Männer nicht attraktiv, so dass sie der radikale Genderfeminismus hier eher vom Regen in die Traufe bringt.

Die feministischen Theorien unterschlagen dabei eben auch den Anteil der Frauen und deren Interesse an der Aufrechterhaltung der Geschlechterrollen. So etwas kommt im Feminismus allenfalls unter dem Stichwort vor, dass Frauen bestimmte patriarchische Regeln verinnerlicht haben und sie nur deswegen vertreten. Auch hier ist also die Frau allenfalls Opfer der Umstände oder Verbündete eines System, welches Männern nutzt, aber sie handelt nicht aus eigenem Interesse oder eigener Motivation

Eine Theorie, die darauf abstellt, dass auch Frauen Rollenbilder stützen, indem sie weinende Frauen lächerlich oder erbärmlich finden, weil sie eine Vorliebe für starke, selbstbewußte, Herausforderungen annehmende Männer haben, wird der Realität dabei viel eher gerecht. Und sie erlaubt beiden Geschlechtern eine Verantwortung an den Rollenbildern zuzuweisen, da eben auch die Männer innerhalb der intrasexuellen Konkurrenz entsprechendes Verhalten abwerten. Zudem zeigt es auch die Schwierigkeiten auf, ein solches Bild zu überwinden, die realistischer sind als „eine unsichtbare Verschwörung der hegemonialen Männer hält die Geschlechternormen am Leben, auch wenn sie sonst keiner will“.

Die feministische Theorie ist insoweit nur scheinbar eine Hilfe. In ihrer radikalen Ausprägung fördert sie nicht die Freiheit der Männer, sondern eher deren bedingungslose Selbstkasteiung in der Hoffnung auf Gnade.