Wünsche und Verhalten

Da Elmar zumindest mal etwas konkreter geworden ist will ich natürlich auch darauf antworten:

Zuerst scheinen mir diese Beispiele interessant:

Darüberhinaus lassen sich Wünsche wie Präferenzen offenbar hierarisch anordnen – was wir hier schon einmal durchgekaut haben:

  • (4a) Nehmen wir an, daß A drogensüchtig ist. Dann könnte A sich unreflektiert und zügelos seiner Sucht hingeben. Dann bildet er bzgl. seines Wunsches nach der Droge keine Wünsche aus und wir würden A vielleicht als triebhaft süchtig bezeichnen. Von einer Freiheit, wünschen, was A will, kann man kaum sprechen, daß A ohne jede Reflexion jede Möglichkeit der Einflußnahme abgeht.
  • (4b) Doch A könnte seine Sucht auch ablehnen und sich deshalb zu einer Therapie entschließen. In diesem Fall hat A den Wunsch, den Wunsch nach der Droge nicht zu haben: A hat einen Wunsch zweiter Ordnung nach einem Wunsch und wir würden ihn als Süchtigen wider Willen bezeichnen, weil er nicht möchte, daß sein Wunsch nach der Droge auf seine Handlungen durchschlägt.
  • (4c) Doch A muß gar nicht soweit gehen. Er kann auch den Wunsch haben, nicht drogenabhängig zu sein, ohne daß dieser Wunsch zweiter Ordnung in seinen Handlungen durchschlägt. In diesem Fall würde wir uns vorstellen, wie A abends mit seiner Droge am Kamin sitzt, sie verflucht, seufzt, wie schön er ohne die Droge leben könnte und sich Tagträumen über sein drogenfreies Leben macht – gerade unter dem verstärkenden Einfluß der Droge. Auch in diesem Fall ist A frei, zu wünschen, was er wünschen will, aber er macht von dieser Freiheit keinen Gebrauch.

Wäre A nur ein Knecht seiner Wünsche erster Ordnung, würden wir A nicht als frei und folglich nicht als autonom betrachten. (4b) zeigt auch, daß es Wünsche zweiter Ordnung gibt, deren Objekte Wünsche erster Ordnung (hier: nach der Droge) gibt. (4c) zeigt sogar, daß die Frage, ob der Wunsch zweiter Ordnung in den Handlungen von A durchschlägt, eine Rolle spielt für das Porträt, daß wir von A als Person zeichnen. (4) ist daher klarerweise ein gutes Motiv, zu glauben, daß gilt:

  • Entscheidungen sind nur dann eigene Entscheidungen, wenn bei ihrer Entstehung Wünsche oder Präferenzen mindestens zweiter Ordnung mitgewirkt haben.

Daß Wünsche hierarchisch angeordnet werden können, spielt daher eine wichtige Rolle beim Verständnis von Personen – hier gibt es dazu Beispiele.

Hier scheint mir bereits eine erste Abweichung vorzuliegen in dem Verständnis gerade von körperlich erzeugten Wünschen. Denn Elmar betrachtet das Thema Drogen sehr abstrakt und dabei geht aus meiner Sicht der eigentliche Gehalt einer Sucht verloren.

Wenn A nämlich drogensüchtig ist, dann aktivieren bestimmte Substanzen sein körpereigenes Belohnungssystem und lassen ihn Glück und Hochgefühle erleben. Im Körper wird dies als gute Erfahrung abgespeichert und es entsteht der Wunsch, diese Gefühle nochmals zu haben. Dabei haben diese Wünsche Auswirkungen auf sein Denken und Handeln: Sein Denken wird immer mehr auf eine Art gefärbt, die sich mit diesen Substanzen beschäftigt, wenn er zu lange diese Substanz nicht hat. In sein Denken schleichen sich immer wieder Fragen an, wie er an die Substanz kommt. Der Wunsch danach führt bei starken Drogen dazu, dass der Süchtige zwischen dem Drogenrausch und Tätigkeiten, die ihm schnell weiteren Zugriff auf die Substanz ermöglichen, hin- und herpendelt.

Der Satz „Er könnte seine Sucht auch ablehnen und sich deshalb zu einer Therapie entscheiden“ muss für jeden, der sich mit härteren Drogen auskennt, geradezu grotesk klingen. Denn die Entscheidung dafür, dass man keine Drogen mehr nimmt, kann man nicht im gleichen Maßt rational treffen und umsetzen wie die Frage, ob man ein Auto in der Farbe Silber oder Schwarz nimmt. In gewissen Phasen wird der Süchtige von den Drogen wegkommen wollen, er wird aber gleichzeitig den starken Wunsch verspüren, wieder Drogen zu nehmen. A ist, wenn er von Drogen wegkommen will, nicht frei zu wünschen, was wünschen will. Er ist in einem Konflikt zwischen seinem rationalen Denken, dass ihm bewusst macht, dass ihm die Drogen sein Leben kaputt machen, und dem Wunsch, wieder den gleichen Kick zu erfahren, den Rausch, die Probleme hinter sich zu lassen, die Handlung „Nehmen von Drogen“ durchzuführen, die ihm sein Körper bzw. sein Gehirn als sehr wichtigen Wunsch vorgibt.

Die Droge ist nichts absolut künstliches, was neben dem Wünschen steht. Sie erzeugt über den Funktionsweise unseres Gehirns, zB das Belohnungssystem, direkte Wünsche, die der betreffende auch als ein Wollen, einen Wunsch wahrnimmt. Gleichzeitig kann das Gehirn auch über die negativen Folgen der Drogen den Wunsch aufbauen, diese nicht mehr zu nehmen. Beide Wünsche stehen dann nebeneinander und sind nicht unbedingt logisch gebildet. Der Wunsch nach der Droge hat allerdings den “Vorteil”, dass er auf ein sehr kurzfristig zu erreichendes Ziel, eine direktere und einfachere Suchtbefriedigung ausgerichtet ist als der Vorgang des Entzugs.

Die Drogensucht in ein rationales Handlungs- und Wünschesystem einzustellen, ohne sich den Charakter als Wunsch bewußt zu machen, macht es dann sicherlich einfacher, die Biologie auszuklammern. Das ist aber ein schlichtes Wegdefinieren und nicht wirklich eine Behandlung der Frage, wie sich körperlich erzeugte Wünsche im Konflikt mit rationalen Denken auswirken

Elmar scheint mir hier einfach bereits eine künstliche Trennung in rationale Gründe und Triebe vorzunehmen und nur bei letzteren überhaupt von Wünschen zu sprechen. Wenn aber Wünsche nur das ist, was sich aus rational ermittelten Motiven ergibt, aus dem Verstand, welches das Wollen bestimmt, dann hat man per Definition den biologischen Anteil ausgeklammert.

Nun aber zu seinen Theorien zur Biologie:

IV. Kurzes Innehalten: Wie hälst du’s mit der Biologie?

Es ist an dieser Stelle leicht absehbar, daß viele – aber nicht unbedingt alle – Bedürfnisse eine biologische Quelle haben: Daß ein Säugling nicht frieren, hungern oder eine volle Windel nicht spüren will, ist vermutlich eine Sache mit der er auf die Welt gekommen ist. Auch für sehr elementare Präferenzen mag das gelten.

Da würde sich dann die Trennung auch weiter Auswirken. Bedürfnisse und Wünsche werden insoweit getrennt. Dass diese Bedürfnisse dann selbst zu Wünschen und dann wieder zu Handlungen führen können, geht etwas unter. Darauf aufbauend können biologisch erzeugte Bedürfnisse wohl auch nur Elementar sein, also eben die Grundbedürfnisse abdecken. Alles Höhere ist dann wohl eher die rationale Umsetzung der Bedürfnisbefriedigung: „Ich habe das Bedürfnis Drogen zu nehmen, entscheide mich aber rational für die Umsetzung meines Wunsches, eine Therapie zu machen“. Das hier viel irrationales hineinspielt und Wünsche disponiert, was so ziemlich das gesamte Problem einer Umsetzung des Wunsches, einen Drogenentzug zu machen, betrifft, dass geht vollkommen unter.

Doch während die Voreiligen an dieser Stelle bereits innerlich aufjubeln, ist anderen klar, daß das Grab der Vulgärbiologismus anfängt, Formen anzunehmen. Und zwar so:

„Das Grab des Vulgärbiologismus“. Mal schauen, ob Elmar hier tatsächlich eine Liegestätte für den diesen ausbuddelt oder eher sein eigenes (argumentatives) Grab.

  • i) Gäbe es nur Bedürfnisse, dann wäre die deterministische Grundintuition des Vulgärbiologismus und ihre biologische und evolutionäre – leider auch völlig akzidentielle – Verbrämung ein stärker Gegner – keine Frage. Doch da es noch mehr Pro-Einstellungen gibt, bleibt die Diskussion an dieser Stelle erst mal offen.

 

  • ii) Der Vulgärbiologismus hat die Idee, daß wenigstens die Bedürfnisse biologischer Provenienz etwas Zwingendes für die Entscheidungen im Rest des menschlichen Daseins an sich haben. Wenn man jedoch zeigen kann, daß diese Bedürfnisse untergehen oder wenigstens durch andere Pro-Einstellungen überlagert oder überschrieben werden können, dann könnte man eventuell eine persönliche Freiheit unserer Entscheidungen etablieren, die verständlich macht, daß Menschen im Laufe ihres Lebens wirklich dazulernen, sich über ihre biologischen Dispositionen erheben können, und daher der kulturelle Anteil an jeder Entscheidung dominiert – falls die Person jahrelang brav an sich gearbeitet hat. Das kostet einen weiteren post.

Natürlich können Leute auch gegen ihre Biologie handeln. Ein einfaches aber aus meiner Sicht durchaus extremes Beispiel wäre ein Homosexueller, der – beispielsweise aufgrund eines strikt christlichen Hintergrundes – seine Homosexualität als schlecht ansieht und daher von dieser „geheilt“ werden möchte. Er lebt dann in einer heterosexuellen Beziehung mit einer Frau und 3 Kindern. Solche Fälle kann ich mir problemlos vorstellen. Aber wird man hier wirklich argumentieren, dass er hier frei handelt, dass die biologischen Vorgaben und seine seit der Geburt vorliegenden Partnerwahlkriterien überschrieben worden sind?

Eher wird man davon ausgehen, dass er sich etwas vormacht. Er wird voraussichtlich sehr wenig Sex mit seiner Frau haben. Er wird wahrscheinlich beim Anblick von sexuell für ihn interessanten Männern immer noch den Reiz spüren und die Wahrscheinlichkeit, dass er irgendwo eine paar Nacktbilder von attraktiven Männern versteckt hat und dazu masturbiert oder das er sich gelegentlich in ein schwules Badehaus schleicht sind groß. Ebenso groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihn sein Versuch, gegen seine biologische Veranlagung zu leben sehr schwer fällt, vielleicht zu erheblichen seelischen Problemen führt, ihn Kraft kostet. Hier wurde ja bereits mit erheblichen Druck gearbeitet: Homosexualitätwurden in früheren Zeiten sogar mit dem Tode bestraft. Es dürfte kaum eine höhere Motivation geben, sich über seine biologischen Grundlagen hinwegzusetzen und diese einfach zu „überschreiben“. Anscheinend ist es dennoch vielen nicht gelungen.

 

Dass man Homosexualität biologisch begründen kann, dass mag für Elmar dann wieder „Vulgärbiologismus“ sein, aber die Fakten sprechen aus meiner Sicht dafür. Wenn er das aus seiner Kritik ausklammern würde, dann würde ich mich fragen, wie das in seine Theorien passt: Wenn man in diesen Bereich Verhalten biologisch festlegen kann, nämlich in dem Sinne, dass bestimmte Begehren bewirken, dass man nur mit einem bestimmten Geschlecht Sex haben will, warum sollen diese gleichen Funktionsweisen nicht auch in den anderen Bereichen wirken können?

Dass dies im Geschlechterbereich auch an anderen Stellen vorkommt, das wird an verschiedenen Fällen deutlich:

  • Bei CAH handelt es sich um einen Zustand, bei dem die Nebennierenrinden zuviel von unter anderem Testosteron produzieren und dies bereits vor der Geburt, also pränatal. Bei Mädchen mit CAH zeigt sich ein eher für Jungs typisches Verhalten, sie spielen eher wie Jungs und sie verhalten sich auch später eher wie Männer. Diese Frauen wählen auch später eher als andere Frauen technische oder anderweitig männerlastigere Berufe
  • Fälle wie David Reimer und andere seiner Art, etwa auch aufgrund cloacal exstrophy (einer Konstellation, bei der direkt nach der Geburt aufgrund Deformationen und fehlenden Penis bei männlichen Babies eine Operation durchgeführt werden muss, die zu einigen weiteren Konstellationen wie David Reimer führte) machen deutlich, dass man sich nicht einfach entscheiden kann, wie man leben will, sondern das man Abweichungen zu seinen biologischen Vorgaben als starke Belastung empfinden kann.
  • Transsexualität als Wechsel zwischen den Geschlechterrollen verläuft in Familien und ist insoweit erblich, andere Varianten wie Alternating gender incongruity (AGI) fügen sich gut in diese Theorien ein.
  • Auch sonstige soziale Experimente wie etwa das Kibbuz sind gescheitert, obwohl in diesen gerade versucht wurde „Hart an sich zu arbeiten“ und im Sinne der dortigen Ideologie „dazuzulernen“.
  • Und wenn man Leuten mehr Freiheiten lässt, dann nutzen sie diese nicht, um im Elmarschen Sinne frei von den Vorgaben der Biologie zu werden, sondern eher dazu, dieser zu folgen, weil sie eben genau das als Freiheit empfinden: So zu sein, wie sie sein wollen.

Elmar stellt also die falschen Frage, wenn er fragt, ob sich die Leute über ihre biologischen Disopositionen erheben können. Es geht eher darum, warum ihnen dies überhaupt sinnvoll erscheinen sollte und warum sie die damit verbundenen Kosten auf sich nehmen sollen. Zudem sprechen diese Punkte auch dagegen, dass es möglich ist, diese Erfahrungen tatsächlich komplett überlagern und überschreiben können. Eher scheinen sie sie häufig unterdrücken zu müsse, verbunden mit einem stetigen Kampf darum, sie nicht hochkommen zu lassen.

  • iii) Wenn der Determinismus aber nicht zwingend ist, dann haben Menschen eine Chance – wenngleich keine Garantie – auf personale Autonomie.

Auch hier müsste Elmar aufteilen:

  1. kann man sich gegen seine Disposition verhalten?
  2. welche Folgen haben in diesem Zusammenhang neue Erfahrungen? Führen sie zu einem Überlagern oder einem Überschreiben der biologischen Disposition?
  3. Welche Kosten sind damit verbunden, sich gegen seine Disposition zu verhalten?
  4. wenn damit Kosten verbunden sind: Warum sollte das Individuum sie dann tragen wollen?

Meine Antworten wären

  1. Ja, man kann.
  2. Erfahrungen können natürlich in einigen Bereichen dazu führen, dass man eine neue Form der Ausformung findet und gerade in Bereichen, in denen der biologische Einfluss gering ist, kann man auch über neue Erfahrungen sehr weitgehend sein Verhalten neu gestalten. In einigen Bereichen ist der biologische Anteil allerdings relativ hoch und ein Überschreiben nicht möglich, man kann diesen dann lediglich unterdrücken. Dann lebt man häufig etwas, in dem man sich nicht wohl führt. Das kann ein Verhalten sein, dass zu dem „äußeren Geschlecht“ passt oder auch ein Verhalten, welches eben gerade nicht zu dem „äußeren Geschlecht“ passt.
  3. Damit, sich gegen seine Dispositionen zu verhalten, können ganz enorme Kosten verbunden sein. Es kann sich „falsch“ anfühlen, keinen Spass machen, man kann sich zu einem anderen Verhalten sehr stark hingezogen fühlen und entsprechend versuchen, sich so verhalten zu können. Der Versuch, jemanden entgegen dieser Dispositionen zu erziehen, kann dann sogar dazu führen, dass er diese im Gegenzug noch stärker ausbildet, da er eine Erziehung in die von ihm als falsch empfundene Richtung, ablehnt.
  4. Es sind Gesellschaften möglich, in denen es sinnvoll ist, diese Kosten zu tragen. Um so höher aber die Kosten erscheinen, um so eher wird derjenige, sie vermeiden wollen. Freiheit ist dann nicht, sich entgegen dieser zu verhalten, sondern sich entsprechend dieser verhalten zu können.

Elmar weiter:

Wir erinnern uns, daß personale Autonomie zwei approaches hat: einen prozeduralen der Entscheidungsentstehung und einen strukturellen der Entscheidungsbegründung.  Es ist klar, daß der von Feministen bevorzugte Ansatz der prozeduralen Entscheidungsentstehung viel bessere Chancen hat, mit einem Determinismus verträglich zu sein, als der strukturelle Ansatz der Entscheidungsbegründung. Schon aus diesem Grunde ist leuchtet ein, daß der Vulgärbiologismus nicht unbedingt die schärfste Waffe gegen Feminismus sein wird – aus begrifflichen Gründen muß es schärfere Waffen geben. Doch dafür muß man zeigen, daß personale Autonomie am besten analysiert wird, durch den strukturellen Ansatz der Entscheidungsbegründung – in einem zweiten post (wenn das mal reicht).

Ich finde Argumentationen vom Ziel her immer sehr schwach. Selbst wenn man eine „bessere Waffe“ gegen den Feminismus haben könnte ändert das ja nichts daran, wie etwas erst einmal ist. Wenn die biologischen Theorien die sind, die am ehesten die Wahrheit abbilden, dann kommt es nicht darauf an, ob man auf anderem Wege den Feminismus noch umfangreicher ablehnen könnte. Denn diese anderen Wege hätten dann eben den Nachteil, dass sie falsch wären. (Sicherlich wäre es besser, wenn 10 Soldaten + 10 Soldaten 1010 Soldaten geben würde, aber deswegen gewinnt man den Kampf gegen den Feind, der mit 500 Mann anrückt trotzdem nicht, auch wenn es auf dem Papier gut aussieht).

Aber auch ansonsten ist das Argument aus meiner Sicht falsch: Im Feminismus entsteht die Entscheidung aufgrund einer sozialen Determinierung durch die Geschlechterrollen. Das wichtigste Ziel des Feminismus ist demnach eine Gesellschaft zu schaffen, in der die Gesellschaft so ausgerichtet ist, dass jeder sich frei entscheiden kann. Mit dem biologischen Ansatz hingegen muss diese Theorie aufgegeben werden: Die Häufungen bei den Geschlechterrollen wären dann weit weniger durch gesellschaftliche Umwandlung zu verändern. Die Abweichungen von den Häufungen wären dann nicht mehr Zeichen dafür, dass die Geschlechterrollen falsch sind und aus ihnen ausgebrochen werden sollte, sondern einfach andere biologische Grundlagen des Individuums aus dem man wenig gegen die anderen Häufungen herleiten kann: Im Gegenteil: Wenn man will, dass jeder so leben kann, wie er will, dann wird dies eben zu gewissen Häufungen nach Geschlecht führen und gerade nicht zu einer Gesellschaft, in der Geschlecht statistisch keine Rolle mehr spielt für die Frage, wer sich wie verhält. Was Elmar genau vertritt weiß man nicht. Aber nach bisherigen Andeutungen scheint die Entscheidungsentstehung bei ihm ja auch auf bestimmten Erfahrungen zu beruhen, die gerade Männer oder Frauen machen. Etwa „Weil Jungen mehr Herausforderungen erleben, Frauen aber alles auf dem Silbertablett präsentiert wird, verhalten sich Frauen so oder so“. Das ist im Vergleich zum Feminismus wesentlich näher als die Biologie, denn so muss man nur die Begründung diskutieren, welche Erfahrungen maßgeblich sind. Der Feminismus wird die Erfahrungen aufgrund von Geschlechterrollen für wichtig halten, Elmar die von ihm ausgesuchten Erfahrungen aufgrund der Geschlechterzugehörigkeit.

  • iv) Danach muß gezeigt werden, daß der strukturelle Ansatz der Entscheidungsbegründung, der bei der Analyse personaler Autonomie verwendet wurde, nicht nur mit Wünschen und Präferenzen arbeitet, sondern auch genau diejenigen Freiheiten aussschöpft, die Menschen gegenüber ihren Bedürfnissen haben – in einem dritten post. Kann man das zeigen, dann kann man diese philosophische Position antifeministisch nennen. Ich habe das hier immer getan.

Dazu muss man natürlich erst einmal genau untersuchen, welche Freiheiten der Mensch hat und unter welchen Umständen er sie ausüben will.

  • v) Stimmt das alles, dann muß es eine Klasse von Handlungen geben, die der Vulgärbiologismus nicht erklären oder voraussagen kann – Handlungen ohne Motive sozusagen. Die Existenz dieser Klassen von Handlungen nachzuweisen, wäre der empirische Test meiner Argumentation – vierter post. Insbsondere würde aus solchen Beispielen folgen, daß Christians Gesetze der Verhaltensgenetik nicht stimmen können.

Wer behauptet denn, dass man Verhalten vollumfänglich vorhersagen kann? Natürlich gibt es neutrale Handlungen, bei denen die Biologie einen geringen Einfluss hat. Und natürlich gibt es auch zwischen den Menschen erhebliche Unterschiede. Die Existenz von Asexuellen beispielsweise zeigt aus meiner Sicht, dass man Interesse an Sex trotz dessen ganz entscheidender Bedeutung für evolutionäre Theorien nicht annehmen kann. Gleichzeitig spricht sie wiederum für einen biologischen Hintergrund von Sex, denn diese Leute können in bestimmten Ausprägungen von Asexualität häufig das Konzept von Sex an sich nicht verstehen, obwohl ihnen dies das Leben in unserer Gesellschaft sehr kompliziert macht. Die biologischen Theorien behaupten nicht, dass alles biologisch determiniert oder auch nur disponiert ist. Allerdings ist es in vielen Fällen natürlich auch eine Frage, wie weit man bestimmte Konzepte zieht: Das Spielen von Videospielen könnte man als Handlung zum Zeitvertreib sehen, allerdings auch als Flucht in eine Welt, in der man biologische Bedürfnisse wie Status erwerben, Aufgaben meistern etc lösen kann. Dass diese Aufgaben real überhaupt keine reale Funktion erfüllen, sondern einem nur farbige Pixel auf einem Bildschirm angezeigt werden, muss das Erlebnis nicht schmälern, dass Spiel X durchgespielt zu haben und zB die gallischen Provinzen mit der römischen Armee eingenommen zu haben.

Wie er genau daraus ableiten will, dass die „Gesetze der Verhaltensgenetik“ deswegen nicht stimmen (die auch nicht von mir aufgestellt worden sind, sondern von Turkheimer) erschließt sich mir auch nicht. Die Regeln lauten:

First Law: All human behavioural traits are heritable.
Second Law: The effect of being raised in the same family is smaller than the effect of the genes.
Third Law: A substantial portion of the variation in complex human behavioural traits is not accounted for by the effects of genes or families.

„Behavioural Traits“ sind solche Verhaltenszüge, die innerhalb einer Spezies, hier den Menschen vorliegen. Demgegenüber stellt Elmar auf allgemeine Handlungen ab, also etwas vollkommen anderes. Zudem sagt Turkheimer auch nicht, dass sie genetisch determiniert sind, sondern nur, dass sie einen vererblichen Anteil haben, dass also ein gewisser Anteil der Unterschiede in diesem Bereich auf die Biologie zurück zu führen ist, ein anderer auf die Umgebung (dabei allerdings auch die vorgeburtliche Umgebung etc), ein weiterer auf die Erfahrungen etc.

v) Und wer jetzt noch den Überblick und nichts falsch gemacht hat, der kann versuchen, sich von diesem Standpunkt aus zu überlegen, wie eine Theorie der Geschechter auszusehen hat. Dabei sollte allerdings an dieser Stelle schon eines glasklar sein: Wenn man unter diesen Umständen eine Theorie der Geschlechter finden kann, dann wird es keine Theorie der Klasse der Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen sein, sondern eine Theorie über weibliches Handeln – genau wie vorhergesagt.

Elmar ist zuzustimmen, dass es keine Theorie ist, die einfach nur auf die Geschlechtsorgane abstellt. Denn statt der Geschlechtsorgane ist die Wirkung der pränatalen und postnatalen Hormone viel interessanter. Recht eindeutig sieht man das bei Transsexuellen, aber auch bei CAH-Mädchen oder CAIS. Innenliegende Hoden können trotzdem Testosteron produzieren, produziertes Testosteron kann nicht erkannt werden, Umwandlungen an der Blut-Hirn-Schranke können scheitern, es gibt viele Gründe aus denen uns die Geschlechtsorgane sehr wenig sagen.

Das es eine Theorie sein wird, die lediglich das Handeln betrachtet finde ich dann sehr unwahrscheinlich. Um die Biologie kommt man bei einer Theorie der Geschlechter  nicht herum.

vi) Zusätzlich sollte der dann entwickelte Standpunkt es erlauben, auf seriöse Weise mit der Dateninterpretation aus einer Unzahl von Studien, die EvoChris immer raussucht fertig zu werden.

Das wäre mal ein interessanter Ansatz von dem ich hoffe, dass Elmar ihn weiter verfolgt: Mal was konkretes zu Studien sagen. Meiner Meinung nach wäre es natürlich einfacher, sich erst einmal die Daten der Studien zu betrachten und daraus eine Theorie zu entwickeln als erst ohne Kenntnis der Forschung eine Theorie in den Raum zu stellen und dann zu schauen, wie man die Studien weg bekommt. Aber gut

Auch das – der fortgesetzte Nachweism daß Biologen ihre eigenen Daten nicht verstehen, wäre ein empirischer Test meiner Theorie.

Allerdings wäre es auch ein empirischer Test, wenn sich herausstellt, dass die Biologen ihre Daten verstehen und diese mit der Theorie von Elmar nicht in Einklang zu bringen sind. Letzeres würde ich eher vermuten.

151 Gedanken zu “Wünsche und Verhalten

  1. Na, das hat aber dieses Mal lange gedauert. Ich dachte schon, deine Entstellung meiner Position kommt gar nicht. 😉

    Ok, dann sag ich dir jetzt mal, wie das weiter geht mit den posts zu deinem Thema anhand ihrer Titel:

    1) „Personale Autonomie“: Hier wird es um geht den Autonomiebegriff der Feministen gehen. Das geht dich nichts an? Am Ende schon.
    2) „Determinismus“: Was bedeutet Determinismus und ist er wahr? Ist was für dich, so richtig wissenschaftlich – und physikalisch. Bring albert mit, es geht auch um Popper.
    3) „Actions without Motives“: Hier wird es darum gehen, daß wir Verhalten sehr gut verstehen können, daß keine Motive hat. Geht nicht? Wirste sehen.
    4) „Das Elend der Biologisten“: Danach weißt du, was du mit der Biologie wirklich hättest machen sollen – aber vermutlich nie hinbekommen wirst: Denn den richtigen „Platz“ für biologische Einflüsse kannst du niemals finden, weil du nie nachdenkst über deine Studien. Schade – den am Ende wird sich zeigen, daß es für die Biologen wirklich was beizutragen gäbe. Nur lesen wird man auf diesem blog davon vermutlich nie was. Ich kann

    Lustigerweise auch zeigen, daß meine ersten post zu dem Thema in die richtige Richtung gingen. Böse? 😉

    Erst der letzte post stellt meine Position wirkiich dar. Bis daher hättest du eigentlch warten sollen – aber es macht im Grunde keinen Unterschied.

    • Wird in diesen Texten was konkretes zu Hormonen, David Reimer, CAH etc kommen? Oder alles auf einer rein theoretischen Ebene abgehandelt werden?

      Zu verhalten ohne Motive habe ich übrigens was geschrieben. Du scheinst aber den Strohmann dennoch niedereiten zu wollen. Dann mal fröhliche Attacke

      • @C

        Es wird alles auf de theoretischen Ebene abgehandelt – du kannst es also getrost ignorieren. 😉

        CAH-Studien und anderes kann man sich danach vornejhmen und genau testen, was ich angekündigt habe: Ob die Biologen ihre Daten verstehen.

        Es wird sich zeigen, daß es sinnvolle Studien über biologische Einflüsse geben kann – was ich ja auch immer behauptet habe.

        Das würde weitere posts kosten.

    • Ich muss jetzt Mal beichten: Das Einzige was ich von Popper kenne sind seine Aussagen über Theorie, glaube und Falsifizierbarkeit 😀 Das gefällt mir aber ausgesprochen gut und finde ich sehr überzeugend.

    • Ich finde, dass man noch nicht so viel zu @Elmars Theorie sagen kann, da er sie eben noch nicht mit den Studien verglichen hat und seine Theorie die Ergebnisse der Studien noch nicht erklärt. Sprich der Realitätstest seiner Theorie steht noch aus. Man kann alle möglichen Theorien aufstellen, der Vergleich mit der Realität trennt dann sie Spreu vom Weizen.

      Schon bei der Drogensucht zeigen sich erste Schwierigkeiten @Elmars Theorie mit der Realität in Einklang zu bringen.

      Sicher gibt es Beispiele von Menschen, beispielsweise buddhistische Mönche, die durch Meditation, Einkehr und Willen, allem weltlichen entsagt haben. Das menschliche Intellekt ist recht mächtig und es kann gelingen biologische Dispositionen und Wünsche zu unterdrücken. Aber was heißt das schon? Belegt die enorme Anstrengung, die man unternehmen muss, nicht gerade, wie stark die biologischen Dispositionen sind?

      • @albert

        „Sprich der Realitätstest seiner Theorie steht noch aus.“

        Du hast recht – ist es für ein abschließendes Urteil zu früh.

        Aber Christian kann es eben nciht abwarten – er hat das dringende, eventuell biologische begründete Bedürfnis, über alles, was ich sage, herzufallen. 😉

      • Albert

        „Das menschliche Intellekt ist recht mächtig und es kann gelingen biologische Dispositionen und Wünsche zu unterdrücken. Aber was heißt das schon? Belegt die enorme Anstrengung, die man unternehmen muss, nicht gerade, wie stark die biologischen Dispositionen sind?“

        Selbstverständlich. Es belegt eigentlich beides. Die biologischen Wünsche sind stark. Der Intellekt ist stark. Es gibt beides.

        Eines ist aber windschief an Deiner Aussage. Ich denke, die Formulierung der Unterdrückung ist zu stark. Man darf nicht vergessen, dass das zeitweilige Suspendieren biologischer Bedürfnisse eine – auch evolutionäre – Stärke des Menschen ist. Er kann sich beherrschen und wird dadurch fähig, nachzudenken, sich sein Tun genau zu überlegen und all das mündet am Ende z.B. in Technik. Vielleicht ein Beispiel: Es ist schlauer, als Gruppe zu kooperieren. Dafür muss ich etwa auf das Bedürfnis verzichten, mit der Frau meines Kumpels zu schlafen. Denn das würde die Kooperation zerstören. Diese Kooperation aber gab dem Menschen die Möglichkeit, körperlich sehr viel leistungsfähigere „Gegner“ wie wilde Tiere zu besiegen.

      • Ich halte den Ausdruck Vulgärbiologismus, den Elmar hie und da verwendet, für unnötig, d.h den Zusatz „vulgär“. Der Biologe ist i.m.h.o der Wissenschaftler, der Dinge erklärt, die sich mit der Biologie tatsächlich erklären lassen. Der Biologist hingegen ist ein Ideologe, der ganze Gesellschaftssysteme auf die Biologie zurückführt und begründet. Er ist der Schuster, der den Kernphysiker des Max Planck Instituts über Physik belehrt.

        In gewisser (sehr trivialer) Weise lässt sich alles auf die (menschliche) Biologie zurückführen. Typisch ist Christians Beispiel mit dem Wecker, des biologisch begründbaren Erwachens, wenn Lärm wahrgenommen wird und dies reflexartig als potentielle Gefahrenquelle interpretiert wird. Christian hätte es sich auch einfacher machen können und schlicht auf das Gehör, die Ohren verweisen können. Was ist nun die Erkenntnis, die der Biologist beisteuert? Das wir, in welchem Gesellschaftssystem auch immer, unsere Sinne nutzen und auf diese angewiesen sind? Trivial, trivial, trivial.

    • Kann mir mal jemand erklären, was das alles mit Maskulismus und Feminismuskritik zu tun haben soll?

      Ich halte im übrigen Elmars Ausführungen für weltfremden Theoretizismus, da die subjektive Ganzheit des Bewußtseins begrifflich in diese und jene angeblichen Faktoren zerlegt wird. Gilt aber wohl auch für Christian.

      Typischer Fall von pathologischer Männlichkeit. Übertriebene weltfremde Intellektualität und Objektivität. Völliges Ausklammern der Geschichtlichkeit und Individualität des Lebens und der Bedeutung von verdrängten traumatischen Kindheitserfahrungen, die im Erwachsenen oder Jugendlichen zu entsprechenden destruktiven Kompensationshandlungen führen, u.a. Drogensucht oder Kriminalität, letztlich jede Form von Sucht.

      Aber ich vergaß, wir wollen ja nicht wissen, wie Eltern mit ihren Kindern umgehen.

      • >Typischer Fall von pathologischer Männlichkeit.

        😀

        „Völliges Ausklammern der Geschichtlichkeit und Individualität des Lebens“

        Das ist eher Christians Problem, der den Leuten erklären will, wie schwer es ist, gegen biologische Disposition anzukämopfen. Meine Position wird eher lauten, daß Personen durch ihre autonomen Entscheidungen entstehen, die sie in Geschichten realisieren. Bei mir sind Personen dramatische Zentren von Entscheidungen, bei Chrissi sind sie eine schwerfällige Herde von Supertanken, die von de Evolution angetrieben werden.

        Mit meinem Standpunkt müßtest du besser klarkommen – oder du verstehst ihn falsch.

          • @elmar

            Nein, habe ich jeweils nicht.

            Ich frage nur mal nach, was nicht bedeutet, dass du sie lesen musst. Hätte mich nur interessiert.
            Ich fühle mich zwar geschmeichelt, dass du immer wieder bestimmte Theorien mir zuordnest, statt zB Turkheimer oder eben Haidt et all, aber da will ich bescheiden bleiben.

          • Ich nehme schon zur Kenntnis, was andere sagen. Aber ich bin nicht immer ihrer Meinung.

            Daher kannst auch aus der Tatsache, daß ich nicht deiner Meinung bin, nicht schließen, daß ich dieses oder jenes Buch nicht gelesen habe.

          • @C

            Keine Sorge, ich werde ebenso sorgfältig, wie ausführlich argumentieren.

            Du weißt sehen, daß ich durchaus der Meinung bin, daß einige Pro-Einstellungen biologische oder besser neurophysiologische Quellen haben. Wie immer bin ich abe der Meinung, daß es nicht einfach ist, sie zu finden und daß die von dir bevorzugten Autoren es falsch anfassen.

            Stattdessen wirst du sehen, daß du eine metaphysische Position vertrittst, die weder beweisbar, noch widerlegbar ist – und damit von Wissenschaft genauso weit entfernt ist, wie Feminimus – der ebenfalls eine metaphysische Position ist.

            Aber: Man kann sinnvolle Projekte zur identifikation biologischer Einflüsse im Alltag machen – wenn man weiß wie und dieses WIE ist keine Sache der Empiire, sondern der begrifflichen Konzeption.

            Wenn du also mal deinen persönlichen Zwist mit mir vergessen würdest, dann könntest du meine Position, die ich darlegen werde, benutzen, um sehr viel potentere Aussagen aufgrund der Biologie gegen den Feminismus zu machen.

            Denn das geht vermutlich – aber eben auf andere Weise und nicht so verallgemeinernd, wie du es machst..

            Und solche Projekte würde ich auch nicht verfolgen, mich interessieren nur die Rätsel am Biologismus, nicht die konkreten Ergebnisse.

          • @elmar

            „Wenn du also mal deinen persönlichen Zwist mit mir vergessen würdest,“

            Ich bin derjenige, der sachlich antwortet. Insofern wäre es vielleicht eher angezeigt, dass du da in die gleiche Sachlichkeit zurückkehrst oder?

            Ein Schritt wäre, dass du anerkennst, dass ich Theorien vertrete, die von namhaften Experten auf dem Gebiet vertreten werden und sie auch so behandelst. Sie also zumindest als Gegenposition ernst nimmst und die dortigen Argumente einmal aufgreifst und sachlich besprichst.

        • Ist das eigentlich intrasexuelle Konkurrenz, was Ihr beide da treibt? Um welche Frau geht es denn? Mutti? ^^

          Oder muss man diese Auseinandersetzung vor dem Hintergrund von Geschichten deuten?

          ^^

          • @LoMi

            Intrasexuelle Konkurrenz geht nicht per se um eine konkrete Frau. Sie geht eher um eine Verbesserung der Position, was einen dann indirekt für Frauen interessant machen kann. Das betrifft aber nur den Selektionsdruck, es muss für die wahrgenommene Motivation keine Rolle spielen.

            Bei mir gibt es sonst keine Geschichten mit Elmar. Ich würde aber auch argumentativ gegen jeden anderen antreten, der über Biologie oder Gesellschaft oder „erfahrungen“ diskutieren will. Das ist ja schließlich mein Lieblingsthema. Einen „nahezu Blank Slater“ wie Elmar findet man ja heute sonst nur noch im Feminismus. und die diskutieren nicht.

            Ich wünschte zwar ich hätte da einen Gegner, der nicht dauernd ausweicht, aber man kann es sich nicht aussuchen

          • @LoMi

            Dramen, sag ich nur … DRAMEN … Geschichten, die so gewaltig sind, daß der Geist an ihren Gipfeln in Wirbel gerät und vor ihren Taten wie in einem Wintersturm zu verlöschen droht …. mindestens …

            😉

        • Ich komme mir langsam ein bisschen blöd vor, wenn ich hier immer wieder den Elmar-Exegeten gebe. Aber, Christian, Elmar ist kein Blank Slater, wenn er sagt, dass die vormals biologischen Präferenzen später überschrieben werden durch Wünsche zweiter Ordnung (wenn ich das jetzt richtig verstanden habe). Der Mensch kommt demnach eben nicht als unbeschriebenes Blatt zur Welt, sondern gewinnt schrittweise mehr Autonomie gegenüber biologischen Dispositionen.

          • @LoMi

            Deine Geduld ist beachtlich und an deinem Verständnis meiner Texte hatte ich bisher nichts auszusetzen.

            Der Punkt ist nur: Wer mit mir reden will, tut das in meinem blog. Wer mit Christian über sein Verständnis meiner Texte reden will, tut es hier. Daher sehe ich dich nicht als Exegeten.

      • @ LoMi:
        Ich würde mich freuen, wenn Du weiterhin hier den „Elmar-Exegeten geben“ würdest. Ich würde den wirklich gern verstehen wollen.

        @Elmar: Mit dir in deinem Blog zu reden, ist uns zum einen aufgrund deiner Kommentar-Regeln („Toastbrot-Niveau“) zu gefährlich. Zum anderen halten wir die Art, wie du den Dialog auf deinem Blog führst, für überheblich, verquast und nicht zielführend.

        • @ Kardamom

          Mich irritiert der grammatikalische Gebrauch der ersten Person Plural (“…Zum anderen halten wir die Art, wie du den Dialog auf deinem Blog führst,…” und weitere Textstellen).

          Bist du eine oder bist du mehrere?

          *kicher*

          • @enailu

            Also ich für meinen Teil würde mich der Wertung durchaus anschließen.

            Mir fällt im übrigen auf, dass deine Kommentare meist „Elmar zur Seite springende“-Kommentare sind, selten wirklich mit sonstigen Inhalt. Wie kommt es?

        • @ EvoChris

          Ich für mein Teil bin sonst lieber stiller Leser, aber ab und zu reizt es mich dann doch mal was zu sagen. 😉

          Ich finde, Elmar hat einfach Recht, eine gute Meinung und schreibt interessante Sachen.

          Ansonsten lohnt es nicht alles immer und immer wieder zu wiederholen…

          Mir ist Kardamom´s „Verhalten“ schon bei Elmar auf den Blog aufgefallen. 😀
          Das: „Mich irritiert der grammatikalische Gebrauch der ersten Person Plural (“…Zum anderen halten wir die Art, wie du den Dialog auf deinem Blog führst,…” und weitere Textstellen).

          Bist du eine oder bist du mehrere?“ …ist eher ein interner.
          Sie hat ihn das gleiche gefragt und mich wundert jetzt einfach warum sie ihn in der wir-form anredet. *kicher*

          • @enailu

            Also studierte Biologin?

            Aber dennoch hältst du nichts von den auch von Pinker, Dawkins, Geoffrey Miller, David Geary etc vertretenen Theorien, die Elmar gerne als Vulgärbiologismus darstellen möchte?

            WIe stehst du denn zu evolutionärer Psychologie?

          • @enailu

            Du musst natürlich auch nichts zu dir selbst sagen.

            Dass du dich aber als jemand, der sich mit Biologie beschäftigt so feindselig gegenüber in der Biologie nachhaltig vertretenen Theorien äußerst und anscheinend die Ansicht teilst, dass die Leute dort alle keine Ahnung haben, was ja Elmars Position ist, das verwundert mich schon.

            Da würden mich die Gründe interessieren

        • @enailu

          „Sie hat ihn das gleiche gefragt und mich wundert jetzt einfach warum sie ihn in der wir-form anredet.“

          Ich rede ihn immer noch in der Du-Form an – allerdings spreche ich ihm gegenüber von mir in der wir-Form. Immer den Gesprächspartner dort abholen, wo er steht. Von wegen Augenhöhe und so, er scheint da empfindlich zu sein. 😉

        • @Kardamom

          „Von wegen Augenhöhe und so, er scheint da empfindlich zu sein. ;)“

          Hach!…wenn du wüsstest… 😀
          Aber wenn du dich so überlegen fühlst…bitte.
          Mich würde eher mal interessieren ob du Feministin bist?

          @ Evochris

          „und anscheinend die Ansicht teilst, dass die Leute dort alle keine Ahnung haben, “

          Ich werde mich nicht durch solche Unterstellungen/ Behauptungen/ Annahmen aus der Reserve locken lassen. Solange ich hier nicht meine eigene Meinung schreibe, tut diese auch nichts zur Sache. 🙂

          • @enailu

            „Ich werde mich nicht durch solche Unterstellungen/ Behauptungen/ Annahmen aus der Reserve locken lassen. Solange ich hier nicht meine eigene Meinung schreibe, tut diese auch nichts zur Sache“

            Immer diese Angst davor, mal zu sagen was man vertritt und wie man zu Theorien steht. Das passt dann in der Tat zu Elmars Ansichten 😉

            Die Frage, wie du als jemand aus dem Bereich Biologie so einer weitreichenden Ablehnung der Biologie zustimmen kannst ist ja wohl durchaus legitim

        • Christian,
          du bist echt bescheuert und wie ein kleiner Junge, dem ich das Sandkastenförmchen weg genommen habe.

          Ich habe mit keinem Wort folgendes behauptet: „Die Frage, wie du als jemand aus dem Bereich Biologie so einer weitreichenden Ablehnung der Biologie zustimmen kannst ist ja wohl durchaus legitim“
          …und dann wunderst du dich, wenn ich die Schnauze halte?!
          Ich werde hier grundlos angegriffen…

          Du wirst meine Meinung schon noch zu gegebener Zeit erfahren. 😉

  2. Christian,

    Deine Einwände zum Beispiel der Drogensucht sind nicht überzeugend. Gewiss ist es richtig, dass die Droge selbst den Wunsch nach ihr erzeugt und dass sie das „Belohnungssystem“ triggert. Insofern ist der Wunsch nach der Droge stark, sonst wäre es auch keine Sucht.

    Das hebelt aber nicht Elmars Aussage aus, dass ein Süchtiger dennoch den Wunsch entwickeln kann, drogenfrei zu leben. Es ist dafür erst einmal unerheblich, wie stark dieser Wunsch ist und wie sehr allein dieser Wunsch schon ein Handeln gegen die Drogensucht in Gang setzen kann. Es ist prinzipiell möglich, hier kontrafaktisch etwas zu wünschen.

    Wäre das nicht möglich, wäre auch ein Entzug schwer zu leisten.

    Was weiterhin nicht überzeugt, ist das Argument gegen Elmars These, man könne sich gegen die Biologie verhalten. Sicher, in vielen Fällen mag das hohe Kosten mit sich bringen und ich stimme Dir auch zu, dass Freiheit meist darin liegt, seine Neigungen einfach auszuleben.

    Das aber verkennt doch, dass es selten so eindeutig ist, was wir wollen. Wir können und müssen z.B. uns gegen unsere Neigung zum Sex wehren, etwa in professionellen Situationen. Man kann sich sogar wünschen, keinen Trieb zu haben, wenn man im Sommer lauter leicht bekleideten Frauen begegnet und es als störend empfindet, dass der Trieb so geweckt wird. Man kann hier durchaus zwei Wünsche gleichzeitig haben: Den Wunsch nach Sex und den Wunsch danach, frei vom Trieb und der Getriebenheit zu sein.

    Wenn der Wecker uns morgens mitten in einer wichtigen Schlafphase aus dem Bett holt, verhalten wir uns massiv gegen die Biologie. Ja, sicher, die Freiheit wäre hier, auszuschlafen. Aber es mag ja nicht immer nur der Zwang einen aus dem Bett holen, sondern das etwas abstraktere Ziel einer sicheren beruflichen Zukunft, die man besser findet als Hartz IV.

    Was Du imaginierst, sind Menschen mit eindeutigen Wünschen, also Menschen, die keine inneren Widersprüche aufweisen. Doch das scheint mir falsch zu sein. Denn oft genug dürften unterschiedliche Wünsche, die einander entgegenstehen, präsent sein und man muss sich entscheiden, welchen von diesen man folgt. Diese Fähigkeit besitzt der Mensch, er kann hier wählen und bewusst eine Richtung einschlagen. Aber wenn das so ist, dann muss diese Entscheidung auch immer mit einbezogen werden in die Erklärung dessen, was jemand tut.

    • @LoMi

      „Deine Einwände zum Beispiel der Drogensucht sind nicht überzeugend. Gewiss ist es richtig, dass die Droge selbst den Wunsch nach ihr erzeugt und dass sie das „Belohnungssystem“ triggert. Insofern ist der Wunsch nach der Droge stark, sonst wäre es auch keine Sucht. “

      Mir geht es eben genau darum, dass man in einer Diskussion Biologie vs. Kultur diesen Wunsch-Bestandteil der Droge nicht ausklammern kann. Es ist eben eine Gemengelage verschiedener Wünsche in dem Bereich. Und Drogen sind da nahe an der Biologie, denn sie nutzen das entsprechende System. In Elmars Vorstellung hat so etwas meiner Meinung nach keinen Platz, denn es würde ihn bereits sehr angreifbar machen.

      „Das hebelt aber nicht Elmars Aussage aus, dass ein Süchtiger dennoch den Wunsch entwickeln kann, drogenfrei zu leben. Es ist dafür erst einmal unerheblich, wie stark dieser Wunsch ist und wie sehr allein dieser Wunsch schon ein Handeln gegen die Drogensucht in Gang setzen kann. Es ist prinzipiell möglich, hier kontrafaktisch etwas zu wünschen“

      Klar kann er das entwickeln. Und viele werden diesen Wunsch haben, denn Drogen sind ja körperlich stark belastend. Was machen sie aber dann meist, wenn sie Drogen zur Verfügung haben? Sie schaffen es nicht zu widerstehen oder werden rückfällig. Da steckt bereits drin wie stark ein rein stofflich-körperlicher Wunsch sein kann und wie er das Denken aushebelt. Es ist eben keine Entscheidung, die man rein logisch trifft und dann ist es gut. Insofern ist es ein sehr gutes Beispiel, sich bewußt zu machen, wie Biologie funktionieren kann

      „Wäre das nicht möglich, wäre auch ein Entzug schwer zu leisten“

      Das er schwer zu leisten ist, oft nur mit Hilfe und Unterbringung an einem Ort, an dem man nicht rückfällig werden kann, sagt aber auch einiges

      „Was weiterhin nicht überzeugt, ist das Argument gegen Elmars These, man könne sich gegen die Biologie verhalten. Sicher, in vielen Fällen mag das hohe Kosten mit sich bringen und ich stimme Dir auch zu, dass Freiheit meist darin liegt, seine Neigungen einfach auszuleben.
      Das aber verkennt doch, dass es selten so eindeutig ist, was wir wollen. Wir können und müssen z.B. uns gegen unsere Neigung zum Sex wehren, etwa in professionellen Situationen. Man kann sich sogar wünschen, keinen Trieb zu haben, wenn man im Sommer lauter leicht bekleideten Frauen begegnet und es als störend empfindet, dass der Trieb so geweckt wird. Man kann hier durchaus zwei Wünsche gleichzeitig haben: Den Wunsch nach Sex und den Wunsch danach, frei vom Trieb und der Getriebenheit zu sein. “

      Wünschen kann man sich alles. Das sage ich doch gar nicht. Nur ist die Vorstellung, dass man einfach gewisse Erfahrungen macht und die Überschreiben dann die Wünsche schlicht falsch. Die Wünsche, die Reize, die Handelungsmotivationen bleiben häufig.
      Ich gehe nicht davon aus, dass die Biologie keine anderen Wünsche zulässt. Habe ich ja über das Beispiel des christlichen Homosexuellen beschrieben. Es ist dann aber häufig schlicht ein Nebeneinander oder eine aktives Unterdrücken.

      „Wenn der Wecker uns morgens mitten in einer wichtigen Schlafphase aus dem Bett holt, verhalten wir uns massiv gegen die Biologie.“

      Warum? Bei einem Alarm wach zu sein ist nicht gegen die Biologie? Es ist sehr hilfreich, wenn Feinde kommen. Gleichzeitig ist genug schlaf wichtig. Es sind schlicht zwei verschiedene Szenarien, die nebeneinander stehen

      “ Ja, sicher, die Freiheit wäre hier, auszuschlafen. Aber es mag ja nicht immer nur der Zwang einen aus dem Bett holen, sondern das etwas abstraktere Ziel einer sicheren beruflichen Zukunft, die man besser findet als Hartz IV.“

      Eine sehr einfache Vorstellung von biologischen Wünschen. Warum sollte „ich will schlaf“ alles beherrschen und nicht der Wunsch nach Status – habe ich dazu, dass ich das als wichtig ansehe, schon mal was geschrieben 😉 – auch sehr wichtig sein?

      „Was Du imaginierst, sind Menschen mit eindeutigen Wünschen, also Menschen, die keine inneren Widersprüche aufweisen“

      Du hast den Artikel gelesen? Natürlich gibt es immer viele Wünsche, bedürfnisse etc die eine verschiedene Intensität haben und als Gemengelage unser Handeln beeinflussen

      „Doch das scheint mir falsch zu sein. Denn oft genug dürften unterschiedliche Wünsche, die einander entgegenstehen, präsent sein und man muss sich entscheiden, welchen von diesen man folgt.“

      Kein Widerspruch, ausdrückliche Zustimmung.

      „Diese Fähigkeit besitzt der Mensch, er kann hier wählen und bewusst eine Richtung einschlagen“

      Er kann. Aber mitunter wählt er weniger als einfach dem Wunsch mit der stärksten Intensität umzusetzen.

      „Aber wenn das so ist, dann muss diese Entscheidung auch immer mit einbezogen werden in die Erklärung dessen, was jemand tut.“

      Natürlich. Aber nicht losgelöst von der Biologie, diese sind wichtige Entscheidungshilfen.

    • Christian

      „“Wenn der Wecker uns morgens mitten in einer wichtigen Schlafphase aus dem Bett holt, verhalten wir uns massiv gegen die Biologie.”

      Warum? Bei einem Alarm wach zu sein ist nicht gegen die Biologie? Es ist sehr hilfreich, wenn Feinde kommen. Gleichzeitig ist genug schlaf wichtig. Es sind schlicht zwei verschiedene Szenarien, die nebeneinander stehen“

      Da hast Du mich etwas missverstanden. Der Wecker weckt uns nicht, weil sich Feinde nähern. Er klingelt, weil unsere Ökonomie auf Zeitmessung und Zeiteinteilung beruht. Das frühe Aufstehen ist zumindest für die „Eulen“ unter uns anti-biologisch, denn der Schlaftyp „Eule“ müsste von seiner biologischen Konstitution länger schlafen dürfen.

      „“Diese Fähigkeit besitzt der Mensch, er kann hier wählen und bewusst eine Richtung einschlagen”

      Er kann. Aber mitunter wählt er weniger als einfach dem Wunsch mit der stärksten Intensität umzusetzen.“

      Natürlich. Dass man wählen kann, heißt ja nicht, dass man auch wirklich immer wählt.

      Ich glaube ja auch nicht, dass man dank bewusster Anstrengung biologische Antriebe eliminieren könnte. Wir befinden uns eher in ständiger Spannung zu ihnen. Indem man etwa einer Moral folgt, hat man diese Moral ja nicht an die Stelle der Triebe gesetzt. Sie wird immer in Konkurrenz zu den Trieben stehen. Sonst wäre diese Moral auch gar nicht notwendig, ebenso wäre eine bewusste Entscheidung für die Moral überflüssig. Moral ist nur dort wichtig, wo sie eben nicht von alleine funktioniert und man sein Handeln bewusst kontrollieren muss. Moral ist eine Wahl. Diese verliert ihren Wahlcharakter im Laufe der Zeit, wenn man die Moral verinnerlicht hat. Gleichzeitig sind moralische Regeln aber auch immer Anzeiger dessen, dass man sich gegen die Moral verhalten könnte.

      „“Aber wenn das so ist, dann muss diese Entscheidung auch immer mit einbezogen werden in die Erklärung dessen, was jemand tut.”

      Natürlich. Aber nicht losgelöst von der Biologie, diese sind wichtige Entscheidungshilfen.“

      Auf dem ersten Blick stimme ich zu. Schließlich leben wir in einer materiellen Welt, sind körperliche Wesen. Vieles, was wir tun, hat damit zu tun oder darin eine Ursache.
      Auf dem zweiten Blick würde ich denken, dass die Biologie hier eher einen Rahmen vorzeichnet, ohne die konkrete Wahl am Ende erklären zu können.

      • @LoMI

        „Da hast Du mich etwas missverstanden. Der Wecker weckt uns nicht, weil sich Feinde nähern. Er klingelt, weil unsere Ökonomie auf Zeitmessung und Zeiteinteilung beruht. Das frühe Aufstehen ist zumindest für die „Eulen“ unter uns anti-biologisch, denn der Schlaftyp „Eule“ müsste von seiner biologischen Konstitution länger schlafen dürfen. “

        Es wäre dann in dem gleichen Maße „unbiologisch“ wie ein Push-up-BH unbiologisch ist. Auf ein lautes Geräusch hin aufzuwachen ist aber aus meiner Sicht nicht „Unbiologisch“, die biologische Funktion wird nur kulturell genutzt, genau wie der Reiz eines größeren Busens kulturell durch die Frauen genutzt wird.

        „Natürlich. Dass man wählen kann, heißt ja nicht, dass man auch wirklich immer wählt“

        Auch ein Faktor, der so bei Elmar schlicht nicht vorkommt.

        „Ich glaube ja auch nicht, dass man dank bewusster Anstrengung biologische Antriebe eliminieren könnte. Wir befinden uns eher in ständiger Spannung zu ihnen.“

        Auch das verkennt Elmar-

        „Indem man etwa einer Moral folgt, hat man diese Moral ja nicht an die Stelle der Triebe gesetzt. Sie wird immer in Konkurrenz zu den Trieben stehen“

        Teilweise kommt die Moral schlicht auch aus anderen biologischen „trieben“. Es spricht vieles für ein gewisses moralisches „gerechtigkeitsempfinden“. Findet man auch bei Affen.

        „Auf dem ersten Blick stimme ich zu. Schließlich leben wir in einer materiellen Welt, sind körperliche Wesen. Vieles, was wir tun, hat damit zu tun oder darin eine Ursache.
        Auf dem zweiten Blick würde ich denken, dass die Biologie hier eher einen Rahmen vorzeichnet, ohne die konkrete Wahl am Ende erklären zu können.“

        Das kommt ja sehr auf die Entscheidung an. Bei einer Entscheidung fremd zu gehen wird man den Sexualtrieb nicht ausblenden können. Der genaue Anteil mag dann schwer zu bestimmen sein, aber viele Entscheidungen kann man auch in verschiedene biologisch bedingte Motivationen aufschlüsseln, die miteinander ringen. Das sagt vielleicht das Ergebnis nicht voraus, aber miterklären kann es dieses durchaus. Gut, dass ist dann vielleicht auch nur ein Rahmen, wenn man so will.

    • @ C @ LoMi
      Im Grunde genommen ist Eure Diskussion überflüssig. Ihr konzentriert Euch auf bestimmte Facetten von Verhalten und stellt die Biologie oder die „Kultur“ in den Vordergrund.

      Ich würde sagen: Der Wecker ist die kulturelle Ausgestaltung eines biologischen Zwanges/Triebes.

      • Der Wecker ist auch als Wahl vorstellbar. Er symbolisiert meine Entscheidung, nicht von Hartz IV zu leben. Natürlich ist die Notwendigkeit der Arbeit letztlich auch biologisch begründet, weil wir essen müssen. Aber das erklärt an sich nicht den Wecker, unsere zeitliche Ordnung, die menschheitsgeschichtlich noch nicht so alt ist, unerklärt bleibt damit auch das Wirtschaftssystem, das sich von natürlichen Zyklen abgelöst hat.

        • „Er symbolisiert meine Entscheidung, nicht von Hartz IV zu leben.“

          Oder rechtzeitig aufzustehen, um pünktlich auf dem Hartz IV-Amt zu erscheinen.

          „unerklärt bleibt damit auch das Wirtschaftssystem, das sich von natürlichen Zyklen abgelöst hat.“

          Wieso? Der real existierende Kapitalismus gehört mit zu den natürlichsten Wirtschaftsformen die es gibt. Er verbindet die menschlichen Eigenschaften von Eigennutz und Gruppenloyalität. Und die haben biologische Wurzeln.
          Sozialismus ist dagegen extrem unbiologisch; zu weit weg von der menschlichen Natur. Weshalb er auch nicht funktioniert.

        • Ich bestreite schon die Prämisse, aber selbst, wenn Du recht hättest: Die technische Seite des Kapitalismus ist damit ganz und gar nicht beschrieben. Dazu braucht man mehr Mathematik z.B. und Kenntnisse der Geldwirtschaft. Der real existierende Kapitalismus ist allein durch „Eigennutz und Gruppenloyalität“ nicht wirklich einmal annähernd beschrieben.

        • „Der real existierende Kapitalismus ist allein durch “Eigennutz und Gruppenloyalität” nicht wirklich einmal annähernd beschrieben.“

          Natürlich ist er das. Das Problem ist, dass ihr Antikapitalisten falsche Prämissen hineinprojeziert. Genau wie Feministen in der männlichen Sexualität lediglich das Grundprinzip von Macht und Ausbeutung erkennen können, erkennen Antikapitalisten im Kapitalismus … lediglich das Grundprinzip von Macht und Ausbeutung.

        • Du verortest mich politisch falsch.

          Und nein, er ist nicht damit beschrieben. Damit hast Du nur einen normativen Standpunkt von hoher Abstraktion benannt. Aber wie der Kapitalismus als System funktioniert (System hier wertfrei), ist damit gar nicht gesagt. Für die Führung eines Unternehmens sollte man tunlichst mehr mitbringen als nur die Einstellung, der Kapitalismus sei die beste Wirtschaftsform.

        • „Du verortest mich politisch falsch.“

          Ah ja 😉

          „Für die Führung eines Unternehmens sollte man tunlichst mehr mitbringen als nur die Einstellung, der Kapitalismus sei die beste Wirtschaftsform.“

          Strohmann.

        • Adrian

          „Weshalb Linke übrigens auch so gerne Feministen sind: Die Denkart ist recht ähnlich. Womit wir uns Roslins These vom Kulturmarxismus nähern“

          Frage Dich mal, warum Du Dich mit dem Thema queer und den Rechten für Homosexuelle einsetzt. Vielleicht kommt Dir dann die Idee, dass Du nicht minder Macht und Herrschaft siehst, wenn Du das Thema Homosexualität behandelst.

          Davon abgesehen gibt es Macht und Herrschaft ganz real, auch im Kapitalismus. Ob er dadurch hinreichend charakterisiert ist, ist eine ganz andere Frage. Ob es Alternativen gibt, auch. Das weiß ich alles nicht. Aber zu glauben, der Machtaspekt spielt keine Rolle, wäre ungemein naiv. Das spürt man doch schnell, wenn man auf die Straße gesetzt wird.

        • „“Du verortest mich politisch falsch.”

          Ah ja“

          Ja, tust Du. Ich bin kein Antikapitalist. Denn dafür müsste ich die Überzeugung haben, dass man den Kapitalismus überwinden könne und etwa der Sozialismus besser sei. Habe ich aber nicht.

        • „Vielleicht kommt Dir dann die Idee, dass Du nicht minder Macht und Herrschaft siehst, wenn Du das Thema Homosexualität behandelst.“

          Ich betrachte es nicht lediglich unter diesem Aspekt. Ich bin kein Queer-Gender-Theoretiker wir Judith Butler, die dieses Thema tatsächlich nur unter diesem Aspekt betrachtet.

          „Davon abgesehen gibt es Macht und Herrschaft ganz real, auch im Kapitalismus.“

          Wo habe ich das bestritten?

        • Adrian,

          es geht mir darum, dass es gewisse Gründe gibt, warum Manche eben über Macht udn Ausbeutung reden. Blöderweise landen diese Leute dann oft in einer Ecke, wo sie eben nur noch Macht und Ausbeutung sehen und nichts mehr anderes.

          Ehrlich gesagt, finde ich Deinen Diskussionsstil etwas sehr roslinhaft zur Zeit. Kannst Du mal wieder etwas differenzierter werden? Es ist wirklich saublöd, dass man hier fortwährend in die linke Ecke geschoben wird und zwar ausdrücklich in die Ecke linker Vollidioten, die außer Parolen und Verblendung nichts zu bieten hat. Das geht mir gehörig auf den Geist.

        • „Blöderweise landen diese Leute dann oft in einer Ecke, wo sie eben nur noch Macht und Ausbeutung sehen und nichts mehr anderes.“

          Das war meine Aussage.

          „Es ist wirklich saublöd, dass man hier fortwährend in die linke Ecke geschoben wird“

          Ich habe dich in die antikapitalistische Ecke geschoben, nicht in die linke Ecke. Das ist ein Reflex von mir. War keine böse Absicht.

          „Ehrlich gesagt, finde ich Deinen Diskussionsstil etwas sehr roslinhaft zur Zeit.“

          Ach komm…

          „Kannst Du mal wieder etwas differenzierter werden?“

          Ich kann es versuchen. Wenn ich glaube, es ist notwendig, dann tu ich das sowieso. Aber eigentlich betrachte ich das Blog hier eher als Stammtisch, nicht als Forschungsinstitut 😉

        • Darin sehe ich allerdings au8ch da Scheitern linker Politkonzepte begründet: das Außerachtlassen biologisch verankerter Verhaltensweisen wie eben Eigennutz, Gruppenloyalität und (würde ich hinzufügen) der Neigung, gleiches mit gleichem zu vergelten.

          Solange man die nicht in Betracht zieht, wird man auch die Ungleichheit nicht erfolgreich reduzieren können.

        • „Sozialismus ist dagegen extrem unbiologisch; zu weit weg von der menschlichen Natur. Weshalb er auch nicht funktioniert.“

          Das kommt stark drauf an, wie man Sozialismus definiert; ich glaube wenn man ihn nur als Kooperation wie z.B. in einer Familie sieht (wo Essen und andere Güter immer geteilt werden) funktioniert er tadellos, nur überschätzt er sich gewaltig bei allen sozialen Verbindungen, die keine biologische Wurzeln haben.

          Zudem ist es sehr gefährlich aus dem geschichtlichen Nichtfunktionieren einer Idee direkt auf deren grundsätzliche Unmöglichkeit zu verweisen (Dies passiert oft amerikanischen Politikern, die den kalten Krieg beschreiben). Wären aber z.B. die Grenzen des deutschen Reichs grösser gewesen und Hitler hätte die doppelte Anzahl an Soldaten gehabt, dann würden diese Personen nun alle sagen, dass es klar ist, dass Demokratien nicht funktionieren kann, weil sie ja auch verloren haben. Auch extrem ineffiziente Systeme können gewinnen, wenn sie mehr Ressourcen zur Verfügung haben.

        • @ adrian

          Der kapitalismus basiert auf dem (einigermassen) freien markt, also darauf, dass die marktteilnehmer keinen (gewaltsamen) zwang gegeneinander ausüben, und dass die marktteilnehmer denselben zugang zu den marktinformationen haben. Soweit das ideal. Um diesem gerecht zu werden, müssen monopole und kartelle durch kräfte verhindert werden, die selbst keine marktteilnehmer sind. Ich sehe nicht, dass diese konstruktion die natürlichste sein soll. Feudalsysteme und oligarchien sind sowohl historisch als auch geographisch verbreiteter, weil „natürlicher“- aber deshalb nicht wünschenswerter.

        • „Wieso? Der real existierende Kapitalismus gehört mit zu den natürlichsten Wirtschaftsformen die es gibt.“

          Nur, wenn man mit Kapitalismus Tauschwirtschaft meint.

          „Sozialismus ist dagegen extrem unbiologisch; zu weit weg von der menschlichen Natur.“

          Der Sozialismus bedient auf der einen Seite das Gerechtigkeitsgefühl und ein Bedürfnis nach „sozialer Wärme“ und Gruppenzugehörigkeit. Auf der anderen wird auch der Neid und Egoismus der Menschen angesprochen.

          „Solange man die nicht in Betracht zieht, wird man auch die Ungleichheit nicht erfolgreich reduzieren können.“

          Vor allem sollte man sich klar machen, dass Reduzierung der Ungleichheit, Wohlstandsmaximierung und Garantie eines Minimallebensstandards nicht das selbe sind.

          • @JC Denton

            „Der Sozialismus bedient auf der einen Seite das Gerechtigkeitsgefühl und ein Bedürfnis nach “sozialer Wärme” und Gruppenzugehörigkeit. Auf der anderen wird auch der Neid und Egoismus der Menschen angesprochen.“

            Ja, Sozialismus ist nicht „unbiologisch“, er spricht bestimmte Eigenarten der menschlichen Natur an. Er berücksichtigt andere aber eben zu wenig. Damit ist er anfällig für Freerider (wenn man darunter auch Korruption im weiteren Sinne verstehen kann) und stellt einen geringeren Motivationsfaktor dar, was ihn sehr anfällig macht, gerade in großen Gruppen. Insofern ist das Scheitern praktischer Umsetzungen wenig überraschend

        • Zur Kapitalismusdebatte:

          Mein Mikroökonomieprofessor hat lapidar gemeint dass Firmen „Inseln der Planwirtschaft im Meer der Konkurrenz“ sind

          Zu Kooperation gibt es in den Behavioral Economics und Experimental Economics eine inzwischen breite Literaturtradition.

          Auch die Neuroökonomie hat das aufgegriffen.

          As it seems, some ppl ARE cooperators by nature

          Läuft unter Strong-Recipokators, hat auch einiges mit Game-Theory zu tun. Spannendes Feld…

  3. @ christian & elmar

    Ich sehe kaum relevanz in der biologismusdiskussion. Wer behauptet denn hier, dass menschliches verhalten komplett biologisch, das heisst durch das erbgut, die hormone, die anatomie FESTGELEGT sei? Und wer behauptet, dass vernunft und rationalität absolut keine biologische basis besässen?

    Soweit ich weiss beeinflusst nicht nur unsere biologie unseren verstand, sondern auch umgekehrt. Lebewesen sind wechselwirkungssysteme, emergente systeme. Weder ist verhalten (vollständig) determiniert durch das individuum selbst, noch durch seine umwelt.

    Seht ihr das anders?

    • Ich sehe kaum relevanz in der biologismusdiskussion. Wer behauptet denn hier, dass menschliches verhalten komplett biologisch, das heisst durch das erbgut, die hormone, die anatomie FESTGELEGT sei?

      Christian. Er erklärt so ziemlich jedes Phänomen biologisch. Seine Einschränkungen sind angesichts seiner Auffassungen nicht viel mehr als Lippenbekenntnisse. Grad so, wie Feministen auch für die Interessen der Männer da sind. Die sagen das auch immer. Ich glaubs nur nicht.

        • um das nochmal anzuführen:

          Wenn ich sage, dass Männer auch deswegen eher Karriere machen, weil Karriere Status ist und dessen Erwerb gut in eine Form intrasexueller Konkurrenz, wie sie unter Männern üblich war, passt, dann bedeutet das nicht, dass die Art, wie dieser Wettbewerb heute ausgestaltet ist und mit welchen mitteln man ihn führen kann und will nicht sozialer Natur ist. Extrem gesagt könnte das eben auch dadurch geschehen, dass man die Schrumpfköpfe seiner Konkurrenten am Gürtel befestigt oder eben in einem sehr zurückhaltenden Modell, in dem man sehr bescheiden auftreten und durch reine Arbeitsleistung überzeugen muss.

      • @ christian

        Dagegen ist eigentlich nichts einzuwenden, ausser dass peters tautologievorwurf damit nicht ausgeräumt ist. Oder aber du verhinderst damit sogar die beantwortung interessanter fragen.
        Wenn du „schrumpfkopf-konkurrenz“ und „bescheidenheits-konkurrenz“ auf die selbe ursache, die sexuelle konkurrenz, zurückführst, erklärt diese ursache weder den unterschied zwischen dem biologischen noch dem sozialen erbe der jeweiligen populationen.

        • @messi

          Der Tautologievorwurf kam ja schon häufiger. Ich verstehe ihn immer noch nicht ganz. Wenn der Mensch nunmal auch immer ein Produkt seiner Biologie ist und keine Handlungen ausübt, die damit unvereinbar sind, warum ist es dann eine Tautologie darauf hinzuweisen?
          Er ist ja gleichzeitig auch immer soziales Wesen .

          Es gibt insofern eben auch keinen Unterschied im sinne einer absoluten Abgrenzung. Beide Prinzipien wirken zusammen. Häufig geht es eben nicht darum, dass etwas absolut biologisch oder absolut Kultur ist, sondern es gibt biologische Grundlagen, die kulturell ausgestaltet werden. Eben zB eine höhere Wettbewerbsbereitschaft der Männer, die sich verschieden äußern kann. Warum soll man da eine strikte Abgrenzung zwischen biologie und sozialen machen? Interessanter ist es aus meiner Sicht, die Grundprinzipien aufzuzeigen und dann zu schauen, durch welche Mechanismen sie auf ein bestimmtes Maß oder eine Ausgestaltung reduziert werden.

          • @cyrano

            Okay, schlecht formuliert.
            Eine Tautologie ist eine Aussage, die immer wahr ist. Hier soll dies die Aussage sein, dass unser Verhalten auch immer eine biologische Komponente hat. Das ergebe sich daraus, dass ich eben bei jeden Verhalten eine biologische Komponente aufzeige.

            Dies soll ein Argument gegen meine Theorie sein. Es wird ja als Vorwurf formuliert.

            Eine Behauptung aufzustellen, die wahr ist, ist aber an sich nichts, was gegen eine Theorie spricht. Die Aussage „alle Himmelskörper unterliegen den Gesetzen der Physik“ ist auch dann nicht falsch, wenn wir für den Fall, dass wir eine Bewegung sehen, die wir bisher noch nicht erklären können, die Regeln anhand dieser bewegung ändern, damit es passt, solange es danach noch ein stimmiges Gesamtbild gibt.

            Insofern sehe ich in der Aussage, dass Verhalten einen biologischen Anteil hat kein großes Problem. Wir sind schließlich biologische Wesen. Es wird nur dann zum Problem, wenn die Regeländerungen beliebig werden und nur der Immunisierung dienen. (der Drache in der Garage ist unsichtbar, gewichtslos und strahlt keine Wärme ab)

          • @Cyrano

            Okay, dann geht es um die Form der Darstellung. Das lässt aber den Inhalt unberührt. Wenn meine Darstellungen in dem Bereich trivial wären, damit könnte ich leben. Das würde ja immerhin bedeuten, dass sie inhaltlich so zutreffend sind.

          • Dass du ständig so tust, als könntest du Dinge, erklären, die du nichtmal ernstlich zu begreifen suchst.
            Dass du „kulturelle Anteile“ als Floskel einstreust, wie Roslin sein „im Schnitt“. Für konkreteres s.o., bei Peter, bei Lomi.

          • @cyrano

            „Dass du ständig so tust, als könntest du Dinge, erklären, die du nichtmal ernstlich zu begreifen suchst.“

            Was spricht denn gegen meine Erklärungen? Und warum können meine Erklärungen kein ernsthaftes begreifen sein?

            „Dass du „kulturelle Anteile“ als Floskel einstreust, wie Roslin sein „im Schnitt““

            Es ist keineswegs eine Floskel. Es ist nur nicht das Element, was ich interessant finde. Ich will eben gerade den nichtkulturellen Anteil darstellen.

            (Und „im Schnitt“ ist ein wichtiger Zusatz)

        • „, … dass die art, wie dieser wettbewerb heute heute ausgestaltet ist … nicht sozialer natur ist.“

          Es ist auch sozialer natur, aber vermutlich auch biologischer natur auf einer anderen ebene als der sexuellen konkurrenz. Die menschen unterscheiden sich nicht nur kulturell, sondern AUCH biologisch-genetisch. Man darf von schrumpfkopfjägern nicht dasselbe erwarten wie von bürgerskindern, ihnen nicht dasselbe zumuten. Sexuelle selektion gabs schon vor dem menschen, aber zum biologischen erbe eines menschen gehört auch, dass er aus einer bestimmten art sexueller selektion hervorgegangen ist. Das soziale schrumpfkopfwesen mag man in einer generation abschaffen, aber die genetischen eigenschaften , die dazu geführt haben und daraus hervorgegangen sind, nicht.

        • Hinzu kommt ein wichtiger Punkt. Wir mögen von Natur aus zur Konkurrenz neigen. Aber unser Wirtschaftssystem ist zusätzlich so konstruiert, dass es einen Wettbewerb gibt. Der Wettbewerb erzeugt Konkurrenz und dessen Motive, auch jenseits der intrasexuellen. Denn ich muss konkurrieren, um überhaupt Erfolg haben zu können. Dieser Erfolg ist zunächst nicht Status oder richtig viel Geld oder Frauen, sondern der Verbleib im Job oder im Markt. Damit erzeugen eben auch Umstände solche Motive, die neben die biologischen treten.

          • @LomI

            Klar, aber das wir unser Wirtschaftssystem so konstruiert haben, ist eben auch ein Produkt dieser Natur. Ameisen, die intelligent geworden wären, hätten das vielleicht nicht gemacht. Allenfalls in Konkurrenz zur „Nachbarkolonie“.
            und auch der „Verbleib im Job oder Markt“ ist ja nur wichtig, weil unser System so ausgelegt ist. Und „verbleib im Job“ bedient eben auch Motive, die biologisch sind, wie Grundsicherung, Nahrung, ein dach über den Kopf. Einige resignieren und kommen da raus. Sie leben von Hartz IV und überleben auch mit Wohnung, Fernsehen etc. Dennoch erscheint uns dieses Modell nicht gut: Wir wollen einen besseren Job, wollen Sozial anerkannt sein, wollen uns mehr leisten können.

        • Christian

          „Klar, aber das wir unser Wirtschaftssystem so konstruiert haben, ist eben auch ein Produkt dieser Natur.“

          Die Natur erklärt hier aber nicht mehr viel. Dass wir essen müssen, ist unstrittig. Also müssen wir wirtschaften. Das hat der Mensch in Jahrtausenden in sehr unterschiedlicher Weise auch gemacht. Derzeit haben wir halt die Marktwirtschaft. Diese funktioniert nach bestimmten Regeln. Diese Regeln sind keine biologischen. Sie sind nicht aus Biologie ableitbar. Vielleicht gibt es eine gewisse Affinität der Marktwirtschaft zu einer naturwüchsigen Neigung zur Konkurrenz. Aber vielfältig ist Konkurrenz erst das Produkt einer planvollen Organisation der Arbeit. Sie ist dann ein Systemeffekt und kann durch Biologie nicht erklärt werden. Das wäre hier mein Punkt, dass Konkurrenz unterschiedliche Ursachen hat.

          • @LoMi

            Wenn es nur um Grundbedürfnisse gehen würde: warum dann nicht hartz iV?

            Die Marktwirtschaft ist nicht per se eine biologische Regel, aber warum sie so gut funktioniert, der Sozialismus aber nicht, hängt natürlich auch mit unserer Biologie zusammen.
            Über den Kommunismus sagte glaube ich mal jemand „Gute Idee, falsche Spezies“. Das ist durchaus zutreffend.

            Natürlich kann man Marktwirtschaft wahrscheinlich besser spieltheoretisch erklären, was dann in Richtung eines Systemeffekts geht. Sie bildet eben ein recht effektives System, in dem Leistung belohnt wird und innovation gefördert wird.

            Dennoch ist es aus meiner Sicht sinnlos diese Effekte von unserer Biologie abzutrennen. Wie gesagt: Ameisen würdest du nicht in den Kapitalismus bekommen. Für sie wäre die Vorstellung einer so starken Konkurrenz in der Gruppe unvorstellbar (weswegen sich solche Wesen vermutlich auch nie so hoch entwickeln werden).

            Es ist deswegen nicht falsch, für bestimmte Betrachtungen, gerade was Geschlechterunterschiede angeht, auf die Biologie abzustellen. Oder hältst du es entweder für Diskriminierung oder einen Systemeffekt, dass Männer eher Karriere machen? Dieser Aspekt ergibt sich eben daraus, dass meinetwegen die „Systemeffekte“ besser mit Männern oder einigen sehr extremen Männern harmonieren. Daraus abgeleitet wäre dann ja wieder die kritik, dass man den Wettbewerb zurückfahren muss: Also zB keine Meetings mehr nach 16:00 Uhr, damit es kinderfreundlicher wird und damit Frauen eher mitmachen können. In diesen Bereich spielt die Biologie eine starke Rolle, weil wir zwei biologische Systeme, mann und Frau, vergleichen

        • Es ist tautologisch zu sagen, das verhalten eines lebewesens weise biologische komponenten auf.
          „Alle himmelskörper unterliegen den gesetzen der physik“ ist keine tautologie, sondern eine grandiose theorie. Tautologisch wäre: alle himmelskörper sind bestandteile der himmelsmechanik.

          Der tautologievorwurf ist kein argument gegen deine „theorie, dass unser verhalten auch immer eine biologische komponente hat“, denn eine tautologie ist definitionsgemäss keine theorie. Sobald du aber zb. über hormonellen einfluss auf verhalten sprichst, ist der tautologievorwurf hinfällig, denn dies ist eine theorie, somit keine tautologie.

          • @Messi

            Ich bin verwirrt. Zu was muss ich jetzt genau Stellung nehmen? ich sage ja nicht nur, dass das Verhalten biologische Komponenten aufweist, sondern in der Regel auch, welche ich dafür halte.

            Du schriebst:
            „Dagegen ist eigentlich nichts einzuwenden, ausser dass peters tautologievorwurf damit nicht ausgeräumt ist. Oder aber du verhinderst damit sogar die beantwortung interessanter fragen.“

            kannst du das noch mal näher ausführen?

        • @ die menschliche natur (biologie) bevorzugt doch nicht universell die freie marktwirtschaft gegenüber sozialismus. Je nach gruppengrösse, ressourcen, nachbarschaft waren und sind verschiedenste verteil- und machtsysteme erfolgreich. Bei dieser frage sind doch soziologisch-historische, ökonomische ursachenforschungen potenter. Interessant für die biologie sind dann die auswirkungen dieser systeme auf den genpool. Und von allgemeinem interesse wäre die wechselwirkung zwischen beiden.

        • Wenn du bemerkst, dass beides: „schrumpfköpfe an den gürtel hängen“ und „brav aufstehen um genügend geld zu verdienen“ der intrasexuellen konkurrenz geschuldet sei, kannst du auch sagen, es sei dem urknall geschuldet. Unterschiedliches verhalten sollte eine theorie auf unterschiedliche ursachen zurückführen, sonst ist sie keine theorie, die diese unterschiede erklärt. (Dies ist eine definition und damit gewollt tautologisch 🙂 )

          Warum essen eskimos robbenfleisch und chinesen reis?- weil sie stoffwechseln. Stimmt, ist aber tautologisch.

          „Deine“ biologischen theorien zum unterschiedlichen verhalten von männlein und weiblein erachte ich jedoch nicht als tautologisch, sondern teile sie im allgemeinen.

          • @messi

            „Wenn du bemerkst, dass beides: „schrumpfköpfe an den gürtel hängen“ und „brav aufstehen um genügend geld zu verdienen“ der intrasexuellen konkurrenz geschuldet sei, kannst du auch sagen, es sei dem urknall geschuldet.“

            Das sehe ich nicht so. Insbesondere nicht, wenn es um die Frage geht, warum Männer eher in diesem System nach oben kommen

            „Unterschiedliches verhalten sollte eine theorie auf unterschiedliche ursachen zurückführen, sonst ist sie keine theorie, die diese unterschiede erklärt.“

            Das unterschiedliche Verhalten führe ich ja auch auf Kultur zurück. Den verbindenden Umstand allerdings eben auf Biologie. Natürlich kann es sich, wenn man ein System verstehen will, auch lohnen, deren gemeinsame Ursprünge zu erklären.

            „Warum essen eskimos robbenfleisch und chinesen reis?- weil sie stoffwechseln. Stimmt, ist aber tautologisch“

            Schon recht. Aber darzustellen, dass im Geschlechterverhältnis intrasexuelle Selektion unterschiede hervorgebracht hat, ist ja was anderes. Und auch der Umstand, dass wir auf Konkurrenz untereinander außerhalb enger Verwandtschaftsverhältnisse ausgerichtet sind ist keine tautologische Aussage. Es ist zB in einer Diskussion über die Natur des Menschen durchaus interessant. Mit einem Blank Slate kommt man da zu anderen Ergebnissen

            „“Deine“ biologischen theorien zum unterschiedlichen verhalten von männlein und weiblein erachte ich jedoch nicht als tautologisch, sondern teile sie im allgemeinen.“

            Okay, dann sind wir in dem bereich ja schon mal einig.

        • Christian sagte: “Klar, aber das wir unser Wirtschaftssystem so konstruiert haben, ist eben auch ein Produkt dieser Natur.”

          LoMi sagte: „Die Natur erklärt hier aber nicht mehr viel. Dass wir essen müssen, ist unstrittig. Also müssen wir wirtschaften. Das hat der Mensch in Jahrtausenden in sehr unterschiedlicher Weise auch gemacht. Derzeit haben wir halt die Marktwirtschaft. Diese funktioniert nach bestimmten Regeln. Diese Regeln sind keine biologischen. Sie sind nicht aus Biologie ableitbar. Vielleicht gibt es eine gewisse Affinität der Marktwirtschaft zu einer naturwüchsigen Neigung zur Konkurrenz. Aber vielfältig ist Konkurrenz erst das Produkt einer planvollen Organisation der Arbeit. Sie ist dann ein Systemeffekt und kann durch Biologie nicht erklärt werden. Das wäre hier mein Punkt, dass Konkurrenz unterschiedliche Ursachen hat.“

          Meine Perspektive: „Natur“ ist immer ein Regelwerk, dass sich am Mangel orientiert. Viel Pflanzenwuchs -> viele Pflanzenfresser-Nachkommen -> viele adulte Pflanzenfresser -> Pflanzenmangel -> Hunger bei Pflanzenfresser
          viele Pflanzenfresser -> viel Beutegreifer-Nachkommen -> viele adulte Beutegreifer -> Pflanzenfresser-Mangel
          viel Licht -> viele Pflanzen -> Konkurrenz um Licht – Urwaldriesen, die den Boden beschatten -> Mangel an Licht

          (Zum Teil hat sich der Mensch aus Mangelsituationen befreien können, sein Körper ist daran aber nicht angepasst. Siehe Nahrungsangebot und die Fähigkeit (früher Überlebens-Notwendigkeit), Nährstoffe als Fett zu speichern.)

          In dieser Selbstregulation durch den Mangel war die Haltung, jeweils das individuelle Maximum zu erreichen, sinnvoll – die anderen umgebenden Einschränkungen sorgten dafür, dass aus dem individuellen Maximum ein übergreifendes Optimum wurde. Mit der Entwicklung von fortgeschrittenen Techniken schaltete der Mensch die umgebenden Regulatorien aus – und aus dem angestrebten individuellen Maximum wurde eine Aufhebung des systemübergreifenden Optimums.

          Dem Vernehmen nach gab und gibt es Kulturen, die es schafften, trotz Techniken das Optimum einzuhalten – oder zu lernen,dieses Optimum über harte Erfahrungen wieder zu erlernen; meist festgehalten in spirituellen/religiösen Überzeugungen.

          Unsere sogenannte westliche Kultur hat den Umgang mit dem Optimum aber nie verinnerlicht, es blieb bei der Haltung, das individuelle Maximum zu erreichen. Eine Haltung, die ich auch in der praktizierten Wirtschaft wieder erkenne. Und eine Haltung, die z.B. Gregory Bateson mit dem christlich-abendländischen Weltbild begründet, welches „Gott“ ausserhalb dieser Welt sieht, den Menschen nach dem Bilde Gottes geschaffen, und damit den Menschen ausserhalb des ihm eigenen Systems der von ihm definierten Angehörigen sieht.

          In diesem Sinne sehe ich die ursprünglichste Form des Wettstreits um Ressourcen in der heutzutage ausgeübten Wirtschaft wieder, auch wenn sie sich nicht nahtlos aus kultur-loser Natur entwickelt hat.

        • „Wenn du bemerkst, dass beides: “schrumpfköpfe an den gürtel hängen” und “brav aufstehen um genügend geld zu verdienen” der intrasexuellen konkurrenz geschuldet sei, kannst du auch sagen, es sei dem urknall geschuldet.“

          Ich gehe hier weiter. Ich meine, dass neben der intrasexuellen Konkurrenz auch andere Konkurrenzmotive existieren. Dann kann die intrasexuelle Konkurrenz einen Teil des Agierens von Menschen erklären, aber nicht jedes Konkurrenzhandeln. Denn wie gesagt: Wo ein Wettbewerb organisiert wird und der Gewinn allein in der Erhaltung des Jobs besteht, wird Konkurrenz durch schlichte Angst vor der Arbeitslosigkeit angetrieben. Das kann auch Leute zu Konkurrenzhandeln treiben, die an sich wenig disponiert sind, sich hervorzutun.

          Sprich: Ich plädiere dafür, mehrere Faktoren als Ursache anzunehmen, da vermutlich ein einzelner Faktor selten alle Fälle erklären kann, sondern immer nur einen Teil.

        • @Lomi
          ohne massenhafte Aneignung und Einhegung von von früher zu dörflichen Strukturen gehörendem Grund, begleitende staatliche Zwangsmaßnahmen und gemeinsame Repression durch das damalige Unternehmertum hätte sich das heutige Konkurrenzsystem nicht durchgesetzt. Man muss nur mal die Klagen früherer Kapitalisten über Faulheit und mangelnder Arbeitsmoral, das dauernde Feiern usw… der potentiellen Arbeiterschaft lesen.
          Ehe die Liberalen wieder aufschreien hier, ich wünsche mir nicht die Dorfgemeinschaft zurück. Aber diese aufzusprengen bedurfte viel Arbeit und Zwang und lag erstmal nur im Interesse bestimmter Bevölkerungsgruppen.
          Oder knackiger: man braucht außerdem Überlebenstrieb relativ wenig, um zu erklären warum die Protagonisten in „The Condemned“ konkurrieren.

          http://en.wikipedia.org/wiki/The_Condemned

        • Cyrano

          „ohne massenhafte Aneignung und Einhegung von von früher zu dörflichen Strukturen gehörendem Grund, begleitende staatliche Zwangsmaßnahmen und gemeinsame Repression durch das damalige Unternehmertum hätte sich das heutige Konkurrenzsystem nicht durchgesetzt.“

          Korrekt. Auch das heute wirksame Anreizsystem über Geld konnte seinerzeit nicht wirken. Gab es nicht mal diese Studie über die ostpreußischen Bauern, die bei Lohnerhöhung früher mit dem Arbeiten aufhörten, weil sie ja in weniger Zeit das Nötige verdient hatten?

        • zum preusnischen Bauern kenne ich keine bestimmte Studie, in der englischen und russischen fiktionalen wie nicht fiktionalen Literatur sind die Beispiele aber ebenso Legion. Und dann gibt es natürlich die Studien von EP Thompson, aber wenn man hier einen Marxisten zitiert haben wir als nächstes wieder zwei Diskussionen, die sich im Kreis drehen, parallel laufen.

        • @ christian

          Dass kleine fortpflanzungsgemeinschaften einen hohen verwandtschaftsgrad haben, ist logisch.
          Aber vielleicht denkst du auch an gruppen, die zwar klein, aber stark exogam sind. Dann würde es sich nicht mehr um eine tautologie handeln.
          Dann könnte die theorie lauten: nicht nur die grösse, sondern auch der grad der exogamie hat auswirkungen auf den erfolg eines sozialsystems.
          Roslin hat schon darauf hingewiesen, und das scheint mir plausibel. Inwieweit diese auswirkungen genetisch oder kulturell begründet sind, ist damit aber nicht geklärt.

          • @messi

            Nur weil etwas meist der Fall ist, muss es eben nicht immer so sein. Insofern war es aus meiner Sicht ein durchaus erklärender Zusatz einer wesentlichen Bedingung. Bereits bei einer großen Gruppe mit hohem Verwandtschaftsgrad wird es aus meiner Sicht schwieriger.

            Natürlich geht hier genetisch und kulturell ineinander über.

        • @ christian

          Unterschiede erklärt man eben nicht mit verbindenden umständen.
          Und die meisten menschen kooperieren nicht aufgrund von verwandtschaft, sondern interessen. Sogar tiere kooperieren mit uns und wir mit ihnen. Und wir konkurrieren eher mit unserem bruder als mit unserem hund.
          Nicht dass ich meinte, dass du diese beispiele nicht biologisch erklären könntest, aber die aussage, dass wir ausserhalb enger verwandtschaft auf konkurrenz ausgelegt seien, ist falsch in dieser absolutheit. Um sie zu berichtigen müsstest du hinzufügen: …auf konkurrenz ausgelegt sind oder nicht, auf kooperation oder nicht.

          • @messi

            „Unterschiede erklärt man eben nicht mit verbindenden umständen.“

            Da würde ich gegenhalten: Ein ganzes Bild ergibt sich erst, wenn man die Gemeinsamkeiten darlegt und dann zusätzlich die Unterschiede. Und in einer Natur/Nuture Debatte ist das sogar noch wichtiger, weil Unterschiede ohne die Darlegung der Gemeinsamkeiten oft als Beleg dafür genommen werden, dass alles Nurture ist.

            „Und die meisten menschen kooperieren nicht aufgrund von verwandtschaft, sondern interessen. Sogar tiere kooperieren mit uns und wir mit ihnen. Und wir konkurrieren eher mit unserem bruder als mit unserem hund.“

            Gerade in Bereichen mit großer Verwandtschaft ist eben über die Verwandtenselektion eine Förderung weitergehenden Altruismus möglich.

            Daneben gibt es noch den reziproken Altruismus, der aber „vorsichtiger“ ist.
            Nicht dass ich meinte, dass du diese beispiele nicht biologisch erklären könntest, aber die aussage, dass wir ausserhalb enger verwandtschaft auf konkurrenz ausgelegt seien, ist falsch in dieser absolutheit. Um sie zu berichtigen müsstest du hinzufügen: …auf konkurrenz ausgelegt sind oder nicht, auf kooperation oder nicht.

        • @ LoMi

          „Auch das heute wirksame Anreizsystem über Geld konnte seinerzeit nicht wirken. Gab es nicht mal diese Studie über die ostpreußischen Bauern, die bei Lohnerhöhung früher mit dem Arbeiten aufhörten, weil sie ja in weniger Zeit das Nötige verdient hatten?“

          Nur weil die ostpreußischen Bauern lieber mehr Freizeit statt mehr Geld haben wollten, heißt das noch lange nicht, dass Geld keine Anreizwirkung hatte. Das ist ja auch heute nicht anders.

        • „Nur weil die ostpreußischen Bauern lieber mehr Freizeit statt mehr Geld haben wollten, heißt das noch lange nicht, dass Geld keine Anreizwirkung hatte. Das ist ja auch heute nicht anders.“

          Halt ich auch für gewagt, die Theorie.
          Auch zur Zeit der preußischen Bauern (nehmen wir mal an, wir reden vom Zeitraum des 16. bis 19. Jahrhunderts) war im gewissen Sinne der Kapitalismus allgemein DAS Wirtschaftssystem.
          Allerdings konnten – oder aufgrund der Vorgaben des Ständesystems durften – die Bauern nur begrenzt an diesem System teilhaben.

          Nicht zu bestreiten ist aber, dass gerade aus dem preußischen Raum besonders viele Landsleute nach Übersee ausgewandert sind. Es erscheint mir unwahrscheinlich, dass sie das in gleichem Maße getan hätten, hätten sie sich mit dem beschieden, was sie hatten.
          Und in Amerika waren sie nicht selten sehr schnell wirtschaftlich sehr erfolgreich.

        • Ich kann mir auch unsere moderne Wirtschaft hinreichend mit intrasexueller Konkurrenz erklären.
          Wirtschaftliche Nischen werden gesucht und – so gefunden – besetzt, um den eigenen Status gegenüber anderen Männern zu erhöhen und damit die Auswahl unter dem Angebot an Frauen zu erhöhen.
          Wer eine solche Nische nicht findet, versucht zumindest, in einem hierarchischen System aufzusteigen. Daher funktionieren Gesellschaften mit steilen Hierarchien gut, die ohne solche schlecht bis gar nicht.
          Es gibt Ausnahmen, aber die beschränken sich nach meinem Eindruck auf Naturvölker mit überschaubarer Population.

        • „Daher funktionieren Gesellschaften mit steilen Hierarchien gut, die ohne solche schlecht bis gar nicht.“

          Sorry, das gilt natürlich für eine Männergesellschaft. Sie funktioniert bei Frauen nicht, die im Gegenteil eine sehr flache Gesellschaft bevorzugen.
          Dafür sind sie aber auch nicht auf Fortschritt bedacht, und ich wage ketzerisch zu behaupten, dass wir in einer von Frauen strukturierten Gesellschaft immer noch auf den Bäumen säßen und uns die Läuse aus dem Pelz kratzen würden.

  4. Elmar versteht es zwischen Genauigkeiten und Ungenauigkeiten hin und her zu switchen. Dabei bleibt unklar, ob diese Ungenauigkeiten beabsichtigt oder lediglich fahrlässig sind; unklar, ob sie die Folgerungen wertlos machen oder nicht.

    Beispiel: Zitat „Wenn man unter diesen Umständen eine Theorie der Geschlechter finden kann, dann wird es keine Theorie der Klasse der Menschen mit weiblichen Geschlechtsorganen sein, sondern eine Theorie über weibliches Handeln – genau wie vorhergesagt.“
    Das Wort „vorhergesagt“ ist verlinkt mit einem seiner Blogbeiträge, in dem aber zwar nun über Vorhersagungen diskutiert wird, aber NICHT in dem Sinne, dass „eine Theorie über weibliches Handeln“ vorhergesagt wird.

    Zumal er darüber hinaus auch offenlässt, WER vorhergesagt haben soll – Elmar oder Chris.

    Und: Das Wort „Handeln“ kommt in dem Blogbeitrag, auf den Elmar verweist, nur einmal vor – und zwar in einem Leserkommentar ohne Bezug auf „Theorie“.

    Absicht oder Fahrlässigkeit? Auf alle Fälle „Beweis durch Behauptung“ und damit unredlich.

    Weiterhin: In dem darauf verwiesenen Blogbeitrag unterscheidet Elmar Verhalten nicht von Handeln:

    Zitat 1:
    „(5) Weibliches Verhalten ist ausbeuterisch gegenüber Männern“
    Zitat 2:
    „(5) ist erstmal eine Aussage über eine Menge von Handlungen…“

    Nicht zwischen „Handeln“ und „Verhalten“ zu unterscheiden, geht schon mal gar nicht.

  5. Zur Wecker-Metapher:

    Wer von euch hat jugendliche Nachkommen in seinem Haushalt (oder diese gehabt) oder arbeitet in Kinder-und Jugendheimen (oder hat dies getan)?

    Also ich kenn‘ da einige dieser Jugendlichen, die das Wachwerden mit Wecker vielleicht als Kinder mal beherrscht haben, diese Fähigkeit aber wieder gründlich verloren haben. Und das Wieder-Erlernen dieser Fähigkeit ging in sämtlichen Fällen nur über harte Konditionierung von aussen (das heisst Sanktionen) und hatte nichts mit „freier Entscheidung“ zu tun. Vielleicht wäre es ohne Zwang wieder erlernbar gewesen und hätte dafür mehr Zeit gebraucht – aber während dieser Zeit hätte es keine Chancen für eine taugliche Ausbildung gegeben.

    • Kardamom

      das mit dem Wecker war anders gemeint.
      Natürlich setzt der Wecker eine biologische Fähigkeit voraus. Das ist unstrittig und durchaus auch trivial. Sonst hätten wir keine Wecker.

      Aber einen Wecker zu benutzen, das ist eine Entscheidung. Es ist eine Entscheidung im Rahmen der auch biologischen Möglichkeiten. Der Punkt, wo in meinem Weckerbeispiel ins Spiel kommt, ist der Schlafrhythmus. Menschen haben einen solchen und sie haben je nach Schlaftypen unterschiedliche Rhythmen. Langschläfer, die sich mit Hilfe eines Weckers frühmorgens aus dem Bett quälen, handeln in diesem Sinne gegen ihre biologischen Bedürfnisse.

      Das Extrembeispiel der Jugendlichen ändert daran nichts. Die meisten Menschen können durch einen Wecker aufstehen. Es geht hier nur darum, dass Menschen, die einen Wecker hören, gegen ihr Schlafbedürfnis handeln und das aufgrund einer Entscheidung.

  6. @Christian, ich verstehe eigentlich gar nicht warum Du Dich verteidigst. Du musst hier gar nichts verteidigen, denn man kann jedes menschliche Verhalten mit kulturellen oder sozialen Einflüssen zu erklären versuchen. Das ist trivial. Irgendeine Begründung fällt einem da immer ein.

    Das spannende an einer evolutionsbiologischen Erklärung ist die Tatsache, dass sie so viele scheinbar unabhängige Phänomene konsistent mit recht wenigen Annahmen erklärt. Dass dies immer in unterschiedlichem Maße durch kulturelle und soziale Einflüsse überlagert wird, bestreite ich nicht und Du ja auch nicht.

    Jetzt müssten die „Soziologisten“ und „Kulturisten“ mal Ihre Erklärungen für all die Studien präsentieren. Die Genderisten, die die Biologie komplett ausblenden wollten, sind damit meines Erachtens ja bereits grandios gescheitert. Sie wurden durch Harald Eia falsifiziert! Lass doch @Elmar mal machen, wenn zum Schluss rauskommt ist alles freier Wille, macht jeder wie er will, dann kann man ihm genau dieselben Dinge um die Ohren hauen, wie den Genderisten. Etwas anderes kann ich mir kaum vorstellen, denn das auf Jahrzehnte angelegt nationale Umerziehungsprogramm in Norwegen ist grandios gescheitert. @Elmar müsste erklären warum dies, trotz des ach so freien Willens passiert ist. Momentan sehe ich bei ihm keine Ansatzpunkte dafür, aber das können wir ja abwarten. Die Evolutionsbiologie hat eine Erklärung für das Scheitern, also bis Du ihm deutlich voraus.

  7. Ich habe, ehrlich gesagt, weder den originalen Artikel, noch den Reply gänzlich durchgearbeitet, sondern nur überflogen (Es ist Montag und ich sollte Arbeiten). Trotzdem möchte ich kurz die ökonomische Perspektive hinterlassen. Unsere Zunft bildet sich ja etwas darauf ein besonders gut mit Rationalität umgehen zu können.

    Garry Becker hat zu „Rational Addiction“ einiges geschrieben, vereinfacht geht es da um die Maximierung zukünftigen Nutzens. Hier geht es nicht um Wünsche, sondern um das Abwägen zwischen Handlungsoptionen und Einkommensbeschränkungen die gewisse (myopisch zeitdiskontierte) Nutzenauszahlungen bringen. In diesem Framework kann Sucht „rational“ wirken. Es ist dafür auch keine Aussage über biologisch veränderte Hirnstrukturen/Hormonlevels oder philosophisches Nitpicking über Volitionen erster und zweiter Ordnung notwendig sondern nur die Annahme das früherer Konsum einer Droge sich auf die Nutzenauszahlung in der Gegenwart auswirkt…

    Ich persönlich halte von dieser mikroökonomischen Onanie nicht allzuviel. Interessant ist sie aber allemal

    • Nachtrag: natürlich sind Menschen weder perfekt rationale Agenten mit unbeschränkter Rechenpower um alle zukünftigen Nutzenwerte zu diskontieren und miteinander zu vergleichen noch haben sie perfekte Informationen. Meistens verwenden sie auch keinen Calculus um Optimierungsaufgaben zu lösen, sondern Heuristiken und ihre Zeitpräferenzen sind nicht rational (Loss-Aversion und Hyperbolic discounting)…

      Kamma zwar alles in die Modelle miteinbauen, macht das ganze aber nicht unbedingt leichter…

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