Biologie des Menschen und was ich dazu nicht vertrete

Mal ein abgrenzender Artikel, ich hoffe er bringt etwas Klarheit:

1. Vorhersagbarkeit einzelner Handlungen

Ich vertrete nicht, dass man mit der Biologie einzelne Handlungen einzelner Menschen vorhersagen oder erklären kann. Es ergibt sich also beispielsweise nicht aus der Natur des Menschen, dass ich jetzt diesen Beitrag schreibe. Ebenso wenig ergibt sich aus der Natur des Menschen, dass Caesar durch Senatsmitglieder an dem besagten Tag erstochen werden musste. Dieser Vorgang ist besser durch geschichtliche Analysen der Gesamtsituation zu erklären, die dann in einem ggfs. fächerübergreifenden Erklärungsversuch untersucht werden können. Dabei spielt vielleicht auch hinein, dass Cäsar seiner Natur und seiner Erziehung oder Lebensgeschichte nach sehr ehrgeizig war und einen hohen Status erlangen wollte. Auch ist erklärbar, warum wir Menschen gerade so etwas wie einen obersten Herrscher für eine Gruppe haben. Und das die anderen Senatoren selbst wiederum Macht haben wollten und sich hier In-Groups und Out-Groups gebildet haben. Die konkreten Ereignisse gerade an diesem Tag dieses Tat zu begehen sind damit aber nicht erklärbar.

Ich schreib auf einen ähnlichen Vorhalt von Elmar:

Ich behaupte auch nicht individuelle einzelne Handlungen voraussagen zu können. Aber das bedeutet nicht, dass diese Motivationen wirkungslos sind. Es ist eben kein zufälliges Verhalten, ob sich die Leute zu Tode hungern. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie essen ist deutlich höher.

Wir können ja eine einfache Wette abschließen:  Ich wette, dass sich der Kollege in deinem Institut, dessen Name dir im Alphabet am nächsten ist, innerhalb des nächsten Jahres nicht tothungert. Du wettest das Gegenteil. Einsatz: 100 €

Du wirst die Wette nicht annehmen. Weil es eben kein beliebiges Ereignis ist, sondern es seinen Bedürfnissen entspricht zu essen. Wenn ein Mensch aus biologischen Gründen oder aufgrund von Drogen kein Hungergefühl hat, dann kann diese Wette schon ganz anders aussehen. Vielleicht vergisst er einfach zu essen.

Wenn Männer zB aus biologischen Gründen mehr Interesse an Sex ohne große Gefühlsbindung haben, Frauen das aber (im Schnitt) eher anders sehen, dann können wir nicht voraussagen, ob eine bestimmte Frau an dem Abend in einer Disko nicht einen Mann nach Hause nimmt. und wir können auch nicht sagen, ob ein Mann auf ein Angebot einer Frau eingeht. Aber wenn wir eine durchschnittlich attraktive Frau und einen durchschnittlich attraktiven Mann rumschicken, der/die direkt nach Sex fragen, dann wird die Frau eben mehr Zusagen erhalten als der Mann.

Schon haben wir Geschlechterunterschiede, die sich dann natürlich in der Masse auswirken.

Wenn der stärkere Sexualtrieb zumindest zu einem gewissen Faktor mit (pränatalen und postnatalen) Testosteron zusammenhängt, dann würden wir bei einer hinreichend großen Studie vielleicht sogar feststellen, dass die Frauen, die dennoch mitgehen, eher einen höheren Faktor in diesem Bereichen haben.

Demnach kann man zwar einzelne Handlungen nicht voraussagen, man kann aber durchaus dennoch Voraussagen über das Verhalten von Menschen machen und diese können auch dennoch einem biologischen Einfluss unterliegen. Der Schluss, dass für eine Beeinflussung des Verhaltens durch die Biologie die Voraussage einzelner Verhalten notwendig ist, weil ansonsten eben jedes Verhalten abweichen kann, berücksichtigt nicht, dass bei Vorliegen einer bestimmten Motivation die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Mensch nach dieser verhält, erhöht. Ein einfaches Beispiel dazu: Leute kaufen bereits ein Produkt X zum Preis von 100 €. Wenn in einer Sonderaktion eine Preissenkung auf 80  € erfolgt, dann wird das Produkt eher mehr gekauft werden, auch wenn ich nicht sagen kann, ob A das Produkt unter diesen Bedingungen kauft.

2. Alles ist reine Biologie

Biologie bildet häufig die Grundlagen und es lassen sich für viele Gefühle, Motivationen und Bedürfnisse, die wir haben, sehr gute auf dieser Basis aufbauende Theorien entwickeln. Dennoch sind wir natürlich auch lernende und soziale Wesen. Unsere Erziehung und unsere persönlichen Erfahrungen und die Umwelt, in der wir aufwachsen, prägen uns ebenso und bestimmen unseren Charakter mit. Ein bereits der Biologie nach besonders jähzorniger Mensch, der nie gelernt hat, sich zu beherrschen oder dies nie lernen musste, wird insoweit sicherlich noch jähzorniger sein als jemand, der das sich beherrschen gelernt hat.

Und Kultur hat ebenso seinen Platz wie Geschlechterollen.

Auf eine Beleidigung mit einem Duellforderung oder mit einer leichten Verstimmung und dem Beschluss diese Person zu meiden, wenn es geht, zu reagieren, ist Kultur. Sie hat ihre biologischen Grundlagen aber durchaus in dem Umstand, dass wir innerhalb des Zusammenlebens in der Gruppe sowohl sozial und freundlich sein müssen, aber auch nicht den Eindruck erwecken dürfen, dass wir ausgenutzt werden können. Um dies zu verhindern, bestehen Gefühle wie ein Ehrgefühl, die Eigenschaft auf Herausforderungen zu reagieren und der Wunsch, seinem sozialen Umfeld zu zeigen, dass man etwas nicht hinnimmt, also nicht einfach ausgenutzt werden kann. Die Form der Ausgestaltung und die Anforderungen der Gesellschaft, mit denen man dies beweisen muss, können dabei stark variieren bis dahin, dass man heute kaum noch tatsächlich reagiert, weil körperliche Auseinandersetzungen selbst einen Makel darstellen und als übertriebene Reaktion wahrgenommen werden.

Bei Geschlechterrollen würde ich auch darauf verweisen, dass diese eine biologische Grundlage haben, die häufig auch in dem liegen, was das andere Geschlecht als attraktiv ansieht. Sie werden dann wiederum durch Kultur ausgeformt und es kann auch hier gewaltige Unterschiede geben. Man muss beispielsweise in Deutschland üblicherweise nicht beweisen, dass man einen Feind töten kann, um ein Mann zu sein, eher muss man häufig einfach ein gewisses Alter und eine gewisse Unabhängigkeit erreichen.

In diesem Bereich der Ausformung würde ich sozialen Theorien und Theorien außerhalb der Biologie durchaus eine hohe Bedeutung zugestehen. Es ist schade, dass dieser Sektor aber anscheinend eher unterentwickelt ist. Ich bin aber immer an Theorien aus dem Bereich interessiert.

Ich vertrete kein rein biologisches Modell, sondern ein Modell, welches beide Seiten berücksichtigt:

FireShot capture #037 - 'Standard social science model - Wikipedia, the free encyclopedia' - en_wikipedia_org_wiki_Standard_social_science_model

Also noch einmal ausdrücklich:

  • das menschliche Verhalten ist das Ergebnis einer Interaktion zwischen evolvierten psychologischen Mechanismen und kulturellen und umgebungsbezogenen Einflüssen
  • Kultur selbst basiert auf einer universellen menschlichen Natur und wird durch diese auch eingeschränkt (ist aber auch eine Ausformung dieser innerhalb dieser Einschränkung)
  • Um Verhalten zu verstehen muss man die Interaktion zwischen Natur und Sozialen Verhalten verstehen

180 Gedanken zu “Biologie des Menschen und was ich dazu nicht vertrete

  1. Diese von Roslin ausgegrabene Tabelle suggeriert, es gäbe wirklich diese Dichotomie und es gäbe wirklich ein Standardmodell der Sozialwissenschaften. Das ist aber Unsinn. Solche Missverständnisse sollte man dringend vermeiden.

    • @LoMi

      „Diese von Roslin ausgegrabene Tabelle suggeriert, es gäbe wirklich diese Dichotomie und es gäbe wirklich ein Standardmodell der Sozialwissenschaften. Das ist aber Unsinn“

      Dann lass uns doch mal konstruktiv die integrativen Ansätze in den Sozialwissenschaften und ihre Vertreter darstellen. Das würde ja so eine Idee am besten widerlegen.

      Ich weiß, dass in Sozialwissenschaftlichen Büchern aus der Pädagogik auch immer mal wieder Ausführungen dazu gibt, beispielsweise habe ich da einiges interessantes zu Sprache und Fremdsprachenlernen gelesen.

      Hier eine Liste bedeutender Soziologen:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_bedeutender_Soziologen

      Folgende würde ich so ad hoc zB durchaus dem SSSM zurechnen:

      Bourdieu, Adorno, Foucault, Luhmann

      Welche würdest du denn nicht zurechnen?

      • Luhmann? Nein, das ist Unsinn. Adorno ist diesbezüglich auch nicht richtig eingeordnet. Bourdieu und Foucault schon eher. Aber das müsste man auch erstmal nachprüfen. Foucault ist eigentlich gar kein Soziologe, Adorno schon mal gar nicht.

        Aber – ehrlich gesagt – diese harte These, dass Biologie nicht zählt und alles nur kulturell erzeugt ist, vertreten nur die Genderleute. Ich würde mal behaupten, die Mehrheit würde solch einen Radikalismus ablehnen. Diese Tabelle baut einen falschen Gegensatz auf. Als Soziologe geht man natürlich von einer großen Plastizität menschlichen Verhaltens aus, glaubt also, dass sehr viel formbar ist. Aber dazu gehört nicht die Vorstellung, dass ALLES formbar ist.

        Diese Tabelle ist selbst radikal. Einer der ersten „Klassiker“ im Studium war Piaget und der ist mehr ein Sozialpsychologe und geht sehr wohl von gewissen biologisch-psychologischen Grundbedingungen und Prozessen aus. Damit ist er nicht er einzige. Gewisse Prominenz hat auch Erikson mit seiner Entwicklungspsychologie. Diese Leute sind in allen Bereichen wichtig, wo es z.B. um Sozialisation geht, also um die Füllung des vermeintlichen „blank slate“, wenn man so will. Jugendsoziologen und Sozialisationstheoretiker wie z.B. Klaus Hurrelmann gehen diese Frage immer interdisziplinär an.

        Die Einordnung von Luhmann ist schon deshalb unsinnig, weil er klar ein biologisches System erkennt, nur das ist soziologisch nicht wirklich spannend für ihn, weil er halt soziale Systeme studiert. Diese schließen übrigens auch personale Systeme aus, also die Individuen.

        • @LoMI

          ich kann mir gut vorstellen, dass in der Sozialpsychologie viel Biologie enthalten ist, da die Psychologie an sich immer mehr Biologie und Medizin ist (aufgrund der neueren Forschung, die deutlich macht, dass dieser Bereich eine hohe Bedeutung hat).

          in der reinen Soziologie scheint mir dieser Aspekt dann wieder verloren zu gehen.

          Welchen biologischen Aspekt beziehen Luhmann und Adorno denn ein?

        • zu Bourdieu hatte ich hier ja schon mal was geschrieben, ich übertrage das noch einmal:

          https://allesevolution.wordpress.com/2014/08/26/sexuelle-selektion-vererblichkeit/#comment-138105

          @LoMi

          Bourdieu erfasst ja Geschlechterverhältnisse auch nur unter dem Aspekt von Herrschaftsverhältnissen, wenn ich das richtig verstehe. Er sieht Geschlechterrollen als besondere Form eines tief verwurzelten sozial begründeten Habitus

          http://de.wikipedia.org/wiki/Habitus_(Soziologie)

          Nach Bourdieu wird durch diese grundlegende Strukturkategorie der Gesellschaft das Herrschaftsverhältnis impliziert. Mit dem Verständnis von Zweigeschlechtlichkeit und mit der Hervorhebung der männlichen Herrschaft ist das Herrschaftsverhältnis in unserer modernen Gesellschaft besonders gut begreifbar. Die Zweigeschlechtlichkeit ist ein Unterscheidungsprinzip, das bei den Individuen von früher Kindheit an besonders ausgeprägt ist. Diese Kategorie spielt eine große Bedeutung bei der Herausbildung des Habitus. Geschlechter sind als polare entgegengesetzte Kategorien, nicht wie ein Klassifikationssystem, konstruiert. Das geschlechtsspezifische Verhalten ist im Habitus besonders tief eingeprägt und beeinflusst intensiv das soziale Verhalten.
          Im Zusammenhang mit der Kategorie Geschlecht verwendet Bourdieu den Begriff der symbolischen Gewalt. Mit der symbolischen Gewalt ist eine mittelbare Form der Gewaltausübung gemeint. Charakteristisch für die symbolische Gewalt ist das nicht bewusste Einverständnis der Beherrschten (Frauen) gegenüber der herrschenden Ordnungsvorstellung. Beide Seiten, die Herrschenden (Männer) und die Beherrschten (Frauen), müssen dafür über ein Verhaltenssystem, über einen Habitus verfügen, in dem dieses Herrschaftsverhältnis eingeprägt ist. So muss man sich die Frage stellen, warum auch in unserer modernen Gesellschaft die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann nicht vollkommen stattgefunden hat. Bourdieu erklärt dieses Phänomen damit, dass der Habitus so tief „verwurzelt“[1] ist, dass er die erlernten (patriarchalen) Verhaltensweisen und das geschlechtsspezifische Verhalten in der Praxis (oder besser in der Mehrzahl, den Praxen) des sozialen Lebens „vorstrukturiert“.[2] Dies führe dazu, dass die Frauen unbewusst die männliche Herrschaftsordnung akzeptieren und diese selbst wiederum aktiv reproduzieren.

          Ich weiß nicht, ob er sich jemals auf einen “blank slate” berufen hat, aber jedenfalls führt er meiner (geringen) Kenntnis nach nichts an, was eine Einschränkung darlegt.

          “Leute wie Judith Butler vertreten dagegen vermutlich schon eine blank slate Annahme”

          Ja,, recht eindeutig.

          https://allesevolution.wordpress.com/2014/08/26/sexuelle-selektion-vererblichkeit/#comment-138106

          @LoMI

          Hier vielleicht noch ein interessanter Text dazu:

          http://www.mv.helsinki.fi/home/jproos/Reykjavik.htm

          Bourdieu is often seen, however as a pure constructionist whose views are fully in line with modern sociology (see eg Corcuff 2000, Rahkonen 1999). When Bourdieu discusses fields and power, the agents are often seen as constructing the field by themselves and just losing sight of this, lacking reflexivity. In one of his last books, La domination masculine, the descriptions are explicitly constructionist: femininity and masculinity are socially constructed, there is nothing natural in the original distinctions made by the Algerian kabyls whom Bourdieu studied long ago and who presented a division of north and south, good and bad, strong and weak, dry and wet, male and female. (Bourdieu 1998, see the chapter Social construction of the body).
          At the same time, Bourdieu is extremely critical against the postmodernist constructionism, especially its French variants. Thus he submits Latour and Woolgar under a really violent critique in his latest, posthumous volume Science de la science et reflexivité. (Bourdieu 2001, see also Bourdieu & Wacquant 2001). In fact, in this work Bourdieu formulates very clearly his opposition to « idealistic » constructionism : « La science est une construction qui fait emerger une decouverte inrreductible à la construction et aux conditions sociales (sic) qui l’ont rendue possible (Science is a construction which makes possible discoveries which cannot be reduced to the construction or to the social conditions which made it possible)» In Bourdieu’s view the solution is a « realistic rationalism » which holds that scientific constructions are the condition of arriving at the « real », a discovery (Bourdieu 2001, 151).
          The theoretical setting in Bourdieu’s work could be described by saying that he treats people sociologically essentially from an evolutionary point of view, i.e. as agents who do what they do on the basis of given social modules (habituses) instinctively and according to certain rules. Bourdieu’s terminology can be usefully compared with that of Richard Dawkins who uses “conscious” terminology (strategy, interests, profits) in a context where everything is based on predetermined, largely unconscious activities where profits accrue to those who best are adapted to the rules of the field.
          For Bourdieu, social laws were independent, objective forces, which could be subverted only when we know how they work (he could even describe his own tastes as precisely those of his own class and social group, i.e. a highly educated person with a petty bourgeois, rural background) and subverted socially, not trough individual action.
          The essential difference to evolution theory is quite simply that Bourdieu keeps all this strictly inside the borders of sociology. No non-sociological influences are, in a sense, included in Bourdieu’s theory (with the exception of philosophy and ethnology, i.e classical sociology)..
          To our knowledge, Bourdieu did not make a reference to evolutionary psychology, except in a derisive manner. Society produces the body, domination and subordination. Thus, in Domination masculine, the male domination is portraid as purely social. Already the sexual division in a physical sense is understood as an arbitrary, social construction. Male domination structures are arbitrarily created and mythically strengthened. The terminology, male power over women, are all evolved inside society, historically but not biologically (“Ce programme social de perception incorporé s’applique a toutes les chose du monde, et en premier lieu au corps lui-meme, dans sa realité biologique” Bourdieu 1998, 16) In other words, an evolutionary basis of such differences in habits and activity aptitudes that would be expressed as clearly sexual differences is completely out of question.

        • „Aber – ehrlich gesagt – diese harte These, dass Biologie nicht zählt und alles nur kulturell erzeugt ist, vertreten nur die Genderleute. Ich würde mal behaupten, die Mehrheit würde solch einen Radikalismus ablehnen. Diese Tabelle baut einen falschen Gegensatz auf. Als Soziologe geht man natürlich von einer großen Plastizität menschlichen Verhaltens aus, glaubt also, dass sehr viel formbar ist. Aber dazu gehört nicht die Vorstellung, dass ALLES formbar ist.“

          Dann müsste dieses Nichtformbare ja in irgendeiner Form auch einen gewissen Niederschlag in den Theorien gefunden haben. Für diese Ansätze würde ich mich interessieren. Kennst du da welche?

        • Sie müssen keinen biologischen Aspekt einbeziehen. Sie brauchen ihn nur nicht zu leugnen. Das ist der Punkt an der Tabelle, dass unterstellt wird, Soziologen würden die Biologie für irrelevant erklären bzw. quasi für generell inexistent. Das ist nicht der Fall. Nur darf man sich als Soziologe eben trotzdem auf das konzentrieren, was Gegenstand der Disziplin ist und muss nicht weiter Biologie betreiben. Daraus folgt aber keineswegs, dass man Biologie für unwichtig erachtet. Das müsste man dann ja allen anderen Disziplinen auch vorwerfen.

          Luhmann meint, es gibt biologische Systeme, das heißt, er anerkennt dort einen Bereich der Eigengesetzlichkeit. Adorno bezieht via Freud das Triebleben ein. Der ist übrigens ein Philosoph und kein Soziologe.

          So. Im wesentlichen schauen Soziologen auf das, was Menschen frei wählend und handelnd tun können und welche Folgen das hat. Damit ist klar eine Grenze gezogen zu den Dingen, die Menschen nicht formen können, z.B. die biologischen Umstände. Damit ist anerkannt, dass es das gibt, aber zugleich deutlich gemacht, welchen Teil des Verhaltens man sich anschaut und welchen eben nicht. Das heißt auch, dass man hier Biologie nicht einbeziehen braucht.

          Im Übrigen gibt es noch die Soziologen, die durch die Philosophische Anthropologie geprägt sind und die deshalb sehr stark biologische Prämissen einbeziehen (Popitz z.B.).

        • @LoMi

          „Foucault ist eigentlich gar kein Soziologe.“

          *kreisch* … MOMENT … Wir Philosophen wollen die Pfeife auch nicht haben!! 😀

          Könnten wir die beiden nicht den Erziehungswissenschaftlern unterjubeln? 😉

        • Piaget war von seiner Ausbildung her Biologe und Psychologe (vgl. Ingrid Scharlau – Piaget zur Einführung, S. 15)
          Er hat sich selbst aber primär als Erkenntnistheoretiker betrachtet (Stichwort: genetische Epistemologie).

        • @ LoMi

          Mir erscheint Eure Art zu argumentieren wie die Selbstimmunisierungsstrategie vieler Feminiist.I.nnen: „DEN Feminismus gibt es nicht!!!“

          Ist natürlich wahrscheinlich zu einem gewissen Grade sogar richtig und ähnlich sinnig wie der Einwand „DA MUSS MAN ABER MEHR DIFFERENZIEREN!!!“

          Hier also: „DIE SOZIOLOGIE GIBT ES NICT!!! DIE GEISETESWISSENSCHAFT GIBT ES NICHT!!!“

          Aber es gibt ein vorherrschendes Paradigma, das vom Standardmodell der Sozialwissenschaften gut gefasst wird. Ja, so begegnen mir Sozial-/Geisteswissenschaftler in ihrer Biologieignoranz, in ihrem Dusseldarwinismus, den sie offenbar nur vertreten, weil sie sich so von Waldschrattesoterikerin der fundamentalistischen christlichen Rechten abgrenzen können („BECAUSE OF SCIENCE!“ SCIENCE, das sind natürlich die aufgeklärten, progressiven, kritischen Modernen, die behaupten „DIE SOZIOLOGIE GIBT ES NICHT!“ oder „WER US-PANZER IN BAGDAD SIEHT; GUCKT IN DIE FALSCHE RICHTUNG!!!“ -© Saddam Husseins „Informationsminister“)

        • Roslin

          nirgendwo habe ich gesagt, die Soziologie gebe es nicht. Die Soziologie ist nicht Bielefeld ^^ Da findest Du Ostereier, die Du selber versteckt hast.

          „Aber es gibt ein vorherrschendes Paradigma, das vom Standardmodell der Sozialwissenschaften gut gefasst wird.“

          Ich habe ja mit einigen Namen belegt, dass dieses vermeintliche Standardmodell eben kein Standard ist. Das kann man zur Kenntnis nehmen. Man kann es auch lassen. Im letzteren Fall disqualifiziert man sich aber selbst.

          „Standardmodell“ heißt ja: diese Prämissen werden überwiegend akzeptiert. Das tendiert in Richtung All-Aussage. Laut Popper ist eine All-Aussage nun einmal widerlegt, wenn man auch nur einen Fall findet, auf den diese Aussage nicht zutrifft.

          Soweit das etwas sophistischere Argument ^^

          Etwas sachlicher gesprochen: Es gibt eine Reihe von soziologischen Theorien, die dieses vermeintliche „Standardmodell“ eben nicht benutzen. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle, sondern um vielzitierte Modelle, zum Beispiel jene, die ihre Wurzel auch in Piagets Denken haben. Daher kann auch quantitativ mit einiger Berechtigung gesagt werden, dass die Behauptung des Standardmodells falsch ist.

          Zweitens ist die Definition des Gegenstandes der Soziologie möglich, ohne biologische Dispositionen negieren zu müssen. Insofern gibt es keinen systematischen, disziplinimmanenten Gegensatz zwischen Biologie und Soziologie. Wer Soziologie treibt, kann dies tun, ohne Biologie ignorieren zu müssen.

        • Aber es gibt ein vorherrschendes Paradigma, das vom Standardmodell der Sozialwissenschaften gut gefasst wird.

          Ja, so muss es sein, denn Roslin hat mit seiner Rassen- und Erblehre und mit seiner kulturmarxismusbefreiten Mathematik die Letztwahrheit erkannt und alle anderen wollen sie nicht sehen wollen, weil sie nicht vor den Ausschuß für unkulturmarxistische Umtriebe gezerrt werden möchten. 😀

        • „einiges an Foucault ist ja schon interessant, z.B. sein nicht-lineares und systemisches Verständnis von Macht. Daraus kann man schon etwas machen.“

          Das sehe ich auch so.
          Foucaults Machtbegriff und Machtanalysen bleiben für die Soziologie und Sozialphilosophie wichtig und bedeutsam. (Nebenbei bemerkt hat Foucaults Machtbegriff nichts mit dem marxistischen Klassenkampfbegriff zu tun, wie Roslin mal behauptet hat. Auch das ist albernste Lügenpropaganda, kaum etwas dürfte weiter vom klassisch-marxistischen Machtverständnis entfernt sein als der Machtbegriff von Foucault, der ideengeschichtlich zudem auf das Konzept des Willens zur Macht bei Nietzsche zurückgeht.)

          Speziell Foucaults Pastoralmachttheorie bietet außerdem gute Anknüpfungspunkte für die Entwicklung einer linken oder linksmaskulistischen Kritik an der Political Correctness – hier der Kritik an irrationalen Über-Ich-Funktionen von Max Stirner oder Wilhelm Reich vergleichbar, die sich ebenfalls als Anknüpfungspunkte für eine Analyse und Kritik der Political Correctness gut eignen.

          Außerdem wäre m.E. noch Foucaults wichtiger Beitrag zur Entwicklung der Diskursanalyse als Methode zu nennen – die nur dann problematisch wird, wenn sie ihren Gegenstandsbereich verlässt und auf empirisch zu behandelnde Fragen angewendet wird – aber ansonsten sind Diskusanalysen m.E. ein wichtiges Werkzeug qualitativer Forschung.

        • @loMi

          „Aber – ehrlich gesagt – diese harte These, dass Biologie nicht zählt und alles nur kulturell erzeugt ist, vertreten nur die Genderleute. Ich würde mal behaupten, die Mehrheit würde solch einen Radikalismus ablehnen. Diese Tabelle baut einen falschen Gegensatz auf. Als Soziologe geht man natürlich von einer großen Plastizität menschlichen Verhaltens aus, glaubt also, dass sehr viel formbar ist. Aber dazu gehört nicht die Vorstellung, dass ALLES formbar ist.“

          Wenn das zu einem Lippenbekenntnis wird, also in den Theorien keinerlei Biologie berücksichtigt wird und auf Nachfrage dann nachgeschoben wird, dass man natürlich nicht davon ausgeht, dass alles formbar ist, das aber nie ausfüllt und im Prinzip nie in seine Theorien einfließen lässt, dann hätten wir vielleicht bei formeller Betrachtung nicht das „SSSM“ aber wir wären verdammt nahe dran.

        • @LomI
          und dazu noch:

          „Die Einordnung von Luhmann ist schon deshalb unsinnig, weil er klar ein biologisches System erkennt, nur das ist soziologisch nicht wirklich spannend für ihn, weil er halt soziale Systeme studiert.“

          warum meint er denn es ausblenden zu können? Muss er dann nicht erst genau die Formbarkeit bestimmen, damit er überhaupt definieren kann, was soziales System ist?

        • @ Christian

          „warum meint er denn es ausblenden zu können? Muss er dann nicht erst genau die Formbarkeit bestimmen, damit er überhaupt definieren kann, was soziales System ist?“

          Luhmann vertritt eine hoch abstrakte Theorie sozialer Systeme, in dem einzelne Menschen gar nicht vorkommen, nur Prozesse.

        • @Christian mit Bezug auf LoMi:

          Piaget ist aus verschiedenen Gründen wichtig: zum einen hat Habermas damit die ältere Kritische Theorie umgebaut, indem er Freud durch Piaget ersetzt hat, zum anderen gibt es mindestens Georg W. Oesterdiekhoff und Günter Dux, die sich direkt auf ihn beziehen. Der Punkt ist nur: da es sich um eine Adaption der kognitiven Entwicklungspsychologie handelt, ist das für Biologen wahrscheinlich wenig ergiebig, weil der ganze emotionale Bereich, der im Zusammenhang mit hormoneller Steuerung u. dgl. interessant ist, außen vor bleibt.

          Wobei Dux sich in zwei Büchern (»Die Spur der Macht im Verhältnis der Geschlechter«, 1992, und »Geschlecht und Gesellschaft«, 1994) immerhin intensiv mit dem Geschlechterthema auseinander gesetzt hat – leider ist das recht sperrig zu lesen. Aber immerhin versucht er ganz ausdrücklich, die Lage des Menschen »im Anschluss an die Naturgeschichte« zu untersuchen.

          Bourdieu wiederum ist eher konstruktivistisch, und gerade beim Thema der Geschlechtsrollen (das hat crumar mal dargelegt) so stark an seinen Fallbeispielen aus der algerischen Ethnographie (wo es eben stark kulturell geprägte Geschlechtsrollen gibt) orientiert, dass er von Gender-Argumentationen kaum zu unterscheiden ist. Was schade ist, da er bei anderen Themen ein brillanter Soziologe war.

          Ansonsten pflichte ich LoMi bei: die praktische Relevanz biologischer Theorien ist in vielen Anwendungsfällen des Faches nicht gegeben.

        • „Aspekt von Herrschaftsverhältnissen“
          Nein. Von SYMBOLISCHEN Herrschaftsverhältnissen. Das ist übertragen auf die WIrklichkeit etwas ganz anderes.

      • @ Christian

        „Bourdieu, Adorno, Foucault, Luhmann“

        Während seines Aufenthalts in den USA hat Adorno dies nicht vertreten. In der mit Horkheimner zusammen geschriebenen „Dialektik der Aufklärung“ heißt es an einer Stelle ja sogar ausdrücklich:

        „(…) mit der Verleugnung der Natur im Menschen wird nicht bloß das Telos der auswendigen Naturbeherrschung sondern das Telos des eigenen Lebens verwirrt und undurchsichtig.
        In dem Augenblick, in dem der Mensch das Bewusstsein seiner selbst als Natur sich abschneidet, werden alle die Zwecke, für die er sich am Leben erhält, der gesellschaftliche Fortschritt, die Steigerung aller materiellen und geistigen Kräfte, ja, Bewusstsein selber, nichtig (…)“.

        (Max Horkheimer & Theodor W. Adorno – Dialektik der Aufklärung, S. 61 f.)

        Später als er wieder in Deutschland war, driftete Adorno dann aber leider trotzdem in einigen Stellungnahmen in eine Verteidigung des „Blank Slate“-Menschenbildes ab – ich vermute, es fiel ihm in Deutschland aufgrund des Mißbrauchs der Biologie durch die Nazis psychologisch schwer, sich in anthropologischer Hinsicht positiv auf biologische Aspekte zu beziehen.

        An sich spielt die Idee einer menschlichen Natur in der Kritischen Theorie aber eine wichtige Rolle bei ihrem Versuch der Rekonstruktion des Versuchs der Naturbeherrschung durch den Menschen, was in der Kritischen Theorie ausdrücklich nicht nur die äußere Natur, sondern auch die innere Natur des Menschen einschließt.

        • „Folgende würde ich so ad hoc zB durchaus dem SSSM zurechnen: Bourdieu, Adorno, Foucault, Luhmann“ Das lässt sich tatsächlich bei allen vieren nicht halten.

          Bourdieu hat in seiner Schrift zur männlichen Herrschaft tatsächlich die Geschlechter als soziale Konstruktionen vorgestellt. Insgesamt wirkt der Text ausgesprochen opportunistisch – er redet gängigen Gender-Theorien das Wort, ohne sich aber ernsthaft mit ihnen auseinanderzusetzen.

          Als „opportunistisch“ nehme ich den Text wahr, weil Bourdieus sonstige Theorie nicht von einem „Blank Slate“ ausgeht. Sein zentraler Begriff des „Habitus“ setzt eben nicht voraus, das Verhalten beliebig formbar und unformbar ist. Übrigens hat der Begriff einen Vorläufer, Deweys Begriff des „habit“, den der in einer intensiven Auseinandersetzung mit Darwins Theorie entwickelt hat. Insbesondere in Deweys Schrift „Human Nature and Conduct“ – wie lässt sich die Entwicklung intelligenten Verhaltens erklären, wenn wir Menschen als Teil der Natur verstehen?

          Zu Adorno hat Leszek ja oben schon ein wichtiges Zitat gebracht. Da könnte ich noch hinzufügen, dass das Zitat nicht einen isolierten Gedanken wiedergibt, sondern einen Grundgedanken der ganzen „Dialektik der Aufklärung“. Wir lernen, die Natur zu beherrschen, auch unsere eigene – aber der Preis dafür ist eben die Selbst-Beherrschung. Das Verdrängen der Natur habe nicht etwa die Konsequenz, dass wir in einer großen, vernunftbestimmten Freiheit leben können – sondern dass wir in Zwängen leben, die wir selbst geschaffen haben. Kann man richtig oder falsch finden, aber es ist ganz gewiss kein Blank Slate-Ansatz.

          Foucault hat wie kaum ein anderer Theoretiker die Körperlichkeit von Menschen zum Thema. Interessant wird er für heutige Gender-Theorie nicht etwa durch eine Behauptung eines Blank Slate (die gibt es bei ihm nicht), sondern durch einen sehr umfassenden Macht-Begriff und durch einen Gestus der Entlarvung von Herrschaftsformen in vorgeblich zivilen Strukturen. Die urspüngliche, rabiate körperliche Zurichtung von Menschen sei sukzessive ersetzt worden durch eine subtilere, aber umfassender Herrschaft, die darauf baut, dass Menschen äußere Herrschaftsformen in ihr Verhalten internalisieren. Er stellt hier zu Beginn von „Überwachen und Strafen“ der harten körperlichen Folter das „modernere“ panoptische Gefängnis gegenüber, in dem die Gefangenen sich in jedem Moment kontrolliert wussten, weil sie von einem zentralen Ort aus jederzeit sichtbar waren. Aus meiner Sicht ist Foucault kein Gegenmodell zu einer evolutionsbiologischen Sichtweise, sondern eher zu der wesentlich optimistischer gestimmten Zivilisationstheorie von Norbert Elias, die ich – nebenbei bemerkt – wesentlich treffender finde.

          Luhmann schließlich beschreibt autopoietische, also selbstbezügliche Systeme, die dadurch Stabilität gewinnen, dass sie nur eben die Informationen verarbeiten, die nach ihrer Binnenlogik überhaupt verarbeitBAR sind. Das heißt, bei ihm stellt sich notorisch das Problem, wie denn eigentlich verschiedene Systeme miteinander verschaltet werden können. Natürlich ist dabei das biologische System schlecht mit anderen Systemen, etwa dem Erziehungssystem, zu kombinieren – aber das ist kein spezifisches Problem, das nur die Biologie beträfe.

          Zusammenfassend kann man sagen, dass alle Theoretiker – wie auch alle mir bekannten anderen Soziologen – tatsächlich davon ausgehen, dass es so etwas wie einen reinen Blick auf eine reine, unberührte Natur nicht gibt. Unsere Sichtweise ist immer schon sozial geprägt, und wenn wir uns mit der Natur von Menschen bzw. den Menschen ALS Natur beschäftigen, dann haben wir immer Menschen vor uns, die schon sozial geprägt wurden. Finde ich absolut schlüssig.

          Das führt ausdrücklich NICHT zu dem Schluss, empirische Forschung sei nicht möglich – WIE sie möglich ist, war z.B. die wesentliche Frage im sogenannten „Positivismusstreit“ der Sozialwissenschaften mit den Hauptkontrahenten Popper und Adorno. Ich würde übrigens Poppers Position der Adornos klar vorziehen, aber das tut hier weiter gar nichts zur Sache.

          So bleibt eigentlich nur der Vorwurf, dass die erwähnten Soziologen keine Evolutionssoziologen waren. Das kann man aber auch nicht erwarten – man würde einem Bäcker ja auch nicht den Vorwurf machen, dass er keine Schnitzel oder Bücher verkauft. Insgesamt finde ich in einigen Diskussionen hier, mehr noch in Texten von Danisch (obwohl der oft sehr interessante Informationen bringt) das pauschale Ressentiment gegenüber Soziologen als äußerst nachteilig. Es gehört zu diesem Ressentiment, einfach mal ein „Standard-Modell“ zu unterstellen, das eigentlich keiner vertritt.

          Eigentlich ist es eine Position, die (auch von mir) Feministinnen oft zum Vorwurf gemacht wird: Immer schon vorher zu wissen, das bestimmte Texte und Positionen grundlegend beschissen seien, und es daher gar nicht nötig zu finden, sich noch eingehend mit ihnen auseinanderzusetzen. Ein Ressentiment, das um sich selbst kreist.

          • @schoppe

            „Zusammenfassend kann man sagen, dass alle Theoretiker – wie auch alle mir bekannten anderen Soziologen – tatsächlich davon ausgehen, dass es so etwas wie einen reinen Blick auf eine reine, unberührte Natur nicht gibt. Unsere Sichtweise ist immer schon sozial geprägt, und wenn wir uns mit der Natur von Menschen bzw. den Menschen ALS Natur beschäftigen, dann haben wir immer Menschen vor uns, die schon sozial geprägt wurden. Finde ich absolut schlüssig.“

            Das klingt etwas wie eine Abgrenzung des „integrierten Modells“ von einem „biologischen Modell“ (statt einem SSSM), also sozusgen in die andere Richtung.
            Da würde ich ja auch mitgehen: Einen nicht sozial geprägten menschen wird man nicht finden. Aber die Frage ist ja dabei, was alles dabei der soziale Anteil ist

        • @ Christian „Das klingt etwas wie eine Abgrenzung des “integrierten Modells” von einem “biologischen Modell” (statt einem SSSM), also sozusgen in die andere Richtung.“ Ja, in meinen Augen lässt sich das so verallgemeinern (um auch auf Roslins Vorwurf unten einzugehen, hier würde nur mit einem Moving-Target-Trick hantiert und behauptet, dass es „die“ Soziologie gar nicht gäbe).

          Das bedeutet übrigens nicht, dass Soziologen allesamt ungeheuer aufgeschlossen und wissbegierig in andere Fachrichtungen schauen würden – nur ist eben die soziologische Ignoranz gegenüber der Biologie, wo es sie gibt (was oft ist), eher eine unspezifische Ignoranz von Akademikern einer bestimmten Fachrichtung gegenüber den Themen und Erkenntnissen anderer Fachrichtungen. Es ist keine spezifisch soziologische Ignoranz, die mit einem spezifisch soziologischen „Standardmodell“ erklärt werden müsste.

          Es bleibt gleichwohl die Frage, warum hier gegen gender-politische Verkürzungen so selten offen Position bezogen wird. Vermutlich haben viele Männer einfach Angst, als Machos hingestellt zu werden, die nur ihre Privilegien verteidigen wollen. Und DAS wäre in soziologischen Kontexten, in denen ein kritisches Verhältnis zu Herrschaft i.d.R. zum guten Ton gehört, tatsächlich ein besonderes Problem.

    • @ LoMi

      Auch wenn Foucault und Adorno von ihrer Ausbildung her keine Soziologen waren, lässt sich aber nun nicht ernsthaft leugnen, dass sie sich viel mit soziologischen und soziologierelevanten Themen befasst haben und faktisch als Klassiker der Soziologie gelten.
      Diesbezüglich sollte man m.E. nicht päpstlicher sein als der Papst. 🙂

      • Foucault hat einen gewissen Einfluss. Adorno halte ich dagegen für wenig bedeutend in der Soziologie. Ich habe ihn gerne gelesen, aber soziologisch finde ich ihn nicht relevant.

        • @LoMi:

          »Adorno halte ich dagegen für wenig bedeutend in der Soziologie. Ich habe ihn gerne gelesen, aber soziologisch finde ich ihn nicht relevant.«

          Die »Studien zum autoritären Charakter« sind soziologisch nicht relevant?

        • Djadmoros

          „Die »Studien zum autoritären Charakter« sind soziologisch nicht relevant?“

          Aus meiner Sicht sind sie nicht relevant. Ja. Meine Meinung ist in der Soziologie freilich noch nicht kanonisiert ^^

          Aber ich finde Adorno schlicht unsoziologisch in vielen Punkten. Deshalb orientiere ich mich bei seiner Einordnung auch nicht an der Kanonik der Soziologiegeschichte, sondern an seiner Vorstellung von Handeln und Gesellschaft.

      • @ LoMi

        „Adorno halte ich dagegen für wenig bedeutend in der Soziologie. Ich habe ihn gerne gelesen, aber soziologisch finde ich ihn nicht relevant.“

        Adorno wurde 1963 sogar zum Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Soziologie gewählt (vgl. Stefan Müller-Doohm – Theodor Adorno, in: Dirk Kaesler (Hrsg.) – Klassiker der Soziologie, S. 57)
        Es stimmt allerdings, dass sich nur ein etwas kleinerer Teil seiner Schriften mit Soziologie im engeren Sinne befasst. Von den 20 Bänden seiner Gesammelten Schriften befassen sich 8 Bände mit Musiktheorie und Musikanalyse, 7 Bände sind der Philosophie zuzurechnen und nur 3 Bände – ergänzt durch zwei Halbbände – der Soziologie (vgl. Stefan Müller-Doohm – Theodor Adorno, in: Dirk Kaesler (Hrsg.) – Klassiker der Soziologie, S. 51 f.)

        Trotzdem kann nicht bestritten werden, dass die Kritische Theorie soziologiegeschichtlich – und das völlig zu Recht – eine bedeutende Richtung der Soziologie darstellt, auch wenn sie in der zeitgenössischen Soziologie – leider – nur noch wenig Einfluss hat.

        Die erste Generation der Kritischen Theorie waren zudem Pioniere der empirischen Sozialforschung in Deutschland. Sie importierten mit als erste die in den USA neu entwickelte Formen der empirischen Sozialforschung und später im Exil in den USA bildeten sie sich diesbezüglich weiter.

        Und es waren, was die 1. Generation der Kritischen Theorie angeht – entgegen der Lügenpropaganda von Roslin – primär Adorno und Horkheimer und nicht Marcuse, an deren Werk sich spätere soziologische Vertreter der Kritischen Theorie orientierten.
        Adorno und Horkheimer sind daher eindeutig als Klassiker der Soziologie anzusehen. Für den in der Soziologie eher wenig rezipierten Marcuse, der heutzutage überhaupt keine Bedeutung mehr hat, gilt dies allerdings nicht.

        • „Trotzdem kann nicht bestritten werden, dass die Kritische Theorie soziologiegeschichtlich – und das völlig zu Recht – eine bedeutende Richtung der Soziologie darstellt“

          Ich bestreite das vehement. Allein schon der Name macht offensichtlich, dass es sich bei der „Kritischen Theorie“ um nicht viel mehr als ein ideologisch abgeschottetes Denkmodell handelt.

        • Ich finde Adorno in weiten Teilen unsoziologisch. Aber ideologisch abgeschottet, das ist so nicht richtig. Er taugt schon mal gar nicht als „Kulturmarxist“. Oder gar als Verfechter einer Umerziehung.

          Dass er als Philosoph einen ausgewiesen normativen Standpunkt hat, ist ihm kaum anzukreiden, was wäre er sonst für ein Philosoph, wenn er nicht von Werten spräche.

        • @ LoMi
          Ich habe nicht gesagt das Adorno, sondern dass die Krititsche Theorie ideologisch abgeschottet ist. Obwohl ich mich nicht entsinnen kann, dass Adorno jemals irgendetwas relevantes zu Papier gebracht hat.

        • „Obwohl ich mich nicht entsinnen kann, dass Adorno jemals irgendetwas relevantes zu Papier gebracht hat.“

          Hat er aber. Die „Dialektik der Aufklärung“ ist ein gutes Buch. Unter anderem plädiert er da ganz massiv auf den Verzicht von Lehren, die das Ende der Geschichte schon kennen wollen (etwa die marxistische Lehre). Denn eine solche Lehre würde die individuelle Freiheit der Menschen aufheben und sie zu Massenwesen machen, weil sie dann einer Einheitspolitik unterworfen werden würden.

          Adorno taugt schon deshalb so gar nicht als Kulturmarxist (@Roslin). Die Passagen des Buches zu diesem Thema sind vielmehr sehr liberal.

        • @ Adrian

          „Ich bestreite das vehement. Allein schon der Name macht offensichtlich, dass es sich bei der “Kritischen Theorie” um nicht viel mehr als ein ideologisch abgeschottetes Denkmodell handelt.“

          Dann magst du wohl auch den Kritischen Rationalismus nicht, oder?

          Du müsstest deine Kritik am Kritikbegriff der Kritischen Theorie, der ja wiederum recht komplex ist und mehrere Dimensionen umfasst, schon etwas präzisieren.

          Dass die Kritische Theorie ein „ideologisch abgeschottetes Denkmodell“ ist, ist zudem Blödsinn. Schon die starke interdisziplinäre Ausrichtung, der Umstand dass Adorno und Horkheimer Dogmatismus stets abgelehnt haben und die beständige Weiterentwicklung ihrer Sichtweisen spricht dagegen.
          Ich kenne außerdem zwei zeitgenössische Vertreter der Kritischen Theorie persönlich – von ideologischer Abschottung kann da überhaupt keine Rede sein.

        • Keine, die „Dialektik der Aufklärung“ ist barer Unsinn, und es ist tragisch, dass ein dermaßen schlechtes Buch so hohes Ansehen genießt, vor allem bei Sozal- und Geisteswissenschaftlern.

        • „die “Dialektik der Aufklärung” ist barer Unsinn“

          Warum ist das Buch barer Unsinn? Das müsstest Du schon ausführlicher begründen.
          Die Plädoyers gegen eine teleologische Geschichtsphilosophie sind meiner Meinung nach zutreffend und hochaktuell und böten auch Munition für eine Feminismuskritik, weil sich das Buch hier gegen eine Ideologisierung des Menschen richtet. Damit sei der Mensch in seiner Veränderlichkeit nicht erfasst.

        • „Dann magst du wohl auch den Kritischen Rationalismus nicht, oder?“

          Durchaus, denn dieser enthält eine absolut verständliche und für jedermann nachvollziehbare und überprüfbare These. Im Gegensatz zum Geschwurbel der Kritischen Theorie, der nur für studierte Geisteswissenschaftler verständlich ist.

        • @Adrian:

          »Allein schon der Name macht offensichtlich, dass es sich bei der “Kritischen Theorie” um nicht viel mehr als ein ideologisch abgeschottetes Denkmodell handelt.«

          Ach komm, so simplistisch denkst Du doch sonst nicht! Solche Vorurteile erheischen einen therapeutischen Diskurs, keinen philosophischen! 🙂

        • Ich poste hier mal einen Text über die „Dialektik der Aufklärung“ aus dem dritten Band von Leszek Kolakowskis „Hauptströmungen des Marxismus“, weil er besser formuliert, als ich das könnte.

          „Allgemein gesprochen, ist der Begriff der »Aufklärung« ein phantastisch zusammengeflickter, unhistorischer Bastard, der sich aus allem zusammensetzt, was die Autoren empört: Positivismus, Logik, deduktive Wissenschaften, empirische Wissenschaften, Kapitalismus, Herrschaft des Gelds, Massenkultur, Liberalismus und Faschismus. ….
          wir kennen diese Kritik aus den Schriften Tocquevilles, Renans, Burckhardts, Nietzsches. Das Neue an der Kritik Horkheimers und Adornos ist, dass diese Angriffe verbunden werden mit einem Angriff auf den Positivismus und die Wissenschaft und dass die Wurzel des Übels – mit Marx – in der Arbeitsteilung und »Verdinglichung« der Welt durch die Herrschaft des Tauschwerts gesucht wird. Doch gehen die Autoren noch weiter als Marx: Allgemein gesprochen, ist der Begriff der »Aufklärung« ein phantastisch zusammengeflickter, unhistorischer Bastard, der sich aus allem zusammensetzt, was die Autoren empört: Positivismus, Logik, deduktive Wissenschaften, empirische Wissenschaften, Kapitalismus, Herrschaft des Gelds, Massenkultur, Liberalismus und Faschismus.
          Es stimmt ebenfalls, dass die wissenschaftliche Forschung selbst keine Ziele hervorbringt. Das stimmt auch dann, wenn man annimmt, dass gewisse Werturteile implizit in den Regeln selbst enthalten sind, die besagen, unter welchen Bedingungen gewisse Behauptungen oder Hypothesen ein Bestandteil der Wissenschaft sind. Die Ansprüche an ein wissenschaftliches Verfahren werden natürlich nicht schon dadurch verletzt, dass der Forscher etwas entdecken möchte, was gewissen praktischen Zielen dient, dass seine Interessen von praktischen Überlegungen inspiriert sind. Diese Ansprüche werden dagegen vergewaltigt, wenn man unter dem Vorwand, die Dichotomie von Tatsachen und Werten »überwinden« zu wollen (die Frankfurter Schule und im Übrigen ein beträchtlicher Teil der marxistischen Literatur pocht unablässig darauf, eben diese Dichotomie überwunden zu haben), die wissenschaftliche Wahrheit den Kriterien irgendeines Interesses unterordnet.

          Die Regeln der empirischen Forschung wurden im europäischen Denken, beginnend mit dem späten Mittelalter, in Jahrhunderten entwickelt. Dass die Entstehung dieser Regeln irgendwie mit der Ausbreitung der Warenwirtschaft zusammenhing, ist möglich, wenn auch keineswegs bewiesen, und die Anhänger der »Kritischen Theorie« geben in dieser Frage wie in der Mehrheit der anderen Fragen lediglich haltlose Versicherungen ab, die durch keine historische Analyse gestützt werden. Sollte jedoch tatsächlich ein solcher historischer Zusammenhang bestehen, so folgt daraus noch immer nicht, dass diese Regeln ein Instrument des »Warenfetischismus« sind und die Herrschaft des Kapitals aufrechterhalten; diese letztere Behauptung ist sogar schlichter Unsinn. Die genannten Autoren scheinen zu glauben, dass es, und sei es potentiell, eine andere Wissenschaft gibt, welche den Forderungen der Menschlichkeit gerecht wird, doch können sie nichts über sie sagen. Letzten Endes ist ihre Kritische Theorie weniger eine Theorie als vielmehr ein Lobpreis der Theorie, eine allgemeine Versicherung, dass theoretisches Denken sehr wichtig sei (eine kaum kontroverse These), und eine Forderung, sich zu der bestehenden Gesellschaft kritisch zu verhalten und sie gedanklich zu »transzendieren«. Diese letztere Forderung hätte jedoch nur dann Sinn, wenn sie sagen könnten, wohin genau wir das Bestehende zu transzendieren haben, doch gerade das erfahren wir nicht; diesbezüglich – es muss wiederholt werden – ist der orthodoxe kommunistische Marxismus inhaltlich bestimmter, da er zumindest versichert, dass, wenn erst die Produktionsmittel verstaatlicht sind und die Herrschaft der kommunistischen Partei errichtet ist, nur noch technische Einzelheiten auf dem Wege zum allgemeinen Glück und zur allgemeinen Befreiung zu lösen sind. Diese Empfehlungen wurden zwar durch Erfahrungen völlig widerlegt, haben aber den Vorzug, dass man weiß, um was es bei ihnen geht.

          Die »Dialektik der Aufklärung« und viele andere Werke der Frankfurter Schule enthalten eine ganze Reihe überzeugender Bemerkungen zur Kommerzialisierung der Kunst in den Industriegesellschaften und zur Ärmlichkeit der den Forderungen des Markts unterworfenen künstlerischen Produktion. Die Autoren behaupten jedoch, dass gerade aufgrund dieser Situation sowohl die Kunst insgesamt als auch die Qualität der ästhetischen Erfahrungen, an denen alle Menschen teilhaben können, herabgesunken sei. Diese Behauptung ist indessen überaus zweifelhaft. Wenn es einen solchen Niedergang tatsächlich gegeben hat, muss man annehmen, dass beispielsweise die Dorfbewohner des 18. Jahrhunderts irgendwelche höheren Formen der Kultur genossen haben, um dann durch die Ausbreitung des Kapitalismus dieser Werte beraubt und zur Betrachtung der primitiven Produkte einer vervielfältigten Massenkunst gezwungen zu werden; es ist jedoch nicht sicher, dass die kulturelle Beteiligung von Dorfbewohnern des 18. Jahrhunderts -also die Beteiligung an kirchlichen Zeremonien, Volkstänzen und volkstümlichen Spielen – ihnen höhere Werte vermittelte, als Arbeiter von heute, vor dem Fernseher sitzend, sie erreichen. Die sogenannte »höhere« Kultur ist keineswegs untergegangen, sondern unvergleichlich viel leichter zugänglich geworden als irgendwann zuvor und wird mit Sicherheit von mehr Menschen genossen; dass aber die Umwälzungen, die im 20. Jahrhundert in den Formen dieser Kunst eingetreten sind, sich letzten Endes mit der Herrschaft des Tauschwerts erklären lassen, ist eine wenig überzeugende Behauptung.

          Adorno, der sich in seinen verschiedenen Schriften vielfach zum Niedergang der Kunst geäußert hat, scheint im übrigen der Ansicht zu sein, dass ihre gegenwärtige Lage ausweglos sei, dass also die Kunst nicht wisse, woher sie die Kräfte schöpfen soll, die es ihr erlauben würden, ihrer Berufung gerecht zu werden; auf der einen Seite haben wir die affirmative Kunst, welche die bestehende Kultur akzeptiert und dort Ordnung vortäuscht, wo nur Chaos ist (z. B. Strawinsky), andererseits Versuche des Widerstands gegen die Realität, die jedoch, da sie nicht in der Welt verwurzelt sind, sogar das Genie zum Eskapismus zwingen und es dazu bringen, sich in dem sich selbst genügenden Bereich des eigenen künstlerischen Materials einzuschließen (Schönberg). Die künstlerische Avantgarde ist Negation, aber mehr kann sie, zumindest derzeit, nicht sein; insofern ist sie – anders als die Massenkunst und die affirmative, betrügerische Kunst – die Wahrheit unserer Zeit, allerdings eine düstere Wahrheit, in der sich die Ausweglosigkeit der ganzen Kultur ausdrückt. Das letzte Wort der Kulturtheorie Adornos scheint zu sein, dass er Protest für notwendig und gleichzeitig für ohnmächtig hält. Eine Rückkehr zu den Werten vergangener Zeiten ist unmöglich, die gegenwärtig herrschenden Werte sind ein Anzeichen der Verrohung und des Niedergangs des Geistes, und neue Werte gibt es nicht, abgesehen von der Geste totaler Negation, die gerade durch ihren totalen Charakter inhaltslos ist.

        • @ El Mocho

          * die wissenschaftliche Wahrheit den Kriterien irgendeines Interesses unterordnet.*

          Nennt man auch Wunschdenken, eine mächtige Form der menschlichen Dummheit.

        • El Mocho

          „was die Autoren empört: Positivismus, Logik, deduktive Wissenschaften, empirische Wissenschaften, Kapitalismus, Herrschaft des Gelds, Massenkultur, Liberalismus und Faschismus.“

          Das kann so nicht zutreffen. Wie Leszek (also unserer) treffend ausführte, hatte Adorno einen wesentlichen Anteil daran, empirische Sozialforschung zu entwickeln und zu betreiben. Wie kann ihn also empirische Wissenschaft empören? Und wie Logik? Das ist widersprüchlich und hier scheint Kolakowski doch zu weit zu gehen.

          „Letzten Endes ist ihre Kritische Theorie weniger eine Theorie als vielmehr ein Lobpreis der Theorie, eine allgemeine Versicherung, dass theoretisches Denken sehr wichtig sei (eine kaum kontroverse These), und eine Forderung, sich zu der bestehenden Gesellschaft kritisch zu verhalten und sie gedanklich zu »transzendieren«. Diese letztere Forderung hätte jedoch nur dann Sinn, wenn sie sagen könnten, wohin genau wir das Bestehende zu transzendieren haben, doch gerade das erfahren wir nicht;“

          Daran stimmt nur die erste Hälfte. Ja, gedankliches Transzendieren ist wichtig. Aber nein, es ist laut Adorno grundfalsch, schon jetzt ein Ziel dieses Denkens zu benennen, denn die Geschichte ist offen bzw. muss offenbleiben, damit der Mensch sich frei entfalten kann und nicht zum Knecht einer Ideologie wird. Damit wendet sich Adorno auch ab von einer marxistischen Geschichtslehre, nach dem das Ziel der Geschichte der Kommunismus ist. Transzendieren heißt dann, das Neue zuzulassen, aber das Neue kann man jetzt noch nicht kennen, es zeigt sich erst in der Zukunft. Dies könnte man auch auf Wissenschaft münzen, die schließlich innovativ sein soll, uns also in der Zukunft überraschen können muss, auch weil man Forschungsergebnisse nicht vorfestlegen kann.

          Linke Kritiker haben es ebenso gesehen wie Kolakowski und Adorno vorgeworfen, ohne ein Konzept der Gestaltung einer „guten“ Gesellschaft zu operieren. Er hat aber hauptsächlich für Freiheit und Entfaltung votiert, weshalb man nicht heute schon Menschen auf Ziele in der Zukunft verpflichten kann, was sie unweigerlich daran hindern würde, eigene Ziele zu entwerfen.

        • @ El Mocho

          *ist der orthodoxe kommunistische Marxismus inhaltlich bestimmter, da er zumindest versichert, dass, wenn erst die Produktionsmittel verstaatlicht sind und die Herrschaft der kommunistischen Partei errichtet ist, nur noch technische Einzelheiten auf dem Wege zum allgemeinen Glück und zur allgemeinen Befreiung zu lösen sind. Diese Empfehlungen wurden zwar durch Erfahrungen völlig widerlegt, haben aber den Vorzug, dass man weiß, um was es bei ihnen geht.*

          Das unterscheidet ihn eben vom Kulturmarxismus der Frankfurter Schule, macht ihn so unangenehm und wenig anschlussfähig für „moderne“ Konsum-/Finanzkapitalisten, im Gegensatz zum Kulturmarxismus der Frankfurter Schule.

        • @ El_Mocho

          Dass Kolakowski spätestens im dritten Band der „Hauptströmungen des Marxismus“ – die in seine konservativ-antimarxistische Phase fallen – nicht mehr besonders um Objektivität bemüht ist, deutet er ehrlicherweise am Anfang des 3. Bandes selbst an:

          „Eine andere Schwierigkeit bestand darin, dass ich nicht den den wünschenswerten Abstand von meinen Themen gewinnen konnte.“ (Vorwort S. 9)

          Die Kapitel zur Kritischen Theorie vermischen zutreffende Darstellungen und plausible Kritik auf eine Weise mit undifferenzierten und unsachlichen Behauptungen, teils auch Falschdarstellungen, die für einen Leser, der sich mit dem Thema wenig auskennt, schwer zu durchschauen sind.

          An einer Stelle kolportiert Kolakowski sogar den konservativen Mythos Adorno und Horkheimer hätten Konservative mit Faschisten gleichgesetzt – was sich vermutlich auf die konservative Propagandalüge bezieht, in den „Studien zum autoritären Charakter“ ginge es darum, dass Konservative als Faschisten dargestellt würden.
          In Wahrheit wird in diesem Buch zwischen Konservatismus und Pseudo-Konservatismus unterschieden und nur der Pseudo-Konservatismus wird mit dem autoritären Charakter in Beziehung gesetzt.
          Der späte Horkheimer hat außerdem immer wieder den Konservatismus verteidigt.

          Wenn Adorno in der „Negativen Dialektik“ eine Verabsolutierung von allem – auch der Logik – kritisiert, macht Kolakowski daraus, Adorno würde sich für das Verwerfen der Logik einsetzen.

          Bei Kolakowski hört es sich an manchen Stellen so an, als sei mit der Kritik der instrumentellen Vernunft in der Kritischen Theorie eine Verwerfung von Logik und empirischen Wissenschaft gemeint – klar falsch, da die von ihm kritisierten Autoren wie bereits erwähnt selbst Pioniere der empirischen Sozialforschung waren und auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland empirische Sozialforschung betrieben haben.
          Das schwierige philosophische und wissenschaftstheoretische Thema des Konfliktes zwischen Tatsachen und Werturteilen wollte die Kritische Theorie weder durch Verfälschung der Tatsachen, noch durch Verzicht auf Werturteile auflösen.

          Speziell das Kapitel über Marcuse unterscheidet sich in seinen (gewollten) Einseitigkeiten und Falschdarstellungen z.T. wenig von den unseriösen Ergüssen mancher rechter US-Ideologen – mit dem Unterschied, dass Kolakowski zumindest klar betont, dass Marcuses Einfluss in den siebziger Jahren weitgehend erloschen ist (S. 431) und weit davon entfernt ist aus seinem irrationalen Hass auf Marcuse eine Verschwörungstheorie zu stricken.

          Kolakowski ist als konservativer Kritiker der Kritischen Theorie eindeutig NICHT antisemitisch motiviert und es wäre verfehlt ihn mit den durchgeknallten Ideologen der US-amerikanischen Rechten auf eine Stufe zu stellen – einige seiner Kritikpunkte sind auch bedenkenswert, aber zu einer durchgehend sachlichen und seriösen Kritik vermochte er sich hierbei leider nicht aufzuraffen.

        • Logik: „die jüngste Logik denunziert die geprägten Worte der Sprache als falsche Münzen, die man besser durch neutrale Spielmarken ersetzt. Die Welt wird zum Chaos und Synthesis zur Rettung. Kein Unterschied soll sein zwischen dem Totemtier, den Träumen des Geistersehers und der absoluten Idee. Auf dem Weg zur neuzeitlichen Wissenschaft leisten die Menschen auf Sinn Verzicht.“ (DdA, S.7)

          „Die formale Logik war die große Schule der Vereinheitlichung. Sie bot den Aufklärern das Schema der Berechenbarkeit der Welt.“ (a.a.O., S. 8)

          „Die Allgemeinheit der Gedanken, wie die diskursive Logik sie entwickelt, die Herrschaft in der Sphäre des Begriffs, erhebt sich auf dem Fundament der Herrschaft in der Wirklichkeit.“ S. 11

          Wissenschaft: „Auf dem Weg zur neuzeitlichen Wissenschaft leisten die Menschen auf Sinn Verzicht. Sie ersetzen den Begriff durch die Formel, Ursache durch Regel und Wahrscheinlichkeit.“ S. 7

          „Der Mann der Wissenschaft kennt die Dinge, insofern er sie machen kann. Dadurch wird ihr An sich Für ihn. In der Verwandlung enthüllt sich das Wesen der Dinge immer als je dasselbe, als Substrat von Herrschaft.“ S. 9

          „Noch die deduktive Form der Wissenschaft spiegelt Hierarchie und Zwang.“ S. 14

          Und so geht es durch das ganze Buch weiter, alles nur Metaphern und Unterstellung von Zusammenhängen; nirgendwo wird etwa ein Beispiel gegeben, dass die Aufklärer sich irgendwo im Sinne des Faschismus geäußert hätten, aber der Faschismus ist für Adorno eine Frucht der Aufklärung. Nachweisen lässt sich hingegen sehr leicht, dass die Faschisten sich immer auf die Gegner der Aufklärung berufen haben.

        • @ Roslin

          „Das unterscheidet ihn eben vom Kulturmarxismus der Frankfurter Schule, macht ihn so unangenehm und wenig anschlussfähig für “moderne” Konsum-/Finanzkapitalisten, im Gegensatz zum Kulturmarxismus der Frankfurter Schule.“

          Doof nur, dass deine Lügen auch bei fortgesetzter Wiederholung nicht wahrer werden.

          Die Kritische Theorie der ersten Generation der Frankfurter Schule beruhte auf der Analyse und Kritik des Kapitalismus von Karl Marx. Diese ökonomische Dimension war für die Kritische Theorie immer wichtig und ist es auch bei zeitgenössischen Vertretern der Kritischen Theorie (soweit sie sich noch als Marxisten und nicht als Linksliberale verstehen).

          Dass zeitgenössische Vertreter der Kritischen Theorie einen Schwerpunkt auf die Analyse und Kritik des neoliberalen Kapitalismus legen, ist leicht durch ihre Schriften belegbar und daher besteht keine Vereinbarkeit mit Kapitalisten irgendwelcher Art:

          http://www.amazon.de/Kritische-Theorie-heute-Rainer-Winter/dp/3899425308/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1409661312&sr=1-1&keywords=kritische+theorie+heute

          http://www.amazon.de/kritischer-Gesellschaftstheorie-Traditionen-Perspektiven-kritischen/dp/3476018490/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1409661342&sr=1-1&keywords=kritische+theorie+traditionen

        • ‚El Mocho

          „nirgendwo wird etwa ein Beispiel gegeben, dass die Aufklärer sich irgendwo im Sinne des Faschismus geäußert hätten, aber der Faschismus ist für Adorno eine Frucht der Aufklärung“

          Hast Du das Buch wirklich gelesen? Wenn ja, müsstest Du wissen, dass Adorno/Horckheimer mit KEINEM Wort die Aufklärer bezichtigen, sich im Sinne des Faschismus geäußert zu haben. Nicht ein einziges Mal. Sie glauben lediglich, dass der Prozess der Aufklärung durch seine Radikalisierung sich tendenziell in sein Gegenteil verkehrt. Sie sind aber keine Gegner der Aufklärung und sie glauben auch nicht, dass die Aufklärer irgendwie die geistigen Wegbereiter der Nazis waren.

          Aber es war halt das aufgeklärte Deutschland, dass die industrielle Massenvernichtung betrieben hat, insofern kam ihnen der Gedanke, dass es wohl einen Zusammenhang gibt mit einer eher formalen, von jedem Wertbezug befreiten Technologie und dem entsprechenden brutalen Umgang mit Menschen.

          Im Grunde geht es nur darum, dass sich die Früchte wissenschaftlichen Denkens verselbstständigt haben in Wirtschaftssystemen, in Technik und in Bürokratie und dass die Menschen diesen Systemen eher dienen, als dass sie sich ihrer bedienen können. Das macht aber die Wissenschaft nicht an sich schlecht, sondern nur den Umgang mit ihr.

        • @ El_Mocho

          Es gibt außerdem einen wichtigen Satz im Vorwort der „Dialektik der Aufklärung“, den man m.E. nicht überlesen sollte:

          „Wir hegen keinen Zweifel (…), dass die Freiheit in der Gesellschaft vom aufklärenden Denken unabtrennbar ist.“ (S. 3)

          Adorno und Horkheimer haben das Buch als eine Kritik der Aufklärung vom Standpunkt der Aufklärung verstanden, gerade um einer „Selbstzerstörung der Aufklärung“ entgegenzuwirken:

          „Nimmt Aufklärung die Reflexion auf dieses rückläufige Moment nicht in sich auf, so besiegelt sie ihr eigenes Schicksal.“ (S. 3)

        • „Sie glauben lediglich, dass der Prozess der Aufklärung durch seine Radikalisierung sich tendenziell in sein Gegenteil verkehrt.“

          Das können sie ja glauben, aber sie stellen das in dem Buch als Tatsache hin, ohne es auch nur halbwegs plausibel machen zu können. Wie gesagt, nirgendwo in der Geschichte finden sich Hinweise auf diese Theorie, die Aufklärer haben die Französische Revolution gemacht und den Feudalismus beseitigt, sie haben die Folter und die Todesstrafe abgeschafft, ebenso die Sklaverei, sie haben die Menschenrechte verkündet und die Gleichberechtigung von Mann und Frau, aber das werden bei Adorno und Horkheimer (und übrigens auch bei dem unsäglichen Foucault) alles nur Fußnoten zum allgmeinen Programm der Kontrolle und Unterdrückung, das angeblich dahinterstand.

          Wirklich unfassbar, dass sich hochgebildete Menschen von diesem Unsinn beeindrucken lassen.

          Ünrigens, wer hat denn in Deutschland die Massenvernichtung betrieben, sind die Nazis jetzt auch schon Anhänger der Aufklärung gewesen?

        • Leszek, warum verteidigst du diese Idioten immer wieder? Das sind die Totengräber der Linken. Dass deren Theorien in der heutigen Linken vorherrschen, dass die Linke sich von der Tradition der Aufklärung abgewandt hat, ist Ursache für ihre politisch Schwäche.

          Wer ein unrealistisches Weltbild vertritt, kann auch nicht erfolgreich die Welt verändern.

        • El Mocho,

          Du solltest wenigstens lesen, was Leszek und ich dazu sagen.

          Wiederholt: Adorno hat nicht gesagt, die Aufklärer seien die Helfershelfer eines Unterdrückungssystems. Er hat auch nicht gesagt, dass Aufklärung schlecht ist. Im Gegenteil.

          Der Prozess der Aufklärung hat sich aber von seinen Zielen wegbewegt. Der Grund waren nicht die Aufklärer. Es waren auch nicht ihre aufklärerischen Ideen. Im Fortgang der Geschichte haben sich manche Dinge nur sehr verselbstständigt:

          Wir leben in einem Wirtschaftssystem, das wir nicht mehr beherrschen, es beherrscht uns. Dieses System fußt aber auf den Früchten der Aufklärung, nämlich der Technologie und der Betriebswirtschaftslehre. Das heißt aber nicht, dass dieses System im Geiste der Aufklärung errichtet worden ist oder von Aufklärern so gewollt wurde. Das heißt nur, dass die wissenschaftliche Vernunft hier neue Abhängigkeiten erzeugt hat. Man denke nur an Bürokratie: Das ist ein Fachleutesystem und in der Regel folgt es rationalen Überlegungen und Intentionen. Aber die Folge ist, dass die Bürokratie über uns herrscht und Vorschriften wichtiger sind als der Einzelne.

          Das ist der Punkt von Adorno.

          Wahre Aufklärung heißt für ihn eben auch freie individuelle Entscheidung.

          Dass sich die Sache so entwickelt hat, ist für Adorno keine Folge eines gezielten „Programms“, sondern ein Systemeffekt. Es ist so gekommen, ohne dass das einer zentral gesteuert oder gar so geplant hätte.

        • Am einfachsten kritisiert man „Liberale“ Adornokritiker inhärent. Z.b. den Schwätzer Herzinger, der gegen die „Dialektik der Aufklärung“ ähnlich kenntnisfrei polemisiert wie einige große Denker hier [http://freie.welt.de/2012/09/03/der-adorno-preis-und-die-wirrungen-der-dialektik/], und wo es ihm in den Kram passt dann genau deren Denkfiguren (der DdA) reproduziert [http://freie.welt.de/2012/12/15/das-rauchverbot-und-das-ende-burgerlicher-emanzipation/].

          http://sonntagsgesellschaft.wordpress.com/2013/05/11/herzchen-herzingers-lichte-momente/

        • @ El_Mocho

          Ich vertrete ja die Auffassung, dass jede geistige Tradition der Menschheit ihre wichtigen Teilwahrheiten und Errungenschaften besitzt.
          Dass ich irgendeine philosophische Strömung völlig verwerfe, kommt bei mir eigentlich fast nie vor.

          Außerdem habe ich beschlossen alle freiheitlich orientierten linken Strömungen gegen die unsachlichen „Kritiken“ von Konservativen wie Roslin oder Ratloser zu verteidigen.

          Mir ist selbstverständlich bewusst, dass du deine Kritiken von einem völlig anderen Standpunkt aus formulierst – und natürlich teile ich deine Kritik speziell am moralischen Relativismus, Wahrheitsrelativismus und anthropogischen Relativismus im Poststrukturalismus, aber für mich bleibt trotzdem noch genug übrig, dass davon abgesehen interessant und bedenkenswert ist.

          An der Kritischen Theorie habe ich insgesamt nicht allzuviel Kritik, am Poststrukturalismus schon etwas mehr.

          Was die Aufklärungskritik von Kritischer Theorie und frühem Poststrukturalismus angeht, finde ich es außerdem wichtig zu berücksichtigen, dass Adorno und Horkheimer versucht haben eine Kritik der Aufklärung vom Standpunkt der Aufklärung zu entwickeln, während die frühe Aufklärungskritik der französischen Poststrukturalisten viel undifferenzierter und extremer ausfiel. Auch die französischen Poststrukturalisten haben aber viele der extremen Positionen aus ihrer Anfangasphase später verworfen oder zumindest relativiert.

          Meine Kritik richtet sich primär gegen den politisch korrekten US-amerikanischen Poststrukturalismus, (der aber mit der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule ohnehin nichts zu tun hat).

        • ich habe die ausfuehrung unserer @soziologen bis hier her fast vollstaendig gelesen – thumbs up – mehr ertrage ich schlicht und ergreifend nicht. das ist ja gehirnerweichend. ihr bewegt euch ja staendig in einer art geistigem morast ohne jeden halt, ohne fixpunkte: ein zitat hier, gestern sagt es aber das gegenteil und der da ist ganz anderer meinung, ein dritter meint, dass dies voellig falsch interpretiert wird. ich werde ab jetzt gott jeden morgen danken, dass ich die naturwissenschaften und die mathematik liebe 🙂

          @lomi, dein vergleich mit dem baecker, der keine schnitzel verkaufen will, ist schlicht weg unpassend. ein soziologe, der sich nicht mit biologie beschaeftigen will, ist eher ein baecker, der beschliesst, dass ihn mehl nicht interessiert und er kuenftig beim backen darauf verzichtet. so schlimm ist das und so schmeckt es auch.

        • @ Adrian

          „Allein schon der Name macht offensichtlich, dass es sich bei der “Kritischen Theorie” um nicht viel mehr als ein ideologisch abgeschottetes Denkmodell handelt.“

          Hier mal ein Auszug für dich aus dem Vorwort eines aktuellen Buches von Vertretern der Kritischen Theorie. Du kannst es dir ja mal durchlesen und überlegen, ob sich das dogmatisch anhört. (Dass die Autoren eine andere politische Weltsicht haben als du ist freilich klar und kann kein ernsthafter Kritikpunkt sein.)

          „Eine Kritik der Kritik, also auch der Kritischen Theorie, sollte jederzeit möglich sein. Denn welchen Wert hätte Kritik, die sich jenseits aller Kritik wähnte oder darauf aus wäre, Gegenkritik im Vorfeld mundtot zu machen? Eine solche Kritik würde bald zum ideologischen Dogma erstarren und das Schicksal des sowjetischen Marxismus teilen, der nach der Revolution von 1917 nur noch die Selbstbestätigung zuließ.
          Wer sich heute weiterhin auf die Kritische Theorie Adornos und Horkheimers oder auf Habermas Theorie des kommunikativen Handelns beruft, der tut gut daran, Bachtin zu folgen und auf Gegenstimmen zu achten: nicht nur auf die Gegenstimmen Karl R. Poppers und Hans Alberts, die zu Recht vor den allen Theorien innewohnenden Immunisierungstendenzen warnen, sondern auch auf zeitgenössische Zwischenrufe, die das Ende der Kritischen Theorie verkünden. So stellt beispielsweise ein Skeptiker im Jahre 2000 fest, „dass die Frankfurter Schule personell tatsächlich am Ende ist“. Er fügt hinzu: „Doch darf man ihr nicht durchgehen lassen, dass sie ihr eigenes Versagen, für das aller deutschsprachigen Philosophen ausgibt.“
          Das Wort „Versagen“ mag hier auf verschiedene Arten gedeutet werden: Der Kritischen Theorie ist es in ihren verschiedenen Varianten tatsächlich nicht gelungen, die Zwänge der „verwalteten Welt“ (Adorno) zu durchbrechen. Im Jahre 1969 konnte der Marxist Lucien Goldman noch glauben, dass diese Unfähigkeit, die bestehenden Verhältnisse zu überwinden, mit der selbstverschuldeten Marginalität Adornos und Horkheimers zusammenhing: mit ihrer Weigerung, sich mit einer der revolutionären oder radikal-reformistischen Kräfte der Gesellschaft zu identifizieren, und mit ihrem Verharren in Negativität und Nichtidentität. Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Scheitern der Mai–Revolten des Jahres 1968 sind fast alle der Auffassung, dass es die von Goldmann und sogar von Marcuse beschworenen die Gesellschaft radikal umwälzenden Kräfte nicht gab.
          Die „neue Arbeiterklasse“, von der sich Marxisten wie Andre Gorz, Serge Mallet und Goldmann eine graduelle Überwindung der Verhältnisse erhofften, ist in die postindustrielle und postmoderne Wirtschafts- und Kommunikationsgesellschaft integriert worden, und viele marxistische Intellektuelle, die noch in den 70er Jahren Arbeiter und Angestellte mit radikalen Parolen anfeuerten, verwandelten sich nach 1989 in Apologeten bestehender Verhältnisse oder in Anhänger eines multikulturellen Humanismus, dem freilich auch die globalisierenden Großkonzerne und eine mit ihnen liebäugelnde Wochenzeitschrift wie „The Economist“ huldigen.
          Das Problem einiger dieser Intellektuellen bestand darin, dass sie sich nie eindeutig vom gesellschaftlichen Modell der „sozialistischen Länder“ distanzierten. Marxisten wie Goldmann, die durchaus Kritik an den sowjetischen Verhältnissen übten, gaben sich der Illusion hin, dass in Titos Jugoslawien ein sozialistisches Gegenmodell als Alternative zum Neostalinismus und Spätkapitalismus entstehen könnte. Statt die jugoslawischen Verhältnisse wirtschaftswissenschaftlich, politikwissenschaftlich und soziologisch zu analysieren und auch auf Dissidenten wie Milovan Djilas zu hören, übten sie sich in Spekulationen. Marxisten, die die reine Lehre suchten, und den latent wirkenden Kapitalismus im jugoslawischen Sozialismus beobachteten, wandten sich Maos China oder gar Hodschas Albanien zu.
          Mit dieser Art von Denken hatten Vertreter der Kritischen Theorie wie Adorno und Horkheimer, die stets von der individuellen Partikularität der liberalen Ära ausgingen, nie etwas zu tun. Bekannt ist Adornos kategorische Bemerkung aus der „Ästhetischen Theorie“: „Lieber keine Kunst mehr als sozialistischer Realismus.“ Dieser Satz resümiert seine gesamte Einstellung zum „Ostbereich“, wie er die sich als sozialistisch gebärdenden Staaten Osteuropas zu bezeichnen pflegte.
          Freilich standen Adorno und Horkheimer in der Zwischenkriegszeit dem Marxismus nahe. Es war jedoch ein unorthodoxer Marxismus, dem es primär auf die Verteidigung individueller Subjektivität gegen totalitäre, vor allem faschistische und nationalsozialistische, Tendenzen ankam.“

          aus: Rainer Winter & Peter V. Zima (Hg.) – Kritische Theorie heute, Vorwort, S. 9 f.

        • „Der Prozess der Aufklärung hat sich aber von seinen Zielen wegbewegt.“

          Was soll das denn heißen? Nach dem die radikalen Aufklärer 1794 in Frankreich per Gesetz die Sklaverei abgeschafft hatten, führte Napoleon sie 102 wieder ein. War der ein Aufklärer? Wohl kaum, er ließ sich zum Kaiser Krönen, in Anwesenheit des Papstes, und führte auch die Folter wieder ein, die die Aufklärer ebenfalls abgeschafft hatten.

          Die Aufklärer haben wirtschaftliche Freiheit und Sicherheit des Eigentums gefordert, von Kinderarbeit und Hungerlöhnen haben sie nicht gesprochen; die sind eingeführt worden von vom Adel dominierten Parlamenten nach 1815. Schuld der Aufklärer?

          Die Aufklärung hat sich eben nicht von ihren Zielen wegbewegt, sondern die Aufklärer sind mit Gewalt von der politischen Macht entfernt worden, von Napoleon, von Metternich, von den preussischen Königen.

          Die politischen Ideen der Aufklärer sind nie durchdringend realisiert worden, wir leben heute nicht in einer aufgeklärten Gesellschaft, dazu gibt es noch viel zu viel Irrationalismus und Ideologie. Die Aufklärung ist, mit dem Wort von Habermas, „ein unvollendetes Projekt“. Es läge an der politischen Linken, sie zu vollenden, aber die gibt sich mit solchem Pipifax wie Frauenquote und Homoehe ab.

        • @ Albert

          „ein soziologe, der sich nicht mit biologie beschaeftigen will, ist eher ein baecker, der beschliesst, dass ihn mehl nicht interessiert und er kuenftig beim backen darauf verzichtet. so schlimm ist das und so schmeckt es auch.“

          Es kommt immer darauf an, was genau du untersuchen willst. Beispiel Straßenverkehr: Wenn du wissen willst, welche Regeln dort gelten, brauchst du Biologie nicht. Das gleiche gilt, wenn du nur feststellen willst, ob die Verkehrsteilnehmer sich auch an die Regeln halten. Anders wird es erst, wenn es um den Fahrstil, die Neigung zu Regelverstößen/-befolgung oder die Fahrtüchtigkeit der individuellen Verkehrsteilnehmer geht. Auf dieser Ebene kommt die Biologie ins Spiel, jetzt spielt die Persönlichkeit und der körperliche Zustand des Fahrers eine Rolle. Ein Soziologe, der das ausblenden würde, macht in der Tat etwas falsch.

        • Leszek, ich denke man kann von offenkundig falschen und selbstwiedersprüchlichen Fundamenten aus nicht zu einer angemessenen Analyse der Realität gelangen, und vor allem keine effektive politische Strategie entwickeln. Das zeigt (aus meiner Sicht) die Entwicklung der politischen Linken in den letzten jahrzehnten.

          Wenn man alles Denken und Handeln von vorn herein als wirkungslos propagiert und sich auf einen Ästhetizismus der avantgardistischen Kunst zurückzieht wie Adorno, dann kann man eigentlich keine reformistische Politik machen, denn kleinschrittige Reformen stabislisieren ja nur das schlechte System, das es durch ein neues, ganz anders zu ersetzen gälte (von dem niemand genau weiß, wie es aussehen sollte oder herbeizuführen ware).

          Wenn man einen allgemeinen moralischen Relativismus propagiert wie Foucault, nach dem es immer nur Macht gegen andere macht gibt, dann kann man keine politischen Forderungen stellen. Mit welchem Recht sollten denn die Regierenden etwas von ihrer macht abgeben, wenn an ihre Stelle nur wieder eine andere Macht treten könnte? Foucault hat sich für die Verbesserung der Bedingungen in den Gefängnissen eingesetzt, sehr schön, aber mit seinen Theorien konnte er das wohl kaum begründen.

          Wie gesagt, ich hätte große Lust, das mal im Detail zu diskutieren. Vielleicht schreibst du ja mal was dazu.

        • ich kann dir selten widersprechen @jc denton 😉 aber in diesem blog geht es ganz ueberwiegend um das verhalten der 2 bis 56 oder gar unendlich vielen geschlechter. in dieser situation finde ich den vergleich sehr treffend. ausser man vertritt doch blank slate, sssw, oder ist genderist oder sozial-konstrukteur.

        • @ Albert

          „ich kann dir selten widersprechen @jc denton“

          Das freut mich. 🙂

          „aber in diesem blog geht es ganz ueberwiegend um das verhalten der 2 bis 56 oder gar unendlich vielen geschlechter. in dieser situation finde ich den vergleich sehr treffend. ausser man vertritt doch blank slate, sssw, oder ist genderist oder sozial-konstrukteur.“

          Bei den Geschlechtern muss man auch unterscheiden: Will ich wissen, was für ein Verhalten die Mitglieder einer Gesellschaft von den Geschlechtern erwarten, dann frage ich die Leute einfach. Will ich wissen, wie die Geschlechter sich verhalten, dann beobachte ich sie. Erst wenn es um das Erklären des geschlechtsspezifischen Verhaltens geht, brauche ich die Biologie. An diesem Stelle erst sind die Gender Studies ideologisch, und zwar durch die Behauptung, Menschen wären ausschließlich Produkte der Sozialisation und damit sowas wie soziale Automaten ohne eigene, biologisch bedingte Präferenzen.

        • „Ich habe nicht gesagt das Adorno, sondern dass die Krititsche Theorie ideologisch abgeschottet ist. Obwohl ich mich nicht entsinnen kann, dass Adorno jemals irgendetwas relevantes zu Papier gebracht hat.“

          Wenn man nichts von ihm gelesen hat, kann man sich auch an nichts Relevantes (noch an Irrelevantes) erinnern.

          Ich find’s immer noch lustig, dass an diesem Ort jemand wie Adrian, der eigentlich nur stolz darauf ist, überhaupt keine Bücher zu lesen, bei so vielen als intellektuelle Autorität gilt.

        • „Die formale Logik war die große Schule der Vereinheitlichung. Sie bot den Aufklärern das Schema der Berechenbarkeit der Welt.“ (a.a.O., S. 8)“
          @El_Mocho
          Ein Autor, der so etwas schreibt, versteht ganz sicher nichts von Logik und leider auch wenig von der Rolle der Logk in der Aufklärung.

          Zum ersten: Die Verbindung von Berechenbarkeit und Logik oder ganz allgemein – der Auflösbarkeit logischer Kalküle ist ein Kind des 20. Jahrhunderts. Hier gibt es verschiedene Theorien, die sich durch den Fokus und Pragmatik der logischen Modelle unterscheiden.
          Das passt mit „Aufklärung“ wohl zeitlich schlecht zusammen, allenfalls wenn man die Rezeption der Aristotelischen Logik betrachtet. Das wäre aber dann ein Renaissance-Thema, weniger eine Frage der Aufklärung.
          Das passt sowohl wissenschaftshistorisch aber auch begrifflich einiges nicht zusammen. Und das alles in einem einzigen Satz.

          Kein guter Ausweis für den Autor.

        • genau, @jc denton, ich zitiere dich: sobald ich das geschlechtsspezifische verhalten erklaeren will, kann man die biologie – ich ergaenze – auch als soziologe in der regel, selbst wenn es mich nicht interessiert und nicht mein fachgebiet ist – nicht ausblenden.

          muessten wir uns jetzt nicht alle in den armen liegen, @christian hochleben lassen und uns darauf konzentrieren festzustellen welche geschlechtsspezifischen eigenschaften eher sozial oder eher biologisch determiniert sind, vielleicht gar deren einfluss quantitativ abzuschaetzen versuchen?

        • @ Leszek
          Nein, es hört sich nicht dogmatisch an. Es hört sich allerdings auch unwichtig und überflüssig an.

          Der Dogmatismus der KT liegt m. E. in ihren marxistischen (oder neomarxistischen) Denkweise begründet. Außerdem halte ich linke Kritik an der „bürgerlichen Gesellschaft“, linke Faschismustheorien und linken Antikapitalismus schon vom Grundsatz her für dogmatisch – weil alle auf falschen Grundannahmen beruhen.

          @ ichichich
          „Wenn man nichts von ihm gelesen hat, kann man sich auch an nichts Relevantes (noch an Irrelevantes) erinnern.“

          Oh contraire. Wirkliche Relevanz erkennt man daran, dass man Ideen von jemandem kennt, obwohl man ihn eben nicht gelesen hat. Denn dann wären ja diese Ideen in aller Munde und Teil gesellschaftlicher Diskussionen quer durch alle Schichten.

          „dass an diesem Ort jemand wie Adrian, der eigentlich nur stolz darauf ist, überhaupt keine Bücher zu lesen“

          Wer hat behauptet, ich würde keine Bücher lesen?

          „bei so vielen als intellektuelle Autorität gilt.“

          Und für wen gelte ich als intellektuelle Autorität?

        • @ Adrian

          „Oh contraire. Wirkliche Relevanz erkennt man daran, dass man Ideen von jemandem kennt, obwohl man ihn eben nicht gelesen hat.“

          Mais souvent on croit connaitre des idées dites généralement connus, alors qu’ils sont mal compris par le public, ce qui est le cas avec Marx parmi d’autres. Donc on ne peut pas s’épargner de la lecture.

          „Wer hat behauptet, ich würde keine Bücher lesen?“

          Offenbar zumindest nicht die, über die du schlecht redest :D.

          „Und für wen gelte ich als intellektuelle Autorität?“

          Leszek, djadmoros („Ach komm, so simplistisch denkst Du doch sonst nicht!“) u.a. 🙂

        • @ ichichich
          Farnzösishc sollte man eher oral verwenden und dann für’s Sprechen.

          Leszek hält mich ganz sicher nicht für eine intellektuelle Autorität. Eher für einen kleinen liberalen Polemiker mit im Grunde genommen gutem Herzen und durchaus zuweilen lichten Gedanken, aus den man einen guten Linken machen könnte, wenn man Mühe darauf verwenden wollte.

          djadmoros kenne ich nicht gut genug.

        • @ Adrian

          „…aus den man einen guten Linken machen könnte, wenn man Mühe darauf verwenden wollte. “

          OK, hast recht. Das könnte es auch sein. 😀

          „Französisch sollte man eher oral verwenden und dann NICHT für’s Sprechen.“

          Haha… Oh/Au Contraire!

        • @ichichich:

          »Leszek, djadmoros (“Ach komm, so simplistisch denkst Du doch sonst nicht!”) u.a.«

          Keine Sorge, DuDuDu, als »intellektuelle Autorität« erkenne ich aussschließlich mich selbst an!! :mrgreen:

        • @ ichichich

          “Französisch sollte man eher oral verwenden und dann NICHT für’s Sprechen.”

          Letzthin bei einer Unterhaltung mit einem
          Chick an der Bar eines einschlägigen
          Lokals. Sie verstand leidlich Englisch.
          Sie behauptete, dass sie Portugiesisch
          und Spanisch auch Französisch könne.
          Darauf fragte ich sie:“ Do you spit
          or swallow?“ 🙂

        • @Albert

          Du sagst, Du hättest die Ausführungen der Soziologen hier vollständig gelesen. Warum unterschiebst Du mir dann den Schnitzelvergleich? Der stammt nicht von mir.

          Denton hat dann schon darauf hingewiesen, was an Deiner Replik darauf nicht stimmt. Ich selber hatte öfters klargestellt, warum man als Soziologe keine biologischen Erklärungen heranzieht: Weil man einen anderen Gegenstandsbereich hat. Wo der Gegenstandsbereich auch biologisch relevant ist (Jugendsoziologie z.B.), findet auch der Bezug auf entsprechende Theorien statt. Auch das hatte ich hier mehrfach genannt.

          @El Mocho,

          Wie oft muss ich wiederholen, dass Adorno nicht in den Aufklärern das Problem sieht noch in den aufklärerischen Ideen? Der Witz ist vielmehr, dass diese Ideen verloren gehen z.B. durch eine Verselbstständigung der Bürokratie.

          Ich möchte mal dafür werben, etwas differenzierter Kritik zu üben. Ich meine, Adorno gehört wahrlich nicht zu meinen Lieblingen, aber man muss ihn schon richtig lesen, sonst wird jede Kritik bloß zu Ressentiment und man lernt nichts daraus.

        • Guten Morgen @LoMi,

          das mit dem Schnitzel tut mir leid. Ich lese oft am iPad und weiß nicht wie man damit Suchen kann. Dann verlasse ich mich auf mein Gedächtnis. Entschuldige bitte, @LoMi. Ich werde mich bessern. Wer war dann der Schwerverbrecher 😉 ??

          Nein, ich bin nicht in der Forschung. War es mal vor langer Zeit ein klein wenig.

    • Diese Tabelle ist i.m.h.o nicht richtig. In der Psychologie wird nicht behauptet, dass die statistisch feststellbaren Unterschiede zwischen Mann und Frau ausschliesslich das Resultat geschlechtsspezifischer Sozialisation seien.
      Die grosse Präsenz der Genderisten in den Medien vermittelt den Eindruck, die Sozialwissenschaften seien „genderistisch“, d.h Anhänger der blank-slate-Anschauung.

      Es liegt aber in der Natur der Sache, dass Psychologen mehr auf die linke Seite tendieren und der Sozialisation einen grossen Einfluss zugestehen.

      • @ Peter

        *Es liegt aber in der Natur der Sache, dass Psychologen mehr auf die linke Seite tendieren und der Sozialisation einen grossen Einfluss zugestehen.*

        Keineswegs, liegt nicht in der „Natur der Sache“.

        Das ergibt sich nicht aus irgendwelchen fachspezifischen erkenntnisnotwendigen Prämissen, sondern aus der Ideologiegeschichte der westlichen Academia, Zitat:

        In the social sciences and humanities, however, there is a stronger imbalance. For instance, recent surveys find that 58 – 66 percent of social science professors in the United States identify as liberals [liberals, das sei noch mal betont, meint im US-Sprachgebrauch „rot-grün versifft“, nicht FDP], while only 5 – 8 percent identify as conservatives, and that self-identified Democrats outnumber Republicans by ratios of at least 8 to 1 (Gross & Simmons, 2007; Klein & Stern, 2009; Rothman & Lichter, 2008).

        A similar situation is found in the humanities where surveys find that 52 – 77 percent of humanities professors identify as liberals, while only 4 – 8 percent identify as conservatives, and that self-identified Democrats outnumber Republicans by ratios of at least 5:1 (Gross & Simmons, 2007; Rothman & Lichter, 2008).

        In psychology the imbalance is slightly stronger: 84 percent identify as liberal while only 8 percent identify as conservative (Gross & Simmons, 2007; Rothman & Lichter, 2008). That is a ratio of 10.5 to 1.

        In the United States as a whole, the ratio of liberals to conservatives is roughly 1 to 2 (Gallup, 2010).

        Psychology professors were as likely to report voting Republican as Democrat in presidential contests in the 1920s.
        From the 1930s through 1960, they were more likely to report voting for Democrats, but substantial minorities voted for Willkie, Eisenhower, and Nixon (in 1960).
        By 2006, however, the ratio of Democrats to Republicans had climbed to more than 11:1 (Gross & Simmons, 2007; Rothman & Lichter, 2008).

        Furthermore, the trend toward political homogeneity seems to be continuing: whereas 10% of faculty respondents self-identified as conservative, only 2% of graduate students and postdocs did so (Inbar, 2013, personal communication). This pattern is consistent with the broader trends throughout psychology illustrated in Figure 1: the field is shifting leftward, the ratio of liberals to conservatives is now greater than 10:1, and there are hardly any conservative students in the pipeline.*

        Klicke, um auf Duarte-Haidt_BBS-D-14-00108_preprint.pdf zuzugreifen

        In den 60’ern ist doch etwas passiert.

        Was war das noch mal gleich?

        Mit Jonathan Haidt/Lee Jussim et al. bin ich der Meinung, dass die gegenwärtige Linksdominanz in den Sozial-/Geisteswissenschaften deletär für diese Wissenschaften ist (genauso, wie es eine Rechtsdominanz wäre, von der wir heute aber meilenweit entfernt sind – Stichwort: dynamisches Gleichgewicht – Kraft wird durch Gegenkraft kontrolliert = mein Ideal zur Verhinderung deletärer Monokulturen, nicht nur in der Ökologie – die Linke hat sich zu Tode gesiegt, könnte mir als Katholik im Übrigen nur Recht sein, das am Rande, dann nämlich, wenn ich hier den Advocatus diaboli gäbe: „Weiter so! In hoc signo vinces!“

        Ich meine es doch nur gut mit Euch!

        „Isch liebe doch …, isch liebe doch alle Menschen!“

        • ät Roslin:

          Exactemente, wissenschaftliche Psychologen tendieren heute mehr und mehr zu organismischer Psychologie, das heißt, sie integrieren mehr und mehr den Genbegriff und die Evolution in ihr Denken und Forschen.

          Poltipsychologen („sozial“…) natürlich teils ausgenommen.

  2. „Kultur selbst basiert auf einer universellen menschlichen Natur und wird durch diese auch eingeschränkt.“

    Wichtig das zu betonen.

    „Culture can shape and reshape some aspects of our bodily existence, but it does not shape all the aspects of it. „In the man burdened by hunger and thirst,“ as Sextus Empiricus observed long ago, „it is impossible to produce by argument the conviction that he is not so burdened.“

    http://perso.uclouvain.be/mylene.botbol/Recherche/GenreBioethique/Nussbaum_NRO.htm

    Und deshalb wird es immer einen nicht rationalisierbaren, nicht dekonstruierbaren Rest des irrationlen/biologischen in der menschlichen Existenz geben. Deshalb wird man die Homophobie genauso wenig ausrotten können wie die Homosexualität, und deshalb werden Feministinnen weiter an der Erziehung ihrer Söhne verzweifeln („Hilfe, mein Sohn wird ein Macker“).

  3. Die Zeile 2 in der obigen Tabelle (ob unser Hirn eine general purpose computer oder eine Verbund spezialisierter computer ist), geht mMn komplett am Kern des Problems vorbei. Unser Hirn ist überhaupt kein Computer, zumindest nicht im Sinne der Informatik. Da ist es ein Automat, der programmiert werden kann und der dann das (korrekte) Programm fehlerfrei und emotionslos ausführt.

    Diese Annahme, der Mensch bzw. dessen Hirn sei ein völlig rational arbeitender Automat, ist z.B. in der Straßenverkehrsordnung bzw. der Rechtsprechung mit dem Leitbild des „idealtypischen Fahrers“ explizit benannt. Nach meinem Eindruck unterstellen auch fast alle anderen Gesetze einen solche rationalen Menschen, ferner sehr viele informellen Verhaltensregeln. Eine „Kultur“ wiederum basiert auf solchen formalisierten oder informellen Verhaltensregeln und der Annahme, die Menschen seien Automaten, die die Regeln fast perfekt beachten. Das scheint mir auch bei den Theorien der Fall zu sein, die soziale Prozesse und das Entstehen von Kulturen erklären wollen oder die durch neue Regeln eine Bevölkerung umerziehen wollen.

    Wenn ich die Unterbewußtseins- und Intuitionsforschung recht verstehe, dann ist diese Rationalitätsannahme aber nicht haltbar. Ein ganz erheblicher Teil unserer Entscheidungen wird nicht rational getroffen, sondern intuitiv.

    Der Mensch bzw. dessen Hirn ist also nur ein unzuverlässig arbeitender Automat, der in unklarem und weit unterschätztem Ausmaß Eigenleben entwickelt. Daran scheitern mMn auch alle Theorien, wie man die Welt durch mehr Gesetze und von oben verordnete politische Korrektheit verbessern könnte.

    Die oben zitierte Zeile 2 scheint mir von einem Denkmodell auszugehen, wonach wir entweder ein biologisch bestimmtes Programm abspulen oder ein sozial erlerntes Programm oder ggf. eine Kombination / Kopplung von beiden, in allen Fällen allerdings unter der Annahme eines fehlerfrei arbeitenden Prozessors. Genau diese Annahme scheint mir nicht haltbar zu sein.

    • @mitm

      „Unser Hirn ist überhaupt kein Computer, zumindest nicht im Sinne der Informatik. Da ist es ein Automat, der programmiert werden kann und der dann das (korrekte) Programm fehlerfrei und emotionslos ausführt.“

      Es muss ja auch kein Computer im Sinne der Informatik sein. Ich sehe nicht, dass da fehlerfreiheit enthalten sein muss

  4. Es gibt ja offenbar auch etliche Geisteswissenschaftler, denen ein Standardmodell der Geistes-/Sozialwissenschaften begegnet und das sie offenbar durch die Liste gut beschrieben wähnen, so z.B. Allan Guggenbühl (Psychologe, Dozent für Psychologie und Pädagogik) bzw. der Rezensent Tischner, Zitat:

    *Jungen sollten sich – so die Erwartung vielen Pädagogen – von einem antiquierten, patriarchalen Männerbild lösen und eine neue, emanzipatorische und fortschrittliche Männlichkeit entwickeln. Sie sollten lernen, Gefühle zu zeigen, zu weinen und sich endlich vom „Männlichkeitswahn“ verabschieden. Bei diesen Forderungen werde von einem politisch korrekten Standardmodell des Mannes ausgegangen, das vor allem in sozialwissenschaftlichen Kreisen verbreitet sei. Auf der Basis dieses Standardmodells würden typische Jungencharakteristiken oftmals pathologisiert, was sich in der Geschlechterverteilung bei jenen Kindern und Jugendlichen widerspiegele, die bei Kinder- und Jugendpsychiatern vorgestellt werden: ca. zwei Drittel von ihnen seien Jungen.*

    http://www.socialnet.de/rezensionen/4655.php

    Das wird natürlich nur plausibel, wenn ich davon ausgehe, dass es keine männliche Natur gibt, keine inhärent männlichen Verhaltenstendenzen, sondern nur erlernte Verhaltensmuster, die – hier wohl eine patriarchale Kultur – den Jungen ansozialisiert hat, die sie demzufolge auch wieder verlernen können MÜSSEN.

    Dass sie das vielleicht gerade nicht können, dass dies von ihnen zu erwarten, sie in ihrer männlichen NATUR missachtet, damit gerade ihre Menschlichkeit missachtet (sie können ja nur „männlich“ Mensch sein!), scheint diesen Standardmodell-Weltverbesserern nicht zu dämmern.

    Gucken die alle in die falsche Richtung? Leiden unter Fehlwahrnehmungen, die Guggenbühl, Tischner und Co.?

    Leiden die unter Halluzinationen, die linke Lynchmobs aufziehen sehen, sobald von männlicher/weiblicher NATUR die Rede ist, die sich inhärent unterscheiden?

    Dann wäre es doch Aufgabe der Sozial-/Geisteswissenschaftler, auf den Putz zu hauen und denen die Wortführerschaft zu entwinden, die offenbar das öffentlliche Bild ihrer Fächer „fälschlicherweise“ dominieren.

    Da hört man aber – wieder einmal – nur das dröhnende Schweigen im Walde oder Solidaitätsadressen an Genderfeminist.I.nnen.

    • „Das wird natürlich nur plausibel, wenn ich davon ausgehe, dass es keine männliche Natur gibt, keine inhärent männlichen Verhaltenstendenzen, sondern nur erlernte Verhaltensmuster,“

      Quatsch! Ich vertrete dies nicht und bin dennoch der Auffassung, dass Jungen/Männer „sich von einem antiquierten, ‚patriarchalen‘ Männerbild lösen und eine neue, emanzipatorische und fortschrittliche Männlichkeit entwickeln“ sollten. Dass sie lernen sollten „Gefühle zu zeigen, zu weinen und sich endlich vom “Männlichkeitswahn” verabschieden“.

      Denn der Männlichkeitswahn nützt m. E. nur den Frauen und verhindert eine selbstbewusste, individualistische Männlichkeit.

      • @ Adrian

        *Denn der Männlichkeitswahn nützt m. E. nur den Frauen und verhindert eine selbstbewusste, individualistische Männlichkeit.*

        Was wünschenswert ist und was möglich ist, das sind 2 Paar Stiefel.

        Wir leben in keiner Wünsch-Dir-Was-Welt.

        Die Natur des Menschen, auch als Mann und Frau, setzt hier Grenzen der Veränderbarkeit.

        • Was wünschenswert ist und was möglich ist, das sind 2 Paar Stiefel.
          Wir leben in keiner Wünsch-Dir-Was-Welt.
          Die Natur des Menschen, auch als Mann und Frau, setzt hier Grenzen der Veränderbarkeit.

          Ich werde hier irgendwann mal über die Natur des Konservativen referieren, insbesondere seine Wahrnehmungsblockaden und Wahrnehmungsverzerrungen beleuchten. Als staatlich diplomierter Küchenpsychologe kann ich sowas!

    • Du zitierst mit Tischner einen Sozialwissenschaflter. Das bringt Dich nicht zum Nachdenken? ^^

      Wenn es ein Standardmodell gäbe, wie könnten dann Tischner und Guggenbühl eine kritische Position einnehmen, aus ihrem Fach heraus? Das geht nur, wenn es eben diesen Standard nicht so eisern gibt.

      Die Kritik von Tischner ist, das nebenbei, vollkommen berechtigt.

      Aber er ist kaum der erste. Nachzulesen ist dergleichen auch etwa bei Klaus Hurrelmann (Soziologe).

      • @ LoMi

        *Du zitierst mit Tischner einen Sozialwissenschaflter. Das bringt Dich nicht zum Nachdenken? ^^*

        Zitat Roslin:

        *Es gibt ja offenbar auch etliche Geisteswissenschaftler, denen ein Standardmodell der Geistes-/Sozialwissenschaften begegnet und das sie offenbar durch die Liste gut beschrieben wähnen, so z.B. Allan Guggenbühl (Psychologe, Dozent für Psychologie und Pädagogik) bzw. der Rezensent Tischner, Zitat: … *

        • Sicher dass sich Guggenbühl als Geisteswissenschaftler sieht? Die meisten Psychologen tun das nämlich nicht, auch die Psychologie als Ganzes ist eher Natur- zumindest aber interdisziplinäre Wissenschaft.

          Wenn ich so ein unterkomplexes Modell von der methodischen und weltanschaulichen Vielfalt der Sozialwissenschaften hätte, wie ihr hier in diesem SSM skizziert (die ersten 4 Punkte sind Genderisten-Schrott, der 5. Punkt ist etwas seltsam formuliert), dann würde ich diese natürlich auch pauschal ablehnen.

      • @ LoMi

        *Roslin,

        was an dem Wort “Standard” verstehst Du nicht?*

        Wenn die Brüsseler Eurokaratie eine Standardkrümmung für Gurken definiert, heißt das noch lange nicht, dass sich jede Gurke daran hält.

        Was verstehst Du an diesem Konzept nicht?

        Sind sozialwissenschaftliche Gurken da anders?

        • Wenn Du behauptest, es gäbe ein Standardmodell, ist das gleichzeitig die Behauptung, dieses Modell würde mehrheitlich angewandt.

          Anderenfalls müsstest Du Deine These mal spezifizieren.

          Es gibt auch in der Sozialwissenschaft keine Instanz wie die EU, die Gurken oder Theorien nach Standards aussortiert. Dein Vergleich ist gehbehindert (Verzeihung, herausgefordert, oder wie man das jetzt nennen muss ^^).

        • „Wenn man Feministen gegenüber von z.b. Obdachlosen redet, bekommt man gern die Standardantwort: ‚What about teh menz?'“

          @Lomi, ich glaube, du nimmst für „Standard“ hier eine zu enge Definition.
          Ansonsten halte ich mich aber lieber raus.

        • Me,

          das ist möglich. Aber ich muss ehrlich gestehen, dass ich da eher Roslin im Verdacht habe, mit der Standardkeule der Sozialwissenschaft generell eins überraten zu wollen.

          Deshalb bin ich in dieser Frage etwas pingelig.

    • @Roslin:
      Auf der Basis dieses Standardmodells würden typische Jungencharakteristiken oftmals pathologisiert..

      Dafür können wir uns wohl bei Connell bedanken. Und in der Tat hat Connell einen ziemlich großen Einfluß in der Soziologie, wenn es um Männlichkeit geht. Das liegt wohl daran, dass sich fast nur Genderisten mit Geschlecht beschäftigen. Insoweit würde ich dir sogar zustimmen.

      Das „Standardmodell“ heißt also hier: „Hegemoniale Männlichkeit“. Es ist in der Tat sehr erschreckend, dass da so wenig Gegenansichten vertreten werden.

      Selbst dann nicht, wenn Connell gleich Palettenweise erbärmlichste antisemitische und antimoderne Ressentiments wie:

      Die neue Unternehmer-Männlichkeit will ihren Anteil am wachsenden internationalen Sexhandel, hat mit der globalen Zerstörung der Wälder zu tun und führt einen Kampf gegen den Wohlfahrtsstaat im Namen internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Eine modernisierte Unternehmer-Männlichkeit kann sich auf gleiche Einstellungschancen für qualifizierte Frauen bereitwillig einlassen, während sie riesige Profite durch die Ausbeutung von Fabrikarbeiterinnen und durch den Absatz von Fast Food macht.

      ..raushaut. Wer da nicht einmal zu einer kritischen Distanz in der Lage ist, sollte lieber zum Kloputzen eingeteilt werden.

      Das wird natürlich nur plausibel, wenn ich davon ausgehe, dass es keine männliche Natur gibt, keine inhärent männlichen Verhaltenstendenzen, sondern nur erlernte Verhaltensmuster, die – hier wohl eine patriarchale Kultur – den Jungen ansozialisiert hat, die sie demzufolge auch wieder verlernen können MÜSSEN.

      Plausibel ist daran so Einiges nicht. Auch dann nicht, wenn ich von einem „blank slate“ ausgehe.

      Gerade Connell geht aber – zuallermindest implizit – davon aus, dass insbesondere das Streben nach einer Maximierung der Patriarchalen Dividende als allerstärkste männliche Triebfeder eine antropologische Konstante sei. Sonst funktioniert sein Weiblichkeitskitsch nämlich rein gar nicht mehr.

      • @nick

        „Dafür können wir uns wohl bei Connell bedanken. Und in der Tat hat Connell einen ziemlich großen Einfluß in der Soziologie, wenn es um Männlichkeit geht. Das liegt wohl daran, dass sich fast nur Genderisten mit Geschlecht beschäftigen. Insoweit würde ich dir sogar zustimmen. Das “Standardmodell” heißt also hier: “Hegemoniale Männlichkeit”. Es ist in der Tat sehr erschreckend, dass da so wenig Gegenansichten vertreten werden.“

        Im Geschlechterbereich hat das SSSM jedenfalls noch eine sehr hohe Bedeutung. Da scheinen die Theorien ganz überwiegend darauf abzustellen, gerade weil die nichtbiologischen Theorien meist eher aus dem feminstischen Bereich kommen

        • Im Geschlechterbereich hat das SSSM jedenfalls noch eine sehr hohe Bedeutung.

          Okay, das kann man wohl schon so sagen. Aber das ist ja auch irgendwie logisch, weil Gender Studies der Teilbereich ist, der sich eben damit beschäftigt. Ich würde aber dennoch behaupten, dass das dort angelegte Menschenbild und Paradigma nicht repräsentativ für die gesamte Soziologie ist.
          Soweit ich das beurteilen.

        • Das ist es auch nicht. Es gibt hier und da natürlich auch rationalistische Überhöhungen und die Annahme, man könne nahezu alles kulturell formen. Aber für gewöhnlich behauptet keiner, unsere Körper und Triebe seien bloß Konstrukte. Das ist eine Genderspezialität. Man handelt sich mit der Konstruktionsthese auch heftige Schwierigkeiten ein. Denn wie kann ich eigentlich nachweisen, dass mein Begehren durch Kultur geformt worden ist? Das kann ich bloß in der Theorie behaupten.

          Dagegen kann ich schon zeigen, wie durch beobachtbares Handeln Menschen z.B. Gruppendynamiken erzeugen oder eine Organisation formen oder Herrschaft etablieren.

        • Im Geschlechterbereich hat das SSSM jedenfalls noch eine sehr hohe Bedeutung.

          Ich halte auch dabei den Begriff „SSSM“ für unbrauchbare und irreführende Propaganda.

          Es hat niemand ein solches Modell als Standard aufgestellt, und es existiert auch nicht als implizitertes Standardmodell.

          Die Genderisten gehen davon aus, dass _Geschlecht_ ein soziales Konstrukt sei. Auch das ist erstmal was anderes als das behauptete SSSM.

          Das hat natürlich seine Wurzel im Radikalfeminismus, der davon ausgeht, dass DiePösenMänner die Kategorie Frau erfunden hätten, um diese zu unterdrücken.

          • @nick

            „Die Genderisten gehen davon aus, dass _Geschlecht_ ein soziales Konstrukt sei. “

            Butler geht sogar davon aus, dass das körperliche Geschlecht eine soziale Kategorie ist.
            Was ist denn bei Genderisten kein soziales Konstrukt?

        • „dass DiePösenMänner die Kategorie Frau erfunden hätten, um diese zu unterdrücken.“

          So etwas können auch nur Frauen glauben. Wenn ich diese Konstruktionsgewalt hätte, hätte ich bestimmt keine Frauen „entwickelt“. Die bringen doch nix als Ärger ^^

          • @LoMI

            „Wenn ich diese Konstruktionsgewalt hätte, hätte ich bestimmt keine Frauen “entwickelt”.“

            Ja, wer glaubt, dass die gegenwärtige Konstruktion „Frau“ die Idealvorstellung von Männern ist, der hat keine Ahnung

        • Butler sagt in erster Linie, dass Bedeutung sozial konstruiert ist. Damit hat sie ja gar nicht so unrecht. Ob wir einer Kategorie wie Geschlecht und der dadurch erzeugten Differenz Bedeutung geben und woran wir diese festmachen, das ist für sie mehr oder weniger Willkür. Sie sagt nicht, dass es keine objektive Natur und biologische Körperfunktionen gibt.

          Wenn man sie auf sowas festnageln wollte, würde sie aber wahrscheinlich grundsätzlich widersprechen und meinen, dass seine eine viel zu absolutistische Aussage.

          • @david

            Sie meint jedenfalls, dass man anhand der Körper nur aus sozialen Gründen eine Einteilung in „mann“ und „Frau“ vornimmt. Da spielt ja die Vielgeschlechtertheorie mit rein und die Abgrenzung zur verpönten binarität der Geschlechter

        • @Christian:
          Was soll Machtstreben denn sonst sein?

          Wenn Machtstreben kein inhärenter Antrieb wäre, dann gäbe es kein Motiv für das „Patriarchat“.

          • @Nick

            Du meinst man kann sozial die Geschlechter wegbegründen, aber so etwas wie „Machtstreben“ nicht begründen?

            Wo sollte da das Problem sein?
            Klar könnte es nach feministischer Theorie eine Welt ohne Machtstreben geben, dann müsste nur dieses dämliche Konstrukt „Männlichkeit“ weg, in dem das ansozialisiert wird.Das ist ja sogar eine feministische Forderung

        • @Christian:
          Klar könnte es nach feministischer Theorie eine Welt ohne Machtstreben geben, dann müsste nur dieses dämliche Konstrukt “Männlichkeit” weg, in dem das ansozialisiert wird.

          Wenn Machtstreben ein bloßes soziales Konstrukt wäre, würden Männer nicht von den Verhältnissen profitieren. Sie wären ja selbst auch nur bloße Objekte des „Patriarchates“. Wo bleibt denn da die Erbschuld?

          Die feministische „Welt ohne Machtstreben“ wäre wohl eher eine, in der Männer nicht mehr mithilfe dieser toxischen Männlichkeit ihr Machstreben entfalten könnten.

        • Das hat natürlich seine Wurzel im Radikalfeminismus, der davon ausgeht, dass DiePösenMänner die Kategorie Frau erfunden hätten, um diese zu unterdrücken.

          Etwas präziser: Gemäss Professor Voss waren es die Nazis, die die Geschlechter erfunden hatten. Vor den Nazis war Vielgeschlechtlichkeit die Norm.

          Bis in die 1920er Jahre sprach man von ­Geschlechtervielfalt. Mit den Nazis kam die Theorie einer weitgehend klaren biologi­schen Zweiteilung, die auch immer noch im Biologiestudium vermittelt wird, obwohl die aktuelle Forschung längst weiter ist. Solche einfachen Thesen machten mich stutzig, und ich erkannte, dass die vermeintlich natür­liche Zweiteilung viel Leid mit sich bringt.

          http://chrismon.evangelisch.de/artikel/2013/weder-mann-noch-frau-19543

          Was ich schon seit Jahren voraussage, bestätigt sich mehr und mehr. Die Genderisten dekonstruieren vor allem und zuerst sich selbst.

    • @Roslin:

      In den Sozialwissenschaften gibt es so etwas wie Theorie- oder Paradigmakonjunkturen. Das ist nicht dasselbe wie ein »Standardmodell«, weil der Begriff impliziert oder zumindest die Assoziation erlaubt, die Soziologen hätten sich fachübergreifend auf einen Standard geeinigt – wer den Laden mal von innen gesehen hat, weiß sofort, wie absurd diese Vorstellung ist.

      Die ganzen Genderlehrstühle sind aber eigentlich nicht mal eine Theoriekonjunktur – sie sind ein wissenschaftspolitisch durchgesetztes Stellenbesetzungsprogramm, das einen im kleinen Maßstab legitimen (Freiheit der Lehre und Forschung) Forschungsansatz maßlos aufbläst (das gab es in den 70ern auch schon mal – die letzten Überlebenden dieser Zeit muss man heute behutsam auswildern, bevor man sie in Rente schickt). Dadurch werden anderen Lehrstühlen mit anderen Ansätzen Ressourcen abgegraben, und ich denke schon, dass das vielen anderen nicht passt.

      Aber viele Wissenschaftler (das dürfte nicht nur für Soziologen gelten) lehnen sich wissenschaftspolitisch nicht gern aus dem Fenster und überlassen das den paar, die es gerne tun. Und da der Feminismus als politische Bewegung begonnen hat, stehen dort die entsprechenden Kader für politischen Druck zur Verfügung. Außerdem sind sie alle reputationsabhängig (weil Wissenschaft generell ein intern reputationsgesteuertes System ist) und daher gegen politische Strömungen hoch empfindlich.

      Was ich damit sagen will: die Veränderung muss von außen kommen, aus dem öffentlichen Diskurs. Wenn dort die Stimmung kippt, dann werden auch die Fachbereiche wieder nachziehen. Daran sind aber nicht »die Soziologen« schuld, sondern die Art, wie sich das Wissenschaftssystem generell zur Politik verhält.

  5. @ Adrian

    Deine Einschätzung des SMSW teile ich, aber auch das IM hat seine Fragwürdigkeiten (inwieweit ist der Geist tatsächlich strikt modular, gibt es nicht doch Zusammenschaltungen, bedingt durch eine gemeinsame Wurzel bzw. eine übergreifende Kuppel, also „oben“ = höhere Hirnfunktionen oder „unten“ = das, was wir von unseren tierischen Vorfahren übernommen haben, was ja immer noch wirkt, nur überformt ist).

    Um Christians Frage zu beantworten:

    Ich glaube (weiß es nicht!), dass der Mensch freier ist als Augustinus oder Schopenhauer wähnten, aber bei weitem nicht so frei/bewusst-planend wollend, wie Sozialkonstruktivisten/Sozialisten das glauben.

  6. Wir können ja eine einfache Wette abschließen: Ich wette, dass sich der Kollege in deinem Institut, dessen Name dir im Alphabet am nächsten ist, innerhalb des nächsten Jahres nicht tothungert. Du wettest das Gegenteil. Einsatz: 100 €

    Du wirst die Wette nicht annehmen. Weil es eben kein beliebiges Ereignis ist, sondern es seinen Bedürfnissen entspricht zu essen. Wenn ein Mensch aus biologischen Gründen oder aufgrund von Drogen kein Hungergefühl hat, dann kann diese Wette schon ganz anders aussehen. Vielleicht vergisst er einfach zu essen.

    Das, Christian, ist ein ausgesprochen schlechtes Beispiel. Niemand hier behauptet, dass das Hungerfühl etwas Erlerntes sei und damit primär von der Sozialisation abhänge. Du argumentierst andauernd gegen Radikalkonstruktivisten wie beispielsweise Voss. Die sind hier nicht anwesend.

    Die Frage ist, welche Phänomene menschlichen Verhaltens sind biologisch befriedigend beantwortbar und welche nicht. Dein und Roslins Glaube an die „bionormative Matrix“ und deren universelle Wirksamkeit erklärt kulturelle Phänomene eben nicht. Es wäre doch absurd, den zweiten Weltkrieg als Folge der physikalischen Gesetze zu behaupten, weil diese doch stets und überall wirksam sind und sich nichts ausserhalb dieser bewegen kann.

    • @peter

      Es bezog sich ja auf Elmar, der schrieb:

      dann heißt das nur, daß es Gelegenheiten gibt, wo wir evolutionär sinnvollen Präferenzen folgen können, aber nicht folgen müssen (manche hungern sich zu Tode) und wenn wir es tun, dann muß sich das nicht evolutionär auszahlen und auch ansonsten können wir nicht an den Merkmalen der Verhalten ablesen, warum es erfolgte und schon gar nicht können wir es vorsagen.

      Ok. Worin liegt dann die Erklärungsleistung deines Ansatzes?

      Er scheint also daraus, dass wir uns gegen Präferenzen entscheiden können herzuleiten, dass Präferenzen nichts über das menschliche Verhalten aussagen können. Das können wir aber natürlich durchaus: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand utner normalen Umständen zu Tode hungert ist verschwindend gering.

      ich hatte ja auch noch folgendes gesagt:

      Wenn Männer zB aus biologischen Gründen mehr Interesse an Sex ohne große Gefühlsbindung haben, Frauen das aber (im Schnitt) eher anders sehen, dann können wir nicht voraussagen, ob eine bestimmte Frau an dem Abend in einer Disko nicht einen Mann nach Hause nimmt. und wir können auch nicht sagen, ob ein Mann auf ein Angebot einer Frau eingeht. Aber wenn wir eine durchschnittlich attraktive Frau und einen durchschnittlich attraktiven Mann rumschicken, der/die direkt nach Sex fragen, dann wird die Frau eben mehr Zusagen erhalten als der Mann.

      Schon haben wir Geschlechterunterschiede, die sich dann natürlich in der Masse auswirken.

      Wenn der stärkere Sexualtrieb zumindest zu einem gewissen Faktor mit (pränatalten und Postnatalen) Testosteron zusammenhängt, dann würden wir bei einer hinreichend großen Studie vielleicht sogar feststellen, dass die Frauen, die dennoch mitgehen, eher einen höheren Faktor in diesem Bereichen haben.

      Gehst du da soweit mit?

      Elmar antwortete schlicht mit „Nein“.

      Ich behaupte ja auch nicht, dass der zweite Weltkrieg durch unsere biologische Natur als konkretes Ereignis zu erklären ist. Aber Krieg, Konflikt etc natürlich schon. Damit kann es auch in eine Erklärung des zweiten Weltkrieges hineinspielen. Das dürfte aber mit allen Wissenschaften die etwas über menschliches Verhalten aussagen so sein.

      und etwas abstrakter: Wenn wir aus Schafen evolviert wären und deren Charakteristika erhalten hätten (was unwahrscheinlicher ist), dann würden wir eben keinen Krieg führen.

      • Ich behaupte ja auch nicht, dass der zweite Weltkrieg durch unsere biologische Natur als konkretes Ereignis zu erklären ist. Aber Krieg, Konflikt etc natürlich schon. Damit kann es auch in eine Erklärung des zweiten Weltkrieges hineinspielen. Das dürfte aber mit allen Wissenschaften die etwas über menschliches Verhalten aussagen so sein.

        Die von Roslin öfters angeführten Universalien sind am ehesten geeignet, einen starken biologischen Einfluss zu belegen. Um komplexe soziale Systeme und deren Wirkungsweisen zu ergründen leisten sie aber wenig.

  7. @ christian

    Ich hab den eindruck, jeder hier vertritt das „integrated model“, oder mindestens die ansicht, dass beide, vererbung und umwelt konstitutiv für den menschen sind. Wer dies bestreitet, hat doch einen knall in der schüssel. Gestritten wird ja in erster linie darum, welcher geistesheld -schurke welche position vertritt. Das ist so ähnlich, wie sich fans verschiedener fussballclubs fetzen (verbal natürlich).

    Versucht man die stärke des einflusses von vererbung vs. umwelt auf persönlichkeitsmerkmale zu ermitteln, muss man scheitern. Die behauptung beispielsweise, erbfaktoren hätten einen stärkeren (oder schwächeren) einfluss auf die intelligenz als umweltfaktoren, ist unhaltbar. Die intelligenz ist zwar ein produkt dieser beiden faktoren. Aber beiden faktoren moderieren auch den einfluss des jeweils anderen faktors.

    Wie man aus zwillings- und stiefgeschwisterstudien prozentuale einflussgrössen ableiten will, ist mir schleierhaft. Die beweisen doch nur, dass vererbung einen grösseren einfluss auf die intelligenz eines menschen haben, als die intelligenz seiner stiefeltern, aber doch nicht als seine gesamte umwelt. In einer deprivierenden umwelt verkümmert talent, kann sich nicht entwickeln. Für die geistige entwicklung der kinder sind die instinkte der eltern wichtiger als deren intelligenz.

    • @messi

      „Ich hab den eindruck, jeder hier vertritt das “integrated model”, oder mindestens die ansicht, dass beide, vererbung und umwelt konstitutiv für den menschen sind.“

      Das wäre ja auch schon eine Erkenntnis, die interessant wäre. Insofern hoffe ich, dass ich da noch viele positionieren.

      Ich bin mir aber bei einigen auch nicht so sicher.
      Elmar beispielsweise würde das wohl eher als biologismus ansehen und auch djadmoros scheint biologische Zusammenhänge bei kognitiven Fähigkeiten sehr ablehnend gegenüberzustehen

    • „Wie man aus zwillings- und stiefgeschwisterstudien prozentuale einflussgrössen ableiten will, ist mir schleierhaft.“

      Prozentuale Angaben von Gen- und Umwelteinflüssen beziehen sich in der Verhaltensgenetik auf Unterschiede zwischen Menschen, nicht auf ein konkretes Individuum. Hier machen Prozentangaben in der Tat keinen Sinn, da jeder Organismus ein unauflösliches Produkt seiner Gene und Umwelt ist.

  8. @ christian

    Djadmoros versucht möglichst viel mit seinen „soziologischen bordmitteln“ zu erklären. Das ist eine interessante herausforderung. Eine ablehnung biologischer zusammenhänge bei kognitiven fähigkeiten sehe ich nicht.
    Ich selbst, eher biologisch denkend, würde aber eine aussage wie :“intelligenz steckt in den genen“ ablehnen. Was hältst du von meiner behauptung, dass nicht auf gene selektiert wird, sondern auf eigenschaften? (Post zu deinem gestrigen artikel)

        • @ Axel

          Nein, einen Meldeknopf für Beleidigungen gibt es nicht. Warum auch.

          Eine gewisse Dickfelligkeit sollte man sich schon zulegen, wenn man über’s Forum spaziert.

          „Was kümmerst es die Deutsche Eiche, wenn eine Sau sich an ihr scheuert!“

          Zu Deiner Bemerkung, Frauen seien die besseren Menschen.

          Das ist statistisch ein Faktum, aber nur die Kehrseite DERSELBEN Medaille, auf deren anderer Seite zu lesen ist, dass Frauen bei der Kulturproduktion/bei Erfindungen/Kreativität weniger leisten (IM SCHNITT) als Männer (sie bauen z.B. kaum schöne Brücken).

          Beides ist Folge der geschlechtlichen Arbeitsteilung, die Frauen mit Schwangerschaft/Stillen belastete und Männer, davon freigestellt, mit einem Mehr an Ressourcenbeschaffung/-verteidigung, mit einem Mehr an geschlechtlichem Verlangen und damit mit einem härteren Konkurrieren um Frauen „schlug“ (weil u.a. auch ein Mann viele Frauen befruchten kann aber eine Frau nur von einem Mann gleichzeitig schwanger werden kann, auch wenn sie mit 100 kurz hintereinander schläft – sie wird davon nur 1 x schwanger, nicht 20 mal) als Frauen mit einem Konkurrieren um Männer geschlagen sind.

          Es ist also kein moralischer Verdienst (im Sinne von Leistung), wenn Frauen weniger aggressiv-mörderisch-direkt aggressiv sind als Männer.

          So wie es auch kein Verdienst ist im moralischen Sinne, dass Männer im Schnitt kreativer-schöpferischer-aufbauender sind als Frauen.

          Männer bauen mehr auf und zerstören mehr, Frauen bauen weniger auf und zerstören weniger.

          Männer sind so, MÜSSEN so sein, können nur so sein, weil Frauen sind wie sie sind und umgekehrt.

          Mannsein bedingt Frausein und umgekehrt.

          So sind, moralisch gesehen, Männer und Frauen einander wert und die Aussage „Frauen (oder Männer) sind die besseren Menschen!“ kann so, als wertende, nicht getroffen werden.

          Bestenfalls als statistisch beschreibende (Männer begehen mehr Gewaltverbrechen UND sind kreativer-aggressiver/Frauen sind weniger OFFEN aggressiv, dafür passiver und weniger schöpferisch).

          Frauen können es sich leisten, weniger aggressiv zu sein, WEIL UND NUR WEIL es Männer gibt.

          Sie müssen nicht kämpfen, weil sie sich um Kinder kümmern mussten und Männer kämpfen lassen konnten.

        • ät Roslin:

          Was Du hier schreibst, ist für manche „Wissenschaftler“ ein echtes Horrorkabinett. 😉

          Aber dito. Nee, Frauen sind natürlich nicht moralischer als Männer, sondern in ihrem natürlichen Verhaltensrepertoire fehlen einfach nur ein paar destruktive Eigenschaften.

          Da fällt mir grade ein, daß die Politisch Korrekten in den Magazinen von ARD und ZDF seit mind. 15 Jahren behaupten, daß Frauen in Nazigruppen „eine immer wichtigere Funktion“ einnähmen. Baha, dummerweise außer NSU nix gewesen.

          Wenn man es schaffen könnte, männliche Aggression bzw. Triebe, Spuren zu hinterlassen, in konstruktive Bahnen zu lenken, hätte man ein enormes Potential freigesetzt.

          Die Soziobiologie dahinter kenn ich natürlich, bin doch Biologe…

          Was den Knopf angeht, gut, da würde Christian wahrscheinlich dauergenervt. Aber was sich manche wie Zeitgenossen wie David hier herausnehmen, paßt mit einem Evolutionsblog nicht mehr zusammen.

          Es gibt doch so schöne PC/-Genderseiten, wo man ganz ungehemmt auf die „Rechten“ und „Biologisten“ schimpfen kann….

        • Taschentuch?

          Keine Sorge, ich werd dich schon in Ruhe lassen. Kannst ja meinen Rat trotzdem beherzigen, ganz so böse war der nun auch nicht gemeint.

        • Korrektur:

          Es ist also kein moralisches Verdienst (im Sinne von Leistung), wenn Frauen weniger aggressiv-mörderisch-direkt-aggressiv sind als Männer.

        • „Es ist also kein moralischer Verdienst (im Sinne von Leistung), wenn Frauen weniger aggressiv-mörderisch-direkt aggressiv sind als Männer.“
          Kindsmorde – das war mal fast eine reine Frauendomäne.

      • @Christian:

        »Djadmoros kann ja noch mal selbst darstellen, was er da genau vertritt«

        Ich kläre jetzt erst mal mit David (der mir an anderer Stelle widersprochen hat) die »Gehirnfrage« – da scheint mir vorerst die Mißverständniswahrscheinlichkeit am geringsten zu sein. 🙂

  9. @ Axel

    Roslins Lebenshilfe, heute das Kapitel „Disküssionskültüre“ in 4 Bildern

    1.) Eine gewisse naturgegebene dickfellige Grundbefindlichkeit hilft:

    2.) Die Fähigkeit zu, wenn nötig, angemessener Antwort sollte vorhanden sein und auch andeutungsweise vorgezeigt werden:

    3.) Hilft das nicht, muss man halt antworten, selbstverständlich nur höchst dezent, mehr lässt Christians Sensibilität auch gar nicht zu:

    Bringt man das nicht mit, läuft man allerdings Gefahr, sich zu „dekonstruieren“:

    • ät Roslin:

      Alle Geschütze gleich groß. „Dreadnought“-Klasse?

      Eins darfst Du nicht vergessen: Auch Evochris und andere stolze Darwinisten stehen unter politischem Druck. Hier schlagen zwar mehrheitlich genderkritische PCler auf, aber PC sind sie deswegen immer noch.

      Im Zweifel dürfen sich Politisch Korrekte daher immer noch mehr erlauben als andere.

      • @ Axel

        *“Dreadnought“-Klasse?*

        Ja, „Dickschiffe“ (Big Bad Battleships)

        Genauer gesagt (von oben nach unten): HMS King George V, ein Schiff der Queen-Elizabeth-Klasse, die USS Wisconsin, die arme HMS Barham (vor Nordafrika, torpediert von einem deutschen U-Boot, 841 der 1184 Männer an Bord starben dabei).

        In Zukunft werden das vor allem Frauen sein, denn die werden uns verteidigen, nicht wahr.

        • ät Roslin:
          Jo, „Fürchtenixe“, Meilenstein beim Wettrüsten vorm IWK.

          Nur die westlichen Armeen werden mit Frauen kämpfen. Die Taliban weiterhin nicht.

          Ingo Appelt hat vorgeschlagen, daß die Bundeswehr schwul werden müsse. Dann würden sich Taliban, Iraner, Nordkoreaner und Russen freiwillig angewidert zurückziehen.

          Ich meine, stell Dir mal vor, Du gerätst als Talib in Gefangenschaft bei der schwulen Bundeswehr?! Waterboarding machen die bestimmt nicht mit Dir. Die haben da eine viel bessere Idee….

          😉

        • Daher passt auch 1. nicht, die King George V war der Klassenprimus der Prince of Wales, welche in ihren zwei ernsthaften Kampfeinsätzen beim ersten von der Bismark deklassiert und dann im zweiten von japanischen Fliegern sang- und klanglos versenkt wurde.
          Die King George V hat als Glanzleistung lediglich vorzuweisen bei der Bismark Leichenschändung betrieben zu haben.
          Nicht sehr abschreckend.
          ;-).

      • @Axel

        „Hier schlagen zwar mehrheitlich genderkritische PCler auf, aber PC sind sie deswegen immer noch.“

        Das Problem ist, dass Du politische Motive unterstellst, ohne das wirklich genau wissen zu können. Zusätzlich generalisierst Du diese Politisierungen noch. Du vermeidest eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Argumenten, indem Du auf diese politische Ebene gehst und zwar, indem Du einfach Gesinnung und Motive unterstellst. Dann sind die Sozialwissenschaftler links oder die Evolutionsskeptiker neigen ganz menschlich zum Glauben und wehren unliebsame Erkenntnisse ab.

        Das ist kein sehr fairer Diskussionsstil. David mag das drastischer ausgedrückt haben und vielleicht hat er sich im Ton vergriffen. Aber inhaltlich hat er leider recht.

        • ät Lomi,

          Vorsicht, vorsicht, Lomi, jetzt unterstellst DU mir was.

          Lies das Zitat: “Hier schlagen zwar mehrheitlich genderkritische PCler auf, aber PC sind sie deswegen immer noch.”

          Da stehen keine Namen und auch kein Studiengang.

          Beschimpfungen wie „peinlich“, „Schleimer“ usw. wie D. verwende ich nicht und werde es auch nicht tun.
          Du kannst mir also keinen schlechten Stil unterstellen, und der Kollege hat sich nur ein bißchen im Ton vergriffen, hat aber ganz recht.

          Du verteidigst Deinen Studienkollegen, Lomi.
          Dich hatte ich übrigens nie kritisiert, weil ich keinen Anlaß dazu hatte.
          Ganz so pauschal bin ich denn nun auch wieder nicht.

          Steven Pinker hat mal geschrieben, daß es schlechter Stil sein, jemandem seine politische Haltung vorzuwerfen. Wenn aber die politische Haltung exakt der Knackpunkt ist?

          Ich weiß nicht, wo Du stehst und es ist auch unerheblich, wenn die Politik aus der Soziologie draußen bleibt.

          Leider ist die Erfahrung, zumindest im allgemeinen, eine andere. Unser Leszek zum Beispiel, den ich übrigens schätze, vermischt ganz offen Politik mit Wissenschaft, was ich ihm auch schrieb.

          Bei anderen Mitdiskutierern schimmert die Weltanschauung mehr oder weniger subtil durch. Bei mir auch, sie heißt Evolutionslehre.

          Und da liegt das Problem: Wenn ein paar Sozialwissenschaftler politisiert sind, egal, aber wenn es sich um ein Massenphänomen handelt, werde ich das kritisieren und lasse mich auch nicht durch den üblichen sozialen Druck davon abhalten.

          Das ist ja das Schöne an diesem Evolutionsblog; hier sind nicht alle wie in der Realität PC-ängstlich (denk an Rotherham) und man kann Probleme in der akademischen Welt offen ansprechen, ohne geschlachtet zu werden.

          Eine Frage, die mehr sagt als tausend Worte:
          Aus welcher Uni-Disziplin haben sich die Gender Studies entwickelt, und in welchen Studiengängen wird Gender propagiert?

        • Axel,

          ich verteidige Leszek nicht, zumindest nicht, dass er einen dezidierten politischen Standpunkt vertritt. Ich würde ihn dort verteidigen, wo er inhaltlich argumentiert (was er oft und sehr belesen tut). Ich bin nicht mit ihm d’accord, was die Rolle der Politik in der Sozialwissenschaft angeht.

          „Aus welcher Uni-Disziplin haben sich die Gender Studies entwickelt, und in welchen Studiengängen wird Gender propagiert?“

          Es gab mehrere Disziplinen, das wird leider gerne vergessen. Als das hier noch kein Thema war und es diesen Blog noch lange nicht gab, hatte ich mit Gender schon zu tun und da kam es sowohl aus Philosophie, Literaturwissenschaft und der Soziologie.

          Wie Djadmoros aber richtig gestern schrieb: Im Wesentlichen ist Gender politisch von oben installiert worden durch Besetzungs- und Stellenpolitik und genau deshalb ist Gender so präsent. Aus dem Fach allein heraus hätte das nie eine solch starke Unterstützung gefunden.

          Gegenfrage: Ein Fach, dass „Konservative“, wie Weber, Parsons und Luhmann breit schätzt, wie dezidiert links kann das sein? Linke Soziologen gibt es, natürlich. Aber das lässt sich so gar nicht generalisieren. Der „linke Soziologe“ als Hauptvertreter ist eher ein Klischee aus den 60er Jahren.

          „Bei anderen Mitdiskutierern schimmert die Weltanschauung mehr oder weniger subtil durch. Bei mir auch, sie heißt Evolutionslehre.“

          Die Evolutionstheorie ist in meinen Augen keine Basis einer Weltanschauung. Sie ist ein Modell, eines, das aktuell trägt, aber niemand weiß, wie lange das noch der Fall sein wird. Schließlich gehen wir von weiterer Innovation in der Wissenschaft aus und das heißt, dass jedes Modell nur vorläufig ist. Wer die Evolutionstheorie zur Weltanschauung ausbaut, verlässt den Boden der Naturwissenschaft und fängt an, unbewusst zu philosophieren, WErtungen einzubauen, moralische Schlussfolgerungen zu ziehen. Das sind alles Dinge, die die Theorie so nicht leisten kann, sondern die man ihr hinzufügt.

          Das gilt auch für Soziologie. Auch hier kann die reine Theorie eigentlich keine Weltanschauung begründen. Wer das macht, treibt letztlich politische Philosophie.

          • @lOMi

            „Die Evolutionstheorie ist in meinen Augen keine Basis einer Weltanschauung“

            Man kann anhand der dortigen Grundlagen durchaus die Anschauung aufbauen, dass es zB keinen Sinn des Lebens etc gibt. Sie ist auch eine gute Basis einer atheistischen Weltanschauung

            „Sie ist ein Modell, eines, das aktuell trägt, aber niemand weiß, wie lange das noch der Fall sein wird“

            Ich würde da eher sagen, dass sie widerlegbar ist und das sehr schnell und leicht möglich wäre (ein Fossil in der unpassenden Schicht kann da schon einige Probleme bereiten)

            „Schließlich gehen wir von weiterer Innovation in der Wissenschaft aus und das heißt, dass jedes Modell nur vorläufig ist“

            ….vorläufig sein kann. Bei der Evolutionstheorie halte ich das Risiko allerdings für relativ gering (aber gut, das denkt man ja über jede Theorie)

        • Aus welcher Uni-Disziplin haben sich die Gender Studies entwickelt, und in welchen Studiengängen wird Gender propagiert?

          Frag‘ doch ein Biologiebuch, wenn du nicht in der Lage bist ein Geschichtsbuch zu lesen.

        • Nick,

          Axels Frage war ja eine rhetorische Frage. Sie zielte darauf ab, dass ich als Soziologe zugeben müsse, dass es halt die Soziologie gewesen sei und insofern Anlass zur Selbstkritik habe.

        • @ Axel

          Auf diesem Blog werden allgemein wissenschaftliche UND politische Diskussionen geführt.
          Dies ist nicht nur ein Blog zu evolutionär-psycholgischen Themen, sondern einer der bekanntesten Blogs der deutschssprachigen Männerrechtsbewegung, betrieben von Christian, einem bekannten liberalen Männerrechtler.
          D.h., dies ist AUCH ein politischer Blog.

          Des Weiteren haben viele Kommentatoren hier unterschiedliche politische Weltsichten, so dass es auch immer wieder zu politischen Diskussionen kommt.
          Du wirst hier also kaum jemanden finden, der nicht Politik und Wissenschaft vermischt.

          Die Vermischung von Politik und Wissenschaft auf diesem Blog ist unvermeidbar und auch per se keineswegs schlimm.
          Entscheidend ist aber, ob man trotzdem um Objektivität bemüht ist.
          Ich habe den Anspruch bei allen geistes- und sozialwissenschaftlichen Themen um Objektivität bemüht zu sein.
          Und ich liefere relativ häufiger Belegquellen für meine Behauptungen als viele andere hier, so dass das, was ich sage, für jemanden, der sich für die Themen interessiert, überprüfbar wird.
          Des Weiteren lehne ich ideologische Propagandalügen ab und kritisiere diese auf allen Seiten.
          Meine Feminismuskritik ist z.B. bewusst differenzierter, unideologischer und wissenschaftlich fundierter als die mancher anderer, da ich den Anspruch habe dabei um Objektivität bemüht zu sein.

        • Wie Djadmoros aber richtig gestern schrieb: Im Wesentlichen ist Gender politisch von oben installiert worden durch Besetzungs- und Stellenpolitik und genau deshalb ist Gender so präsent. Aus dem Fach allein heraus hätte das nie eine solch starke Unterstützung gefunden.

          Absolut zutreffend: „Gender Studies“ sind von Außen in die Unis getragen worden. Zunächst als „Women’s Studies“ und aus der 2nd-Wave Bewegung heraus.

          Das politische Kapital zur Etablierung im Maistream war wohl ganz klar die Hysterie um sexuelle Gewalt der 1980er, die sehr maßgeblich auch von konservativer Seite mitgetragen wurde.

          Linke waren, in den 1980ern, kaum in der Lage irgendetwas gegen den Willen der Konservativen durchzusetzen. Weder in den USA, in GB noch in D.

          Das soll jetzt natürlich nicht heißen, dass die Linke ihre Hände in Unschuld waschen könne, allerdings scheint unsere Bioreduktionisten-Fraktion sich hier gehörige Scheuklappen zugunsten ihrer primitiven Feindbildinstinkte anzulegen.

        • “Sie ist ein Modell, eines, das aktuell trägt, aber niemand weiß, wie lange das noch der Fall sein wird”

          Es gibt allerdings keinen Anlass zu vermuten, dass sie jemals widerlegt werden könnte. Es handet sich immerhin nicht um eine Theorie, die große Lücken hätte, oder die fundamentale Fragen offen lässt.

        • Christian

          „Man kann anhand der dortigen Grundlagen durchaus die Anschauung aufbauen, dass es zB keinen Sinn des Lebens etc gibt. Sie ist auch eine gute Basis einer atheistischen Weltanschauung“

          Der Punkt ist nicht, dass die Theorie Anhaltspunkte dafür liefern kann. Das kann sie sicher. Mein Einwand ist ein anderer: Sobald Du z.B. sagst, dass es keinen Sinn des Lebens gibt, machst Du keine Evolutionstheorie mehr. Denn über Sinn spricht diese Theorie nicht. Über Sinn zu reden ist immer eine philosophische Debatte, auch wenn man dann sagt, es gäbe keinen Sinn (das sagen durchaus auch Philosophen so). Mir ging es also um die Grenze der Disziplin bzw. der Wissenschaft selbst. Die Evolutionstheorie beschreibt die Herausbildung der Arten. Sie beschreibt nicht, wie wir leben sollen oder was wir daraus für unseren Alltag schlussfolgern. Das machen wir dann für uns selbst, aber wir tun es dann eben nicht mehr als Evolutionstheoretiker.

          „Ich würde da eher sagen, dass sie widerlegbar ist und das sehr schnell und leicht möglich wäre (ein Fossil in der unpassenden Schicht kann da schon einige Probleme bereiten)“

          Die Widerlegbarkeit ist ja Konstruktionsbedingung jeder Theorie.

          „….vorläufig sein kann. Bei der Evolutionstheorie halte ich das Risiko allerdings für relativ gering (aber gut, das denkt man ja über jede Theorie)“

          Ja, das Risiko halte ich auch für sehr gering. Aber das liegt auch daran, dass wir uns derzeit keine bessere Alternative vorstellen können.

        • „Ja, das Risiko halte ich auch für sehr gering. Aber das liegt auch daran, dass wir uns derzeit keine bessere Alternative vorstellen können.“

          Das ist m. E. eien typische Soziologensicht á la „Der Kapitalismus existiert nur, weil wir uns derzeit keine bessere Gesellschaftsordnung vorstellen können.“ So funktioniert Naturwisenschaft aber nicht. Da geht es um harte Fakten.

          „Denn über Sinn spricht diese Theorie nicht.“

          Nein, das tut sie nicht. Die objektive Sinnlosigkeit des Lebens ergibt sich allerdings recht leicht aus der Evolutionstheorie: Wenn man weiß, dass 99 Prozent aller Arten nicht mehr existieren, wenn man weiß, dass auch der Menschen nur ein Produkt von Mutation und Selektion ist, der entweder „nur“ eine Zwischenstufe für irgendeine zukünftige andere Art darstellt, oder ebenfalls aussterben wird, dann wird jede Anschauug, die uns Menschen einen Sinn oder einen Auftrag bescheinigt, fragwürdig und obsolet. Es gibt nur den Sinn im Leben, den der Einzelne sich selber schafft.

        • Adrian

          „Das ist m. E. eien typische Soziologensicht á la “Der Kapitalismus existiert nur, weil wir uns derzeit keine bessere Gesellschaftsordnung vorstellen können.” So funktioniert Naturwisenschaft aber nicht. Da geht es um harte Fakten.“

          Falsch. Das unterstellt, es gäbe theoriefreie Fakten. Die gibt es aber nicht. Jeder „Fakt“ beruht auf einer Reihe von Vorannahmen. Was als „Fakt“ gilt und was nicht, wird bestimmt von Theorien, die Fakten und ihre Relevanz vorab definieren.

          Das heißt nicht, dass man Fakten erfindet oder dass es die Natur nicht gäbe. Es geht hier mehr um die Wahrnehmung und um das, was man misst und was man außer Acht lässt. Verändert man hier seine Prämissen, können sich auch Theorien und Modelle verändern. Das zeigt z.B. die Quantentheorie. In Paul Feyerabends „Wider den Methodenzwang“ kann man das auch schon für Galilei nachlesen. Auch dessen Modell entsprach ursprünglich nicht den „Fakten“, hatte damit etwas willkürliches. Am Ende war es eine Revolution und war dann doch die bessere Erklärung.

          „Nein, das tut sie nicht. Die objektive Sinnlosigkeit des Lebens ergibt sich allerdings recht leicht aus der Evolutionstheorie: Wenn man weiß, dass 99 Prozent aller Arten nicht mehr existieren, wenn man weiß, dass auch der Menschen nur ein Produkt von Mutation und Selektion ist, der entweder “nur” eine Zwischenstufe für irgendeine zukünftige andere Art darstellt, oder ebenfalls aussterben wird, dann wird jede Anschauug, die uns Menschen einen Sinn oder einen Auftrag bescheinigt, fragwürdig und obsolet. Es gibt nur den Sinn im Leben, den der Einzelne sich selber schafft.“

          Dem stimme ich zu. Das hätte vermutlich Heidegger sofort unterschrieben. ^^ Man braucht für diese Feststellung nicht zwingend die Evolutionstheorie. Ich weiß auch gar nicht, wer außer der Kirche dem Menschen noch einen quasi naturgegebenen Sinn oder Auftrag zuspricht.

        • @LoMi, mit Glaubensbekenntnissen kommt man in der Wissenschaft nicht weiter:

          *Die Evolutionstheorie ist in meinen Augen keine Basis einer Weltanschauung.*

          Die Begründung ist abenteuerlich. Zuerst gibst Du zu, dass es aktuell trägt:

          *Sie ist ein Modell, eines, das aktuell trägt, aber niemand weiß, wie lange das noch der Fall sein wird.*

          Streust die Plattitüde, denn ALLE Modelle, die die Realität beschreiben sind vorläufig, ein *dass jedes Modell nur vorläufig ist.*,

          um ohne jeden Beleg zu unterstellen und zu spekulieren:

          *Wer die Evolutionstheorie zur Weltanschauung ausbaut, verlässt den Boden der Naturwissenschaft und fängt an, unbewusst zu philosophieren, WErtungen einzubauen, moralische Schlussfolgerungen zu ziehen.*

          Zum Schluss projizierst Du Dein Bemühen eine „Weltanschaung zu entwickeln“ auf Evolutionsbiolologen oder Anhäger des ISSM:

          *… kann die reine Theorie eigentlich keine Weltanschauung begründen. Wer das macht, treibt letztlich politische Philosophie.*

          Bitte nimm zur Kenntnis, dass zumindest für mich und wie ich meine den meisten „rechts-populistischen Evolutionsanhänger“ es darum geht beobachtetes menschliches Verhalten emotionslos und wertfrei möglichst gut zu verstehen.

          Aus gutem Grund trennt man in der Wissenschaft, die Modellierung, die Beobachtung und die Analyse von der Bewertung. Das hat miteinander NICHTS zu tun, @LoMi.

        • „Das unterstellt, es gäbe theoriefreie Fakten. Die gibt es aber nicht.“

          Falsch. Es gibt keine faktenfreien Theorien. Die würde man nämlich Hypothese nennen.

          „Jeder “Fakt” beruht auf einer Reihe von Vorannahmen.“

          Zum Beispiel?

          „Ich weiß auch gar nicht, wer außer der Kirche dem Menschen noch einen quasi naturgegebenen Sinn oder Auftrag zuspricht.“

          Die politsiche Linke: Der Mensch sei das da, die Gesellschaft zu verändern und sich sebst zu perfektionieren (im Sinne der Linken).

        • Albert

          „Aus gutem Grund trennt man in der Wissenschaft, die Modellierung, die Beobachtung und die Analyse von der Bewertung. Das hat miteinander NICHTS zu tun, @LoMi.“

          Habe ich IRGENDWO was anderes gesagt????

          Nein!

          Es ist genau das, was ich vertrete: Politik hat in der Wissenschaft nix zu suchen. Wertungen auch nicht.

          (Bist Du eigentlich in der Forschung? Mal neugierdehalber)

          Es gibt eine Reihe von Missverständnissen in Deinem post:

          Ich habe Dir nichts unterstellt. Axel hat die Evolutionstheorie als seine Weltanschauung bezeichnet. Darauf habe ich reagiert. Du solltest Dich diesbezüglich nicht angesprochen fühlen.

          „um ohne jeden Beleg zu unterstellen und zu spekulieren:

          *Wer die Evolutionstheorie zur Weltanschauung ausbaut, verlässt den Boden der Naturwissenschaft und fängt an, unbewusst zu philosophieren, WErtungen einzubauen, moralische Schlussfolgerungen zu ziehen.*“

          Das ist ein theoretischer Satz, der sich auf die Disziplingrenzen bezieht. Evolutionstheorie hat einen abgegrenzten Gegenstandsbereich. Zu diesem Gegenstandsbereich gehören weder politische noch Sinnfragen. Mehr habe ich nicht gesagt. In Reaktion auf Axel habe ich darauf verwiesen, dass deshalb die Evolutionstheorie keine Weltanschauung sein kann bzw. dass eine Weltanschauung mehr ist als nur Evolutionstheorie.

          Da gibt es nichts zu belegen. Ich sehe auch nicht, was Du damit zu tun hast.

        • Adrian

          „Zum Beispiel“

          „1 ist eine Zahl“
          Das wäre schon mal eine Prämisse. Ich denke, wir sind uns einig, dass Logik die allgemeinste Grundlage von Wissenschaft ist. Jetzt schau ins Logikbuch und Du findest jede Menge Axiome und Theoreme, die nicht von Fakten hergeleitet werden, sondern vorab definiert.

          Naturwissenschaft ohne Logik und Mathematik wäre vermutlich kaum vorstellbar.

        • @ LoMI
          Logik entsteht doch aber nicht im luftleeren Raum, sondern muss zumindest ursprünglich auf Fakten gestützt sein, oder zumindest aus dem Ausschluss von Unwahrscheinlichkeiten, die aber auch wieder mit der Realität übereinstimmen müssen. Wenn Logik sich nicht auf Fakten zurückführen lässt, entfällt doch die Grundlage für eine logische Schlussfolgerung.

        • für Evochris und Lomi:

          Ui, hier geht´s ja ab!

          Gender kommt “ aus Philosophie, Literaturwissenschaft und der Soziologie.“ Nicht zu vergessen die Politologie.
          Ist aber kein Dissens mit mir. Ich habe mich nur etwas verkürzt ausgedrückt. Ich habe mal den Ausdruck „GSGW“ benutzt („Gender/Sozial/Geistes-„Wissenschaft“). Was aber Wirtschaftlern oder HIstorikern gegenüber unfair wäre.

          Wie dem auch sei, Radikale sammeln sich in bestimmten Fächern, die teils nah verwandt sind. Gut, da haben wir einen Konsens.

          Ansonsten schreibst Du, Lomi, die pure Apologese für Dein Fach. Das nenne ich nicht kritisch! Entschuldige, aber das ist „die Reihen fest geschlossen“, wie beim ML in der DDR:
          Zu behaupten, daß Gender (u.a. Dinge) von nebulösen Führern Euch aufoktroyiert wurde, ist Propaganda. Die „Führer“ sind ja selber linke Polithasen aus den GSGW, und ihr Programm wurde in den politisierten Fächern der Unis bereitwillig aufgenommen und weiterpropagiert.
          Ich kenne solche Spinner PERSÖNLICH.

          Daß Luhmann und Weber konservativ sein sollen, ist eine recht taktische Behauptung. Nicht alles, was nicht marxistisch-leninistisch oder Anarcho ist, muß gleich konservativ sein.

          Daher: Daß in der Soziologie/Politologie kein dunkelroter Wind wehen soll, ist ein typisches Verteidigungsargument, das immer gern kommt, wenn Extremismuskritiker den So-PoWis mangelnde Wissenschaftlichkeit und Politisierung vorwerfen.
          Und das tun nicht nur kleine Kommentatoren wie ich, sondern namhafte Evolutionswissenschaftler wie Pinker oder Trivers. Und Jan Fleischhauer nicht vergessen.

          Auf Michael Kleins Seite hat sogar mal ein Genderer versucht, zu behaupten, daß Gender nicht politisch wäre.

          Die Evolutionstheorie IST kein Modell, sondern HAT Modelle. Daß der Darwinismus irgendwann gar nicht mehr gelten könnte, ist wissenschaftstheoretisch formal korrekt. Aber Du, Lomi, meinst das doch nicht ernst, oder?
          Pardon, aber da schimmert ja schon wieder die Politik durch.

          Deine formale Vorsicht, Chris, würde ich nicht teilen. Die Evolution kann immerhin mittlerweile in Echtzeit beobachtet werden, wenn z.B. eine transgene Zellinie im Labor das Transgen aufgrund von Selektionsdruck wieder verliert. Habe ich persönlich erlebt (erleidet).

          Die Evolutionstheorie halte ich nicht für einen Ersatz für Religionen oder Ideologien (Gott bewahre 😉 ) die wir Menschen so dringend benötigen, weil sie nicht unbedingt Handlungsanweisungen gibt, und auch kein Freund-Feind-Schema liefert.
          Bei der Beschreibung des Menschen und des ZUsammenlebens ist sie aber ein hervorragendes Instrument! Wesentlich besser zumindest als Gender oder andere linke oder rechte Radikalideologien.

          Die „pure“ Soziologe wäre auch ein sehr gutes Instrument, in ihren selbstgesteckten Grenzen.
          Allein, das Personal will nicht.

        • ät Leszek:

          Klar können wir hier auch gerne über Politik reden.
          Das ist aber nicht der Punkt.
          Vermischung ist der Punkt. Dein Revolutions-Psycho-Buch ist das beste Beispiel von Dir.
          Wissenschaftliche klinische Daten, vermixt mit antikapitalistischer Rhetorik. Ua!

        • „Falsch. Das unterstellt, es gäbe theoriefreie Fakten. Die gibt es aber nicht. Jeder “Fakt” beruht auf einer Reihe von Vorannahmen. Was als “Fakt” gilt und was nicht, wird bestimmt von Theorien, die Fakten und ihre Relevanz vorab definieren. “
          Es gibt aber Fakten, die in verschiedenen Theoriegebäuden identisch sind.
          „Das wäre schon mal eine Prämisse. Ich denke, wir sind uns einig, dass Logik die allgemeinste Grundlage von Wissenschaft ist. Jetzt schau ins Logikbuch und Du findest jede Menge Axiome und Theoreme, die nicht von Fakten hergeleitet werden, sondern vorab definiert. “
          Oje. Fakten bedeuten Aussagen über eine außerindividuelle WIrklichkeit. Die Aussagen “ 1 ist eine Zahl“ ist aber ein idealwissenschaftliches Konstrukt insofern als Mathematik NICHTS über die Wirklichkeit aussagt.

          Die Frage, warum Mathematik trotzdem funktioniert ist interessant.
          Kant würde sagen „Weil der menschliche Geist synthetische Aussagen a priori treffen kann“. M.a.W. es gibt dem Geist eigene Gesetze die innerhalb des Geistes aussagen hervorbringen können(synthetisch), die mit der Welt umher übereinstimmen, ohne aus dieser zu stammen (a priori).

          Ich denke mal, das liegt daran weil die menschliche Körperlichkeit und Wahrnehmung evolutionsgeschichtlich in unserem Gehirn derart verdrahtet sind, dass wir dieser nicht entkommen können.
          Was aber weder heißt das, ALLE synthetischen Urteile a priori funktionieren, noch dass wir handlungsunfähige Sklaven unserer Gene sind.

        • was wollen hier einige eigentlich immer mit ihrem komischen „Sinn des Lebens“? Das ist nicht und war noch nie eine bedeutende, wenn überhaupt eine Frage, der sich die Philosophie gewidmet hat. „Was ist der Sinn des Lebens?“ fragen Jugendliche in Poesiealben oder heute auf Facebook und „Neue Atheisten“ um dann qua Naturalistischem Fehlschluss von der Beschreibungsebene zur Folgerung „es gibt keinen“ springen zu können. Beides ungefähr gleich infantil.

          Von den Vorsokratikern bis heute hat sich jedoch Philosophie dieser Frage, die nur Geschwätz oder Null-Aussagen als Antworten zulässt, aber nie gewidmet. Stattdessen geht es um die Fragen „was kann ich wissen“ –> Erkenntnistheorie, „was soll ich tun“ u. „was darf ich hoffen“ –> Moralphilosophie, daran anschließend Theorie von der bestmöglichen Einrichtung der Gesellschaft oder bei sozialen Atomisten die Frage was ein gutes Leben ausmache (nein, mit dem „Sinn des Lebens“ hat das nichts zu tun, viel aber mit allen bisherigen Versuchen radikalen Liberalismus und Kapitalismus zu rechtfertigen. vgl. z.B. Utilitarismus), sowie um die Frage welche Struktur des Seienden (welche waltenden Gesetze) wir voraussetzen = Ontologie. Warum auch die Biologie da nicht drumrumkommt, hätte der interessierte bei den seit Wochen hier verlinkten Mahner und Bunge in Erfahrung bringen können. http://bookzz.org/book/2142221/6cc1bd

          Nach dem Sinn des Lebens fragt niemand, hat nie jemand gefragt. Das ist nur so eine idiotische Vereinfachung, die Denkfaule gern benutzen.

        • @ Axel

          „Klar können wir hier auch gerne über Politik reden.
          Das ist aber nicht der Punkt. Vermischung ist der Punkt. Dein Revolutions-Psycho-Buch ist das beste Beispiel von Dir.
          Wissenschaftliche klinische Daten, vermixt mit antikapitalistischer Rhetorik. Ua!“

          Erstens steht im Klappentext des Buches nichts von Revolution. Und zweitens kann es keine ernsthafte Kritik an den in dem Buch dargestellten wissenschaftlichen Befunden sein kann, dass dieses Buch eine wissenschaftliche und eine politische Dimension besitzt. Es ist schließlich nicht als wissenschaftliches Fachbuch deklariert. Ob und inwieweit die darin dargestellten Forschungsergebnisse zutreffen oder nicht, kann nicht von den politischen Einstellungen der Autoren abhängig gemacht werden, sondern muss wissenschaftsintern und nach wissenschaftlichen Kriterien ermittelt und beurteilt werden.

          Du berücksichtigst hier den einfachen Unterschied zwischen einem rein wissenschaftlichen Buch und einem wissenschaftlich fundierten Buch nicht. Würde man deine Kritik ernst nehmen, wären die meisten wichtigen Standardwerke der Männerrechtsbewegung abzulehnen, denn sie besitzen fast alle sowohl eine politische als auch eine wissenschaftliche Dimension.

          Die politische Dimension männerrechtlicher Bücher besteht z.B. darin, zur Anerkennung und Berücksichtigung von Diskriminierungen, Benachteiligungen, sozialen Problemlagen und Menschenrechtsverletzungen, von denen Jungen und Männer betroffen sind sowie zu deren Beseitigung beizutragen – eine politische Zielsetzung.

          Die wissenschaftliche Dimension besteht darin, dass solche Bücher wie z.B. Warren Farrells “Mythos Männermacht”, Arne Hoffmanns “Sind Frauen bessere Menschen?” oder Walter Hollsteins “Was vom Manne übrigblieb” regelmäßig eine Vielzahl von wichtigen Forschungsergebnissen zum Thema – mit Belegquellen – darstellen. Und das zu tun, ist angesichts der kulturellen Hegemonie des radikalen Feminismus in den medialen und politischen Diskursen auch sehr wichtig. Viele der besten männerrechtlichen Autoren geben sich also Mühe, wissenschaftlich fundierte Bücher zu schreiben und trotzdem sind es auch politische Bücher.

          Ob die in den Standardwerken der Männerrechtsbewegung dargestellten Forschungsergebnisse zutreffen oder nicht, kann aber offensichtlich nicht davon abhängig gemacht werden, dass diese Bücher auch eine politische Dimension besitzen, sondern muss unabhängig davon ermittelt werden, was durch die Angabe von Belegquellen ja auch potentiell möglich wird.

          Ein anderes Beispiel: Ich verwies im Laufe unserer Diskussion letzte Woche auf das Buch einer dissidenten Feministin, nämlich Griet Vandermassen, die in dem Buch “Who’s Afraid of Charles Darwin?: Debating Feminism and Evolutionary Theory” eine Einbeziehung der Forschungsergebnisse der Evolutionären Psychologie zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Geschlechter in die feministische Theoriebildung fordert, die Gender Studies und deren wissenschaftstheoretische Auffassungen kritisiert sowie einen Form des Feminismus entwirft, die auf dem Menschenbild der Evolutionären Psychologie beruht. Auch dies ist ein Beispiel für ein Buch mit einer politischen und einer wissenschaftlichen Dimension. Man muss aber nicht die feministische und politisch linke Einstellung der Autorin teilen, um anzuerkennen, dass sie die evolutionär-psychologischen Forschungsbefunde und Theorien zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Geschlechter in diesem Buch weitgehend zutreffend darstellt.
          Die Beurteilung der in dem Buch dargestellten Forschungsergebnisse und Theorien der Evolutionären Psychologie ist unabhängig von den politischen Ansichten der Autorin (die in dem Buch auch zum Ausdruck kommen) zu beurteilen.

          Das Argument der Vermischung von Politik und Wissenschaft ist daher hinsichtlich vieler Diskussionen auf diesem Blog nutzlos, da es keine inhaltliche Widerlegung von Forschungsbefunden und Argumente darstellt.
          Vielmehr fungiert der Vorwurf der Vermischung von Politik und Wissenschaft manchmal als Diskursstrategie, wenn man selbst keine ernsthaften Argumente zu einem Thema hat. Unser geschätzter Mitkommentator DerdieBuchstabenzählt beispielsweise verwendet diese Diskursstrategie manchmal gerne (z.B. heute gegen mich im Strang zum Selbermach Samstag). Es fällt nämlich viel leichter zu versuchen Argumente und Belege einfach mit oberflächlichen Vorwürfen dieser Art abzuschmettern anstatt tatsächlich zum Thema zu recherchieren und selbst Argumente und Belege zu präsentieren.

        • @LoMi, falls @Axel Weltanschauung die Evolutionslehre sein sollte, dann finde ich es zumindest verkürzt und insgesamt nicht ausreichend. Da gehört schon mehr dazu, aber ohne Evolutionslehre fehlt meines Erachtens auch ein entscheidender Teil.

          Hinsichtlich Deiner Argumentation gegen die Evolutionslehre habe ich nichts zurückzunehmen, denn sie ist aktuell das beste Modell für viele Verhaltensweisen. Hinsichtlich der Bewertung, dann aber doch. Hiermit geschehen!

        • Albert

          „Hinsichtlich Deiner Argumentation gegen die Evolutionslehre habe ich nichts zurückzunehmen, denn sie ist aktuell das beste Modell für viele Verhaltensweisen.“

          Ich argumentiere nicht gegen die Evolutionstheorie. Ich argumentiere allenfalls gegen gewisse Überbetonungen. Damit meine ich evolutionäre Erklärungen für Gegenstände, die nicht durch Evolution erklärt werden können. Das ist eigentlich alles. Ansonsten habe ich kein Problem damit.

          In diesem Forum hier wird allzu schnell hinter jedem Einwand ein genderähnlicher Konstruktivismus vermutet. Das ist aber falsch. Hier wird sich an den beliebten Strohmännern abgearbeitet. Ich bin keiner, der die Evolutionstheorie abschaffen möchte oder der sie nicht mag oder dem sie politisch quer liegt. Mir liegen nur Reduktionen quer, weil sie mich nicht überzeugen.

          • @LoMi

            „Damit meine ich evolutionäre Erklärungen für Gegenstände, die nicht durch Evolution erklärt werden können“

            Auch da kann man aber schnell in eine „Überabwehr“ gelangen. Denn in vieles menschliche spielt nun einmal die evolution jedenfalls über die Erweiterung der evolutionären Psychologie mit hinein und die Evolution bietet eben auch Grundlagen für andere Betrachtungen. Adrian hatte dazu ja bereits etwas geschrieben.

        • Christian

          „Auch da kann man aber schnell in eine “Überabwehr” gelangen.“

          Das ist immer möglich. Ich würde nie behaupten, immer nur recht zu haben. Wer immer nur Recht hat (besser: meint, recht zu haben), dem misstraue ich.

        • „Jeder “Fakt” beruht auf einer Reihe von Vorannahmen. Was als “Fakt” gilt und was nicht, wird bestimmt von Theorien, die Fakten und ihre Relevanz vorab definieren.“

          Was als Fakt gilt und was nicht, wird bestimmt davon, ob Menschen unter Maßgabe dieses Faktums leben und sich fortpflanzen können. Wenn die menschliche Erfahrung die Realität nicht angemessen erkennen würde, gäbe es schon lange keine Menschen mehr. Insofern gibt es überhaupt keinen Grund zu der Annahme, irgendwelche Theorien würden bestimmen, was als Fakt gilt und was nicht.

          Vögel versuchen nie, durch einen Baum hindurch zu fliegen, Sie fliegen immer um ihn herum. Warum wohl? Weil sie offenbar die Realität richtig erkennen, ohne komplizierte Theorien zu haben, andernfalls die natürlich Auslese sie schon lange beseitigt hätte.

          Und insofern ist die Evolutionstheorie natürlich schon als Weltanschauung relevant, denn sie kann Lösungen für viele traditionell der Philosophie oder Soziologie zugerechnete Probleme liefern, der Erkenntnistheorie z.B,. wie oben angedeutet. Prof. Gerhard Vollmer hat dazu sehr interessantes geschrieben (http://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Vollmer), oder in der Ethik, wo es z.B. das hervorragende Buch“The Expanding Circle – Sociobiology and Ethics“ von Peter Singer (http://www.amazon.de/The-Expanding-Circle-Evolution-Progress/dp/0691150699), das ich besser finde als alles, was von Moralphilosophen in den letzten 100 Jahren geschrieben wurde .

          Im Übrigen erklärt das für mich natürlich auch den großen Wiederstand gegen die Evolutionstheorie in den Sozial- und Geisteswissenschaften; man wehrt einfach die Konkurrenz ab.

          • @el Mocho

            „Im Übrigen erklärt das für mich natürlich auch den großen Wiederstand gegen die Evolutionstheorie in den Sozial- und Geisteswissenschaften; man wehrt einfach die Konkurrenz ab.“

            Das ist die eine Sache und es kommt dazu, dass man mit den neuen Theorien auch erhebliche „versunkene Kosten“ bestehen, nämlich eine Vielzahl philosophischer Theorien schlicht aufgeben müsste.

            Man müsste einen Großteil der bisherigen Ansichten, über die viel geschrieben und viel gedacht wurde aufgeben und in einen Bereich hinein, der vollkommen anderen Regeln folgt. Ein Philosophieprofessor würde dann vom Fachmann zum Laien. Natürlich erzeugt das erhebliche Widerstände

        • El Mocho

          „Was als Fakt gilt und was nicht, wird bestimmt davon, ob Menschen unter Maßgabe dieses Faktums leben und sich fortpflanzen können.“

          Ja, dem stimme ich prinzipiell zu. Natürlich gibt es harte Fakten im Sinne von Lebensbedingungen, die man nicht ignorieren kann.

          Ich sprach aber von wissenschaftlichen Fakten. Diese sind nie theoriefrei zu haben. Ich muss immer Festlegungen treffen, wann was eine Beobachtung ist. Nehmen wir mal die Gene, die wir nicht mit eigenen Augen sehen können. Ich muss hier Messmethoden konstruieren, die es mir erlauben, bestimmte Beobachtungen als Hinweis auf „Gen“ zu interpretieren. Ich sehe keine Atome oder Quarks. Ich habe Messmethoden und diesbezügliche Hilfstheorien, die mir erlauben, auf Atome oder Quarks zu schließen. Das gelingt nicht ohne Vorannahmen. Das ist wissenschaftstheoretisch auch nicht umstritten. Keiner glaubt da an einen unmittelbaren Zugang zur Natur, so wie sie sich jenseits unserer Wahrnehmung darstellt.

          Das macht auch nix, weil sich diese Theorien trotzdem bewähren. Zweitens steht das gar nicht im Gegensatz zur Annahme, dass die Welt da draußen existiert und nicht einfach wegkonstruiert werden kann.

        • ät Leszek:

          Du bist wirklich einzigartig, muß ich sagen. Genderverächter, Männerrechtler UND Anarcho, aber für Knäste und gegen Kommunismus, und für die Akzeptanz der menschlichen Natur.

          Ich glaube, im Falle einer linksextremen Machtergreifung würden wir beide am selben Laternenpfahl landen. 😉

          Ach so, damit die anderen sich nicht vernachlässigt fühlen: Matthias, Roslin, Evochris, derdie, Albert, Adrian (uva.) baumeln natürlich mit uns!

          Zum Diskurs: Neenee, mein Lieber, wenn wissenschaftliche Daten wie in Deinem antikapitalistischen Buch für eine Gesinnung requiriert werden, ist der Einwand zu Vermischung von Politik und Wissenschaft sehr wohl angebracht.

          Das aber nur als Beispiel. Ein anderes ist unser Freund Vossibär, der sein biologisches Grundwissen nutzt, um „unendlich viele Geschlechter“ zu propagieren.
          http://chrismon.evangelisch.de/artikel/2013/weder-mann-noch-frau-19543

        • ät Lomi und Evochris:

          Lomi drückt sich zwar vornehm aus, ich lese aber dennoch einen für viele Sozialwissenschaftler typische Abwehrhaltung heraus.

          Einer der Gründe ist vermutlich grundsätzlich-ideologischer Natur, ein anderer, den Evochris hier sehr schön auf den Punkt bringt:
          „Man müsste einen Großteil der bisherigen Ansichten, über die viel geschrieben und viel gedacht wurde aufgeben und in einen Bereich hinein, der vollkommen anderen Regeln folgt. Ein Philosophieprofessor würde dann vom Fachmann zum Laien. Natürlich erzeugt das erhebliche Widerstände“

          Der Witz ist, Robert Trivers verortet dieses Problem bereits in den 70ern. 40 Jahre! Da wird doch auch mal jemand zwischendrin pensioniert.
          Trotzdem haben Radikale in all den Jahrzehnten ihre unrealistische Weltsicht fleißig weiter kultiviert, Geld und Posten abgegriffen, und versucht, der Gesellschaft ihren Unfug zu verordnen.
          Bis hin zum Genderismus, mit dem heutzutage in die intimste Sphäre der Menschen eingegriffen werden soll.

        • @lomi, deine aussagen zu annahmen in der naturwissenschaft teile ich ganz und gar nicht. es gibt keine annahmen. es geht um bilder/modelle der natur. lass es mich am beispiel der physik erlaeutern. nehmen wir die newtonsche mechanik und gravitation.

          niemand hat das von newton postulierte gravitationsfeld gesehen. mit mathematik, das ist ein anderes thema und den grundannahmen kann man viele phaenomene korrekt beschreiben, die einer unmittelbaren messung zugaenglich sind. deshalb sagt man das es ein gravitationsfeld gibt. es ist das richtige bild der natur, da es die beobachtbaren ereignisse korrekt beschreibt.

          nun wurden abweichungen festgestellt. in einsteins art gibt es kein gravitationsfeld, aber sie beschreibt nun alle beobachtbaren phaenomene. das heute akzeptierte modell der natur ist der gekruemmte raum und desen metrik, die ebenfalss keiner gesehen hat.

          ich sehe hier keine annahmen, die stillschweigend akzeptiert werden und sich einer ueberpruefung entziehen. du etwa, @lomi und wenn ja welche?

    • Schon ab ein paar zehn Gramm ist Mann
      dabei.

      There is no problem which cannot be solved by a suitable application of
      high explosives.
      — William W. Hughes

      High explosives are applicable where truth and logic fail.

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