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Tag: 30. August 2014
Eigene Partnerwahl vs. Wahl des Partners durch die Eltern in evolutionärer Betrachtung
Gerade kam über Beiträge von Djadmoros eine Diskussion über eigene Partnerwahl im Gegensatz zu der Wahl des Partners durch die Eltern auf.
Dabei ging es darum, dass eine Wahl durch die Eltern zum einen als kulturelle Wahl gesehen wird, die gegen abgespeicherte Attraktivitätsmerkmale spricht und auch allgemein eine eigene Partnerwahl ersetzt hat.
1. Was bedeutet Partnerwahl durch die Eltern bei evolutionärer Betrachtung?
Eine Partnerwahl durch die Eltern ist erst einmal ein Konflikt zwischen verschiedenen genetischen Interessen.
Gemeinsame Interessen der Eltern und des jeweiligen Kindes sind die Weitergabe der Gene in die nächsten Generationen.
Die genetischen Interessen können sich aber trotz dieser gemeinsamen Interessen erheblich unterscheiden.
Die Eltern könnten zB einen Partner wählen wollen, der eine möglichst umfassende Versorgung der Tochter und der Kinder sicherstellt, damit sie dies nicht machen müssen und so Ressourcen frei haben für andere Enkelkinder oder weitere eigenen Kinder.
Im Gegenzug könnte eine Tochter es genau andersherum sehen: Eine Strategie könnte es sein, sich auf Kurzzeitstrategien oder auf einen Mann mit sonstigen Anzeichen für gute Gene aber nicht unbedingt guter Bindung einzulassen und für die Unterstützung bei der Versorgung eher auf die Großeltern zu setzen.
Zudem könnten die Eltern mit der Heirat auch andere Interessen verbinden, die über die beste Möglichkeit der Weitergabe der Gene für das jeweilige Kind hinausgehen. Etwa kann es für sie interessant sein, ein Kind einfach nur so zu verheiraten, dass es ihnen persönliche Vorteile bringt, etwa politische oder eben in Form von Ressourcen. Dann könnten die Kinder ihre genetischen Interessen nicht voll umsetzen.
Dieser Konflikt stammt auch daher, dass die Enkelkinder nur 1/4 der Gene der Großeltern tragen, aber 1/2 der Gene der Eltern. Wenn die Großeltern weitere Kinder haben, dann trifft sie dieser Verlust weniger als die jeweiligen Kinder.
Demnach besteht also ein Konflikt zwischen den Eltern und den Kindern bei der Partnerwahl, der jeweils die Selektion verschiedener Attraktivtätsmerkmale in biologischer Hinsicht zur Folge haben kann.
Demnach wären selbst bei absoluter Elternwahl eben dann zur Auswahl des richtigen Partners für das Kind von abgespeicherten Attraktivitätsmerkmalen auszugehen. Elternwahl bedeutet nicht, dass die Wahl kulturell erfolgt, die genetische Selektion wirkt dann eben auf die Eltern.
2. Ist bei einer Kultur der Elternwahl die Vorliebe des Kindes für einen bestimmten Partner von Bedeutung?
Auch bei einer Wahl durch die Eltern können Vorlieben der Kinder für einen bestimmten Partner von starker Bedeutung sein. Denn auch wenn die Interessen abweichen können stimmen sie auch in vielen Punkten überein. Und der sicherste Weg zu Enkelkindern ist es, wenn die Partnerschaft beiderseitig auf Interesse stößt. Denn bei einem unwilligen Eingehen der Partnerschaft besteht die Gefahr, dass er sich zB auch in einer Polygamie seinen anderen Frauen mehr widmet und deren Kinder mehr fördert, sie verstößt, sich eine Geliebte nimmt etc. Bei der Wahl einer Frau für einen Sohn, die diesen gar nicht will, steigt die Vaterunsicherheit und es wird mehr „Mate Guarding“ erforderlich.
Eltern sind also daran interessiert, ein „Liebespaar“ zu schaffen, sofern sie nicht auf die Vorteile für sich selbst abstellen. Letzteres dürfte eher in Gesellschaften, die Besitz im größeren Umfang haben, interessant sein. Das ist allerdings bei Jägern und Sammlern seltener der Fall.
Insofern sind Fälle auch bei einer Wahl durch die Eltern interessant, bei der beide Partner bereits Interesse füreinander bekundet haben, beide dem jeweils anderen gefallen, beide in Gesprächen geklärt haben, dass sie sich gefallen und sich verstehen werden. Dann können die Eltern untereinander oder der Mann mit den Eltern Verhandlungen aufnehmen, ob es zur Heirat kommt.
Selbst bei sonstigen arrangierten Ehen wird es sinnvoll sein, den Sohn oder die Tochter zu befragen, wie sie den jeweiligen Kandidaten finden und ob sie es sich mit ihm vorstellen können. Sonst drohen erhebliche Nachteile. (zumal die meisten Eltern wohl auch (biologisch vielleicht deswegen) glückliche Kinder haben wollen.
3. Ausweichstrategien
Wie bereits angedeutet bedeutet Ehe nicht, dass die Kinder dann strikt monogam mit dem ausgewählten Partner leben. Unsere Spezies ist nicht strikt monogam, sie ist eher auf serielle Monogamie mit Fremdgehoption ausgerichtet. Dafür spricht die vorhandene Liebeschemie, die Hodengröße, unsere Tendenz zur Eifersucht und zu Mate Guarding etc.
Interessanterweise wären wir, wenn unsere eigenen Vorlieben nur bei diesen Ausweichstrategien zum tragen kommen würden, wohl wesentlich mehr auf Kurzzeitstrategien ausgerichtet. Da beide Geschlechter aber insoweit erhebliche Gemeinsamkeiten auch bei Langzeitstrategien zeigen ist dies unwahrscheinlich
4. Anzeichen für direkte Partnerwahl
Aus meiner Sicht gibt es auch weitere Anzeichen für direkte und nicht durch Eltern bestimmte Partnerwahl
- Homosexualität und ihre biologischen Grundlagen zeigen, dass wir da Vorlieben haben. Wenn Eltern alleine wählen, wäre kaum verständlich, dass es biologische Homosexualität geben kann
- Asexualität zeigt, dass es Personen gibt, die eben gerade nicht lernen, was sexy ist und dieses Konzept schlicht nicht begreifen können oder es jedenfalls nicht bestimmten Geschlechtern zuordnen können. Das spricht dafür, dass wir selbst solche Merkmale abgespeichert haben und wenn diese Fehlen uns selbst das Konzept zu bizarr ist
- Wir verlieben uns auf eine weise, die nicht zu einer reinen Auswahl durch die Eltern passt. Wir akzeptieren dafür auch diese Auswahl zu selten, wenn sie nicht den sonstigen Kriterien entspricht
- Attraktivitätsmerkmale sind weltweit sehr einheitlich
- Wir verlieben uns häufig in Personen oder begehren sie nach bestimmten Merkmalen
- Eltern können sterben oder einen geringen Einfluss haben, weil man selbst hoch genug aufgestiegen ist