„Cui bono“ oder „wem nützt es?“ als Argument in der Geschlechterdebatte

Keppla führt zu der Frage, inwieweit einen in der Geschlechterdebatte die klassische Frage „Wem nützt es?“ oder „Cui bono?“ weiter bringt, aus:

Cui Bono” kann ein netter Ansatz sein, zu gucken, wo es sich lohnt, tiefer zu graben. Aber auch nur das, denn sonst ist man recht schnell dabei, dass die Bundesdruckerrei hinter 911 steht, weil die von der Terrorpanik ziemlich profitiert.

(…)

Je länger ich drüber nachdenke, desto mehr habe ich den Eindruck, dass das “cui bono” DAS Mem ist, was am Scheitern des Feminismus schuld sind.

Wem nutzen höhere Löhne? Den Männern!
Wem nutzt das generische Maskulimun? Den Männern!!!
Wem nutzt das Mikrophone kreischige Stimmen kreischig lassen? DEN MÄNNERN!!!!!

Das zeigt auch gleich die Anfälligkeit des „Wem nützt es?“-Arguments. Es lässt einen vorschnell Kausalitätsketten sehen, wo eigentlich keine sein müssen, denn „Cui Bono“ ist erst einmal kein tatsächliches Argument, es ist allenfalls eine Überlegung, die einen guten Anstoß geben kann. Wer es mit einem Argument verwechselt ist schnell bei einer Verschwörungstheorie. („weil Lyndon Johnson nach Kennedy Präsident wurde ist er für dessen Tod verantwortlich“).

Bei der falschen Verwendung als Argument handelt es sich um den klassischen Fehlschluss „Cum hoc ergo propter hoc„. Hierbei werden gemeinsam auftretende Ereignisse ohne genauere Prüfung zu Ursache und Wirkung erklärt. Die Zuordnung erfolgt entsprechend willkürlich und ohne fundierte Begründung. Die lateinische Wendung cum hoc ergo propter hoc lässt sich übersetzen als „mit diesem, folglich wegen diesem“ oder „mit diesem, folglich nahe diesem“ oder auch „mit diesem, folglich daneben dieses“.

Etwas länger ausgeführt „Weil der Nutzen mit dem Ereignis zusammenfällt, muss das Ereignis wegen des daraus folgenden Nutzens eingetreten sein, also von dem Nutznießer verursacht worden sein“.

Mit dieser sehr simplen (aber falschen) Logik kann man wie auch die obigen Angaben zeigen schnell und einfach Schuldzuweisungen vornehmen.

  • Männer haben mehr Vorstandspositionen, also müssen es Männer so eingerichtet haben, dass sie mehr Vorstandspositionen haben
  • Überall sind Männer an der Macht, also muss es eine Männerorganisation geben, die die Männer an die Macht bringt (das Patriarchat).
  • Frauen bekommen die Kinder bei einer Scheidung eher, also müssen die Frauen (über den Feminismus) die Regelungen für sich gestaltet haben (auch wenn die meisten Politiker männlich sind und „Das Kind gehört zur Mutter“ auch durchaus in anderen Ideologien verbreitet ist)

Natürlich kann man auch einfach beide Seiten der Argumentation erfinden:

  • Männer profitieren von Vergewaltigungen, also haben sie die Rape Culture errichtet

Insgesamt scheint mir auch, dass dieses Argument zu stark in der Geschlechterdebatte verwendet wird. Aus einem (vermeintlichen) Nutzen einer Gestaltung für ein Geschlecht wird gleich auf dessen Verursachung durch das Geschlecht geschlussfolgert. Beide Seiten übertreiben dabei schnell die Macht der anderen Seite und stellen zu selten auf anderweitige mögliche Erklärungen ab. Es fehlt häufig sowohl die Prüfung der eigentlichen Diskriminierung als auch des Verursachers. Auf Seiten des Maskulismus werden mir hier insbesondere auch konservative Kräfte unterschätzt, die auch einiges an Frauenförderung vornehmen. Auf feministischer Seite steigt man häufig von vorneherein nicht wirklich in eine wirkliche Argumentation ein, sondern leitet aus Unterschieden an sich nach starren Schemata her, dass diese durch Männer verursacht worden sind, weil sie ihnen als herrschender Gruppe zugute kommen.