Selbermach Samstag XCIII

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Der Coolidge Effekt bei Männern und Frauen

Unter dem Coolidge Effekt versteht man den Effekt, dass neue Partner die Erholungsphase nach dem Sex verkürzen bzw. die gewünschte Frequenz von Sex erhöhen. Der Name geht auf die folgende Geschichte zurück:

Der Präsident und seine Gattin Grace Coolidge besuchten einen Musterhof und wurden getrennt herumgeführt. Als sie darüber staunte, dass es im Hühnerstall nur einen einzelnen Hahn gab, erklärte man ihr, der Hahn vollziehe den Paarungsakt bis zu zwölf Mal am Tag. Darauf soll Mrs. Coolidge gesagt haben: „Sagen Sie das meinem Mann.“ Als dieser später davon erfuhr, hakte er nach: „Jedes Mal dieselbe Henne?“ – „Nein, jedes Mal eine andere.“ Darauf Coolidge: „Sagen Sie das meiner Frau.“

Der biologische Hintergrund sind wie so häufig in der Biologie der Umstand, dass die Geschlechter unterschiedliche Kosten für Sex in biologischer Hinsicht haben:

  • Bei Frauen müssen für jede Fortpflanzung 9 Monate Schwangerschaft, eine riskante Geburt und danach die Stillzeit als Kosten eingeplant werden. Eine “billigere” Herstellung von Nachwuchs ist für Frauen nicht möglich, allenfalls können sie das Stillen abgeben. Demnach hat Sex, der zu einer Schwangerschaft führen kann potentiell hohe Kosten
  • Männer müssen für jede Fortpflanzung die Kosten einer geringen Menge Sperma als Minimalkosten einplanen, die weiteren Kosten können sie theoretisch komplett an die Frauen abgeben. Sex ohne Verpflichtung ist insoweit kein hohes Risiko, die potentielle Investition kann gering sein, die genetische Entlohnung hingegen genau so hoch wie bei der Frau, da das Kind 50% der Gene des Vaters trägt

Daraus folgt, dass es sich für Männer weitaus mehr lohnt, wenn sie mit einer neuen Frau schlafen als gleich noch einmal mit der gleichen Frau. Denn die gleiche Frau kann nur einmal schwanger werden, ein unmittelbar folgender Sex erhöht die Chancen einer erfolgreichen Befruchtung nicht wesentlich. Hingegen erhöht Sex mit einer weiteren Frau die Chance, dass diese ein weiteres zusätzliches Kind  bekommt erheblich, weswegen sich Gene, die eine erhöhte Lust auf eine neue Partnerin erzeugen bzw. eine höheres sexuelles Interesse an Varianz erzeugen, im männlichen Genpool anreichern können.

Es lohnt sich auch, diese Lust bei einer neuen Frau im Gegensatz zu einer, mit der man regelmäßig schläft, zu steigern. Denn bei der bestehenden Partnerschaft ist ja der nächste Sex wesentlich wahrscheinlicher und auch eine bereits erfolgte Befruchtung, die potentielle Gefahr einer Spermienkonkurrenz ist auch geringer, während all diese Optionen bei der noch neuen Partnerin nicht gegeben sind. Die Kosten allerdings bei beständiger Vorhaltung eines für alle Frauen gleichwertigen Lust und Bereitschaft wären eben höher, da Sex und Spermaproduktion auch Ressourcen verbrauchen. Gleichzeitig wären die Verluste bei nicht vorhandender Möglichkeit Sex mit einer neuen Frau zu haben, hoch. Denn es entgeht eben eine potentielle Befruchtung. Auch hier sind allerdings die sonstigen Kosten zu bedenken: Ein absolutes Vorhalten der Möglichkeit, also sofortige Sexbereitschaft bei einer neuen potentiellen Sexpartnerin, wäre zum einen wahrscheinlich im Verhältnis zu den Gelegenheiten zu kostenintensiv und vielleicht auch ein zu schlechtes Signal hinsichtlich der eigenen Bindungsfähigkeit (vielleicht auch ein Grund, warum der Penisknochen verschwunden ist, nicht ständig verfügbar gewesen zu sein, kann auch ein Signal für eine gewisse „Beziehungstauglichkeit“ gewesen sein).

Verschiedentlich kam hier in den Kommentaren die Meinung auf, dass beim Menschen der Coolidgeeffekt bei Frauen stärker ausgeprägt ist als bei Männern. Die Argumenation baut darauf auf, dass innerhalb einer Beziehung eher der weibliche Sexualtrieb nachlässt, also der Mann mehr Sex mit seiner Dauerpartnerin will als diese mit ihm.

Das verkennt aber das wesentliche zweite Element des Coolidge-Effektes. Der Coolidge-Effekt beschreibt nicht einfach nur nachlassendes sexuelles Interesse, sondern eben gerade das man mit einem bestehenden Partner weniger Sex will als mit neuen Partnern.

Das ist im ganzen bei Menschen natürlich schwer zu messen, weil in diese Bewertung der stärkere Sexualtrieb des Mannes einzurechnen ist. Aus meiner Sicht steigt am Anfang einer Beziehung der Testosteronspiegel der Frau und der des Mannes sinkt etwas. Dadurch will sie anfänglich mehr Sex als sonst. Nach einiger Zeit normalisieren sich die Hormonspiegel wieder und sie will weniger Sex als am Anfang der Beziehung. Gleichzeitig muss aber nicht der Effekt bestehen, dass sie deswegen bei einem neu hinzutretenden Mann Lust auf Sex bekommt. Es kann auch sein, dass sie allgemein mit dem in der Beziehung bestehenden Sex von einmal die Woche einverstanden ist und gleichzeitig aber nicht mit einem anderen Mann schlafen möchte während er lieber 3 Mal die Woche Sex hätte, und dabei nichts dagegen hätte, wenn es ab und zu eine andere Frau wäre.

Ein direkter Vergleich scheitert insofern häufig schon an dem verschiedenen Einstellungen zu Sex. Wenn man einem Mann mit einer willigen Frau, die optisch und auch ansonsten seinen Vorlieben entspricht, für eine Woche zusammenbringen würde und die Anzahl der Sexualkontakte messen würde, und dann das Experiment sagen wir zwei Monate später wiederholen würde, nur mit 6 weiteren willigen Frauen, die optisch und auch ansonsten seinen Vorlieben entsprechen, wobei die 6 weiteren jeweils nur einen Tag hinzukommen, für eine Woche zusammenbringen würde und die Anzahl der Sexualkontakte messen würde, dann würde man wahrscheinlich einen Coolidgeeffekt feststellen und der mit den insgesamt 7 Frauen hätte mehr Sex gehabt und wahrscheinlich im Schnitt auch mehr mit den 6, die dazu gekommen sind.
Würde man mit einer Frau das gleiche Experiment machen, dann würde sie vielleicht überhaupt keinen Sex haben, was eine Auswertung schwieriger macht. Vermutlich würde sie auch ansonsten mit wenigeren der Männer schlafen. Es wäre jedenfalls weit weniger davon auszugehen, dass sie bei den neu hinzukommenden Männern schneller wieder bereit für Sex wäre. Vielleicht hätte der bereits vorhandene Mann sogar die besten Karten, wenn er es schafft eine Bindung zu ihr aufzubauen. Sprich: Eine Durchführung des Experiments scheitert hier bereits an den unterschiedlichen Einstellungen von Männern und Frauen zu casual Sex mit relativ anonymen Partnern.

Allerdings hält aus meiner Sicht das Leben ja einige „Versuchsaufbauten“ parat. Für Männer gibt es einen kommerziellen Markt, der gerade darauf aufbaut, dass man neue Frauen für Sex hat, eben die Prostitution. Soweit Prostitution auf Frauen ausgerichtet ist findet dieser häufig eher so statt, dass in einem „Liebesurlaub“ ein Gigolo eine Pseudobeziehung (gegen Geld) aufbaut und nicht so, dass die Frau mit möglichst vielen verschiedenen Männern Sex hat.

Hingegen hat die männliche Vorliebe für Abwechselung zu Angeboten wie dem „Pauschalclub“ geführt, indem die Freier gegen einen Festbetrag mit sovielen der anwesenden Frauen Sex haben können, wie sie wollen. Auch hier darf vermutet werden, dass die meisten Männer dabei mit vielen verschiedenen Frauen schlafen.

Demnach ist aus meiner Sicht der Coolidge Effekt auch bei uns Menschen eher bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen.