Nochmal: Intrasexuelle Konkurrenz unter Frauen

Ein interessanter Artikel in der „Psychology Today“ schreibt etwas über Konkurrenz unter Frauen:

A. Die drei Merkmale intrasexueller Konkurrenz unter Frauen

According to Joyce Benenson, a researcher at Emmanuel College in Boston, competition among women has three unique characteristics:

  1. First, because they have to protect their bodies from physical harm (so as not to interfere with present or future pregnancy and childbirth), women rely on veiled aggression towards other women (behind verbal gymnastics or under cover of the group) rather than physical confrontation.
  2. Second, high status and very attractive women need less help and protection from other women and are less motivated to invest in other women (who represent potential competition). Thus, a woman who tries to distinguish or promote herself threatens other women and will encounter hostility. According to Benenson, a common way women deal with the threat represented by a remarkably powerful or beautiful woman is by insisting on standards of equality, uniformity, and sharing for all the women in the group and making these attributes the normative requirements of proper femininity.
  3. Third, in extreme cases women may guard against potential competitors by means of social exclusion. If a new attractive woman shows up in the neighborhood (or school, or club), all the women in attendance may turn their backs on her, compelling her to withdraw from the scene, thus increasing their own chances with the surrounding males.

(Gliederung im Zitat von mir zur besseren Übersicht eingefügt)

1. indirekte Aggression

Die Betonung indirekter Aggression innerhalb der intrasexuellen Konkurrenz unter Frauen hat in der Tat verschiedene Vorteile: Zum einen würde bei direkter Gewalt von Frauen untereinander ein hohes Risiko bestehen, dass eine Schwangerschaft, die bereits besteht, in Mitleidenschaft gezogen wird. Zum anderen würden Entstellungen oder schwere Verletzungen die körperliche Schönheit und damit eines der wesentlichen Auswahlkriterien der Männer gefährden, die im Gegensatz zu Männern nicht durch einen höheren Status durch gewonnene Kämpfe ausgeglichen werden kann, weil das ein wesentlich unwichtigeres Auswahlkriterium der Männer im Gegensatz zu Frauen ist. Hinzu kommt, dass eine Selektion auf Kampfkraft für Frauen eh nachteilig wäre: Sie können der Kampfkraft nach kaum zu Männern aufschließen, die insofern eher den Ausschlag geben würden, so dass die diesbezügliche intrasexuelle Konkurrenz unter Frauen nicht ungestört wäre und der einfachste Weg hin zur Steigerung der Kampfkraft, eine Erhöhung von Testosteron, geht zudem mit reduzierter Fruchtbarkeit einher.

Indirekte Aggression bietet insofern weitaus effektivere Mittel

2. Trend hin zur Gleichheit

Zu den evolutionären Vorteilen, Gleichheit in einer Gruppe zu fordern habe ich hier bereits etwas geschrieben. Auf diese Gleichheit abzustellen lohnt sich gerade für Frauen, da diese von Statusgewinnen nicht unbedingt in dem Maße auf dem Partnermarkt profitieren können wie Männer. Da zudem die Aggression indirekter ausgetragen wird und weniger gewalttätig können Konflikte auch unterschwelliger am Laufen gehalten werden, ohne das man die befriedende Wirkung einer Hierarchie nutzen muss, die bei gewalttätigen Auseinandersetzungen hohe Kosten verhindert.

Interessant finde ich dabei allerdings gerade diesen Satz:

According to Benenson, a common way women deal with the threat represented by a remarkably powerful or beautiful woman is by insisting on standards of equality, uniformity, and sharing for all the women in the group and making these attributes the normative requirements of proper femininity.

Viele Forderungen des Gleichheitsfeminismus und dessen intersektioneller Erweiterungen in einer Kurzzusammenfassung. Jeder ist schön, Fatshaming und Thinshaming ist schlecht, Slutshaming ist schlecht, prüden-Shaming ist auch irgendwie schlecht, jeder muss selbst sagen, was er sein will und hat die Deutungshoheit und es ist nur eine andere Ausprägungsform von „auch okay“. Es gibt kein „Schlecht“ und kein „Gut“ mehr, kein oben und kein unten, es gibt nur noch das Akzeptieren des anderen, wie er ist.

Demnach wäre Feminismus in vielen dieser Bereiche die Umsetzung typisch weiblicher Konfliktschichtungsstrategien und Konkurrenzvermeidungsstrategien. Es wäre ein naturalistischer Fehlschluss deswegen anzunehmen, das es sich deswegen um eine angemessene und zeitgemäße Strategie handelt. Das bestimmten Frauen diese Strategie aber instinktiv gefällt und sie daher solchen Theorien eher folgen und mittels diesem die Konkurrenz unter Frauen zurückfahren wollen, könnte dennoch damit zusammenhängen. Es passt sogar hinein, dass man in diesem Zusammenhang einen Sündenbock zwischenschaltet, den Mann oder die Männlichkeit, da auf diesem Wege weibliche Konkurrenz noch mehr ausgeblendet wird und als Anforderung des Mannes, gegen die man sich als Gruppe Frau wehren muss, umgedeutet wird. Es mag insofern auch ein Faktor sein, der bei der Entstehung von weiblicher Unterverantwortlichkeit (Female Hypoagency) mit hineinspielt: Handeln, dass einen aus der Gruppe hinaushebt und die Bereitschaft hierfür Risiken einzugehen, stehen dieser Strategie direkt entgegen. Diese würde wohl eher eine Selektion dahingehend bewirken, dass man nicht zu sehr aus der Gruppe hinaussticht.

Gegen diese Prinzipien stehen andere Prinzipien, denn auch wenn es eine gute Strategie sein kann, Gleichheit für die Gruppe zu fordern, steht gleichzeitig dagegen, dass man sich selbst so vorteilhaft wie möglich darstellen will und viele Ressourcen für sich will. Aus dem Zusammenspiel beider Prinzipien ergibt sich dann ein indirekt ausgetragender Konkurrenzkampf, bei dem Frauen ebenso wie Männer Signale eines hohen Status anderen Frauen gegenüber mitteilen, etwa durch körperliche Schönheit, Mode, Schmuck, Zugehörigkeit zu wichtigen Gruppen etc und gleichzeitig Gleicheit betonen. Die Abweichungen von der Gleichheit werden dennoch wahrgenommen, etwa indem man sich als besser ansieht oder aber indem man sich darüber aufregt, dass sie sich für etwas besseres hält.

Eine gleiche Selektion hin zu Gleichheit besteht aus meiner Sicht, wie in dem Artikel zur Gleichheit dargelegt, grundsätzlich bei allen Menschen, weswegen die Theorien zum Kommunismus trotz ihrer fehlenden Umsetzbarkeit für eine moderne, größere Gesellschaft, auch hier viele Anhänger gefunden haben. Allerdings ist es, weil Status ein höheres Gewicht hat, vielleicht anders ausgeprägt.

3. Ausschluß aus der Gruppe

Gruppenbildung bei Männern und Frauen scheint mir unterschiedlich zu sein. Männergruppen können dank Hierarchien heterogener sein, beispielsweise den Gruppentrottel  und den Coolen umfassen, wären Frauengruppen häufig homogener sind, wenn die Möglichkeit besteht. Dies ist vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass für Frauen Gruppenausschluss als Mittel intrasexueller Konkurrenz eher greift als die Hierarchisierung. Allerdings kann auch in heterogenen Frauengruppen eine Betonung von Gleichheit erfolgen, sie birgt nur eher die Gefahr, dass sich die unausgetragenen Streitigkeiten entladen und zu einer Teilung der Gruppe führen, wenn dies möglich ist. Das ist vielleicht auch der Grund, warum „beste Frauenfreundschaften“ eher darauf ausgelegt sind, dass man alle Geheimnisse miteinander teilt und sehr viel über den anderen weiß, weil man sich darüber quasi selbst gegenseitig verwundbar macht und so ein Aufkündigen der Freundschaft kostspieliger macht (sich selbst Kosten aufzuerlegen für den Fall, dass man eine Zusage nicht hält, ist eine klassische Form, die Zusage mittels eines Costly Signals glaubwürdiger zu machen).

B. Studien zur Konkurrenz unter Frauen

Der Artikel verweist zu interessanten Studien zu dem Thema:

A number of recent studies provide further support for the existence of the ‚female competition‘ phenomenon. For example, Jon Maner and James McNulty of Florida State discovered that women’s testosterone levels went up when they (unknowingly) smelled t-shirts of ovulating young women, presumably in preparation for aggressive competition. Canadian researchers Tracy Vaillancourt and Aanchal Sharma, showed how women judge and condemn each other based on appearance. They arranged for female participants to interact with a young research assistant. Some of the participants saw the assistant dressed in revealing clothes while others saw her wearing jeans and a T-shirt. The researchers tracked participants’ responses to the assistant during the meeting and after she left the room. Results: The assistant was unanimously criticized when she wore revealing clothes and largely ignored when she wore regular attire. This study (and others) supports the evolutionary prediction: a more attractive woman (i.e., one who has more of what men like) will receive more hostility and less cooperation from other women because her presence threatens their own access to the evolutionary prize.

Das wäre eine ganz klassische Form der intrasexuellen Konkurrenz: Eine potentiell gefährliche Konkurrentin wird eher ausgebremst. Und das eben auch nach relativ unterbewußten Signalen, wie dem Geruch ovulierender Frauen. Die dazugehörige Studie hatte ich hier besprochen. Die andere Studie zur Aggression gegenüber hübscheren bzw. sexueller gekleideten Frauen hier.

Weiter heißt es dort:

A central arena for competition between females is sexual behavior itself. Studies show that women tend to criticize and reject other women who are viewed by them as sexually promiscuous. The researcher Zhana Vrangalova and her colleagues at Cornell University recently surveyed 750 college students about their sexual behaviors and attitudes. Then, participants read a short description of a hypothetical person (of their own sex) who had either two (nonpermissive) or twenty (permissive) past sexual partners. Participants then rated this potential friend on several friendship-relevant outcomes. Results revealed that female participants, regardless of their own level of permissiveness, overwhelmingly preferred the nonpermissive potential friend. According to the researchers, this is because women want to guard their partners and because they fear socal stigma: if you go around with someone who’s known to be promiscuous (a “slut”), there is danger that the label will latch on to you, too.

Aich diese Studie hatte ich bereits hier besprochen. Slutshaming ist kein Machtmittel des Patriarchats, sondern recht einfach zu erklärende Folge evolutionärer Prozesse und sexueller Selektion, die sich auch im Konkurrenzkampf von Frauen untereinander zeigt.

Und auch andere Vorgänge lassen sich darüber erklären:

This study and others align with the observation that women are often the chief enforcers of strict and sometimes cruel norms of female appearance and sexual behavior. For example, the ritual of female genital mutilation, still practiced in some Muslim countries in Africa, is primarily designed to make the girl into good ‘bride material’ for men. To that end, clitoridectomy reduces her ability to enjoy sex and therefore decreases the likelihood she’ll be tempted to cheat on her husband. Sewing the vaginal opening shut, which is often performed after the genital cutting, reduces the possibility that the girl will have sex before marriage, again benefitting the interests of the future husband. Still, this ceremony is managed, performed and enforced by women (mostly mothers and grandmothers).

Another example: Girls’ foot binding was a custom in China for over a thousand years (until it was outlawed in the early twentieth century). The ancient custom (which involved breaking the toes of the baby, folding them and binding the feet tightly for years) was valued primarily because women with small feet were considered more desirable sexually (in the eyes of men) and because a wife’s tiny, useless feet were evidence of the husband’s wealth (‘I’m so rich my woman doesn’t need to work; indeed she can’t’). In this case too, the main enforcers and managers were mothers and grandmothers.
The evolutionary explanation for these phenomena relies on the assumption that sex with a woman (and thus access to her uterus) is a biologically desirable and scarce resource for men. Among women of childbearing age, reducing the sexual ’supply‘ increases female bargaining power in the relationship economy. Thus, it pays for women to enforce sexual conservatism even at the cost of ostracizing and manipulating other women identified as permissive. Mothers and grandmothers, by the same logic, have a strong incentive to ensure that their daughters (who carry  their genes) will become highly attractive to men, even at the price of causing them early suffering and mutilation.

Das sind ähnliche Gedanken, wie ich sie in meinem Artikel zur weiblichen Beschneidung geäußert habe:

Männer wollen mehr schnellen Sex als Frauen. Sex stellt damit ein Machtmittel der Frauen gegenüber den Männern da. Hinzu kommt, dass junge Frauen allgemein als attraktiver gelten als alte Frauen.

Frauen stehen ebenfalls in intrasexueller Konkurrenz um die besten Männer bzw. um Anteile an deren Versorgungsleistungen. Eine Geliebte kann erhebliche Ressourcen entziehen, die eigentlich der Ehefrau zugute kommen könnten oder es kann eine andere Frau Sex anbieten, der die Beziehung insgesamt gefährdet.

Zuviel freier Sex kann allgemein das Risiko erhöhen, dass Männer nicht bereit sind feste Bindungen einzugehen oder stark in diese zu investieren. Anders als bei Männern, die ihre intrasexuellen Kämpfe durch Wettbewerb bzw. direkten körperlichen Kampf austragen, erfolgt der inrasexuelle Konkurrenzkampf bei Frauen eher über die soziale Schiene bzw. verdeckter.

Dies führt dazu, dass Frauen, die ihre Sexualität stark einsetzen, gerade von Frauen geächtet werden. Es erfolgt hier schnell eine Abwertung, ein Mobbing oder gar ein Ausschluß dieser Frauen aus der (Teil-)Gemeinschaft.

Gerade für beschnittene Frauen, die das Costly Signal der sicheren Vaterschaft nutzen (freiwillig oder unfreiwillig) wird die sexuelle Konkurrenz noch größer. Sie können im Gegensatz zu unbeschnittenen Frauen Sex nur zu höheren Kosten anbieten, sind insoweit also nicht konkurrenzfähig. Sie haben damit ein Interesse daran, dass auch die anderen Frauen ihre Sexualität nicht als Waffe gegen sie nutzen können. Sie haben sogar ein Interesse daran, die Sexualität der anderen Frauen weitergehender auszuschalten als bei ihr, sofern es sich nicht um eine Tochter oder andere Verwandte handelt. Letzeres allerdings mit der Einschränkung, dass die nahe Verwandte dennoch vermittelbar bleiben muss und nicht durch die anderen Mitglieder der Gesellschaft als unsichere Kandidatin angesehen wird. Es ist insoweit nachvollziehbar, dass die Beschneidungen durch die Frauen der Gemeinschaft durchgeführt werden.

Die Übertragung auf die „Lotusfüße“ finde ich auch interessant. Sie sind eine kulturelle Überhöhung des Umstandes, dass kleine Frauenfüße durchaus ein Signal für Fruchtbarkeit sein können und insoweit gleichzeitig die Umwandlung der Frau in ein Costly Signal „seht, ich habe eine Frau, die man versorgen können muss“ aber auch das Signal „ich bin eine Frau, die man sich leisten können muss und wird“. Gleichzeitig wird auch eine Frau mit Lotusfüßen es weitaus schwieriger haben, unbeobachtet zu einem Mann zu kommen und kann als Konkurrentin wesentlich leichter überwacht werden.

Das Frauen dies anderen Frauen antun setzt sich dann eben nicht einfach nur aus Unterdrückung, sondern auch aus den zwei Faktoren „Einschränkung der Konkurrenz“ und „Förderung der möglichst günstigen Weitergabe der eigenen Gene in den Kindern auch auf deren Kosten“.

C. Eingehen auf feministische Positionen

Es wird in dem Artikel dann darauf eingegangen, wie die Darstellung in den feministischen Theorien ist:

Feminist psychology, however, argues that competition among females is driven primarily not by biological imperatives but rather by social mechanisms. According to this argument, cutthroat female competition is due mainly to the fact that women, born and raised in male-dominated society, internalize the male perspective (the “male gaze”) and adopt it as their own. The male view of women as primarily sexual objects becomes a self-fulfilling prophecy. As women come to consider being prized by men their ultimate source of strength, worth, achievement and identity, they are compelled to battle other women for the prize.

In this sense, the feminist approach argues in effect that many women are beset by what Karl Marx called, ‚false consciousness.‘ According to Marx, a factory worker who’s convinced that his enemy is another worker looking for a job has false consciousness because he does not understand that the true enemy is the owner of the factory, who sets workers against each other in order to subjugate them both and get rich on the value of their labor. Many women, according to this argument, refuse to see that the real threat to their achievement, power, value, and identity are not other women, but the male establishment that controls their lives.

Das ist eigentlich die oben bereits angesprochene Schuldverlagerung auf dem Mann „Warum streiten wir eigentlich untereinander, wenn wir uns lieber dagegen wehren sollten, dass die Männer uns so falsche Vorstellungen vorgeben, wie wir sein sollen“.

Dieser Gedanke ist denke ich ein typischer, wenn es darum geht, dass man um eine dritte Gruppe von Menschen konkurriert. Er zeigt sich wie oben dargestellt bei Marx, er liegt dem „Politlesbianismus“ zugrunde, also dem Gedanken, dass Frauen zwangsheterosexualisiert sind und dieser Konkurrenz einfach entgehen könnten, indem sie einfach nicht mehr mit Männern schlafen, sondern nur noch mit Frauen, er taucht auch im Maskulismus auf, wenn man bei Konkurrenz zB auf beruflicher Ebene oder der Konkurrenz um Status zu einem „Männerstreik“ gegenüber Frauen aufruft oder wenn man darauf abstellt, dass bestimmte Prozesse Ausbeutungen der Männer durch Frauen sind, denen man sich nur entziehen kann, wenn man sich ganz aus dem Partnermarkt zurückzieht und die Finger von Frauen lässt (von Männern wurde meines Wissens nach ein Politschwulentum noch nicht gefordert, (wenn man nicht Adrians Abwerbungen in diese Richtung deuten will 😉 )

Diese Umdeutung geht aber ziemlich ins Leere, da viele dieser Anforderungen nicht willkürlich von der Gruppe vorgegeben werden, sondern biologischen Gesetzen der Partnerwahl und spieltheoretischen Erwägungen um Costly Signals etc folgen. Die Bedingungen werden dann nicht durch die andere Gruppe vorgegeben sondern sind das Ergebnis eines bestimmten Prozesses um eine knappe Ressource, die man kaum umgehen kann und der immer in einer gewissen Konkurrenz ausgetragen werden wird