Mißtrauen gegen männliche Erzieher

Die Süddeutsche berichtet über Mißtrauen gegen männliche Erzieher:

Da scheint einiges von vorhanden zu sein:

 Es dauerte keine vier Wochen, da sprach ihn eine Mutter an: Es sei ihr, ehrlich gesagt, nicht recht, wenn er ihre zweijährige Tochter auf den Schoß nehme. Sie fühle sich bei dem Gedanken einfach nicht wohl, er, als Mann, mit ihrem Kind. Nichts für ungut. Heute, zwei Jahre später, sagt Daniel: »Das war ein Schock. Ich habe lang gebraucht, mich davon zu erholen.«

Oder:

Es ist nicht lang her, da kam er am Tag nach dem Elternabend in die Kita, in der er arbeitet, und seine Chefin, eine sensible, eine vorsichtige Frau, erklärte ihm, dass er ab sofort die Kinder nicht mehr wickeln dürfe. Wunsch der Eltern. Weil: zu viel Nähe. Weil: zu viel Nacktheit. Florians Kolleginnen zuckten dazu hilflos mit den Schultern. Florian lächelt unsicher und sagt: »Ich habe das so hingenommen. Aber ich habe mich sofort gefragt, welche Verbote wohl als Nächstes kommen.«

Oder:

Zum Beispiel Sascha aus Potsdam. 31 Jahre alt, sehr sanft, er war der erste männliche Erzieher in seinem Kindergarten. »Wenn ich Eltern angesprochen habe, wurde ich anfangs ignoriert, die wollten lieber mit den Kolleginnen reden«, erzählt er. »Und wenn eine Mutter gehört hat, ›Sascha hat heute Ihr Kind umgezogen‹ – dann habe ich eisige Blicke geerntet.« Dabei waren die Kolleginnen froh, ihn zu haben: endlich einer, der mit den Jungs richtig raufte, einer, der selbst den größten Spaß am Rumtoben hatte. »Aber schließlich hat eine Mutter zu meiner Chefin gesagt, der Mann kommt meinen Kindern zu nahe, das ist mir unheimlich, Schluss damit.«

Klingt in gewisser Weise nach einer „Rape Culture- Culture“ also nach einer Kultur, in der Männern leicht ein Mißbrauch unterstellt werden darf und die Furcht davor sehr groß ist.

(„Natürlich“, wird eine lesende Feministin denken „da wir in einer Rape Culture leben verhalten sich Frauen auch so. Es ist ja gerade eine Bestätigung der Rape Culture, dass man den Frauen beibringt, ihre Kinder zu schützen und nicht den Männern, nicht mehr zu vergewaltigen“)

Zu den weiteren Vorurteilen:

Wer sich diesen Job aussucht, muss ein Idealist sein. Für Männer, die Exoten, gilt das erst recht. Aber wenn ein Mann den Sprung wagt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihm das Berufsleben nach kürzester Zeit zur Hölle gemacht wird. Die Sorge der Eltern ist immer die gleiche: Könnte der junge Mann, der sich da so freundlich um mein Kind kümmert, finstere Absichten haben? Könnte es sein, dass der den Job macht, weil er sich viel zu sehr für Kinder interessiert? Die Berliner Koordinationsstelle hat eine Untersuchung in Auftrag gegeben, derzufolge vierzig Prozent aller Eltern bei männlichen Erziehern an die Gefahr eines möglichen Missbrauchs denken, bei den Trägern der Einrichtungen, also Geschäftsführern und Vorständen, sind es sogar mehr als fünfzig Prozent.

Jeder zweite hat Bedenken. Das heißt: Männer in Erziehungsberufen sind in Deutschland einem Pauschalverdacht ausgesetzt. Jeder, der mit Kindern arbeitet, so scheint es, könnte im Grunde ein Sexualstraftäter sein. Jeder, der sich mit Kindern balgt, könnte sie unsittlich berühren. Jeder, der Windeln wechselt, kommt Geschlechtsteilen verdächtig nahe. Jens Krabel von der Berliner Koordinationsstelle sagt: »Es kann schon ausreichen, wenn eine einzelne Mutter einen Verdacht gegen Männer als Erzieher oder einen konkreten Mann hegt, um das Thema sexueller Missbrauch in der Kita plötzlich zu einem riesigen Thema zu machen und die Mitarbeiter und anderen Eltern zu verunsichern.«

Also ein schlecht bezahlter Job, bei dem man zwar gesucht wird, aber auch einem sehr starken Anfangsverdacht ausgesetzt ist. Die Männer als beständige Gefahr für die Kinder. Gerade das Durchbrechen der Geschlechterrolle erweckt hier Argwohn: Warum interessiert sich ein MANN für Kinder?

Auch wieder ein guter Grund darauf hinzuweisen, dass Geschlechter nicht essentialistisch zu sehen sind, sondern es natürlich auch Männer gibt, die sich mehr für Kinder interessieren und mit ihnen arbeiten wollen als andere Männer.