„Biologische Studien zeigen nur Korrelationen, keine Kausalität“

Ein beliebter Einwand, den neulich auch wieder Maren brachte, ist, dass die biologischen Studien eben nur Korrelationen gezeigt werden, aber keine Kausalitäten.

Das ist aus meiner Sicht durchaus richtig, es ist ohne Menschenversuche schwer eine tatsächliche Kausalität nachzuweisen. Man hat erst mal nur einen Zusammenhang, wie dieser genau verläuft und was was bewirkt ist nicht ohne weiteres zu ermitteln.

Dieser Text erklärt einige der möglichen Kombinationen:

Korrelationen und Kausalität

Mögliche Ursachen von Korrelationen

Eine hohe Korrelation zwischen zwei Variablen bedeutet nicht, dass die beiden Variablen kausal miteinander zusammenhängen. Stattdessen liefern Korrelationen lediglich einen ersten Hinweis, dass dies der Fall sein könnte. Eine Korrelation zwischen den Variablen x und y kann unter anderem auf folgende Ursachen zurückgeführt werden (vgl. Abb. 12):

  •  Variable x verursacht Variable y.
  • Variable x verursacht Variable y.
  • Die beiden Variablen x und y verursachen sich gegenseitig.
  • Die beiden Variablen x und y werden von einer Drittvariablen z verursacht.
  • Variable x verursacht Variable y und die beiden Variablen werden außerdem von einer Drittvariablen z verursacht.
  • Variable y verursacht Variable x und die beiden Variablen werden außerdem von einer Drittvariablen z verursacht.
  • Die beiden Variablen x und y verursachen sich gegenseitig. Außerdem werden die beiden Variablen von einer Drittvariablen z verursacht.

Viele dieser Faktoren werden auch gerne in der Soziologie nicht berücksichtigt, etwa wenn es darum geht, dass Kinder ihre Kinder nicht nur erziehen, sondern die Kinder auch ihre Gene von ihnen bekommen. Oder bei dem Umstand, dass das Umfeld nicht nur auf das Kind oder auf Erwachsene einwirkt, sondern diese wiederum auch auf ihre Umwelt, deren Zusammensetzung sie auch teilweise beeinflussen, etwas durch die Auswahl der Freunde.

Bei Männern und Frauen liegt natürlich nahe, dass es nur das Geschlecht ist, dass den Einfluss hat, und dies aus sozialen Gründen. Da Männer mehr Testosteron haben als Frauen wäre dann zB ein Zusammenhang mit Testosteron evtl nur eine zufällige Übereinstimmung. Etwas verfeinert könnte man eben darauf abstellen, dass Testosteron oder Östrogenen ein männlicheres oder weiblicheres Aussehen bewirken und je nachdem eben auch die Rollen stärker oder schwächer greifen.

Dagegen spricht aber auch, dass pränatales Testosteron sich gar nicht unbedingt auf den Körper auswirkt und man insoweit diesbezügliche Unterschiede gar nicht unbedingt sehen würde.

Es ist überdies auch eine merkwürdige Vorstellung, die so ungefähr in Richtung von „Alle Karrierefrauen sind hässlich“ gehen müsste, was keineswegs der Fall ist.

Aus meiner Sicht spricht hier vieles dafür, dass die Korrelationen zwischen den biologischen Faktoren wie zB Testosteron einen Zusammenhang mit bestimmten Verhaltensweisen dergestalt aufweisen, dass dieses Verhalten durch Testosteron verursacht wird, weil wir sehr viele unterschiedliche Korrelationen vorfinden, die alle in die gleiche Richtung deuten, was ein gutes Indiz dafür ist, dass ein tatsächlicher Zusammenhang besteht.

Das fängt bei Tierversuchen an, in denen man die entsprechenden Mechanismen nachweisen konnte und geht über verschiedene andere Faktoren wie Messungen von Nabelschnurblut, der Digit Ratio, das Vorhandensein von Androgenrezeptoren an Stellen, die typischerweise zwischen den Geschlechtern differenziert sind, den Ohrknöchelchen, die ebenfalls in Abhängigkeit von Testosteron reagieren, CAH, CAIS, AGI, cloacal exstrophy, Homsoexualität, Transsexualität, DES, Zwillingsforschung, Turner Syndrom und Imprinting, alle diese Besonderheiten lassen sich recht gut einordnen und die dabei aufgezeigten Korrelationen lassen sich insgesamt schlüssig eigentlich nur mit der Annahme einer Kausalität in eine bestimmte Richtung belegen.

(vgl zu den obigen Angaben die Artikel „Übersicht: Biologische Begründungen zu Geschlechterunterschieden“ und „Männliche Geschlechtsidentität und männliches Verhalten: Die Rolle von Sexhormonen in der Gehirnentwicklung„.

Ich wüsste jedenfalls jedenfalls keine andere Theorie die eine gleiche Stimmigkeit hinbekommt.

Kann man „bürgerliche Geschlechtertraditionen“ erfolgreich als MRA-Strategie einsetzen?

Neuer Peter hat unter Verweis auf einen Kommentar von Nick folgenden Gedanken als Kommentar eingestellt:

“Wenn Feminismus mit dem Anknüpfen an bürgerliche Geschlechtertraditionen erfolgreich war, dann sollte man das vielleicht insofern nachmachen. Wenn Männer nicht jammern dürfen, dann dürfen sie dafür was anderes und das muss man dann auch ausnutzen.

Use your privilege!”

Sollte man unbedingt weiterverfolgen, den Gedanken.

Ich schrieb dazu:

@neuer peter

“Use your privilege!”

Im Feminismus würde man schlicht sagen, dass die Männer ja genau das machen, deswegen verdienen sie ja mehr und besetzen alle wichtigen Machtpositionen

Ich weiß auch gar nicht, in welche Richtung das gehen würde, scheint mir dann wie EMN befürchtet ein “Feminismus mit umgekehrten Vorzeichen” zu sein.

Spielerisch macht es vielleicht Sinn, es kann recht spaßig sein mit leichter Ironie den Macho zu geben, kann auch ein interessanter Frame sein, bei dem man recht automatisch ein Alphamann ist.

Neuer Peter schrieb dazu:

“Im Feminismus würde man schlicht sagen, dass die Männer ja genau das machen, deswegen verdienen sie ja mehr und besetzen alle wichtigen machtpositionen”

Für den individuellen Erfolgsmann ist das natürlich eine gute Strategie. Nur ist der eben recht selten.

“Ich weiß auch gar nicht, in welche Richtung das gehen würde, scheint mir dann wie EMN befürchtet ein “feminismus mit umgekehrten Vorzeichen” zu sein.”

Ich auch nicht. Deswegen frage ich ja.

“Spielerisch macht es vielleicht Sinn, es kann recht spassig sein mit leichter Ironie den Macho zu geben, kann auch ein interessanter Frame sein, bei dem man recht automatisch ein Alphamann ist.”

Das ist sogar ein ganz hervorragender Frame, besonders mit der ironischen Brechung.

Mir geht es hier aber eher um gesellschaftliche Veränderungen. Es dürfte klar sein, dass der Maskulismus sich nicht erfolgreich der gleichen Nörgel-, Beschämungs- und Opferinszenierungstaktiken bedienen kann wie der Feminismus, weil ein solches Verhalten mit unseren Instinktdispositionen über Kreuz liegt.

Wie aber sähe eine MRA-Strategie zur gesellschaftlichen Veränderung aus, die das nicht tut? Roslin würde sagen: Füße hochlegen. Klar. Aber manche glauben weder an den bevorstehenden Untergang des Abendlandes, noch haben sie die Lust oder die Zeit, vier Generationen zu warten.

Die Frage wäre also, wenn ich es richtig verstehe, wie man eine MRA-Strategie nutzen kann, die gleichzeitig an bürgerliche Traditionen anknüpft, aber nicht in Nörgel-, Beschämungs- und Opferinszenierungstaktiken abgleitet.

Mit fällt da nicht so viel ein. Vielleicht kann man den Schutzgedanken in den Vordergrund stellen. Also den Gednaken, dass man sich für die Schwachen und Rechtelosen einsetzt. Hat aber auch was von Opferinzenierung.

Ein interessanter Ansatz kommt noch von Nick bei Erzählmirnix:

Scheint mir recht simpel: Wenn es beispielsweise ein “male privilege” ist, als Ratiobestie ernst genommen zu werden, dann muss man eben möglichst abstrakt-rational argumentieren, also: Emotionalität möglichst herausnehmen. Auf steng logisch stringente Gerechtigkeitskonzepte und Werte abstellen, bloß nicht auf Gerechtigkeitsempfinden und Betroffenheit. Die enorme Bedeutung intersubjektiv gültiger Kriterien und Regeln für eine progressive und gerechte Gesellschaft herausstellen ebenso wie die Konsequenzen, wenn man sie aufgibt.

Wenn Feminismus #Aufschreit, ihn dazu nötigen klare und konkrete Vorstellungen zu benennen, nach welchen allgemeingültigen Codes sich der männliche Sexdämon denn bitte verhalten solle. Da er dazu natürlich rein gar nicht in der Lage ist, ihm die Sache aus der Hand nehmen, und selbst solche Codes formulieren.

Fakten, Fakten, Fakten! Und immer an den Rotz der Aufklärung denken! 😉

Auf dem Feld des Gerechtigkeitsgefühls wird Feminismus immer gewinnen. Die traditionell-männliche herangehensweise an Gerechtigkeit ist eine etwas andere, und letztere ist ein tief verwurzeltes Fundament unserer Gesellschaft.

Das Abstellen auf Fakten und rationale Erklärungen scheint mir eine sehr gute Strategie zu sein, die ich hier zumindest größtenteils durchaus umzusetzen versuche.

Möchtest du gerne Mitautor in einem Gemeinschaftsblog zu Geschlechterthemen werden?

Bei Erzählmirnix in den Kommentaren entstand eine Idee für einen Gemeinschaftsblog zu Geschlechterthemen.

Wenn man 5 Autoren hätte, dann könnten sie sich jeweils auf einen bestimmten Tage des Monats festlegen, auf den sie auf jeden Fall einen Artikel einstellen (und wenn sie wollen noch weitere Tage, an denen sie dann vielleicht einen Artikel einstellen) dann hätte man jede Woche einen Artikel, ohne das es für den Einzelnen viel Arbeit ist.

Wer Interesse daran hat und sich zumindest einen Artikel pro Monat zutraut, der schreibe hier bitte einen Kommentar. Wenn genug Interessenten vorhanden sind , dann kann das Projekt starten.

„Sein Konto ist unser Konto, mein Konto ist mein Konto“

Eine Konstellation, von der man immer wieder mal hört, ist die Folgende:

Er ist der Hauptverdiener, sie hat eine Halbtagsstelle. Sein Geld geht auf ein gemeinsames Konto, von dem aus die gemeinsamen Ausgaben bestritten werden, der Haushalt, die Miete etc. Beide haben eine Kontovollmacht für das Konto.

Ihr Geld steht dann wiederum allein ihr zur Verfügung.

Das war eine Einteilung, die ich schon immer etwas merkwürdig fand. Gerade wenn die Frau dann so etwas anführt wie „Das habe ich mir von meinem Geld gekauft“. Im Gegensatz zu Sachen, die man von „unserem Konto“ zahlt.

Zwei Konten zu haben kann aus verschiedensten Gründen nützlich sein. Und es kann auch gut sein, wenn sie bestimmte Ausgaben tätigen kann, ohne das Gefühl zu haben, es mit ihm abstimmen zu müssen. Wenn er ebenfalls ein weiteres Konto hat, auf dem ihm eine ähnliche Summe quasi als „Privatgeld“ zusteht, dann würde ich das auch noch gut verstehen.

In der Trennung erscheint es mir aber immer etwas bizarr.

Männer-Selbstfindung Teil 3: „Es ist männlich, dass es niemals einfach ausreicht, Mann zu sein“

Auch Schoppe schreibt etwas zu Robins „Männlichkeitsartikel“, den ich auch bereits hier besprochen habe. Dabei schreibt er etwas interessantes zu der Frage, warum sich Männer über bestimmte Positionen von Männlichkeit weniger austauschen als Frauen über bestimmte Aspekte von Weiblichkeit:

Der Grund ist wohl, dass es dieses Gemeinsame ganz einfach nicht gibt. Als soziale Kategorie ist Männlichkeit in den meisten Situationen hoffnungslos unbrauchbar – Gemeinsamkeiten des Berufs, der Ausbildung, des sozialen Status oder auch der politischen oder religiösen Überzeugung sind in aller Regel aussagekräftiger.
Das wäre also die These, dass Männlichkeit für Männer erst einmal nicht so viel als Thema hergibt wie für Frauen. Hier sollen andere Funktionen wichtiger sein, etwa der Beruf oder andere Punkte, die der Gruppeneinordnung dienen und die eine Zuordnung über das Geschlecht beinhalten. Es wäre sozusagen die Aussage, dass Männer nicht weniger über ihr Mannsein definieren, sondern eher über andere Aspekte, die eher eine Gruppeeinordnung ermöglichen.
Die Idee, dass Frauen eher eine einheitliche Gruppe gebildet haben und für sie daher Erinnerungen daran, was sie an gemeinsamen Erfahrungen verbindet und über diese gemeinsamen Erlebnisse und die Versicherung der jeweiligen Weiblichkeit ein Bonding-Erlebnis hatten, während Männer insoweit eher Bündnisse über Männlichkeit hinaus suchen, weil es eher darum geht, bestimmte Kooperationen zu bilden, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben, sondern eher mit gemeinsamen Zielen und Interessen, lässt sich durchaus in einen evolutionären Kontext einordnen. Frauen hatten vergleichsweise gleiche Aufgaben, die weit weniger auf Konkurrenz ausgerichtet waren und gerade bei Kindererziehung und beim Schutz vor aufdringlichen Männern bieten sich solche Bündnisse über das Geschlecht Frau durchaus an. Bei Männern kommt aber noch die wesentlich stärkere intrasexuelle Konkurrenz dazu, ebenso wie die sexuelle Selektion auf erfolgreiche Männer durch Frauen. Das verbietet bereits an sich ein umfassendes Bündnis der Männer per se, da letztendlich die Gruppenbildung ein wesentlicherer Faktor innerhalb des männlichen Lebens ist.
Bei Frauen ist das, traditionell, anders: Weiblichkeit ist für sie in herkömmlichen bürgerlichen Verhältnissen ein zentrales Element ihrer Aus- und Einkommens. Sie sind finanziell vom Mann versorgt, weil sie ihrerseits – als Mutter – die gemeinsamen Kinder und – als Hausfrau – die Familie in Alltagstätigkeiten versorgen.
Was Robin als ungezwungen-schwelgerisches Frauengespräch über die gemeinsame Weiblichkeit darstellt, bezieht sich noch immer weitgehend auf eben diese beiden traditionellen Weiblichkeitsmuster der (potenziellen) Mutter und der (potenziellen) Partnerin: die „erste Periode“,„Mutterschaft“, das„erste Mal“, das Aussehen der Brüste, die Frage „Findet er meinen Geruch/Geschmack eklig?“
Also eine Konzentration in den weiblichen Themenauf Bereiche, die zumindest indirekt mit Mütterlichkeit oder der Anziehung auf den Partner zu tun haben. Lucas sieht dies als eine Bestätigung der klassischen Weiblichkeitsmuster. Wobei es ja weniger um Funktion und Verbesserung geht, sondern wenn ich das den Schilderungen richtig verstehe eher darum, dass man die dabei auftretenden Gefühle bespricht und sich insoweit empathisch aufeinander einlässt.
Ob es insoweit die Weiblichkeitsthemen nur in Bezug genommen werden, weil sie eben höchstpersönlich sind und damit einen sehr emotionalen Ansatz haben wäre zu klären. Gerade wenn es eben um die weibliche Form der Bindung geht, die auf eine empathische Basis über das Teilen intimer Informationen aufbaut, wäre dies insoweit verständlich.
Lucas schreibt weiter:
Offenbar hat sich an traditionellen Weiblichkeitsmustern weniger geändert, als es das Klischee allseits emanzipierter und selbstständiger Frauen vermittelt. Wenn heute beispielweise auch unverheiratete Mütter, die sich vom Vater ihres Kinder trennen, eben gerade deshalb an ihn einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt erwerben – und wenn andererseits ein vergleichbarer Anspruch unverheirateter Väter an Mütter faktisch ausgeschlossen ist – dann ist das nur ein Beispiel dafür, wie sich das Muster des Lebensunterhalts durch Geschlechtszugehörigkeit bewahrt hat.
Man könnte hier anführen, dass sich beide Muster nicht geändert haben – Männer beschäftigt seit jeher Gruppenzugehörigkeit, Themen, mit denen man Status aufbauen kann oder neue Werkezuge, die man zur Verbesserung seiner Position einsetzen kann. Früher mag letzteres eine bessere Speerspitze gewesen sein oder eine bessere Methode zur Herstellung von Faustkeilen, heute eben anderweitige Technik, auch wenn sie einen geringeren Einfluss auf unser direktes Überleben hat.
Interessant aber dennoch der Gedanke, dass Frauen aus ihrer Weiblichkeit den direkteren Profit ziehen können bzw. für sie ihre Tätigkeiten direkter mit ihrer Weiblichkeit verbunden sind: Über Mutter und Partnerin sein lässt sich sein ein Leben für eine Frau über den Mann durchaus aufbauen und nicht wenige Frauen sind durchaus damit zu frieden, wenn sich ihr sozialer Status ansonsten von dem Beruf ihres Mannes ableitet. Ein Weg der Männern wesentlich mehr verschlossen ist:
Das wäre Männern so kaum möglich – Männer bestreiten in traditionellen Mustern ebenso wie in anderen ihren Lebensunterhalt in aller Regel durch spezifische berufliche Tätigkeiten, und sie verdienen potenziell umso besser, je solider sich ihre spezifischen Fähigkeiten von denen anderer Männer unterscheiden.
Dazu hatte ich oben bereits etwas geschrieben. Es ist richtig, dass vieles in Männern eben mehr auf Differenzierung ausgerichtet ist, weniger auf Gemeinsamkeit. Wobei dies innerhalb von Freundschaften andererseits auch eine geringere Rolle spielt. Aber auch hier wirken andere Mechanismen: Die von Robin vorgeschlagenen Themen spielen insoweit eine geringere Rolle, vielleicht auch weil man an ihnen eh nicht ändern kann und man insofern andere Aspekte in den Vordergrund steht.
Es ist männlich, dass es niemals einfach ausreicht, Mann zu sein – und so geht es im Gespräch oder beim Schreiben über Männlichkeit in aller Regel notgedrungen um mehr als  um Männlichkeit allein. Das klingt paradox, zen-verdächtig, ist aber eigentlich selbstverständlich. Wesentlich fragwürdiger ist der Glaube, ein Gespräch über „Weiblichkeit“ sei fraglos möglich – weil ein solches Gespräch auf Mustern von Weiblichkeit aufbaut, die eigentlich längst nicht mehr funktional sind.
Mann sein reicht nicht aus – man muss insofern seinen Platz über das Mann sein hinaus innerhalb der Männerwelt finden. Interessant ist, dass Schoppe indirekt fordert, dass Frauen auch merken, dass Weiblichkeit nicht mehr ausreicht, sondern  sich die Gespräche um mehr drehen sollten.
Damit unterschätzt er denke ich eher die Funktion, die diese Art des Austausches hat. Aber man wird sehen, wie sich hier auch die Weiblichkeitsrolle verändert.

Wechselwirkung von biologischen und sozialen Faktoren (Anlage-Umwelt-Kovariation)

David führte in einem Kommentar noch etwas zu der Wechselwirkung von biologischen und sozialen Faktoren an:

Mal 4 Punkte, die in der Anlage-Umwelt-Debatte immer wieder unter den Tisch fallen, da fälschlicherweise eine Unabhängigkeit der Faktoren angenommen wird:

o) Merkmale haben keine fixen Heretabilitätswerte.
Sie gelten immer nur bei einer spezifischen Umweltvarianz. Das heißt wenn alle Kinder vom Bildungssystem gleich stark gefördert werden und es geringe soziale Diskrepanzen gibt, ist die genetische Heretabilität hoch.
Herrschen jedoch sehr ungleiche Bedingungen, also eine hohe Umweltvarianz, dann ist die Heretabilität geringer.

Ein interessanter Punkt: Um so mehr Chancengleichheit es auf sozialer Ebene gibt um so eher werden biologische Faktoren betont. Wo früher auch ein intelligenter Mensch mangels Bildung nicht viel erreichen konnte, kann er nunmehr bei allgemeiner Schulpflicht besondere Leistungen vollbringen. Bereits aus diesen Gründen wird eine Gleichheit schwer zu erreichen sein.

o) Eltern und ihre Erziehung ist nicht nur ein wesentlicher Umweltfaktor. DIe Eltern teilen mit ihrem Kind auch die Gene, sind somit Umwelt und Gene zugleich.

Ein sehr gerne gemachter Fehler, der insbesondere in der Soziologie zu wenig beachtet wird. Wenn Kinder sich wie ihre Eltern verhalten, dann muss dies nicht ohne weiteres auf die Erziehung zurückzuführen sein. Es können ebenso bestimmte Gene und Veranlagungen sein, die sie ihren Eltern sehr ähnlich werden lassen

o) Ein Kind nimmt mit seinen Dispositionen aktiv Einfluss auf seine Umgebung, “schafft” sich seine Umwelt selbst, indem es aus verschiedenen Interaktionsangeboten auswählt.

Ähnliches hatte ich schon einmal hier geschrieben. Ein Kind kann eben bis zu einem gewissen Grad auch Freund aussuchen und das er gerade in dieser oder jener Gruppe landet ist eben nicht einfach nur Glück oder Pech, sondern kann auch mit einer gewissen Ähnlichkeit des Charakters (auch möglicherweise aufgrund biologischer Umstände) beruhen etc. Er kann sich einer Jugendgang anschließen oder diese meiden.

o) Damit wirkt es zurück auf seine Umwelt, es konditioniert z.B. die Eltern darauf, was ihm gefällt und was nicht. Diese passen sich somit in ihren Interaktionsangeboten den disponierten Bedürfnissen des Kindes an usw.

Auch das eine wichtige Erkenntnis: Wie ich in dem oben verlinkten Artikel schon zitierte: „der Junge kommt aus einer kaputten Familie” “Ja, ein Junge wie er bekommt jede Familie kaputt”. Diese Wirkung wird häufig unterschätzt. Ein Kind´, mit dem die Eltern nicht fertig werden, kann eben auch eine starke Unstimmigkeit in die Familie bringen. Genauso kann ein anderes Kind eben einen großen Wissensdurst haben und die Eltern deswegen drängen ihm bestimmte Bücher zu verschaffen oder bestimmte Wissenschaftssendungen im Fernsehen zu sehen.

Aufgrund dieser komplexen Wechselwirkung spricht man von Anlage-Umwelt-Kovariation.

Noch einmal eine schöne Zusammenstellung von David.

Selbermach Samstag LXXII

Welche Themen interessieren euch, welche Studien fandet ihr besonders interessant in der Woche, welche Neuigkeiten gibt es, die interessant für eine Diskussion wären und was beschäftigt euch gerade? Welche interessanten Artikel gibt es auf euren Blogs oder auf den Blogs anderer? Welches Thema sollte noch im Blog diskutiert werden?

„Barbie-Feminismus“

Auf Freitag.de schreibt eine ostdeutsche Feministin darüber, was ihr am jetzigen Feminismus nicht gefällt:

In allen Einzelheiten beschrieb sie ihren harten Alltag: Die Professoren behandelten sie nicht gleichberechtigt; die affektierten Kommilitoninnen waren alle anorektisch und den Vater ihrer Tochter hatte sie aus der Wohnung werfen müssen, weil der nicht aufräumen wollte. Dieses chauvinistische Arschloch. Dabei fehlte es Charlotte doch selbst ein wenig an Ordnungssinn. Sie fand, ihr Leben war das Ergebnis der Jahrtausende alten männlichen Vorherrschaft. Sie wohnt ja auch in einem Mietshaus, das ihrem Vater gehörte. Dass ihr Exmann, ein Schriftsteller, sie finanziell nicht unterstützen könne und dass sie deswegen arbeiten müsse, sich um ihr Kind kümmern und nicht mehr frei war, sah sie als Beweis für die fundamentale Unterdrückung der Frau in unserer heutigen Gesellschaft.

Charlottes Sicht auf die Welt ist mir fremd. Auch wenn sie mich an viele westdeutsche Frauen erinnert, die ich kenne. Sie halten sich für Vorzeigefeministinnen und führen dennoch Debatten, die mich an die achtziger Jahre erinnern. Ich nenne sie Barbie-Feministinnen: außen Feministin, innen Barbie.

Hier wurde vergleichbares schon als Jammerfeminismus bezeichnet, es scheint aber auch etwas in die Richtung zu gehen, dass man alles hat aber dennoch unzufrieden ist und die schuld immer bei den anderen sucht.

Was ich als Kritik auch durchaus verständlich finde: Ich bin durchaus auch der Auffassung, das der Feminismus eine Strömung gebrauchen könnte, die sich mehr auf das besinnt, was Frauen selbst machen können statt Sündenböcke zu suchen.

Der Artikel dazu:

arum? Weil sie Fragen aufwerfen und Rechte diskutieren, die in meiner Welt längst beantwortet und ausgehandelt sind. Sie kämpfen einen Kampf, den ich als gewonnen betrachte. Viele weibliche Heroinen haben diesen Kampf um Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung für Charlotte und alle anderen Frauen dieser Welt gekämpft. Dass diese errungenen Rechte nicht als selbstverständlich gelebt werden können, ist das eigentliche Problem. Dabei wird einem völlig unmächtigen Gegner Macht verliehen, die ihm doch eigentlich schon längst entzogen wurde.

Abgesehen von dem Feindbild des Mannes, das da in gewisser Weise an die Wand gemalt wird ist das durchaus zutreffend. Frauen würden sich besser stellen, wenn sie davon ausgehen würden, dass sie sich bereits selbstverwirklichen und selbstbestimmen können. Die Frauen, die dann Karriere machen wollen, müssen sich aber auch bewußt sein, dass dies erhebliche Arbeitszeiten, Stress und wenig Zeit mit Kindern bedeuten wird. Das würde es aus meiner Sicht bedeuten sich in der modernen Welt selbstbestimmt zu bewegen.

Weil man als moderne Frau heute feministisch zu sein hat, wird alles, was in Wirklichkeit nichts anderes als die Denkfehler der westdeutschen Sozialisation sind, als moderner Feminismus verkauft. Bei genauerer Betrachtung erkennt man allerdings, dass patriarchalische Denkmuster sehr stark verinnerlicht wurden. Ähnliches gilt für Kristina Schröder, die ihr Amt als Familienministerin nicht mehr weiterführen wollte, um mehr Zeit mit ihrer Familie zu verbringen. Für ihre Nachfolgerin Manuela Schwesig ist Mutter und Ministerin zu sein kein Problem. Ihr Mann arbeitet zu Hause in Schwerin halbtags und kümmert sich um das Kind. Schwesig ist eine von vielen Frauen, die ohne müde Haut Beruf und Familie vereinbaren können; die nicht arbeiten gehen, um sich teure Sache zu kaufen, sondern weil sie lieben, was sie tun. Sie sind Mutter, Business-Frau und Partnerin. Und dieses Zusammenspiel macht sie überhaupt erst glücklich und vollkommen.

Patriarchalische Denkmuster scheint so etwas wie verinnerlichter Sexismus zu sein, bei dem man eben davon ausgeht, die Kinderbetreuung nicht an den Vater abgeben zu können, sondern ihn selbst machen zu müssen. Interessant eigentlich, dass dies als patriarchisch angesehen wird. Man könnte es genauso ein Richtung einer Hypergamie oder eben eines Anspruchs auf das Kind durch die Mutter sehen. Aber dessen ungeachtet ist es ein moderner Ansatz, der auf ein Machen statt ein Jammern setzt und als solcher durchaus sympathisch.

Zum Aufschrei heißt es dort:

Alles, was aktuell unter dem Deckmantel einer Feminismusdebatte erörtert wird, ist für mich unemanzipiertes Geplänkel. Dazu gehört zum Beispiel auch das #Aufschrei-Spektakel. Ich hätte Herrn Brüderle eine Äußerung zu meinen Brüsten durchaus zugestanden. Ich hätte ihm liebevoll über sein lichtes Haupthaar gestreichelt und freundlich gesagt: „So wird das doch nichts, Schnuppi!“

Hat was schönes: „Hört halt auf zu jammern und stellt euch nicht so an. “ Natürlich hagelte es gleich an Sprüchen von Feministinnen auf Twitter, dass es so jedenfalls bei ihr nichts werde. Warum blieb allerdings meist offen.

ch sehe mich als Subjekt. Und dazu gehören ein Leib und eine Seele. Wer mein Äußeres begutachtet, entwertet nicht im selben Moment mein Inneres. Wer sich aber selbst als Objekt begreift, der erlebt jede Äußerung bezüglich der eigenen Körperlichkeit selbstverständlich als Beweis für das Fehlen einer Seele. Die vermeintliche Reduktion beginnt im eigenen Kopf. Ein Subjekt weiß um die Komplexität des eigenen Seins. Ein Subjekt hätte in dem berühmten #Aufschrei-Augenblick lediglich den tumben Versuch einer Annäherung von einem jenseits der Midlife-Crisis stehenden Mann erkannt.

Eine Frau, die sich weigert, sich in eine Opferstellung zu begeben zweifelt ein bestimmendes Element des Feminismus, nämlich eben die Unterdrückung der Frau an. Insofern steht sie schon fast außerhalb des Feminismus.

Die Barbie-Feministinnen unterwandern ein eigentlich fortschrittliches System. Der Feind sitzt in ihnen selbst und davor habe ich mehr Angst, als vor einem trotteligen Chef, der mir auf den Hintern starrt. Dieser Mann ist nicht mein Feind. Keiner behandelt mich als Mensch zweiter Klasse, keiner zahlt mir weniger, keiner lässt mich mit meinem Kind allein und fordert, dass ich auch noch das Geschirr in die Spülmaschine stelle. Weil ich den anderen nicht als Mensch zweiter Klasse begegne. Und wenn es mir doch irgendwann einmal passieren sollte, dann antworte ich ihnen mit einem lauten Schweigen. Dieses Schweigen lässt das Gesagte unbeantwortet. Ohne Antwort gibt es keine Anerkennung. Das Gesagte verliert sich bedeutungslos im Raum.

„Der Feind sitzt in ihnen selbst“ ist durchaus eine treffende Beobachtung. Wer immer nur Unterdrückung und imaginäre Wände sieht und in Männern immer das Patriarchat, der behindert sich in der Tat selbst. Einige der hinderlichsten Mythen für Frauen, wie etwa der Umstand, dass sie angeblich 23% weniger bei gleicher Tätigkeit verdienen oder die Angst vor Vergewaltigung oder die gläserne Decke werden am nachhaltigsten vom Feminismus aufrechtgehalten.

„Männer stehen nicht auf selbstbewußte, starke Frauen“

Maren schreibt in einem Kommentar:

„Für das männliche Schönheitsempfinden spielt “besonders” aus meiner Sicht allerdings eher eine untergeordnete Rolle.“

Vielleicht ist “besonders” auch gar nicht so gewünscht. Immerhin zeigt sie, wenn sie die Haare anders trägt als der Durchschnitt, dass sie unabhängig vom Urteil anderer ist. Geschlechtsübergreifend. Ich höre oft: “Das würd ich mich aber nicht trauen”, wenn´s um kurze/gefärbte Haare geht.

Völliger Blödsinn, es sind nur Haare.

Von daher präsentiert sie sich als unabhängig und mutig, und das ist nunmal etwas, was viele Männer (und nicht die besten unter ihnen) unsexy finden, weil sie ja doch gerne ein bisschen ein Mäuschen hätten, das mit großen Augen zu ihnen aufsieht. Zuviel “besonders” ist da hinderlich, dann nimmt man doch lieber das Mädel nebenan.

Aus meiner Sicht eine klassische  Fehlvorstellung bei Frauen, die höchstwahrscheinlich aus einer Übertragung der Vorliebe für selbstbwußte, starke oder gar dominante Männer stammt oder aus einer unrealistischen Selbstbetrachtung.

Häufig wird selbstbewußt und stark mit wesentlich schlechteren Eigenschaften verwechselt, etwa arrogant, vorlaut, rücksichtslos, nicht kompromissbereit. „Die können nicht mit einer starken Frau umgehen“ kann dann eine Umschreibung für „die können nicht damit umgehen, dass ich mich wie die Axt im Wald benehme“, die aber das Ego entsprechend schont. Ein solches Auftreten passt eben besser zu dem was Frauen an Männern aufgrund der dortigen Betonung intrasexueller Konkurrenz sexy finden.

Häufig wirkt ein solches Verhalten eben eher anstrengend und konfliktgeladen, was nicht unbedingt etwas ist, was einen reizt.

In dem Beitrag von Maren kommt ein weiterer Faktor dazu:  Männern haben nichts gegen unabhängige und mutige Frauen. Wenn modischer Mut und Unabhängigkeit aber zu Lasten der Schönheit gehen, dann ist das kein für sie sehr erstrebenswerter Tausch. Das Interesse der meisten Männer daran, dass man „mutige Mode“ trägt um des Muts will und nicht weil es gut aussieht, dürfte auch wesentlich geringer sein als bei Frauen untereinander.

Zudem kalkulieren Männer in die Frage, ob sie einer Frau Interesse signalisieren eben auch ihre mögliche Reaktion ein. Um so selbstbewußter eine Frau wirkt um so eher wird man Ansprechangst empfinden. Deswegen können Frauen, die besonders selbstbewußt wirken eben bei Männern eher in einer gewissen Form von Friendzone kommen, eben weil er sich nicht traut konkreter zu werden. Gerade die Betonung der Unabhängigkeit kann eben auch schnell so aufgefasst werden, dass man von demjenigen nichts will. Hier wirkt sich dann auch aus, dass Männer üblicherweise ansprechen müssen und daher dessen Folgen ganz anders kalkulieren müssen als Frauen, die das nicht machen müssen.

Ein nettes, freundliches, offenes aber dabei selbstbewußtes Mädchen wird sicherlich als sehr positiv wahrgenommen. Eine Frau, die meint, dass sie selbstbewußt und stark ist, wenn sie aggressiv auftritt aber eben nicht.