Ein klassischer logischer Fehlschluss, der häufig in der Geschlechterdebatte auftaucht ist das Argument, das an das Nichtwissen appeliert und das Argument aus persönlichen Unglauben:
Dazu in der Wikipedia:
Das argumentum ad ignorantiam (lateinisch für „Argument, das an das Nichtwissen appelliert“) ist ein logischer Fehlschluss, bei dem eine These für falsch erklärt wird, allein weil sie bisher nicht bewiesen werden konnte, oder umgekehrt, eine These für richtig erklärt wird, allein weil sie bisher nicht widerlegt werden konnte. Der Fehlschluss wird ohne Sachargumente gezogen. Der so Argumentierende sieht seine mangelnde Vorstellungskraft oder seine Ignoranz als hinreichend für die Widerlegung bzw. Bestätigung einer These an.
Eine Abwandlung davon ist das „Argument aus persönlichem Unglauben“: Der Umstand, dass eine These subjektiv als unglaublich oder unwahrscheinlich erscheint, wird als hinreichende Bedingung für die Zurückweisung einer These angesehen, an deren Stelle eine andere, subjektiv bevorzugte als zutreffend gesetzt wird.
Beide Argumente haben gewöhnlich das folgende Schema gemeinsam: Eine Person betrachtet das Fehlen von Evidenz für eine Behauptung – oder, alternativ, betrachtet ihre persönliche Voreingenommenheit gegenüber dieser Sichtweise – als begründende Evidenz oder Beweis dafür, dass stattdessen eine andere Behauptung wahr ist. Dies ist keine gültige Schlussweise im Sinne der formalen Logik.[1]
Das Argument aus Unwissenheit bzw. das Argument aus persönlichem Unglauben darf nicht mit der Reductio ad absurdum verwechselt werden, welche eine gültige Methode ist, bei der ein logischer Widerspruch dazu benutzt wird, um eine These zu widerlegen.
Das Argument taucht häufig in der Form „Es steht noch nicht mit letzter Sicherheit fest, wie solche biologischen Vorgänge ganz genau funktionieren, also können wir von einer (rein) sozialen Begründung ausgehen“.
Meiner Meinung nach macht Joachim in seinem Text „Was mich Gender kümmert“ auch etwas in dieser Art:
Ich habe durch die Beschäftigung mit einigen Studien, vor allem aber durch lesen der beiden Bücher pro und contra biologischer Erklärungen für Genderunterschiede, viel dazugelernt. Durch statistische Erhebungen lässt sich endgültig nichts klären, weil diese keine Unterscheidung zwischen nature und nurture treffen können.
Ich gehe davon aus, dass die meisten Verhaltensunterschiede* zwischen Männern und Frauen gesellschaftlich durch Rollenbilder geprägt sind. Das ist praktisch die Nullhypothese.
Er schließt daraus, dass ein Beweis aus seiner Sicht nicht möglich ist, dass er erst einmal davon ausgehen kann, dass die Rollenbilder gesellschaftlich geprägt sind. Dabei bedeutet, dass es nicht geklärt werden kann, dass man von keiner der beiden Theorien sicher ausgehen kann.
Und auch Elmar geht in diese Richtung:
Es ist klar, daß man das via (3) niemals leisten kann, weil (3) nur die biologische Funktion von U aufklären kann. Also: (3) kann man ebenfalls vergessen, wenn man Wissen über evolutionäre Vorgänge finden will. (…) Diese groben Abschätzungen sagen uns, daß wir evolutionäre Ansätze aufgrund der molekularen Komplikationen und dem anthropologischen Charakter evolutionärer Erklärungen im Prinzip vergessen können, wenn es darum geht, zu erklären, wie es letztlich zu P kam
Elmar erklärt hier evolutionäre Ansätze von vorneherein für unbeachtlich, weil sie nicht zu beweisen wären. Er blendet aber aus, dass sie dennoch wahr sein könnten und dann die tatsächliche Erklärung liefern würden. Es wäre zB möglich, dass Männer aufgrund von sexueller Selektion eine Vorliebe für den Aufbau von Status und Ressourcen und Frauen eine Vorliebe für entsprechende Männer aufgebaut haben und dies den Gender Pay Gape und die Frage, wer mehr Überstunden macht und mehr Führungspositonen erlangt erheblich beeinflusst – der Umstand, dass man dies evtl nicht beweisen kann, ist für die Frage, ob die Theorie richtig sein kann, erst einmal ohne Belang.
Das gleiche Modell trifft man auch sehr häufig in anderen gegen Biologie gerichteten Erklärungen. Zumindest bei den Lesern von Jordan-Young, Cordelia Fine, Heinz-Jürgen Voss etc wird häufig aus dem Auffinden gewisser kleiner Fehler in Studien oder der Darlegung vermeintlicher Schwächen der Schluß gezogen, dass die Theorien damit insgesamt nicht zutreffen können und damit unbeachtlich sind. Gerade Cordelia Fine betont hingegen mehrfach in ihrem Buch, dass die biologischen Theorien zutreffen könnten, dass aus ihrer Sicht die Beweise aber gegenwärtig dies nicht mit letztendlicher Sicherheit ergeben und sie andere Theorien für wahrscheinlicher hält.
Das „Argument aus persönlichen Unglauben“ kommt gleich noch häufiger vor. Es ist fast eines der Hauptargumente des „kritischen Femminismus“. „Biologische Theorien wären nicht änderbar genug und wären auch nicht gerecht, deswegen sind sie falsch“ oder „es sind patriarchische Forschungen und deswegen sind sie bereits falsch“.