Auf dem Blog „Elitemedium“ finden sich zwei interessante Artikel zum Thema „Nicht gut genug -Aktivismus“
Dabei geht es darum, dass feministische Aktionen von anderen Feministinnen kritisiert werden, weil sie wie der Name sagt nicht gut genug sind.
Elitemedium schreibt:
Ich nenne es den “Nicht-gut-genug-Aktivismus”. Gemeint ist damit ein unter dem Label feministisch/antirasitisch/antisexistisch etc. betriebender Aktionismus, der sich nicht gegen den eigentlichen Gegner richtet (Sexisten, Rassisten etc.) sondern der andere Aktivisten aus dem eigenen Lager und dessen Aktionen angreift. (…) er “nicht-gut-genug-Aktivismus” ist eine sehr bequeme Sache. Statt selber aktiv zu werden und eigene Aktionen zu starten kann man bequem vom Schreibtisch aus die Konkurrenz im eigenen Lager kleinhalten. Durch den “nicht-gut-genug-Aktivismus” kann man auch gut nachweisen, dass man die NOCH BESSERE Feministin oder Antirassitin ist – auch wenn man eigene Erfolge nicht wirklich vorweisen kann.
Meiner Meinung nach ist es auch eine klassische Folge von IDPOL. Da derjenige am besten darsteht, der sich am nachhaltigsten mit dem Leid der Gruppe identifiziert kann man durch Kritik an den Arbeiten der anderen Aktivistinnen am meisten verdienen. Das wird noch dadurch verschärft, dass man sich auf tatsächliche Gegner eh nur schlecht einschießen kann, weil die Gefahr droht, dass man bei einem zu konkreten Eingehen auf diese, diesen eher „Raum bietet“ und damit diese durch die Kritik stärkt. Durch das kritisieren anderer Arbeiten kann man ohne diesem Risiko ausgesetzt zu sein hingegen feministische oder anderweitig aktivistische Lorbeeren sammeln, allerdings eben auf Kosten des anderen, was mich schon mal zu der Überlegung brachte, ob sich daraus in Hinblick auf die eigentliche Sache, den eigentlich zu bekämpfenden Mißstand nicht ein Gefangenendilemma ergibt: Wenn beide nicht gegeneinander arbeiten würden, sondern akzeptieren würden, dass eine vermeintlich nicht so gute Idee in die richtige Richtung immer noch positiver sein kann als keine und dafür kein Grabenkampf, dann würden sie ihr Ziel eher umsetzen. Da aber beide sich innerhalb der Bewegung lieber profilieren wollen, schädigen sie indirekt die gemeinsame Sache.
Der Besser-Aktivismus ist damit vielleicht am besten als Konkurrenzkampf um die Position in der Gruppe und in Abgrenzung eines gemeinsamen Kampfes für ein bestimmtes Ziel zu sehen.
Ein weiterer Umstand, der das begünstigt, ist, dass die Arten, wie man etwas falsch machen kann, eh nicht zu überblicken ist. Alles kann in irgendeiner Weise diskriminierend sein. Dem Kritiktext zum Heimwegtelefon könnte man beispielsweise vorwerfen, dass es die Deutungshoheit der Frauen, die tatsächlich Angst haben, nicht hinreichend beachtet und zudem nicht beachtet, dass gerade arme Frauen auf gefährlichen Gegenden sich oft kein Taxi leisten können und ihre Kritik daher klassistisch ist. Dieser Kritik kann man dann wieder entgegenhalten, dass das Heimwegtelefon nicht hinreichend sicherstellt, dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter keine Männer sind, die gerade auf der Suche nach Opfern sind und insoweit deren Position an andere weitergeben können. Dem könnte man dann wieder entgegenhalten, dass nach der Beschränkung auf rein weibliche Ehrenamtliche eine Transsexuellenfeindlichkeit besteht.
Der Nicht-gut-genug-Aktivismus lässt sich insofern nicht bremsen. Man kann immer noch einen drauflegen.