Weiteres zu falsch verstandenen Regeln der Evolution

Nach und nach werde ich versuchen, noch ein paar von Elmars anderen Thesen zu besprechen, hier welche aus dem Artikel „Biologie der Geschlechter

(7) Ich denke, es ist nicht schwer zu argumentieren, daß evolutionäre Erklärungen biologischer Phänomene höchstens dann adäquat sind, wenn jene erstens ex ante den historischen Vorgang der kausalen Selektion eines erblichen, biologischen Phänomens mit biologischer Funktion empirisch belegen, und zweitens dessen Effekt für die Bilanz von Aussterbewahrscheinlichkeit und Geburtenrate in einer statistischen, zeitabhängigen Erklärung belegen.

Dazu das Folgende:

Mit der von ihm gewählten Definition muss Elmar aus meiner Sicht eigentlich die Evolutionstheorie an sich ablehnen. Denn natürlich kann man die Entwicklung des Lebens nicht in der von ihm gewählten Weise nachvollziehen. Denn wir können nicht aus einer „vorher Sicht“ darstellen, dass zB bestimmte Fische zwingend Flossen stärker ausbilden mussten, die ihnen erst erlauben sich etwas mehr aufzustützen und dann schließlich unter zusätzlicher Umstellung der Kiemen zu Lungen und einem immer stärkeren Ausbilden der Flossen an Land zu kommen. Wie können zwar ex post feststellen, dass dies anhand der Fossilien und der bekannten Übergangstiere, die heute noch existieren, der wahrscheinlichste Weg ist, aber die Tiere mussten sich natürlich nicht auf diese Weise entwickeln im Wege eines zwingenden Vorganges. Das zeigen schon die heutigen sonstigen Fische, die es ja noch reichlich gibt.

Auch seine Forderung einer Bilanz wirft erhebliche Fragen auf: Was soll das für eine Bilanz sein? Eine auf die Art bezogene Bilanz wäre ja schlichte Gruppenselektion, die aber in der Evolutionstheorie überwiegend abgelehnt wird.  Es evolvieren ja nicht Gruppen, sondern Einzelwesen, bei denen eine Mutation auftritt, die sich dann entweder immer mehr im Genpool einer Art anreichert oder langsam zu einer neuen Art wird, während die alte weiterbestehen kann. Dabei muss die andere Art noch nicht einmal weniger erfolgreich sein, es reicht, wenn die Mutation den Lebewesen erlaubt eine besondere neue Nische zu besetzen (bei den Fischen beispielsweise erst schlammreiche Flüsse, die eine gewisse Luftatmung attraktiv machten, dann vielleicht Üferzonen und Sümpfe, schließlich Gezeitenbereiche oder ein Springen von Tümpel zu Tümpel etc.

Ich bezweifele, dass Elmar für an Land gehende Fische einen Effekt für die Bilanz von Aussterbewahrscheinlichkeit und Geburtenrate in einer statistischen, zeitabhängigen Erklärung belegen könnte.

Dennoch wird er diese Theorie wahrscheinlich nicht ablehnen, weil viele andere Faktoren dafür sprechen, unter anderem die ex post Betrachtung der Fossilien, genetische Vergleiche, Embryonalstudien und die vielen noch lebenden Zwischenschritte.

Das zeigt schon, dass seine Definition wenig wert ist.

  • (8) Desweiteren scheint es mir ziemlich auf der Hand zu lieben, daß evolutionäre Erklärungen biologischer Phänomene höchstens dann gut sind, wenn sie die Mängel konkurriereder Theorien vermeiden und nicht nur die evolutionäre Rolle der biologischen Funktion des betrachteten biologischen Phänomens, sondern auch dessen Verteilung aus seiner biologischen Funktion erklärt auf eine Weise, daß das Auftreten dieser Verteilung die ganze Erklärung nicht trivialerweise wahr macht.

Ich verstehe das so, dass Elmar bei einem nicht üblicherweise aufzutreffenden Merkmal (zB Zweibeinigkeit) nicht nur eine Erklärung dafür haben will, warum gerade dieses Merkmal selektiert worden ist, sondern auch, warum innerhalb dieser Selektion Abweichungen und Unterschiede vorliegen, warum also meinetwegen einige Menschen abseits von Training und Ernährung stärker sind als andere Menschen. Das lässt sich in der Natur meist schon damit begründen, dass ein Merkmal eben meist Kosten und Nutzen mit sich bringt und es in verschiedenen Situationen verschieden effektiv sein kann, die Kosten zu tragen und die Nutzen zu haben. Ein sehr großes Baby beispielsweise mag mehr Nahrung erfordern, auch wenn es später kräftiger ist als andere. Bei sexueller Selektion besteht zudem häufig eine Konkurrenz mit natürlicher Selektion. Ein Pfau mit kleineren Federn wird weniger gewählt, kann aber besser fliehen oder sich verstecken. Eine Alphamannstrategie kann sehr viele Nachkommen bringen, aber auch einen schnellen Tod. In der Biologie gibt es insofern nichts umsonst, alles hat einen Preis und verschiedene Strategien können damit auch unter bestimmten Bedingungen unterschiedlich erfolgreich sein. Aber vielleicht kann Elmar hier ja noch einmal näher erklären, was er meint und es zB an einem erblichen Faktor wie Körpergröße erklären

  • Zusätzlich sollte sie die zeitabhängigen Wechselwirkungen der phänotypischen Ausprägungen der betrachteten Spezies mit der Umgebung und dem historischen Verhalten konkurrierender Spezies betrachten und benutzen, um das Resultat der lokalen genetischen Anpassung der Spezies verständlich zu machen.

Ich hatte schon etwas dazu geschrieben, dass es sowohl Red Queen Rennen gibt, ebenso wie Runaway Selektion im Wege der Sexuellen Selektion. Gerade beim Menschen ist allerdings zu berücksichtigen, dass man hier aufgrund der theoretischen Fähigkeit es aufgrund seiner Intelligenz und seiner Werkzeuge und Waffen theoretisch mit jedem Lebewesen aufzunehmen, eher auf den Menschen selbst als Konkurrenz abzustellen ist. Dies bildet beispielsweise innerhalb einer Gruppe intrasexuelle und intersexuelle Konkurrenz und Selektion ganz gut ab und dies sind auch die wesentlichen Faktoren, auf die man innerhalb der Evolutionsbiologie abstellt. Das erfordert natürlich, dass man sexuelle Konkurrenz und Selektion nicht mit sozialer Selektion verwechselt.