Kfz-Mechatronikerin und die damit verbundenen Schwierigkeiten

Ein Spiegelartikel zu den Schwierigkeiten und dem Umgang damit, wenn eine Frau Mechatronikerin werden will:

Zur Ausgangssituation:

Von 61.713 Kfz-Mechatroniker-Azubis waren 2011 nur 663 Frauen. In anderen typischen Männerberufen sieht es ähnlich aus: Nur 30 der 3999 neuen Ausbildungsverträge für Maurer wurden von Frauen abgeschlossen. Bei den Zimmerleuten waren von 6939 Azubis nur 99 weiblich. „Speziell die Handwerksberufe sind und bleiben eine Männerdomäne“, sagt Susanne Walter vom Bundesinstituts für Berufsbildung.

Das ist schon ein sehr klares Bild, was die Geschlechtertrennung angeht. Sie passt durchaus zu der Theorie der unterschiedlichen Interessen der Geschlechter und passt sich insoweit auch in die ansonsten recht klassischen Berufswahlkriterien ein.  Es ist ein technischer Job, mit relativ wenig Menschenbezogenheit, der immer wieder eine gewisse Körperkraft erfordern und schmutzig ist.

Eine Stelle zu finden war wohl nicht einfach:

Johanna Burger hatte zunächst Schwierigkeiten, überhaupt einen Ausbildungsplatz als Kfz-Mechatronikerin zu finden. „Mich hat niemand genommen“, sagt sie. Viele Betriebe hätten Bedenken gehabt, einen weiblichen Azubi auszusuchen. Burger gab deshalb zunächst klein bei und lernte Arzthelferin. Ein Jahr lang arbeitete sie in dem Beruf. „Aber das wollte ich nicht mein Leben lang machen“, sagt sie. Also fing sie mit 21 Jahren ein weiteres Mal an, Bewerbungen zu schreiben. Kfz-Mechatronikerin war ihr Traumberuf. „Dafür wäre ich auch nach Hamburg gegangen“, sagt sie.

Das wäre natürlich die klassische Situation, wie man sie aus feministischer Sicht gerne darstellt: Die Frauen wollen Kfz-Mechatronikerin werden, aber die (sexistischen) Arbeitgeber wollen sie nicht anstellen und geben ihnen insoweit keine Chance, weswegen sie dann in einen Beruf wechseln, der dem Geschlechterbild eher entspricht.  Insofern freut es mich durchaus, dass sie hier hartnäckig geblieben ist und ihre Vorstellungen im Beruf umgesetzt hat. Ich kann mir vorstellen, dass ein potentieller Arbeitgeber bei einer Frau erst einmal merkwürdiger schaut, es sind immerhin einige Ungewissheiten dabei: Wird sie sich anstellen, wenn es dreckig wird? Wird sie sich positiv oder negativ auf das Betriebsklima auswirken? Werden die anderen Jungs versuchen, ihr zu imponieren und in Streitigkeiten aufbrechen? Wird es zu sexuellen Belästigungen kommen? All dies sind Fragen, die der Chef erst einmal nicht ohne weiteres beantworten kann, weswegen er eben ein höheres Risiko als bei einem männlichen Azubi, gerade wenn es sehr wenig Frauen in dem jeweiligen Zweig gibt.

Zum Umgang wird das Folgende geraten:

Nicht nur die Suche nach einem Ausbildungsplatz ist für Frauen, die in einem von Männern dominierten Job arbeiten wollen, schwierig. Viele kassieren im Berufsalltag von den Kollegen gelegentlich einen Machospruch, sagt etwa Manuel Tusch, Psychologe und Coach aus Köln. Oder es kommt ein ahnungsloser Kunde, der sich nicht von einer Frau bedienen lassen will. Wichtig sei es dann, freundlich und gelassen zu bleiben und nicht hilflos oder gar verbittert zu wirken, rät Tusch.

Außerdem sollten Frauen in einem Job mit starkem Männerüberschuss mit Fachwissen überzeugen und gleichzeitig einen lockeren Umgang mit den Kollegen pflegen. Tusch empfiehlt, sich schon vor Ausbildungsbeginn mit der Situation auseinanderzusetzen und sich ein paar passende Sprüche für unangenehme Situationen einfallen zu lassen.

Ich denke, das Machosprüche der Kollegen häufig ein Ausforschen sind, was man sich erlauben kann, quasi eine Art Shittest bzw. etwas neggen. Ein freundliches Zurückgeben ist wohl das beste um dort nicht anzuecken und akzeptiert zu werden. Dabei sollte man sich bewusst machen, dass neue Männer, die dazu kommen, auf ähnliche Weise getestet werden. Zu einem gewissen Teil ist es insofern durchaus Gleichbehandlung, nur dass Frauen dieses Spiel üblicherweise nicht so gewohnt sind.

Natürlich wird es auch immer wieder Männer geben, die tatsächlich meinen, dass es eine Frau nicht kann. Dass kann schlichter Seximus sein, es kann eine Genervtheit darüber sein, dass man sich nun anders benehmen muss, es kann eben auch ein Vorurteil sein, dass sie widerlegen kann.

Von Vorteil sei es auch, nicht dauernd zum Thema zu machen, dass man in dem Beruf in der Minderheit ist. Die Energie investiere man besser ins Lernen. So können Auszubildende punkten und an den anderen vorbeiziehen. Müssen junge Frauen sich vom Chef oder den Kollegen immer wieder blöde Sprüche anhören, sollten sie das offene Gespräch suchen. „Wenn das nicht funktioniert, kann man sich an neutrale Vertrauenspersonen wenden.“ Ein Ansprechpartner können die Handwerkskammern sein.

Ich halte eine Sicht, bei der man alles darauf zurückführt, dass man diskriminiert wird auch für den falschen Weg. So kann man sich nicht in eine Gruppe integrieren und andere zur Hilfe zu rufen wird eben häufig als „Unfair“, „zu schwach, sich selbst durchzusetzen“ und „Verletzen der Spielregeln“ verstanden. Natürlich wird, wenn derjenige tatsächlich ein Sexist ist oder kein Gefühl für die Grenzen anderer hat, mitunter nicht viel übrig bleiben.

Zu den direkten Erfahrungen von Johanna:

Johanna Burger hatte in ihrer Werkstatt mit den männlichen Kollegen keine Probleme. Sie bekam schließlich einen Ausbildungsplatz in Amberg. „Alle waren sehr aufgeschlossen und haben mich von Anfang an akzeptiert“, sagt sie. Das bestätigt auch ihr Ausbildungsleiter Markus Beer und sagt: „Wenn jemand seine Arbeit kann, macht es keinen Unterschied, ob da ein junger Mann oder eine junge Frau vor mir steht.“

Das ist doch mal eine positive Erfahrung! Sie liegt aber sicherlich auch an ihrer Einstellung:

Burger versucht allerdings auch, ihren männlichen Kollegen keine Steilvorlagen zu liefern. Das gilt zum Beispiel beim Reifenschleppen im Frühjahr und Herbst, das körperlich anstrengend ist. Da fragt sie niemanden, ob er ihr hilft. „Lieber beiße ich die Zähne zusammen.“

Ich denke es geht viel darum, dass man meint, dass der andere es versucht und sich nicht auf sein Geschlecht rausredet.