IDPOL und Privilegientheorien als Prisoners Dilemma

Während ich etwas mehr über Spieltheorie lese fällt mir auf, dass die Abwärtsspirale, die ich unter IDPOL beschrieben habe, im Endeffekt ebenfalls ein klassiches Spiel ist, nämlich ein Prisoners Dilemma in Gestalt eines „Race to the bottom

An economic example of racing to the bottom is tax competition between governments. Each government may benefit from higher tax revenues by having high tax rates on corporate profits, but governments can benefit individually with lower corporate tax rates relative to other jurisdictions in order to attract businesses to their own jurisdictions. In order to maintain equilibrium, each of the other governments would have to lower their corporate tax rates to match that of the government that first lowered the tax rate. The end result is that each government adopts a lower corporate tax rate and, therefore, collects less revenue overall. Assuming the foundational premise is correct, the optimal option for all governments would be an agreement to maintain tax harmonization.

Im Privilegienfeminismus geht es darum, sich mit dem Opferstatus weitestgehend zu identifizieren und immer weitere Privilegien der anderen Gruppe zu entdecken. Da derjenige das Spiel gewinnt, der immer weitere Privilegien aufdeckt und Benachteiligungen ausmacht wird sich beständig unterboten, bis schließlich die normalsten Punkte – sich küssenden Heterosexuelle oder Babies – Privilegien und damit auch gleichzeitig Benachteiligungen sind.

Ein Ausbruch wäre damit nur dann möglich, wenn innerhalb des Feminismus „kooperiert“ wird und man sich auf eine Untergrenze einigt. Das ist allerdings in einem so fließenden Bereich und aufgrund des Gewinnes für den Einzelnen, der eine neue Benachteiligung darlegen kann nicht zu erwarten.

Der Feminismus befindet sich insoweit bezüglich seiner Privilegientheorien in der derzeitigen Form in einem klassischen Prisoners Dilemma.

75 Gedanken zu “IDPOL und Privilegientheorien als Prisoners Dilemma

  1. Hi Christian, es heißt „Spieltheorie“ – wie in „Spieltheorie und ökonomisches Verhalten“ (von Neumann- Morgenstern).

  2. Worin besteht denn der Gewinn in Deinem Szenario? Oder anders formuliert: Was ist das Dilemma?
    Im Steuerbeispiel droht die Abwanderung von potentiellen Steuerzahlern in andere Länder, so dass die Alternativen für das einzelne Land „wenige“ gegenüber „gar keine“ Steuern sind und Konkurrenz zwischen den Ländern um Steuerzahler stattfindet. Ich sehe noch nicht ganz, um was die Feministinnen zu welchem Zweck konkurrieren und worin der Gesamtverlust für die Gesamtgruppe der Feministinnen bestehen soll, der gegenüber dem Gewinn der einzelnen Feministin durch das Behaupten von Benachteiligungen.

    • @Pluvia

      In dieser Art des Feminismus ist die bessere Feministin, wer sich mehr mit der Sache identifiziert, mehr Leid aufzeigen kann, mehr Diskriminierung aufzeigt. Der Lohn dafür ist, dass sie Anerkennung in der Gruppe erleben und das moralische Gefühl, noch reiner zu sein, noch mehr für die Sache zu tun, sich einzubringen.

      Gleichzeitig wollen sie ja dem Grund nach Diskriminierung abbauen und die Welt besser und gerechter machen sowie Leute von ihrem Anliegen überzeugen (ähnlich wie die Länder eigentlich ausreichende Steuereinnahmen wollen).

      Weil sie ihre Theorien im Bemühen darum, der bessere, überzeugtere, unterstüzendere Feminist zu sein, immer mehr ausdehnen, verlieren sie aber den Bezug zur Realtität und können das, was sie eigentlich erreichen wollen nicht mehr umsetzen. Alle Kräfte werden davon aufgebraucht, dass sie die Spirale immer weiter nach unten drehen.

      Das ist ja auch der Grund, warum sich radikale Feministinnen immer mehr in Filterbubbles zurückziehen und Lantzschi und Co zum einen immer wieder abgedrehte Artikel schreiben und zum anderen solche Streitigkeiten wie gerade bei der Mädchenmannschaft auftreten, etwa auf deren Geburtstagsfeier oder eben in den Spaltungen. Es bringt ihnen insofern mehr, sich zu zerfleischen und auf jeden noch so bescheuerten Artikel mit einem „Das ist ein wichtiger Impuls, danke dafür“-Kommentar zu antworten.

      Würden sie sich darauf einigen, die Abwärtsspirale zu beenden und die Kirche im Dorf zu lassen, dann gäbe es weniger Selbstzerfleischung und sie könnten konkreter an den Problemen arbeiten. Das der radikale Feminismus kaum noch sachliche Argumente bringt und sich von längst wiederlegten Positionen nicht lösen kann, hat meiner Meinung nach seine Ursache in genau diesem Dilemma. So entfernen sie sich von der Denkweise normaler Leute, nehmen gar nicht mehr wahr, dass sie Probleme aufbauen und aufbauschen wo keine oder nur geringe sind und verrennen sich vollkommen.

      • Ein weiteres Problem ist, daß
        zu viele Feministinnen inzwischen
        von dem Feminismus leben.
        (Ich halte DAS für das
        Hauptproblem, gebe es kein
        Geld für diese Femis,
        der Spuk wäre schnell vorbei.)
        Die können garnicht anders,
        als immer mehr Läuse im
        Pelz zu finden!
        Die „Probleme“ dürfen nicht weniger
        werden, eher müssen es mehr
        werden.
        Immer mehr Gender und
        Frauenforschung, immer
        mehr und immer schneller!
        Die sägen sich doch nicht den
        eigenen Ast ab.
        Soo blöde sind die nun wirklich nicht.

        • @derdiebuchstabenZAHLT

          „Ein weiteres Problem ist, daß
          zu viele Feministinnen inzwischen
          von dem Feminismus leben.“
          Genau das denke ich mir auch immer, ich bin einfach sprachlos wie eine Alice Schwarzer oder Germaine Greer wieauchimmer ein ganzes Leben lang davon leben konnte!
          (Die öffentlichen Auftritte sind ohne Zweifel oft sehr unterhaltsam.)

  3. Damit das ganze ein echtes Gefangenendilemma ist, müsste Kooperation einen Payoff für beide Seiten haben, der über dem von „Defect“ von beiden Seiten liegt.

    Wie modellierst du hier das Spiel, dass du so einen Payoff bekommst?

    Für mich sieht die Payoffmatrix so aus:

    Coop ist, keine denunzierenden kriterien erfinden. Defect ist, welche zu erfinden.

    Wenn beide Coop wählen, ist der Payoff 0 für beide (keiner hat einen Vorteil)

    Wenn beide Defect wählen, ist der Payoff 0 für beide (keiner hat einen vorteil, beide sind gleich „opfer“)

    Wenn Coop auf Defect trifft, ist der Payoff vom Coop -1, vom Defect 1.

    In meiner Modellierung ist es eher ein Almendeproblem als ein Gefangenendilemma: wer das Feld der gesellschaftlichen Bevorzugung zuerst abgrast, Gewinnt.

    Im Gegensatz zum Gefangenendilemma kann man hier aber nicht durch strategien wie „Tit for Tat“ ein gleichgewicht erzeugen. Wenn man nicht das Spiel ändert (durch die Einführung von Kosten) wird die Wiese leergefressen.

    • @keppla

      Der Payoff von Kooperation wäre aus meiner Sicht, dass man sich zum einen nicht immer mehr in Kleinigkeiten verzettelt, also versucht zB heterosexuelle Leute dazu zu bringen, sich nicht mehr zu küssen oder sich nicht zu glücklich als Familie zu präsentieren und stattdessen Sachen wie „ursachen für Lohnunterschiede“ oder „Regelungen der Geschlechterverhältnisse im Familienrecht“ widmen könnte, die einen erheblich höheren Payoff für die Sache bringen. Zudem werden dadurch immer mehr Denkverbote errichtet, die ebenfalls ein Denken behindern. Man darf zB mit zunehmender Radikalität keine biologischen Geschlechterunterschiede mehr annehmen. Man darf auch nicht mehr mit Leuten mit anderer Meinung diskutieren, weil das bereits ein Raum geben an diese ist etc. Das Korsett, welches man sich umlegt, wird dabei immer enger.

      Durch Kooperation im Sinne eines „Rückbesinnens auf die Sache“ könnte man dieses Rennen beenden. Man verliert aber die einfache Bestätigung und droht aus der Ingroup ausgeschlossen zu werden. Genau das wird ja immer wieder versucht und es führt zu den nicht selten zu beobachtenden Spaltungen.

      Lies dir nur einmal das hier durch:
      http://maedchenmannschaft.net/stellungnahme-aufgrund-der-ermoeglichung-rassistischer-reproduktionen-bei-mmwird5/

      Und dann überlege, wie der Payoff wäre, wenn man solche vollkommen unergiebigen Streitigkeiten weglassen könnte. Die Einzelne radikale Feministin müßte dann aber toleranter werden, was aber damit kollidiert, dass sie dann keine uneingeschränkte Solidarität zeigen könnte, was ihr gegenüber anderen Feministinnen wieder Nachteile bringen würde, die genau dies machen. Weil jede weiß, dass die andere sofort diese uneingeschränkte Solidarität zur Sache zeigen wird lohnt es sich nicht tolerant zu sein, sondern ebenfalls „defect“ zu spielen.

      „Tit for Tat“ wäre es, wenn jemand deutlich macht, dass er über einen Punkt offen diskutiert und der andere daraufhin die Gelegenheit nicht ausnutzt und dem anderen fehlende Solidarität und Unterstützung der Sache vorwirft um Punkte zu sammeln und der „bessere Feminist“ zu sein. Dann könnten beide lockerer mit der Sache umgehen. Wenn zB bei der Mädchenmannschaft gesagt worden wäre „jeder hat seine Art, wir sollten mal darüber reden, was für die eine und was für die andere spricht, aber wir wollen ja das gleiche“ dann hätte man eine Eskalation vermieden. Statt dessen konnte man nicht über die „Blackfacing Vorwürfe“ beim Slutwalk hinweg sehen und musste es dazu nutzen unbedingte Solidarität zur Sache zu zeigen und der bessere Feminist zu sein. Sieht man ja auch sehr schön an dem bemühten Text, der augenscheinlich weniger den Sachverhalt darstellen soll als vielmehr möglichst wenig Angriffsfläche bieten soll:

      „Dieses Statement ist aus der Perspektive der weiß positionierten Autorinnen der Mädchenmannschaft geschrieben, da diese die Verantwortung für die Ermöglichung rassistischer Reproduktionen während der Jubiläumsfeier der Mädchenmannschaft tragen. (…) Wir bitten um Entschuldigung für die Duldung dieser Vorfälle, unsere unangemessene Reaktion darauf und unsere Unfähigkeit, einen safer space für People of Color herzustellen (…) Dr. Daniele G. Daude (…) es ging z.B. um die Problematik der Aneignung des Wortes ‘Sl*t’ (‘Schl*mp*’), weiterhin um produzierte Ausschlüsse und die Ignoranz diesen gegenüber“

      Aber es stimmt schon, es hat auch viel mit der Tragedy of the commons zu tun, wobei ja beide auch eine gewisse Gemeinsamkeit haben:

      http://en.wikipedia.org/wiki/Prisoner's_dilemma#Multiplayer_dilemmas

      Many real-life dilemmas involve multiple players. Although metaphorical, Hardin’s tragedy of the commons may be viewed as an example of a multi-player generalization of the PD: Each villager makes a choice for personal gain or restraint. The collective reward for unanimous (or even frequent) defection is very low payoffs (representing the destruction of the „commons“).

      • @keppla

        Vielleicht könnte man viele wissenschaftliche Praktiken wie etwa Peer Review, Darstellung der bisherigen Forschung, Hinterfragen als Grundsatz, Reproduzierbarkeit, genau als solche Regeln sehen, die eine Ideologisierung in einer bestimmte Richtung verhindern sollen und kooperatives Verhalten in Bezug auf „wie ist es richtig“ im Gegensatz zu „welcher Ideologie entspricht es“ verhindern sollen.

        • Ja, ich denke schon. Die ganzen Prüfinstanzen sind – etwas krass formuliert – künstliche Kosten für Fehlbehauptungen, die die Vorteile der Veröffentlichungen ausbalancieren.

      • @keppla

        Ein weiteres vielleicht interessantes Beispiel wäre hier:

        https://allesevolution.wordpress.com/2013/03/30/das-feministische-recht-auf-wut/

        meine wutwelle und mein allgemeiner weltschmerz kamen im real life nicht unbedingt gut an….eh klar, immerhin hing und hängt meine wut mit strukturen zusammen, von denen der großteil meiner damaligen bezugspersonen im alltag mächtig profitierte.

        wie oft wurde ich aufgefordert doch weniger agressiv und unbequem zu sein, wie oft wurd ich gebeten, meine politischen statements aus freund_innenschaften herauszuhalten. im gegenzug aber anhaltende diskriminierungen zu dulden – es war ja nicht böse gemeint…hm. ja,nee is klar. also wer tatsächlich denkt, dass ungleiche machtverhältnisse und unterdrückungsmechanismen in freund_innenschaftsstrukturen nicht auch vorhanden sind, hat etwas ziemlich wichtiges nicht gecheckt. kackscheiße bleibt kackscheiße, so lieb sie auch formuliert wird und auch wenn alle lachen.

        • Schon krass. Aber das zeigt auch wieder, um welche Payoffs gespielt wird: das Recht, einseitig Aggressiv sein zu dürfen, von der impliziten Pflicht, gleichberechtigte Beziehungen zu führen, ausgenommen zu werden. Dass dagegen „die Sache“ nur verlieren kann ist nicht sehr verwunderlich, denn was hat die schon zu bieten?

          • @keppla

            „Aber das zeigt auch wieder, um welche Payoffs gespielt wird: das Recht, einseitig Aggressiv sein zu dürfen, von der impliziten Pflicht, gleichberechtigte Beziehungen zu führen, ausgenommen zu werden. Dass dagegen “die Sache” nur verlieren kann ist nicht sehr verwunderlich, denn was hat die schon zu bieten?“

            Es wird ja geframt als Kampf für die Sache und sie sind auch selbst der Überzeugung mit dieser Haltung eben einen absoluten Kampf für die Sache zu kämpfen. Aus ihrer Sicht tritt die Sache nicht in den Hintergrund, sondern wird das einzig wesentliche.

            Mir scheint aber auch, dass da gewisse Payoffs nicht ausgewiesen werden, nämlich das Recht auf Aggressivität, die Einseitigkeit, das Überlegenheitsgefühl und die Gruppenzugehörigkeit.

            Es erscheint insofern nur als Kampf für die Sache, dient aber letztendlich anderen Zwecken, deren Umsetzung damit erreicht wird.

      • Müsste aber nicht die Gruppe (=“die Spielteilnehmer“) selbst davon ausgehen, dass sie sich im status quo in einer Abwärtsspirale befinden und „worse off“ sind?

        Wenn heterosexuelle Küsse z.B. tatsächlich als Belastung wahrgenommen werden (wie sinnig auch immer das aus Deiner und meiner Position jetzt sein mag), dann geht es ihnen eben um das Übel heterosexueller Küsse und nicht um z.B. Ursachen für Lohnunterschiede. Die Bewertung, was wichtig ist und was nicht, wird ja hier durch Dich durchgeführt und wird von den Beteiligten nicht ebenso bewertet. Das macht die Übersetzung ins Gefangenendilemma m.E. schwierig, weil hier Konsens darüber vorausgesetzt wird, was die positiven und negativen Spielergebnisse jeweils sind.

        Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich… äh… Gefangenendilemma – oder so. 😉

        • @pluvia

          „Müsste aber nicht die Gruppe (=”die Spielteilnehmer”) selbst davon ausgehen, dass sie sich im status quo in einer Abwärtsspirale befinden und “worse off” sind?“

          Ich meine nicht. Man muss beim Prisoners Dilemma keine Kenntnis des Dilemmas haben. Es reicht, wenn es für beide der vorgeblich günstigere Weg ist diese Strategie fortzusetzen, obwohl es einen Weg gibt, der sie ihr eigentliches Ziel besser erreichen läßt, wenn sie zusammenarbeiten würden. Eine gewisse Blindheit dafür, wie dieser gemeinsame Weg aussieht kann dabei bestehen. Wobei ich schon vermuten würde, dass viele Feministinnen die Zerstrittenheit innerhalb der Szene bedauern und sich wiederholt auf den Schlips getreten fühlten, wenn man noch einen drauf legte. Sieht man auch beim Mädchenmannschaftsgeburtstag. Die Slutwalkerinnen wollen Kampf gegen das Patriarchat mit allen Mitteln, die Critical Whitness Feministinnen setzen den Schwerpunkt auf die Intersektionalität und beide erwarten, dass der andere ihre Sicht übernimmt, weil sie richtig ist und ihnen in ihrer Gruppe das meiste Ansehen bringt. Dahinter stellen sie die Vorteile eines gemeinsamen Vorgehens zurück.

          „Wenn heterosexuelle Küsse z.B. tatsächlich als Belastung wahrgenommen werden (wie sinnig auch immer das aus Deiner und meiner Position jetzt sein mag), dann geht es ihnen eben um das Übel heterosexueller Küsse “

          Okay, da habe ich wohl zuviel durcheinander geworfen. Aber auch in Bezug auf Heteronormativivät macht die theorie des zu unterlassenden Küssens und der entsprechenden Solidarität ja nur dann Sinn, wenn man damit eben genau zeigen will, wie sehr man der Sache verbunden ist und wieviel Rücksicht man nehmen möchte. Einen tatsächlichen effekt kann man damit nicht erreichen und die Chancen, dass es klappt sind minimal. Auch da könnte man mit einem Sich-Lösen von den Theorien effektivere Möglichkeiten entdecken. Innerhalb dieser Theorien schlägt „alle anderen müssen Rücksicht nehmen und ihre Privilegien abbauen“ immer konkretere Aktionen zur Schaffung von mehr Akzeptanz, weil es eher ein akzeptieren der Schuld der anderen ist und damit eine Bestätigung der Unterdrückung. Dieses „nicht wir müssen für mehr Akzeptanz sorgen, sondern die müssen ihre Privilegien abbauen“ ist ja letztendlich eine Folge des „Race to the Bottom“. Über dessen Sinnlosigkeit darf eben nicht diskutiert werden.

          „Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich… äh… Gefangenendilemma – oder so.“

          Wie würdest du denn die Dynamiken beschreiben, aus denen heraus so eine Radikalisierung mit Dogmaaufbau entsteht? Diese Interaktionen und deren Folgen müssten sich ja eigentlich in irgendeiner Form als Strategien abbilden lassen. Sie kommen ja in vielen sich radikalisierenden Ideologien vor.
          Es scheint mir ein Vorgang zu sein, bei dem das eigentliche Ziel immer mehr hinter der Gruppendynamik zurücktritt und ein sich selbst bestärkender Vorgang entwickelt, bei dem mehr Hingebung zur Sache den Spielern den besten Payoff gibt unabhängig davon, ob sie damit in der Sache vorankommen. Gerade Radikale Splittergruppen erreichen ja in der Regel wenig und werden eher abgelehnt, weil sich ihr Denken zu weit von der Denkweise anderer (und der Realität) entfernt hat

        • Wie würdest du denn die Dynamiken beschreiben, aus denen heraus so eine Radikalisierung mit Dogmaaufbau entsteht

          War zwar nicht der Gefragte, aber trotzdem: Auch ausserhalb des Feminismus, generell eigentlich bei jeder Gruppe die eine Spur weit in einer „unfreundlichen Umwelt“ ist, kann man imho einen solchen Prozess beobachten.

          Egal, ob es die Antifa, Gläubige einer Religion, WoW-Clans sind: es fängt an mit einer Gruppe, die an „der Sache“ („gegen die Nazis“, „Für Gott“, „Für Progress“) arbeitet, und auf die individuelle Leistung der Mitglieder angewiesen ist.

          Gruppen, in denen die Mitglieder nicht genug leisten, sterben oder werden aufgelöst, daher lohnt sich „defect“ nicht, und „die Sache“ ist vom Ziel her identisch mit dem Vorteil des Individuums.

          Wenn die Gruppe erfolgreicher wird, und mehr Resourcen ansammelt, als sie zum puren Bestehen brauch, ändert sich das: es kann für das Individuum besser sein, gegen die Gruppe vorzugehen, weil die Gruppe ein paar Defectoren durchfüttern kann, und die Gruppe ein sehr viel einfacherer Gegner ist als die echten Gegner.

          In diesem Moment bildet sich die „Inquisition“. Bei der Antifa wird auf einmal auch in Formulierungen von Gruppenmitgliedern Faschismus „erkannt“, weil es halt deutlich billiger ist, jemanden in den Rücken zu fallen, als einem echten Fascho mit Baseballschläger zu begegnen.
          In der Religion wird alles zur „Sünde“, bei den Gamerclans stellt typischerweise jemand, der „Organisiert“ fest, dass „ohne ihn nichts läuft“, weshalb er jetzt zum wohle aller die Resourcen veraltet, und organisiert, wer organisieren darf…

          Da Soziale Macht eine gewisse Trägheit hat, kann man nun nicht einfach das gleiche machen. Wer erstmal ein, zwei sünder auf dem Scheiterhaufen
          verbrannt hat, wird nicht selber durch den Sündenvorwurf dort landen, eher der Sünder.

          Und da die Inquisition mit jedem Mitglied der Gruppe um die Gruppenresourcen konkurriert, kann so von den Resourcen her ein stabiles Gleichgewicht entstehen, da der Inquisitor keine Inquisitoren neben ihm dulden wird. Von der Radikalisierung her besteht aber keine Stabilität: der Optimale zustand für die Inquisitor ist, dass jederzeit jeder Schuld ist. Jede Rationalisierung bedeutet einen Machtverlust, und muss demenstprechend einen Payoff haben. Einem nützlichen Menschen kann man die „Sünden“ vielleicht „verzeihen“, einem normalen jedoch nicht.

          Insofern finde ich es nicht sonderlich verwunderlich, wenn die von dir zitierten Feministen mittlerweile nicht mehr nur „Mann sein“ als Sünde sehen, sondern halt im Wettrüsten im Waffenarsenal auch „nicht lesbisch sein“ „nicht schwarz sein“ etc drin ist. In absehbarer Zeit dürfte vmtl „nicht vergewaltigt“ als Beweis der Kooperation mit dem Patriachat gesehen werden.

          Es ist eigentlich bei jeder Gruppe mit genug Resourcen, die Irrationales Verhalten nicht ausreichend teuer macht („bestraft“), der zu erwartende Weg. Und die Feministen der Mädchenmannschaft haben nicht nur keinen Attraktor für rationales Verhalten, sondern sie haben explizit einen für Irrationales.

          • @keppla

            Also ein Inquisitor Game. Es geht um Macht durch das Recht der Schuldzuweisung. Allerdings erfolgen ja auch gerade bei den weisen Feministinnen Schuldzuweisungen an sich selbst. Siehe den Mädchenmannschaftartikel „wir haben alles falsch gemacht“ und Critical Whiteness. Da ernennen sie ja quasi einen neuen Inquisitor, der noch über ihnen steht.

            Wie würde denn das in diese Inquisitatoren-Sicht einzubauen sein?

        • @christian:
          Allerdings erfolgen ja auch gerade bei den weisen Feministinnen Schuldzuweisungen an sich selbst. Siehe den Mädchenmannschaftartikel “wir haben alles falsch gemacht” und Critical Whiteness. Da ernennen sie ja quasi einen neuen Inquisitor, der noch über ihnen steht.

          Die MM hat sich aber durch dieses Bußritual von der Erbsünde „white privilege“ exkulpiert und kann deshalb mit umso erhobenerem Zeigefinger über ordinäre Wald- und Wiesenfeministinnen herziehen.

          Praktischerweise haben sie die „übergeordnete Instanz“ in ihre Gruppe eingemeindet. Womit sie als Gruppe die Legitimation erhalten, im Sinne „der PoC“ inquisatorisch tätig zu werden.

          Ein Iquisationsteam mit Zertifizierung in Sexismus, Heterosexismus, Rassismus _und_ Lookismus.

        • @keppla:
          Und da die Inquisition mit jedem Mitglied der Gruppe um die Gruppenresourcen konkurriert, kann so von den Resourcen her ein stabiles Gleichgewicht entstehen, da der Inquisitor keine Inquisitoren neben ihm dulden wird.

          Ich denke nicht, dass der Inquisitor ohne eine ihn unterstützende Kamarilla auskommt.

          Sicher konkurriert jeder mit jedem um die Gruppenressourcen, aber man kann imho nur einen einigermaßen beständigen Vorteil erlangen, wenn man partiell kooperiert.

          Von der Radikalisierung her besteht aber keine Stabilität: der Optimale zustand für die Inquisitor ist, dass jederzeit jeder Schuld ist.

          Das ist wohl das Grundprinzip solcher Gruppen, wobei die Chance der Nächste zu sein mit der Nützlichkeit für den Hauptinquisator sinkt. Womit sich eben eine Schicht von Unter- oder Hilfsinquisatoren herausbildet, die netto von den Gruppenressoucen profitiert.

          Auf dem Scheiterhaufen landet regelmäßig das Gruppenmitglied mit der geringsten Einbindung in dieses Machtgefüge. Das sind zwar meistens Außenseiter, aber natürlich kann jederzeit jeder die Einbindung verlieren, was dann im Ergebnis dazu führt dass jeder, der die Irrationalität aka Willkür gefährdet schnell auf dem Scheiterhaufen landet. Der Inquisator tut gut daran, ab und zu auch einen seiner „Getreuen“ über die Klinge springen zu lassen, damit sich niemand zu sicher fühlt und auf den Gedanken kommt, seine Position in Frage zu stellen. (Überzieht er das aber, ergeht es ihm wie Robbespierre)

          Die Radikalität dient imho also der Aufrechterhaltung der Gruppenstrukturen, Rationalität hätte erheblich vakantere Machtpositionen zur Folge.

          Es stellt sich für mich die Frage, was die „unteren Chargen“ davon haben, dass sie solche Gruppen nicht einfach hinter sich lassen. Da beibt imho nur der Distinktionsgewinn, zu einer „außergewöhnlichen Gruppe“ zu gehören. Vielleicht als Komensation eines gesellschaftlichen Außenseiterstatus. Weshalb solche Gruppen eben meistens nur als Subkultur existieren.

          Entfällt dieser Distinktionsgewinn sukzessive, dann werden die Gruppenressourcen geringer und der in-group Kampf um diese wird immer härter. Ein Teufelskreis, weil so der Distinktionsgewinn als Gruppenmitglied immer keiner wird.

          Wenn der Staat allerdings die Gruppe mit Ressorcen versorgt, sieht die Welt ganz anders aus. Diese Ressourcen sind ja erstmal recht unabhängig vorhanden. Diese Ressourcen müssen nicht (mehr) von den Gruppenmitgliedern erarbeitet werden. Diese Form des Feminismus entstand zwar zunächst in der „Frauensubkultur“, aber der Staat stellte dann „Frauenräume“ zur Verfügung. Die dann die maximalst irrationalen Machtpolitikerinnen besetzten, indem sie alle „anderen“ als Sünder bzw. Kollaborateure auf dem Scheiterhaufen verbrannten.

          Barbara Dority gibt ein schönes Zeugnis dieser Entwicklung:

          http://privat.ub.uib.no/bubsy/dority.htm

          Wobei man übersieht, dass die staatliche Alimentierung kein Naturgesetz ist, und somit sägt man letztlich doch an dem Ast, auf dem man sitzt.

          Es gab nur bisher kein Internet, weshalb der Irrsinn nur für Insider sichtbar war. Man musste eben aufwendig und gezielt die Interna beschaffen.

      • Der Payoff von Kooperation wäre aus meiner Sicht, dass man sich zum einen nicht immer mehr in Kleinigkeiten verzettelt, und sich stattdessen Sachen wie “ursachen für Lohnunterschiede” oder “Regelungen der Geschlechterverhältnisse im Familienrecht” widmen könnte, die einen erheblich höheren Payoff für die Sache bringen.

        Hm, hier müsste man das ganze imho etwas exakter fassen, denn du bist hier etwas ungenau*, wer genau der Spieler ist.
        „Die Sache“ ist nicht identisch mit den streitern für „Die Sache“, als ein Mem könne man die Sache sogar als eigenen Spieler sehen.

        Und auf der Spielerebene ist der Payoff eben negativ: von „der sache“ hat keiner relevant was. Klar, man kann viel erzählen von einer Besseren Welt, aber ehrlich: sämtliche hypothethische Vorteile wären lediglich statistischer Natur. Selbst die vollen 23% angeblich entgangenes Gehalt könnten oft genug durch einen simplen Jobwechsel (oder, um mal ganz zynisch zu werden: durch Heirat 😉 ) erreicht werden.

        Davon, andere rumzukommandieren, hat man aber schon einen ganz konkreten Payoff.

        Die Nachteile, die du siehst, also „Denkverbote“, „Korsett“, „Faktenleugnen“ sind meines erachtens durch die präferenzen der Spiele dinge mit Positivem Payoff: die Denkverbote gelten hauptsächlich für die Gegner (das verbotene will man nicht denken), das „Korsett“ ist eine Rüstung
        gegen unangenehme oder faktenbasierte Argumente, und Faktenleugnen ist für Poststrukturalisten eine Tugend, keine Sünde.

        Lies dir nur einmal das hier durch:

        Liest sich für mich recht simpel nach einem absoluten Sieg derjenigen, die die Denkverbote, das Korsett und das Faktenleugnen gegen ihre Konkurentinnen eingesetzt hatten. Totale Dominanz im eigenen Sozialkreis. Welcher Payoff kann da mithalten?

        Weil jede weiß, dass die andere sofort diese uneingeschränkte Solidarität zur Sache zeigen wird lohnt es sich nicht tolerant zu sein, sondern ebenfalls “defect” zu spielen.

        Das macht es aber noch nicht zum Gefangenendilemma. Das wird es erst durch die Verknüpfung, dass der andere Spieler den Ausgang des eigenen Zugs beeinflusst. Das ist aber nicht gegeben: Wenn ich intolerant bin, bekomme ich sonderrechte, wenn nicht dann nicht. Mein „Coop“
        macht das Defect des anderen nicht besser oder schlechter. Ich nehme mir einfach die Knappe Resource „Bevorzugung“.

        “Tit for Tat” wäre es, wenn jemand deutlich macht, dass er über einen Punkt offen diskutiert und der andere daraufhin die Gelegenheit nicht ausnutzt und dem anderen fehlende Solidarität und Unterstützung der Sache vorwirft um Punkte zu sammeln und der “bessere Feminist” zu sein

        Mein Punkt war, dass beim Gefangenendilemma „Tit for Tat“ mit Vertrauensvorschuss eine Strategie ist, die für ein einpendeln bei „Coop“ sorgen kann. Beim Almendeproblem hat sie diese Wirkung nicht.

        Wie gesagt: Jammern auf hohem Niveau. Ich mag halt Spieletheorie 😉

        *) wobei man natürlich diskutieren kann, wie genau man in einem Blogkommentar sein muss. Ich mag Spieltheorie, und übertreibe deshalb vielleicht ein bisschen

        • @keppla

          „Jammern auf hohem Niveau. Ich mag halt Spieletheorie“

          Ich finde es auch ein wahnsinnig interessantes Gebiet. Sowohl an sich als auch in bezug auf evolutionäre Spieletheorie.

          Insofern freut es mich, wenn du dazu was schreibst. Wie gesagt, ich stehe da mit meinen Gedanken häufig noch relativ am Anfang.

          Wie würdest du das ganze denn als Almendeproblem beschreiben?

        • Ich versuch mich mal in einer ganz ganz groben Modellierung.

          Das ganze ist natürlich nicht dadurch „richtig“, dass ich Spieltheoretische Begriffe verwende, im Gegenteil ist es natürlich ein Formulierung meines „Weltbildes“ und somit meiner Vorurteile. Der Vorteil ist, dass man das
          Weltbild nun angreifbar, also falsifizierbar hat. Yay for Science.

          Ich will mich hier also weniger hinter Mathematik verstecken (wie neulich Kirk in einem anderen Thread unterstellte), sondern das Verfahren zu nutzen, um verstecken schwerer zu machen.

          Zur Sache. Hier die von mir subjektiv wahrgenommenen Gruppendynamiken:

          Jeder Mensch hat einen gewissen sozialen Stand. Es werden ihm im Rahmen dieses Standes Vorteile gewährt, die von anderen aufgebracht werden müssen.

          Das kann auf der gesammtgesellschaftlichen Ebene der Behindertenparkplatz sein (der, unabhängig von der Behinderung ein Vorteil ist, und bedeutet, dass jemand anderes auf den Platz verzichtet), dass kann auf der kleinen Ebene sowas sein, wie dass darauf Rücksicht genommen wird, dass jemand Vegetarier ist (Wahl des Restaurants ist eingeschränkt).

          Ein Mensch kann nun versuchen, seinen Sozialen Stand zu verbessern. Das ist rückgekoppelt zu seinem aktuellen Sozialen Stand: jemand mit dem Status „Straftäter“ wird es deutlich schwerer gelingen, sich als „Normal“ zu positioneren, als beispielsweise einem kleinen Wohltäter sich als großer Wohltäter zu positionieren (frei nach macciavelli: tu gutes und sprich drüber).

          Das Spiel um den sozialer Status ist ein Nullsummenspiel: es geht um _vor_teile, der Status ist immer im Verhältnis zu den anderen definiert. Haben alle einen Vorteil hat ihn keiner mehr, weil ihn keiner mehr gewähren muss. Wenn alle auf dem Behindertenparkplatz parken dürfen ist es nur ein Parkplatz.

          Das Spiel um den Sozialen Status stellt sich also, naiv formuliert für mich so da:

          Jede Runde kann jeder Spieler sich entscheiden, anderen Spielern Status in Höhe von maximal ihres eigenen Status abzunehmen, das Ergebnis nimmt man dann in die nächste Runde. In einer naiv-simplen Gesellschaft mit zwei Mitgliedern mit dem Status 1 gäbe es folgende Möglichkeiten:

          „Instabiles Gleichgewicht“: keiner nimmt sich einen Vorteil.
          „Hobbes hatte Recht“: beide nehmen sich den vorteil und bleiben dadurch gleich.
          „Winner takes it all“: einer nimmt, der andere nicht, und kann fortan nicht mehr nehmen, weil der eine 2, der andere 0 hat.

          Mit mehr Spielern und größeren Statuswerten ists etwas weniger eindeutig, aber das Prinzip ist das gleiche: nicht-nehmen ist die schlechteste Strategie, es gibt keinen fall, in dem man durch nicht-nehmen besser dasteht.

          Es ist kein Gefangenendilemma, weil es eine optimale Strategie gibt. In dem geschilderten Rahmen ist es erstmal auch kein Allmendeproblem, sondern nur ein Nullsummenspiel, weil zum Allmendeproblem (wie ich es verstehe) das komplette Verbrauchen der knappen Ressource (der Allmende) gehört.

          Das wird es imho erst durch einen imho nicht so einfach zu modellierenden Effekt: die Gesellschaft zerteilt sich in Untergesellschaften. Auf der Sozialen Ebene (also, anders formuliert: die Wirtschaftliche, Militärische, etc ist nicht gemeint) wird der Status nur noch denen in der eigenen Gruppe gewährt. Als drastisches Beispiel die „London Riots“: die sozialen Konventionen zwischen den Lootern und den Shopbesitzern wurden aufgekündigt, aber die Looter unter sich beklauen sich deshalb nicht automatisch. Das Spiel wird „geforked“, bei kleineren Gruppen hat man dann halt die Teilung in die Judäische Volksfront und in die Volksfront von Judäa.

          Dadurch, dass die kleinere Gruppe weniger Vorteil gewähren kann, wird die „Resource“ verbraucht, je kleiner die Gruppen werden, weshalb mit dieser Ergänzung das Ganze einen gewissen Allmendeproblematikcharakter bekommen kann.

          • @keppla

            Wodurch entsteht denn letztendlich das „Race to the bottom“ und wie könnte man dort aussteigen?

            Meiner Meinung nach ist so, dass man sich im radikalen Feminismus nie verbessern kann, wenn man bei einer aufgezeigten Benachteiligung anführt, dass es diese nicht gibt. Ein „defect“ in dieser Hinsicht wäre insofern keine gute Strategie.
            Hingegen kann man Status aufbauen, wenn man besondere Benachteiligungen aufzeigt, weil dann alle mit einem kooperieren wollen.
            Man kann ebenso Status aufbauen, wenn man deutlich macht, dass man besonders betroffen von den Benachteiligungen ist, die vorliegen.

            Insofern tendieren alle aussichtsreichen Strategien zu einer Radikalisierung.

            Aus der Radikalisierung mit all ihren Nachteilen kann man demnach nur ausbrechen, wenn die anderen aus der Gruppe auch dazu bereit sind. Für diese ist es aber die bessere Strategie, die Radikalisierung mitzumachen.

            Ausweg ist dann nur die Spaltung oder das austreten aus dieser Gruppe.

        • Das „race to the Bottom“ ist eine Konsequenz aus der optimalen Strategie: all in für den status.

          Auswege sehe ich bis zu einem gewissen grad tatsächlich im „split“: man behandelt den sozialen Status der radikalen als irrelevant, und beschränkt den Nutzen so auf die Vorteile, die sich die Radikalen selber geben können. Grenze dieses Ansatzes ist, dass die Beachtung über andere Kanäle erzwungen werden kann.

          Ein anderer Weg ist, dass man Wege findet, die Kosten der (Nicht)beachtung von Fakten zu ändern. Wer heute versucht, Handlungen mit seinem unsichtbaren Freund und Überlieferungen von Hirten aus der Bronzezeit zu begründen, hat es schwerer als vor 100 Jahren, nicht zuletzt weil langfristig das Faktenchecken Payoffs wie Antibiotika, Antibabypillen und Internet hatte, wo der unsichtbare Freund nichts zu bieten hat. Das Wissen darum hat gewisse soziale kosten für faktenlose Religiöse behauptungen eingeführt.

          Vielleicht etwas idealistisch, aber Wissenschaft ist eine Langzeitstrategie, die das Statusspiel in gewissen Bereichen einfach blockiert

        • Vielleicht etwas idealistisch, aber Wissenschaft ist eine Langzeitstrategie, die das Statusspiel in gewissen Bereichen einfach blockiert

          Weshalb es auch der erste Schritt war, den „Rotz der Aufklärung“ als bloße „Machterhaltungsstrategie des Patriarchates“ zu „entlarven“. Barbara Dority (muss so ende der 1980er gewesen sein):

          Under the guise of ‚feminist scholarship‘ and ‚women’s studies,‘ feminists have attempted to deny any differences whatsoever between the sexes, created the ‚theory‘ of eco-feminism (which holds males solely responsible for the entire ecological devastation of the planet), denied much of history as ‚male-created myth,‘ and directly attacked science, biology, and mathematics as ’sexist, racist, homophobic, and classist.‘ My favorite example of this is ‚feminist philosopher‘ Sandra Harding, who claims to find ‚rape and torture metaphors‘ in the scientific writings of Sir Francis Bacon and Machiavelli. She goes on to conclude that ‚male scientific investigations are meant to pacify, control, exploit, and manipulate women or to glorify males and their domination,‘ and suggests that Newton’s laws be referred to as ‚Newton’s rape manual.‘ Other ‚feminist epistemologists‘ see male dominance in the ‚master molecule‘ theory of DNA functioning and the description of evolution as a ’struggle‘ to survive.

          http://privat.ub.uib.no/bubsy/dority.htm

          Diese Damen haben das bereitgestellte Biotop besetzt und durchimmunisiert.

          Ihnen die wissenschaftliche / gesellschaftliche „Legitimation“ zu rauben wäre aber in der Tat eine Strategie, die dem Spuk ein schnelles Ende bereiten würde. Ist der Geldhahn erstmal zugedreht, dann kratzen sie sich schnell gegenseitig die Augen aus, um den letzten Euro.

        • @Christian:
          Meiner Meinung nach ist so, dass man sich im radikalen Feminismus nie verbessern kann, wenn man bei einer aufgezeigten Benachteiligung anführt, dass es diese nicht gibt.

          Meiner Meinung nach ist das vor allem deshalb so, weil man mit jedem Eingeständnis einer Nichtbenachteiligung die als Kompensation vom „Patriarchat“ bereitgestellten Ressourcen delegitimiert.

          „Normalerweise“ zerlegen sich solche Gruppen recht schnell selbst, weil eine derartige Fixierung auf den in-group Status dafür sorgt, dass immer weniger Ressourcen von der Gruppe herangeschafft werden können. Mit solchen Spielchen befördert man sich schnell ins gesellschaftliche Aus, womit die Mitgliedschaft eben gesamtgesellschaftlich keinen Status mehr generiert. Es laufen alle schreiend davon, die den Karren ziehen sollen auf dem die LeaderInnen die Peitsche schwingen.

          Wer weiß: Vielleicht hat die eine oder andere „K-Gruppe“ in den 1970ern nur deshalb halbwegs überlebt, weil sie vom MfS gesponsort wurde?

        • Weshalb es auch der erste Schritt war, den “Rotz der Aufklärung” als bloße “Machterhaltungsstrategie des Patriarchates” zu “entlarven”.

          Ja, wobei ich das ganze wie gesagt nicht für ein spezifisches Phänomen des Radikalen Feminismus halte, sondern eine vorhersehbare Strategie jedes Spielers mit Statusstrategie.

          Andere Beispiele sehe ich bei den Esoterikern, die immer von der „Pharmaindustrie“ und „Schulmedizin“ reden, bei den Rechten, die hinter allem eine Jüdische Weltverschörung sehen, und im dritten Reich tatsächlich sogar die echte Wissenschaft als „Jüdische Wissenschaft“ als Gegner hatten, bei den Religioten, die hinter allem einen unsichtbaren Feind unterstellen („Sataaaan!“).

        • Ja, wobei ich das ganze wie gesagt nicht für ein spezifisches Phänomen des Radikalen Feminismus halte, sondern eine vorhersehbare Strategie jedes Spielers mit Statusstrategie.

          Da wirst du wohl recht haben. Ein solcher Spieler hat eben ein immanent starkes Interesse daran, „Wahrheit“ nach seinem Gusto definieren zu können. Je willkürlicher er dass kann, desto unangreifbarer ist seine Position.

          Das „Lustige“ beim vorherrschenden Feminismus ist, dass er eine solche Allmachtpolitik gar nicht groß verschleiert: Objektivität sei sowieso nicht möglich, also müsse man es den (AnführerInnen der) „unterdrückten Gruppen“ in die Hand geben, unhinterfragbar zu definieren, was „Wahr“ ist. Damit werden einerseits die Errungenschaften der Aufklärung komplett ausgehebelt, andererseits unterliegt man so auch nicht mehr dem voraufklärerischem Legitimationsdruck, dem „Willen Gottes“ am besten Geltung zu verschaffen.

          Selbst das wäre ja noch angreifbar. Der Statusspieler gewinnt am allermeisten, wenn es _gar keine_ Maßstäbe gibt an denen er sich wie auch immer messen lassen müsste. Je weniger einklagbare/einforderbare intersubjektiv gültige Maßstäbe es gibt, desto mehr zählt der „Goodwill“ des Herrschers/Inquisators.

          „Definitionsmacht“ ist eben ein sehr extremes Machtkonzept.

        • Interessante Einschätzung einer Feministin der Ursache, der auch von ihr konstatierten Selbstzerfleischung: Sie verhungern, weil nicht gut genug bezahlt. Vom Patriarchat, nehme ich an.

          http://m.guardiannews.com/commentisfree/2013/may/02/feminism-trashing-shulamith-firestone?CMP=twt_gu

          Nicht, dass sie die Möglichkeit nicht hätten, etwas aufzubauen, zu produzieren, anzubieten, wofür Menschen FREIWILLIG zahlen.

          Oder dazu das Talent fehlte oder der Wille.

          Wer wollte das annehmen?

          Auch diese Alternativen liegen weit jenseits des feministischen Ereignishorizontes.

          Nein, das Ganze scheint ein Komplott des altbösen Patriarchats zu sein: „Lasst sie doch hungern, dann müssen sie um das Wenige, das WIR (Patriarchen) ihnen geben, so bitterlich kämpfen, dass keine wahre Frauensolidarität aufkommen kann.“

          Es sind also wohl wieder einmal Männer bzw. der abstrahierte Mann des Feminismus – DAS PATRIARCHAT.

          Das eigentlich grundgute, grundsolidarische Frauen so übel verändert.

          Völlig illusorisch, anzunehmen, dass würde dann als Kampfappell verstanden, SELBST ETWAS AUFZUBAUEN; WAS SICH SELBST TRÄGT, von Frauen, durch Frauen, für Frauen.

          Nein, feministischer Aufbau mündet immer und ewig in dem Appell: „Männerschweine! Herhören!! Wenn ihr von UNS (Göttinnen) als menschenähnlich akzeptiert werden wollt, DANN HELFT UNS. GEBT UNS GELD, damit wir euch noch besser diffamieren können! Nur so könnt ihr beweisen, dass ihr doch vielleicht noch Menschen werden könnt!“

          Irgendwann, in ferner Zukunft.

          Währenddessen beweisen Feministinnen, dass auch sie wahre Frauen sind, die von Männern erwarten, dass diese für sie die Welt schön machen, die rauen Wege ebnen, das Heavy Lifting übernehmen, damit die holde Weiblichkeit leichten Fußes und schnellen Schrittes vorankommt, an den schweißigen, haarigen Nutztieren vorbei in die Kaffeemaschinennähe der Ledersesseletage, in die VIP-Lounge.

          Wo man natürlich auch wieder erwartet, dass Männer RÜCKSICHT NEHMEN, HELFEN, SCHÜTZEN („Helft mir, ich bin eine EMANZIPIERTE FRAU!!!“).

          *That’s not the sign of a healthy movement, but it is how one earns credibility in online feminist circles today – nothing looks better than pointing out how everyone else is doing it wrong. Bonus points if those other feminists have had a modicum of success, like a book, a highly-trafficked website, or getting paid for their work.*

          Nein, gesund ist das nicht, die ganze Bewegung ist nicht gesund, warum sollte sie da nicht viele Neurotiker.I.nnen anziehen?

          So glaube ich, dass eine in ideologischen Beton gegossene Neurose eben vor allem Neurotiker.I.nnen anzieht, die sich dann selbst zur Hölle werden.

          Schließlich kommt wahre Hässlichkeit von innen.

          Was eine Feminist.in natürlich so nicht sehen kann, sonst wäre sie ja auch keine (mehr), Zitat:

          *But it’s not because we’re catty or mean or somehow predisposed to cliquishness and competition. It’s because we’re starving.*

          They are starving, the poor little snowflakes.

        • They are starving, the poor little snowflakes.

          OMG, ja! Das Patriarchat bezahlt sie einfach nicht angemessen, für ihre wertvolle Online-Arbeit! Es speist sie einfach mit „scrap“ ab!

          In Anbetracht einer solchen großen Hungersnot entwickeln selbst die tugenhaften Reinstweiblichkeiten, aus denen sich Feministinnen bekanntermaßen zuvörderst rekrutieren, solche negativen Eigenschaften, wie man sie sonst nur von *Männern* kennt. Dass die Gesellschaft sie nicht haben will kann gar nicht sein, schließlich ist ihre „Arbeit“ doch so notwendig und wertvoll!

          Jill Filipovic schreibt zwar – als Jurastudentin – regelmäßig Kolonmen im Guardian und in der Huffington Post, aber man soll doch mal endlich mit der ätzenden Kritik aufhören, die ihre Position dauervakant macht. Man soll endlich aufhören, an ihrem Stuhl zu sägen und ihr nicht mehr ständig eine mangelhafte Reflexion ihrer Privilegien vorhalten.

          Es ist schließlich genug Patriarchat für alle da, und bei einer kooperativen Vorgehensweise gibt es dann irgendwann genug Pöstchen für alle. Also ein bisschen mehr Geduld bitte, liebe Fußvölkin.

        • ..
          ->“Bonus points if those other feminists have had a modicum of success, like a book, a highly-trafficked website, or getting paid for their work.“

          Fast jeder, der sich der Berechtigung seines sozialen Status nicht gewiss ist versucht eben, Kritik an seiner Position als „bloßen Neid“ zu framen.

          Natürlich tut Filipovic das passiv-aggressiv.

    • @keppla

      „Wenn man nicht das Spiel ändert (durch die Einführung von Kosten) wird die Wiese leergefressen.“

      Es fragt sich eben, was hier das Äquivalent zu der leergefressenen Wiese wäre. Theoretisch geht es ja immer weiter nach unten in dem Bereich.

      • @Christian:
        Es fragt sich eben, was hier das Äquivalent zu der leergefressenen Wiese wäre. Theoretisch geht es ja immer weiter nach unten in dem Bereich.

        Irgendwann ist halt jede Skandalwiese leergehypt. Wenn es z.B. stimmt, was Johann Schwenn sagt – dass es, in seiner Refrendariatszeit in den 1970ern, sehr schwer für ein Vergewaltigungsopfer war zu seinem Recht zu kommen – dann war der Distinktionsgewinn bei einer Skandalisierung recht groß.

        Man macht ja nie etwas verkehrt, wenn man lautstark etwas skandalisiert, was auch nach mehrheitlicher Auffassung ein Skandal ist. Das Verhältnis zu Sexualität hatte sich in den 1960ern stark gewandelt, sexuelle Selbstbestimmung, Gewaltfreiheit und Selbstentfaltung wurden zu hohen Gütern. Zuvor hatte jede Vergewaltigte auch in den Augen vieler Frauen „es irgendwie verdient“, wenn sie außerhalb der Ehe „herumvögelte“.

        Die Wiese war satt, man musste nicht lange suchen um politische Nahrung zu finden bzw. um sich als „mutige Tabubrecherin“ und als „politisch wirksame Person“ zu identifizieren. Kein Problem, sich so als Person zu Inszenieren, die „Geschichte schreibt“ (->Alice Schwarzer).

        Weil aber die Mehrheitsgesellschaft das aufsog wie ein Schwamm (die entscheidenden Schlachten wurden ja bereits in den 1960ern geschlagen) war die politische Nahrung recht schnell aufgebraucht.

        Was also tun?

        Man kann versuchen, den vorhandenen Restbestand an Skandalpotenzial möglichst gut zu verwerten, indem man jeden verbliebenen Grashalm zu einer „Vergewaltigung“ aufbläht. („Die Vergewaltigung von Frauen in Gesprächen“ als Bestsellertitel – Sukszessive buchstäblich _jede_ „Schweinerei des Patriarchates“ wurde in den 1980ern mit der Metapher „Vergewaltigung“ belegt)

        Man kann andererseits auch die Grenze der Wiese aufweiten, und beim ürsprünglichen politischen Gegner weiden. Es gab ja nicht wenige, die ob der neuen sexuellen Freiheiten stark verunsichert waren. (->“PornNo“)

        Als dritte Option kann man politische Kredite aufnehmen: „Wenn das Patriarchat massenweise Frauen brutal vergewaltigt, warum sollte es dann vor Mädchen halt machen?“ Irgendwann platzt der Kredit natürlich, wenn Turnhallenböden aufgerissen werden um nach den unterirdischen Gängen des finstren Patriarchates zu suchen ist es mit der Credibility schnell vorbei.

        Das war das Ende des Feminismus als Massenbewegung. Die Wiese ist fast restlos leergefressen. Was an Feminismus noch übrig geblieben ist lebt davon, dass das Patriarchat regelmäßig Heu anliefert (Staatsfeminismus, Frauenstatut etc.) Politische Aufmerksamkeit kann eben nur noch verordnet werden.

        Oder man igelt sich in seiner behaglichen Subkultur ein, innerhalb der jeder mühsam hochgepäppelte Grashalm einen enormen Wert hat, und schwelgt in Reminiszenzen an die Zeit, als es noch eine große grüne Wiese gab. Damals hatte zwar das Patriarchat schon die Mähmaschine losgeschickt, aber das muss man ja nicht zur Kenntnis nehmen.

        Man kann imho durchaus von einer leergefressenen Almende sprechen, allerdings haben sich dabei einige in eine Position gefressen, in der sie nun ein patrirachales Heuabo haben.

        Durchaus zum Schaden der „Sache“: Hätte man in der Vergangenheit nicht so viel Kredit aufgenommen, stünde es weit besser um die Glaubwürdigkeit von „Feminismus“. Man hat das politische Potenzial eben nicht nachhaltig genutzt. Man hat die lautesten Schreihälse (=die gierigsten Weider) zur Mäßigung angehalten.

        Aber ich würde auch sagen, dass es niemals um „die Sache“ ging. Es ging eben und geht um die Heulieferungen des Patriarchates.

        Wenn so Netzfeministinnen versuchen, die Strategien der 1980er zu kopieren (Tampon als „Vergewaltigung“), dann dient das alleine der In-Group Distinktion und dem Schwelgen in Reminiszenzen an die großen Zeiten des Politlesbianismus. Sexuelle Konkurrenz innerhalb der Subkultur

        • Edit: „Man hat die lautesten Schreihälse (=die gierigsten Weider) nicht zur Mäßigung angehalten.“

          (Im Gegenteil: Die lautesten Schreihälse wurden auf die höchsten Podeste gestellt)

        • @Nick

          Was mir an dem Bild der leergefressenen Weide nicht gefällt, ist, dass mehr Fressen im Medienbereich eben auch bedeuten kann, mehr Aufmerksamkeit zu erhalten. Siehe zB Aufschrei. Da war eigentlich nicht viel, aber plötzlich war „die Weide wieder grün“.

        • @Christian:
          Was mir an dem Bild der leergefressenen Weide nicht gefällt, ist, dass mehr Fressen im Medienbereich eben auch bedeuten kann, mehr Aufmerksamkeit zu erhalten.

          Sicher, die „Skandal- und Glaubwürdigkeitsökonomie“ funktioniert ein bisschen anders als die Wiese.

          Man kann eben Glaubwürdigkeit und Aufmerksamkeit akkumulieren. Was aber nach meiner Auffassung nicht dasselbe ist: Aufmerksamkeit unterliegt meistens einem Hype-Cycle, während Glaubwürdigkeit nur nachhaltig erarbeitet werden kann.

          Ein hohes Niveau an Aufmerksamkeit kann man nur durch immer neuere und immer schrecklichere Skandale aufrecht erhalten, und irgendwann ist jedes Skandalpotenzial aufgebraucht. Irgendwann verkehrt sich jeder überzogene Hype ins Gegenteil, es wird zum Skandal aka Nachrichtenwert dass der Skandal eben gar kein Skandal ist. Da geht dann die Glaubwürdigkeit mit baden.

          Andererseits ist Aufmerksamkeit notwendig, um Glaubwürdigkeit zu akkumulieren. Eine _langfristig_ kluge politische Strategie („für die Sache“) wird also überzogene Hypes meiden: Lieber eine geringere und kontinuierliche Aufmerksamkeit als eine große Welle, auf die dann zwangsläufig eine große Ernüchterung bzw. Nichtaufmerksamkeit folgt.

          Leider ist es aber im Zeitalter der Massenmedien so, dass eine Politik der langfristigen Glaubwürdigkeit sich kaum auszuzahlen scheint: Wer die Medienhypes generiert gewinnt eben die nächste Wahl, und „dann sehen wir weiter“. Mit dem Resultat eines immer größeren allgemeinen Glaubwürdigkeitsverlustes, einer immer größeren Nichtwählerschaft.

          Zugunsten eines eigenen kurzfristigen Erfolges wird also in Kauf genommen, dass jegliche Glaubwürdigkeit baden geht. Hier sehe ich durchaus sowas wie ein Almendeproblem: Sobald einer skandalheischend die ganze Aufmerksamkeit „abgrast“, sehen sich alle anderen gezwungen dies gleichermaßen zu tun. Während „früher“ Skandalpolitik als „unseriös“ und „ungebildet“ verschrien (->“Boulevard“, BILD etc) war, hypen die „seriösen Leitmedien“ heute mit (->SPIEGEL, SÜDDEUTSCHE) – Die Lettern sind zwar nicht so groß, aber das journalistische Niveau ist das Gleiche. Qualität scheint sich nicht bezahlt zu machen.

          Ich würde behaupten: Das, was Feminismus an nachhaltiger Glaubwürdigkeit noch hat wurde mühsam vor der großen Welle in den 1970ern aufgebaut. Fast alle nennenswerten Veränderungen fanden ja auch vor Alice Schwarzer statt. Die Eherechtsreform 1976, mit der sich Alice Schwarzer noch am lautesten brüstet, wurde ja bereits 1969 in Angriff genommen.

          Da war eigentlich nicht viel, aber plötzlich war “die Weide wieder grün”.

          Es war ja lange nichts in der Richtung. Es ist sozusagen Gras nachgewachsen, weil sich lange Zeit kein Schwein für diese Wiese interessiert hat. Der Skandalwert ist eben umgekehrt proportional zur Erwartung, dass es „so etwas gibt“

          Ich gehe nicht von einer gesteuerten Kampagne aus. Einer (STERN) fängt an, und alle meinen so schnell wie möglich auf den Zug aufspringen zu müssen, weil sie sonst „nichts abkriegen“. „Skandalwiese“, halt.

          Dass nicht viel Gras da war erkennt man daran, dass es ganz schnell weggefressen war. Ich würde behaupten, Feminismus hat dabei nichts gewonnen, im Gegenteil. Nach dem kurzen Hype kam wohl eher eine Feminismusdebatte als eine Sexismusdebatte. Und die verlief für Feminismus imho nicht gerade gut.

      • Ich meinte mit der leergefressenen Wiese in meinem ersten Post eigentlich ganz unspektakulär und unsozialkritisch, dass es einfach nur eine begrenzte menge an bevorzugung aufgrund sozialem stand geben kann, weil diese Bevorzugung von irgendwem erbracht werden muss, bevorzugung ist
        also ein „Knappes gut“.

        Vielleicht auch interessant in dieser Hinsicht:

        http://de.wikipedia.org/wiki/Klubgut

        Man könnte das zitierte Ergeignis auch so erklären: Innerhalb des Clubs „Mädchenmannschaft“ entstand ein Streit um das Knappe Gut „Sozialer Status“, was man in den Club geholt hat.

  4. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren das du anstatt zu Fragen wie du die Realität in einem Spiel darstellen könntest, fragst wie du das Spiel auf die Realität projizieren kannst.

    Sprich ich sehe gerade bei dir keine einheitliche Überlegung wie sich die Situation in der Realität genau darstellt.

    • @Neutron

      Ich habe vorhin schon mal gesucht, ob es Darstellungen aus der Spieletheorie gibt, wie sich kultische oder stark ideologiegeprägte Gruppen entwickeln. Auch eine Darstellung der Geschehnisse an einem Königshof, wo alle um die Gunst des Königs buhlen, wäre vielleicht interessant. Oder in Bezug auf sehr strikte Religionsgemeinschaften.

      Ich habe aber leider nichts gefunden.

      Ich hatte gestern irgendwann beim Lesen genau diese Idee und habe sie einfach mal in einen Artikel gebracht. Über Anregungen, die mir eine bessere Einordnung erlauben, bin ich da sehr glücklich.

      Mir schien eine gewisse Verwandschaft zu dem Prisoners Dilemma zu bestehen, einfach weil beide solange sie sich in ihrer Ideologie befinden da nicht raus können und es für beide die beste Strategie bleibt, bei diesem klein-klein und dem immer tieferen Aufschlüsseln von Benachteiligungen mitzumachen. Diese Gruppendynamik scheint mir als Spiel darstellbar und erklärbar. Ich stehe allerdings, was Spieltheorie betrifft, noch immer eher am Anfang.

    • @neutron: Du könntest ja mal einen Alternativvorschlag für ein „Spiel“ machen, was deiner Meinung nach besser die angesprochenen Dynamiken abbildet.

    • Spieltheorie brauch keine gleichberechtigten Spieler. Siehe beispielsweise das „Ultimatumgame“, die Spieler haben sehr, sehr unterschiedliche „Rechte“.

      Generell ist „Recht“ hier ein falsche Begriff: Spieler haben Strategien zur Wahl. Das mag daher kommen, dass das Spiel nach der Realität modelliert ist, und jemanden per Recht gewisse optionen zustehen, spielt aber dank der Abstraktion der Spieltheorie ebensowenig eine Rolle, wie ob du beim 1 + 1 nun von zwei Äpfeln oder zwei Verträgen redest.

  5. @Christian
    Es wäre hilfreich das Ganze als Graph oder Tabelle darzustellen, bzw. überhaupt zu definieren, was die unterschiedlichen Strategien / Handlungsoptionen sind und wie sich diese jeweils auszahlen im Falle der Strategie des Gegenspielers.

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