Feminismus und Kommunismus

Leser Leszek schreibt zu der Frage, welche Gemeinsamkeiten Kommunismus und Feminismus haben:

Ich schreibe mal auf, was mir spontan so einfällt. Da ich selbst kein Marxist bin, mag es sein, dass ich vieles übersehe, was einem überzeugten, theoretisch informierten Marxisten zu dem Thema noch alles einfallen würde. Jeder, der möchte, darf meine Ausführungen gerne ergänzen oder korrigieren.

Das erste Problem ist, was man hier unter dem Begriff „Marxismus“ verstehen soll: die Philosophie und Soziologie von Karl Marx oder das Weltbild bestimmter einflussreicher marxistischer Richtungen oder bestimmte marxistische Theorieelemente, die von der Mehrheit marxistischer Strömungen geteilt werden? Ich beziehe das mal alles potentiell mit ein und kennzeichne es entsprechend.

Der erste wesentliche Unterschied zwischen Marxismus und Genderfeminismus, hinsichtlich dessen fundamentale Unvereinbarkeit gegeben ist, ist die spezifische Sichtweise, nach der privilegierte und benachteiligte Gruppen bestimmt werden. Im klassischen Marxismus gibt es hierfür ein entscheidendes Kriterium: Das Verhältnis zu den Produktionsmitteln. Wer diese besitzt und kontrolliert, gehört zur herrschenden Kapitalistenklasse, wer dagegen keine Produktionsmittel besitzt und gezwungen ist seine Arbeitskraft zu verkaufen, gehört nicht dazu. (Auf genauere Ausarbeitungen und Differenzierungen von Marx Verständnis von Klassen gehe ich an dieser Stelle nicht weiter ein.) Die Kategorie „Geschlecht“ ist für die Zuordnung zur Gruppe der Privilegierten oder der Benachteiligten gänzlich irrelevant.

Es ist im Rahmen dieses Modells also völlig unmöglich Männer AN SICH der herrschenden Klasse zuzuordnen. Männer, die keine Produktionsmittel besitzen und gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen sind Teil der Arbeiterklasse, Frauen, die am Besitz von Produktionsmitteln teilhaben sind Teil der Kapitalistenklasse.

Es ist sicherlich möglich, durchschnittliche Unterschiede hinsichtlich der spezifischen Problemlagen von Männern und Frauen der Arbeiterklasse herauszuarbeiten, aber es ist NICHT möglich, eine Zuordnung zur Kapitalistenklasse oder zur Arbeiterklasse ausgehend von der Kategorie „Geschlecht“ vorzunehmen.

Das genderfeministische Verständnis von struktureller Ungleichheit, nach dem Männer an sich privilegiert, Frauen an sich benachteiligt sind, steht dem marxistischen Verständnis somit diametral entgegen. Im Genderfeminismus besitzt der in prekären Beschäftigungsverhältnissen schuftende Unterschichtsmann eine „patriarchale Dividende“ gegenüber der weiblichen Unternehmerin. Es sollte klar sein, wie absurd dies aus marxistischer Perspektive klingt.

Der Marxismus vertritt eine strukturell-soziologische Sichtweise auf den Kapitalismus. Die einzelnen Unternehmen stehen im Wettbewerb zueinander und müssen sich auf dem Markt behaupten. Das dahinter stehende Prinzip lautet: Wachse oder stirb. Jeder Unternehmer ist gezwungen Profite zu erwirtschaften, um sich gegenüber seinen Konkurrenten auf dem Markt behaupten zu können. Die Ausbeutung der Arbeiter resultiert nicht aus einer „bösen Gesinnung“ der Kapitalisten, sondern daraus, dass jeder Unternehmer darauf angewiesen ist, möglichst hohe Profite zu erwirtschaften, um im Rahmen des bestehenden Konkurrenzdrucks der Unternehmen untereinander, bestehen zu können.

Der einzelne Kapitalist handelt, so wie er handelt, nicht weil er „böse“, „gierig“, „antisozial“ wäre, sondern weil die soziologische Struktur des kapitalistischen Systems ihm keine andere Wahl lässt als Profitmaximierung oder Abstieg – so die Perspektive der marxistischen Kapitalismusanalyse und -kritik.

Solche Formen von Kapitalismuskritik, bei denen im Gegensatz dazu, die soziologische Struktur des kapitalistischen Systems nicht berücksichtigt wird, sondern stattdessen nur auf bestimmte Personen oder Gruppen geschimpft wird, werden im Marxismus und im „Neo-Marxismus“ abwertend als „verkürzte, regressive oder personalisierte Kapitalismuskritik“ bezeichnet. Manche Marxisten und „Neo-Marxisten“ verwenden hierfür auch den Begriff „strukturell antisemitisch“. Es gibt kaum etwas, womit man sich in marxistischen und „neo-marxistischen“ Kreisen unbeliebter macht, als eine solche rein „personalisierte Kapitalismuskritik“ zu vertreten, die ausschließlich auf bestimmte Personen oder Gruppen fixiert ist und dabei die strukturell-soziologische Funktionsweise des kapitalistischen Systems unberücksichtigt lässt.

Dem Genderfeminismus geht es hingegen darum, mittels Quoten mehr Frauen in Vorstände und Aufsichtsräte zu bringen. Aus marxistischer Perspektive kann genau daraus aber keine grundlegende Veränderung entstehen, da Frauen in diesen Positionen natürlich genau dem gleichen Zwang zur Profitmaximierung unterworfen sind wie Männer in diesen Positionen.

Das Geschlecht der Mitglieder der herrschenden Klasse ist aus marxistischer Perspektive völlig gleichgültig: die weibliche Unternehmerin ist genauso auf die Ausbeutung der Arbeiter angewiesen, um sich auf dem Markt behaupten zu können wie der männliche Unternehmer.

Die Position im Produktionsprozess bestimmt das Verhalten – nicht das Geschlecht.

Durch einen Austausch des Personals nach Geschlecht kann daher in marxistischer/“neo-marxistischer“ Perspektive keine Änderung der ökonomischen Verhältnisse entstehen.

Weiter unten entwirft Roslin eine Verschwörungstheorie, nach der Sozialisten/Marxisten/Neo-Marxisten ein bewusstes Interesse daran hätten mehr Frauen in Aufsichtsräte und Vorstände zu bringen, weil sie sich davon weniger Wettbewerb und Profitstreben und mehr Kooperation und Umverteilung erhoffen würden – also quasi eine Art Annähehrung an den Sozialismus von oben.

Man braucht schon einen nahezu vollständigen Mangel jeglicher Kenntnis marxistischer und „neo-marxistischer“ Literatur, um eine derart absurde, allen theoretischen Grundlagen marxistischen und „neo-marxistischen“ Denkens widersprechende Behauptung aufzustellen. Das Gegenteil von Roslins Annahme ist der Fall. Eine Sichtweise, nach der der Kapitalismus verbessert oder gar der Sozialismus eingeführt werden könne, indem man mehr Frauen in Aufsichtsräte und Vorstände bringt, würde in marxistischen/“neo-marxistischen“ Kreisen unverzüglich einen Vorwurf der „verkürzten, regressiven oder personalisierten Kapitalismuskritik“ oder des „strukturellen Antisemitismus“ nach sich ziehen. Personen, die so argumentieren würden, wie Roslin dies hier unterstellt, würden in marxistischen/“neomarxistischen“ Kreisen bestenfalls lächerlich gemacht, im Extremfall angefeindet. Was den strukturell-soziologischen Charakter ihrer Kapitalismuskritik angeht, nehmen es Marxisten und „Neo-Marxisten“ nämlich sehr genau.

Dass der Kapitalismus ein „gesellschaftliches Verhältnis“ darstellt, dass nicht durch Personalaustausch geändert werden kann, wird in marxistischen und „neo-marxistischen“ Kreisen vielmehr gerade als DIE große Errungenschaft marxistischer Kapitalismusanalyse gesehen. Die Annahme, man käme durch Frauenquoten dem Sozialismus näher ist daher fundamental antimarxistisch und widerspricht massiv den theoretischen Grundlagen und dem Identitätsgefühl sämtlicher marxistischer/“neo-marxistischer“ Strömungen. Es dürfte daher wohl weltweit keinen einzigen marxistischen oder „neo-marxistischen“ Theoretiker geben, bei dem ein solcher Gedankengang nachweisbar wäre. Und das ist auch ganz simpel der Grund dafür, dass bei diesen ganzen absurden verschwörungstheoretischen Behauptungen über Marxisten/“Neo-Marxisten“ von konservativer Seite nie eine präzise Quellenangabe gegeben wird, in welchem marxistischen oder „neo-marxistischen“ Text denn eine solche Position vertreten wird. Solche Quellenangaben werden nicht gegeben, weil es solche Quellen nicht gibt. Konservative Kritiker (und da ist Roslin natürlich keinesfalls allein) lesen in der Regel gar keine marxistischen/“neo-marxistischen“ Schriften und wissen nicht, was in diesen tatsächlich drin steht – sie stellen nur wilde Behauptungen darüber auf. Es handelt sich hier um konservative Diskursstrategien, nicht um ernsthafte wissenschaftliche Analyse und Kritik

Im marxistischen Denken kommt der Solidarität zwischen (männlichen) Arbeitern und Arbeiterinnen eine herausragende Bedeutung zu: Geschlechtersolidarität (innerhalb der Arbeiterklasse) ist Klassensolidarität. Nur im gemeinsamen solidarischen Kampf der Männer und Frauen der Arbeiterklasse kann der Kapitalismus überwunden werden. Frauenfeindlichkeit und Männerfeindlichkeit gelten daher gleichermaßen als schädlich für die Klassensolidarität und als Behinderung des Klassenkampfes. Dieses Verständnis von Geschlechtersolidarität (innerhalb der Arbeiterklasse) als Klassensolidarität durchzieht auch alle frauenrechtlichen Traditionen der klassischen sozialistischen Arbeiterbewegung. Der Unterschied zum Genderfeminismus liegt auf der Hand: Der Genderfeminismus spaltet mit seiner Männerfeindlichkeit die Klassensolidarität, das Feindbild des „weißen, heterosexuellen Mannes“ behindert den von Arbeitern und Arbeiterinnen solidarisch geführten Klassenkampf, der Ausschluss der „weißen, heterosexuellen Männer“ von der sozialen Revolution würde eine erfolgreiche soziale Revolution in westlichen Gesellschaften unmöglich machen.

Karl Marx war (genau wie sein anarchistischer Gegenspieler Michael Bakunin) ein Gegner eines abstrakten Gleichheitsbegriffs, welcher menschliche Individuen oder Gruppen einem Vielfalt und Individualität zerstörenden „Gleichheitsdiktat“ unterwerfen würde. Marx und Bakunin ging es um die Demokratisierung der ökonomischen Sphäre – eine darüber hinausgehende „Gleichmachung“ menschlicher Individuen und Gruppen, eine Reduzierung menschlicher Vielfalt lehnten sie dagegen radikal ab.

Da dieser Aspekt des Denkens von Karl Marx in der Marx-Einführung von Terry Eagleton zutreffend dargestellt wird, werde ich im Folgenden einen Auszug daraus diktieren:

„Ebensowenig ist eine Gesellschaftsordnung möglich, in der alle Menschen gleich sind. Die Klage, der „Sozialismus würde uns alle gleich machen“, entbehrt jeder Grundlage. Dergleichen hatte Marx keineswegs im Sinn. Er war ein eingeschworener Feind der Gleichförmigkeit. Tatsächlich hielt er Gleichheit für einen bürgerlichen Wert. Er sah darin die Übertragung dessen, was er den Tauschwert nannte – eine Ware wird in ihrem Wert dem der anderen angeglichen -, auf die politische Sphäre. Die Waren seien, sagte er einmal, „verwirklichte Gleichheit“. Ein andermal spricht er von einer Form des Kommunismus, die eine allgemeine soziale Gleichmacherei verlangt, und bezeichnet sie in den „Ökonmisch-philosophischen Manuskripten“ als „eine abstrakte Negation der ganzen Welt der Bildung und Zivilisation“. Außerdem verband Marx den Gleichheitsbegriff mit dem, was er als die abstrakte Gleichheit der bürgerlichen Demokratie verstand, wo unsere formale Gleichheit als Wähler und Staatsbürger dazu dient, die realen Ungleichheiten des Besitzes und der Klasse zu verschleiern. In der „Kritik des Gothaer Programms“ lehnte er auch das Prinzip der Lohngleichheit ab, da Menschen je andere, individuelle Bedürfnisse haben: Einige leisten schmutzigere oder gefährlichere Arbeit als andere, wieder andere haben mehr Kinder zu ernähren und so fort.

Was nicht heißen soll, dass Marx die Idee der Gleichheit gänzlich von der Hand gewiesen hat. Ideen nur deshalb abzulehnen, weil sie von der Mittelklasse entwickelt worden waren, gehörte nicht zu Marx Gewohnheiten. Er blickte keineswegs verächtlich auf die Mittelklasse herab, sondern war ein überzeugter Anhänger ihrer großen revolutionären Werte: Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstentfaltung. Selbst abstrakte Gleichheit hielt er für einen gehörigen Fortschritt gegenüber den Hierarchien des Feudalismus. Er glaubte eben nur, dass diese wünschenswerten Prinzipien nicht zum Tragen kommen können, solange es den Kapitalismus gibt. Trotzdem pries er die Mittelklasse als die revolutionärste Gesellschaftsschicht der Geschichte, ein Umstand, den seine Gegner aus der Mittelklasse merkwürdigerweise gerne übersehen. (…) Nach Marx Ansicht krankt der herrschende Gleichheitsbegriff daran, dass er zu abstrakt ist. Zu sehr vernachlässige er die Individualität von Dingen und Menschen – das, was Marx im wirtschaftlichen Kontext „Gebrauchswert“ nennt. Der Kapitalismus standardisiert die Menschen, nicht der Sozialismus. Das ist einer der Gründe, warum Marx eher zurückhaltend mit dem Begriff des Rechts umgeht. So schreibt er: „Das Recht kann seiner Natur nach nur in Anwendung von gleichem Maßstab bestehen, aber DIE UNGLEICHEN INDIVIDUEN (UND SIE WÄREN NICHT VERSCHIEDENE INDIVIDUEN, WENN SIE NICHT UNGLEICHE WÄREN) sind nur an gleichem Maßstab messbar, soweit man sie unter einen gleichen Gesichtspunkt bringt, sie nur von einer bestimmten Seite her fasst, z.B. im gegeben Fall sie nur als Arbeiter betrachtet und weiter nichts in ihnen sieht, von allem anderen absieht.“ (Zitat Marx Ende, Hervorhebungen von mir).

(…) Gleichheit im Sozialismus heißt nicht, dass jeder genauso wie der andere ist – eine absurde Behauptung, wenn es je eine gab. (…) Genauso wenig heißt es, dass jedem genau das gleiche Maß an Besitz und Ressourcen gewährt wird. Echte Gleichheit heißt nicht, dass alle unterschiedslos behandelt werden, sondern dass man die unterschiedlichen Bedürfnisse jedes einzelnen in gleicher Weise berücksichtigt. So ist die Gesellschaft beschaffen, die Marx vorschwebt. Menschliche Bedürfnisse sind nicht kommensurabel. Sie lassen sich nicht mit dem gleichen Maßstab messen. Nach Marx Ansicht hat jeder das gleiche Recht, sich selbst zu verwirklichen und aktiv an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens teilzunehmen. (…) Dadurch würde bewirkt, dass jedem, so weit wie möglich, gestattet wäre, sich als das besondere Individuum, dass er ist zu entfalten. Letztlich existiert für Marx die Gleichheit um des Unterschieds willen.

(Terry Eagleton – Warum Marx Recht hat, S. 125 – 128).

Marx Kritik an einem abstrakten, Vielfalt und Individualität negierenden Gleichheitsbegriff ist im sogenannten Neo-Marxismus insbesondere von der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule aufgegriffen und weiterentwickelt worden.

Max Horkheimer vertrat z.B. (ob nun zu Recht oder Unrecht) die Ansicht, dass Karl Marx das antagonistische Verhältnis der beiden Werte Freiheit und Gerechtigkeit (verstanden als Gleichheit) nicht ausreichend mitreflektiert habe. Für Horkheimer galt: Je mehr Gerechtigkeit (im Sinne von Gleichheit), desto weniger Freiheit und je mehr Freiheit, desto weniger Gerechtigkeit (verstanden als Gleichheit). Um zu einer freien sozialistischen Gesellschaft zu gelangen, ist es nach Horkheimer daher sehr wichtig, dieses dialektische Verhältnis der beiden Wertes Freiheit und Gleichheit und die sich daraus ergebenden Komplikationen mitzureflektieren, um zu einem angemessenen Gleichgewicht zwischen diesen Werten zu gelangen.

Im gleichen Geiste sprach Erich Fromm sinngemäß einmal davon, dass er, obwohl keinesfalls Gegner der Frauenbewegung, es bedauere, dass die Frauenbewegung dazu beitrage die menschliche Vielfalt zu reduzieren.

Und Theodor Adorno verfasste in seinem Hauptwerk “Minima Moralia“ bekanntlich eine der schärfsten Polemiken gegen einen abstrakten Gleichheitsbegriff, die es in der Philosophiegeschichte überhaupt gibt:

“Das geläufige Argument der Toleranz, alle Menschen, alle Rassen seien gleich, ist ein Bumerang. Es setzt sich der bequemen Widerlegung durch die Sinne aus, und noch die zwingendsten anthropologischen Beweise dafür, daß die Juden keine Rasse seien, werden im Falle des Pogroms kaum etwas daran ändern, daß die Totalitären ganz gut wissen, wen sie umbringen wollen und wen nicht. Wollte man dem gegenüber die Gleichheit alles dessen, was Menschenantlitz trägt, als Ideal fordern, anstatt sie als Tatsache zu unterstellen, so würde das wenig helfen. Die abstrakte Utopie wäre allzu leicht mit den abgefeimtesten Tendenzen der Gesellschaft vereinbar. Daß alle Menschen einander glichen, ist es gerade, was dieser so paßte. Sie betrachtet die tatsächlichen oder eingebildeten Differenzen als Schandmale, die bezeugen, daß man es noch nicht weit genug gebracht hat; daß irgend etwas von der Maschinerie freigelassen, nicht ganz durch die Totalität bestimmt ist. Die Technik der Konzentrationslager läuft darauf hinaus, die Gefangenen wie ihre Wächter zu machen, die Ermordeten zu Mördern. Der Rassenunterschied wird zum absoluten erhoben, damit man ihn absolut abschaffen kann, wäre es selbst, indem nichts Verschiedenes mehr überlebt.

Eine emanzipierte Gesellschaft jedoch wäre kein Einheitsstaat, sondern die Verwirklichung des Allgemeinen in der Versöhnung der Differenzen. Politik, der es darum im Ernst noch ginge, sollte deswegen die abstrakte Gleichheit der Menschen nicht einmal als Idee propagieren. Sie sollte statt dessen auf die schlechte Gleichheit heute, die Identität der Film- mit den Waffeninteressenten deuten, den besseren Zustand aber denken als den, in dem man ohne Angst verschieden sein kann.“

Den gravierenden Unterschied zwischen den Reflektionen zur Gleichheit in den Philosophien von Karl Marx und den Denkern der Frankfurter Schule einerseits und dem abstrakten Gleichheitsbegriff der Genderisten, in dem gerade solche kritischen Reflektionen, wie die von Marx, Adorno und Horkheimer völlig fehlen, muss ich hoffentlich nicht weiter ausführen.

Eine weitere Differenz zwischen Marxismus und Genderfeminismus sollte noch erwähnt werden. Wenden wir die Kategorien der marxistischen ökonomischen Analyse auf den Genderismus an, dann können wir schwerlich zu einem anderen Ergebnis kommen, als dass die herrschende Kapitalistenklasse an der Förderung des Genderfeminismus ein Interesse besitzt: Mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt führt zu einer Vergrößerung der „industriellen Reservearmee“, wie Marx es nannte und ermöglicht daher Lohnsenkungen, (was es den zeitgenössischen großen Unternehmen wiederum erleichtert auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu bleiben).

http://de.wikipedia.org/wiki/Industrielle_Reservearmee

(Es versteht sich hoffentlich von selbst, dass eine solche rein deskriptive Analyse kein Plädoyer gegen weibliche Erwerbsarbeit sein soll. Alles, was die Wahlmöglichkeiten für Frauen und Männer erweitert, ist grundsätzlich natürlich zu befürworten. Aber man sollte sich dennoch keinen Naivitäten darüber hingeben, dass die herrschenden Kreise in Politik und Wirtschaft bestimmte Dinge etwa aus ideologischen Gründen (oder gar aus Menschenfreundlichkeit) fördern würden anstatt auf der Grundlage ihrer eigenen Interessen.)