Vorprüfung: Interesse an Artikeln mit schärferen Kommentarregeln

Kernpunkt der Kritik an den Kommentardiskussionen ist wohl, dass einige ein Bedürfnis nach der Möglichkeit zu Diskussionen mit

  • weniger extremen Positionen und
  • einer „sanfteren“ Art des gegenseitigen Miteinanderumgehens haben

Nach dem das nun schon häufiger aufkam möchte ich es einfach mal ausprobieren, allerdings eben nicht mit einer kompletten Umstellung, sondern mit einzelnen Artikeln, für die diese Regeln gelten und in denen ich entsprechend härter moderieren würde. Ich plane es zunächst mit 3 Artikeln, jeweils um einen Monat verschoben, auszuprobieren.

Das dient dazu die Resonanz darauf zu prüfen und auch den dazu erforderlichen Moderationsaufwand.

Wird es angenommen, dann würde ich immer wieder, geplant ist zunächst etwa einmal im Monat, einen entsprechenden Artikel bereitstellen, in dem so verfahren wird.

Die Regeln würden dann für diesen Artikel gelten, der natürlich wie bei allen Artikeln beliebig lange kommentiert werden dürfte und soll all denen, die sich sonst nicht trauen oder anderweitige Diskussionen als zu anstrengend empfinden erlauben ihre Perspektive einzubringen.

Natürlich müsste man dafür auch ein passendes Thema haben, diejenigen, die Interesse an einer solchen Diskussion haben, sollten daher ein Thema, bei welchem sie einsteigen würden, angeben, damit es nicht daran scheitert.  Ich stelle auch dazu mal eine Umfrage ein, mit der Möglichkeit der Mehrfachabstimmung und der Themenergänzung.

Für Vorschläge derjenigen, die sich beteiligen wollen, stehen natürlich auch die Kommentare bereit. In diesen sollte ebenfalls schon einmal versucht werden, eine solche Diskussionskultur umzusetzen, ich werde dementsprechend versuchen zu moderieren.

(Natürlich bedeutet das Ausprobieren nicht, dass in anderen Artikeln dann die Sau rausgelassen werden darf)

Roughgarden: Diversität und der Sinn von Sex

Roughgarden stellt in „Evolutions Rainbow“ dar, warum es aus ihrer Sicht Sex gibt:

Two theories have been offered for why sex benefits a species, one diversity-affirming, the other diversity-repressing. Both theories agree that asexual species are short-lived in evolutionary time relative to sexual species and that sex guarantees the longer species survival. Both theories therefore agree that sex is beneficial to a species. Both theories also agree that the purpose of sex isn’t reproduction as such, because asexual species are perfectly capable of reproducing. But the theories have different perceptions of why sex is good. The diversity-affirming theory views diversity itself as good and sex as maintaining that diversity. The diversity-repressing theory views diversity as bad and sex as keeping the diversity pruned back.

Let’s start with the diversity-affirming theory.

According to the diversity-affirming theory for the benefit of sex, sex continually rebalances the genetic portfolio of a species. Think of a savings account and jewelry—a rainbow with two colors. How much can both colors earn together? When demand for jewelry is low, one can’t sell jewelry, even to a pawnshop, and earning 2 percent from a bank account looks great. When jewelry is hot, interest on a bank account looks cheap and selling jewelry turns a good profit. The overall earnings are the total from both investments. A species earns offspring instead of money from its investments. The long-term survival of a species depends on being sufficiently diversified to always have some offspring-earning colors (…)

Hier sieht man wieder deutlich, dass Roughgarden komplett einer Gruppenselektion anhängt und anscheinend eine Einzelselektion der egoistischen Gene komplett ablehnt. Die Natur kann keinen Plan haben kann. Sie kann nicht für andere Zeiten mehr Diversität vorhalten. Die eigentlich wesentlichen Gründe dafür, dass Diversität entsteht und gewünscht ist, ist nicht, dass es auf das langfristige Überleben der Spezies ankommt, sondern eher, dass auf diese Weise gemäß der Red Queen Theorie eine geringere Anfälligkeit für Parasiten besteht. Ich hatte dazu schon einmal das Folgende geschrieben:

Der Vorteil liegt danach insbesondere darin, dass man im Gegensatz zu der ungeschlechtlichen Fortpflanzung einen sehr unterschiedlichen Genpool schaffen kann, der Parasiten einen wesentlich schwierigeren Angriffspunkt bietet, weil sich diese nicht auf immer gleichen Umstände einstellen können. In dem Wettrüsten mit den Parasiten, die sich aufgrund der kurzen Lebensdauer und der hohen Fortpflanzungsrate wesentlich schneller anpassen können, droht langlebigen Tieren mit einer niedrigen Fortpflanzungsrate ein erheblicher Nachteil in dem Wettrüsten, den sie auf andere Weise nicht aufholen können. Nur dadurch, dass sich die Parasiten nicht vollständig auf eine genau gleiche Menschenart einstellen können, bleibt der Mensch in dem Rennen auf der gleichen Stelle.

Es kommt insofern schon auf eine Diversität an, aber nicht, weil diese der Spezies dient, sie dient ganz konkret dem einzelnen Lebewesen, dessen Nachkommen dadurch Vorteile haben. Ein Interesse an dem Überleben der Spezies zugunsten einzelner Lebewesen aus dieser Spezies im Sinne einer Gruppenselektion ist nicht erforderlich und aufgrund deren methodischer Probleme, eine solche Selektion tatsächlich aufrecht zu erhalten, auch nicht anzunehmen.

Was Roughgarden auch vergisst, wohl weil sie anscheinend die Natur als planende Instanz vor Augen hat, die Diversität verwaltet, ist, dass Veränderungen und „Vielfalt“ über zufällig entstehende Mutationen entsteht und die allermeisten dieser Mutationen zwangsläufig negativ sind: Das System muss, damit Nachkommen entstehen zunächst funktionieren und ist ein Produkt einer Selektion. Ändert man an einem funktionierenden etwas zufällig in eine beliebige Richtung ist die Gefahr, dass das System dadurch schlechter funktioniert höher als die Wahrscheinlichkeit, dass dadurch eine Verbesserung eintritt. Nicht umsonst ist nahezu alles in unserer Biologie darauf ausgerichtet, die Gene so genau wie möglich zu kopieren. Auch beim Sex wird genau kopiert, nur eben aus zwei funktionierenden Systemen.

THE DIVERSITY-REPRESSING THEORY

According to the diversity-repressing theory for the benefit of sex, sex protects the genetic quality of the species. The diversity-repressing theory envisions that asexual species accumulate harmful mutations over time and gradually become less functional, as though asexual lizards gradually lost the ability to run fast or digest some food. Sex supposedly counteracts this danger by allowing family lines that have picked up harmful mutations to recombine, producing offspring free of bad mutations. According to this theory, some offspring will possess both families’ mutations and will die even more quickly, but other offspring will have none of the mutations, and will prosper on behalf of the species. According to this theory, without sex each and every family line inexorably accumulates mutations, leading eventually to species extinction (…)

Although both the diversity-affirming and diversity-repressing views have a long history, the time has come for closure. The time has come to reject the diversity-repressing view as both theoretically impossible and empirically vacuous. The scenario envisioned by the diversity-repressing theory can’t exist. In an asexual species, when a bad gene arises, the line where the mutation originated is lost to natural selection, whereas the lines without the mutation prosper. The entire stock never deteriorates, because natural selection doesn’t look the other way while a bad gene spreads. Instead, natural selection eliminates a bad gene when it first appears, preserving the overall functionality of the species. No evidence whatsoever shows asexual species becoming extinct because of a progressive accumulation of disabilities and loss of functionality. A bad gene never gets going in an asexual species, and sex’s supposed pruning of the gene pool is unnecessary and mythical.

Auch hier zeigt sich wieder, dass Roughgarden ganz im Sinne der Gruppentheorie denkt und auch noch einige andere Gesichtspunkte außer acht läßt.

Sie stellt darauf ab, dass bei ungeschlechtlicher Vermehrung ja nicht die Art stirbt, sondern nur ein Teil der Art, eben die Linie, die das defekte Gen enthält. Diese Genlinie opfert sich also nach ihrer Ansicht für die Gruppe. Dabei lässt sie aber außer Betracht, dass damit auch alle Gene, die Teil dieser Linie sind, sterben. Was für die Gene dieser Genlinie eben nachteilig ist. Es gibt bei asexueller Reproduktion keine Möglichkeit etwa nur die guten Gene einer Linie weiterzugeben, die schlechten aber nicht, wohingegen dies bei geschlechtlicher Vermehrung durchaus möglich ist. Durch das Kombinieren zweier Linien können eben in einem Nachkommen alle guten Gene zusammenkommen, was dem jeweiligen Nachkommen einen Selektionsvorteil bringt. Ein solches Aussortieren von Genen ist innerhalb einer nicht sexuell reproduzierenden Spezies nicht möglich.