Transsexualität und Genderfeminismus hat seit jeher einiges an theoretischen Problemen.
Nach den biologischen Theorien ist Transsexualität recht einfach zu erklären:
Aufgrund bestimmter biologischer Zusammenhänge im Zusammenhang mit pränatalen Testosteron werden insbesondere bezüglich die Bereiche, die geschlechtsbezogene Verhalten im Gehirn regeln so ausgebildet, wie es üblicherweise dem anderen Geschlecht entspricht. Die jeweilige Person will sich daher anders verhalten als ihr Geschlechtsgenossen, fühlt sich daher im eigenen Geschlecht fremd und will eher so sein, wie das andere Geschlecht.
Ich hatte da auch schon einige Artikel zu:
- Biologische vs. gesellschaftliche Begründung: Welche Theorie ist günstiger für Homosexuelle,Transsexuelle etc
- Transsexualität, Androgenrezeptoren und Gene
- Männliche Geschlechtsidentität und männliches Verhalten: Die Rolle von Sexhormonen in der Gehirnentwicklung
- Geschlechtsumwandlung und die Finanzierung über die Krankenkasse
- Weiße und graue Gehirnzellen und Transsexualität
Und auch als feministische Theorie hatte ich es schon mal besprochen
- Andrea Dworkin zur Transsexualität
- Feminismus, Alice Schwarzer und Transsexualität
- Butler zur Konstruktion der Geschlechter
- Geschlechtsidentität bei Transsexuellen und Transvestiten aus einer feministischen Diplomarbeit
- Transsexualität, Biologie und Feminismus
In der genderfeministischen Theorie scheint es mir ein problematisches Konzept zu sein:
1. Transsexuell bei sozialer Entstehung der Geschlechter
Geht man davon aus, dass das Geschlechterverhalten lediglich aufgrund sozialer Vorgänge entsteht, dann müsste eine Theorie dazu entwickelt werden, wie die Transsexuellen aus ihrer Geschlechterrolle ausbrechen können.
Für sie würden ja zunächst die Regeln und die sozialen Zwänge gelten, die an ihrem Körper festgemacht werden. Sie werden also in dieser Weise beeinflusst und hätten erst einmal gar keinen Grund aus dieser auszubrechen.
Nimmt man an, dass sie erkennen, dass die Genderrollen nur sozial ausgerichtet sind, dann wäre auch nicht verständlich, warum sie dann komplett die Regeln für das andere Geschlecht übernehmen. Man müsste dann wohl eher damit rechnen, dass sie eine freie Mischung versuchen und nicht jeweils die vollkommen anderen Geschlechterrollen.
Selbst dann wäre aber noch die Frage, wie sie aus der Geschlechterrolle entkommen, wenn dies den anderen Menschen nicht möglich ist. Es gibt meines Wissens nach keine Anzeichen dafür, dass Transsexuelle in toleranteren Familien aufwachsen oder in besonders toleranten Gegenden. Viele werden vielmehr von ihrem familiären und sonstigen Umfeld entsprechende Beeinträchtigungen erleiden.
Bei Frau zu Mann Transsexuellen könnte man noch verstehen, dass die jeweilige Frau als Mann erscheinen möchte, schließlich erleidet sie nach feministischer Theorie erhebliche Nachteile durch ihr Frau sein. Wie sie aber der Sozialisation entkommt wäre dann schwieriger zu beantworten.
Ganz unverständlich würde es dann bei Mann zu Frau Transsexuellen werden, da diese ja anscheinend einem Geschlecht angehören wollen, welches beständig diskriminiert wird. Warum sie in die „schlechtere Rolle“ wechseln wollen wäre insoweit wenig nachvollziehbar.
Ein Artikel fasst die Problematik noch einmal wie folgt:
A social constructionist/performative idea of gender can just as easily assume that as gender is constructed through the re-iteration of behaviours and the already-gendered body matter, trans people’s gender is as socially constructed as anyone else’s. And hence EXACTLY as real. And EXACTLY as fake.
And indeed, that’d be the way a whole swathe of queer theory reads transness (which is problematic in another way – read Viviane Namaste for a postcolonial trans feminist critique of Judith Butler for not paying sufficient attention to the specific contexts of trans subjectivities).
But this “gender is not real” thing is almost always used to ONLY illuminate the falseness of trans genders. And considering the notion that we are “really” a man or woman despite appearances tends to feed into transphobic discourse, legislation and eventually violence, I think it is worthy of refuting those non-trans normative biases and presumptions.
See some feminist and queer theorists approach trans women by applying different rules—a cis woman’s identification as woman is unquestionable, but a trans woman’s identification as woman is incomprehensible because gender doesn’t exist.
It is apparently not possible to identify as a woman, to live as a woman, if you’re transgendered and meet the feminist standard of anti-humanist anti-essentialist social constructionism.
Because the double-bind here is, either you meet societal expectations of a feminine gender presentation, in order to pass on a day-to-day basis without the massive amounts of harassment from the general public a non-passing trans person. In which case you’re a misogynistic man just acting out the dictates of the Patriarchy onto the entire female gender. There we go, polluting the ontology again.
Or, you do not have a traditionally feminine gender presentation, or you’re too loud, too “aggressive,” in which case, well, evidence that you’re really a man. The defense rests, your Honour.
2. Privilegien von Transsexuellen
Eine interessante Frage wäre natürlich, wie es sich mit den Privilegien verhält.
a) Frau-Mann-Transsexuelle
Eine Frau zu Mann Transsexuelle, die es schafft als Mann durchzugehen würde insofern in der Wahrnehmung auch von den Privilegien der Männer profitieren.
Hier kann man dann auch, was die Position vielleicht auch so problematisch im Feminismus macht, einen gewissen Verrat sehen. Es wird sozusagen aus der Frauenrolle geflüchtet und sich mit dem Feind identifiziert.
b) Mann zu Frau Transsexuelle
Ein Mann, der es schafft als Frau durchzugehen, würde hingegen alle seine Privilegien ablegen. Warum er so etwas machen sollte, erschließt sich mir nicht.
Ich finde es nach diesen Theorien auch schwer nachvollziehbar, warum es mehr Mann zu Frau Transsexuelle gibt (nach den biologischen Theorien ist das nachvollziehbar, weil die weibliche Konfiguration der Normalzustand wäre).
3. Operation
Auch eine Geschlechtsumwandlung wäre nach sozialen Theorien schwer nachvollziehbar. Da Gender nur ein soziales Konstrukt ist, ist eine Geschlechtsumwandlung unnötig. In einer perfekten feministischen Welt wären Geschlechtsumwandlungen unnötig.
Es wäre vor diesem Hintergrund schwer zu erklären, dass sie überhaupt durchgeführt werden. Gegenwärtig könnte man eine andere Sozialisation anführen, die bleibende Spuren hinterlassen hat, aber auch das ergibt wenig Sinn bei einer reinen sozialen Konstruktion