Über den Blog Elitemedium und dessen hervorragende Besprechung bin ich auf einen Beitrag im Blog von Somlu aufmerksam geworden, indem diese beschreibt, wie sie und Freundinnen sich gegen diskriminierendes Verhalten wehren.
Beispielsweise im Cafe, Samstag oder Sonntagsmorgens. Wir saßen an einem Tisch allein, grundsätzlich war noch Platz aber es gab auch noch weitere freie Tische. Aber natürlich wurden wir gefragt, ob Mann* sich noch dazu setzen dürfe. Wir verweigerten das. Interessant war es damals schon, welch Irritationen das auslöste. Zwei junge Frauen, die – so allein hier Schätzchen – am Tisch saßen, die sich einfach verweigerten.
Da sieht man schon, dass sie das Abwehren als Rebellion feiern. Bei ihnen ist der Wunsch alleine zu sitzen gleich ein Kampf gegen das System, in dem Frauen Verfügungsmasse des Mannes sind. Eine Verweigerung ohne das jemand eigentlich einen Besitzanspruch geltend gemacht hat. Für sie aber ein Sieg gegen das System und das Patriarchat.
Bei einer anderen Gelegenheit ließ meine beste Freundin ihr Essen zurück gehen, weil die Erzählung von irgendwas am Nachbartisch, getragen von einer lauten und sonoren männlichen Stimme, ihr den Appetit verdarb. Ich weiß nicht mehr worum es ging, nur dass es eklig war. Während sie das Essen zurück gehen ließ, empfahl sie der Bedienung sich das Geld dafür am Nachbartisch zu holen. Sie sagte es laut, dass der Nachbartisch es auch mitbekam und es gab eine riesen Diskussion. Wenn ich mich recht erinnere, endete es tatsächlich damit, dass der Typ das Essen meiner Freundin bezahlte.
Auch hier hat sie es dem Patriarchat/der hegemonialen Männlichkeit richtig gezeigt. Die übliche Reaktion wäre es einfach hinzunehmen oder mit einem „wir essen hier“ die anderen dazu aufzufordern, ein tatsächlich ekliges Thema abzubrechen.
Die eigentlich entscheidende Szene ist aber die folgende:
Eine meiner Lieblingsszenen ereignete sich im Sommer. Meine Freundin hatte ihr T-Shirt unter den Brüsten geknotet und trug keinen BH. Damals trugen viele von uns keine BHs . Es war noch eine andere Freundin dabei. Wir wollten damals in den Grüneburgpark und liefen an den gut bürgerlichen Vorgärten gegenüber dem Palmengarten entlang. Plötzlich sagt die dritte im Bunde: Eh, der hat grad gesagt, die hat sich aber die Glocken abgebunden. Meine beste Freundin und ich drehten uns auf dem Absatz um und machten die drei Jungs, die in einer der Vorgärten irgendwas arbeiteten komplett zur Sau. Dann gingen wir weiter. Die dritte im Bunde sagte auf einmal und sie konnte sich vor Lachen kaum noch halten: “das waren die falschen gewesen, die haben nichts gesagt, da wären uns doch ein paar Jungs entgegen gekommen, die waren es gewesen.” Ein Moment lang überlegten wir uns, ob wir uns entschuldigen sollten. Kamen dann aber zu dem Schluss, dass es wahrscheinlich sowieso nicht die falschen getroffen hat. Und dass es vielleicht mal ganz gut ist, wenn Jungs einfach mal so blöd angemacht werden und sind weiter gegangen.
Also einfach mal die falschen zur Sau machen, aber das ist ja nicht so schlimm, weil Männer eh alle Schuld sind. Wen man aus der Gruppe erwischt, ist dann nicht so richtig, es ist sogar eher gut, so lernen sie was über das Leid der Gruppe Frau.
Finde ich unglaublich arrogant und durch nichts zu rechtfertigen. Eine Gruppenhaft quasi.
Die Kommentatoren sehen es aber teilweise anders:
Ninia bedankt sich für den Artikel
Anna-Sarah Henning von der Mädchenmannschaft schreibt: „Danke für’s Teilen dieser Erfahrungen. Ich bin wütend, entzückt & inspiriert! :)“
Monorulez beschreibt es als „einem Text, in dem eine Frau beschreibt, wie es ihr wenigstens temporär gelang, permanente Übergriffigkeiten im öffentlchen Raum aus der Subjekt-, nicht Objektposition zu erfahren“
Ein Unrechtbewußtsein scheint in diesem Bereich bei vielen einfach nicht zu bestehen.
Erstaunlich.