Ich habe mir mal etwas zu den Rollentheorien auf Wikipedia durchgelesen, was ich als Übersicht ganz interessant fand:
In der Soziologie wird unterschieden zwischen:
- kulturellen Rollen, die die jeweilige Kultur dem Individuum zuschreibt (die Priesterin, der Patriarch),
- sozialen Differenzierungen (die Physiklehrerin, der Industriemeister),
- situationsbezogenen Rollen wie Augenzeugin, Aufzugfahrer und
- biosoziologisch begründeten Rollen, z. B. die Dicke, der Albino.
- Geschlechterrollen werden je nach Standpunkt als soziale Rollen oder biosoziologische Rollen oder eine unterschiedlich gewichtete Verbindung beider Rollenmodelle beschrieben.
Soziale Akteure befinden sich ihr Leben lang in unterschiedlichen sozialen Rollen; mitunter agieren sie in mehreren Rollen gleichzeitig in sozialen Umfeldern, die sich nur in geringem Maße überschneiden. Im Laufe der Sozialgeschichte entstehen neue soziale Rollen, wandeln sich und gehen unter.
Das Rollenhandeln wird von folgenden Aspekten beeinflusst:
- Die Normen, die eine Position determinieren,
- eine Reihe von fremden oder eigenen Erwartungen, die an einen Akteur in einer bestimmten sozialen Position gestellt werden siehe auch Rollenerwartung,
- die positiven und negativen sozialen Sanktionen, mit denen andere Akteure einen Rollenspieler beeinflussen wollen und können. An diesen drei sozialen Tatsachen orientieren Akteure offen oder verborgen ihre eigenen Handlungen und bewerten Beobachter sowie
- die Handlung anderer.
Heinrich Popitz definiert soziale Rolle entsprechend als Bündel von Verhaltensnormen, die eine bestimmte Kategorie von Gesellschafts- bzw. Gruppenmitgliedern im Unterschied zu anderen Kategorien zu erfüllen hat. Verhaltensnormen sind dabei Verhaltensweisen, die von allen oder einer bestimmten Kategorie von Gesellschafts- oder Gruppenmitgliedern in einer bestimmten Konstellation regelmäßig wiederholt und im Fall der Abweichung durch eine negative Sanktion gegen den Abweichler bekräftigt werden.[18] Die Rolle klassifiziert somit die Stellung des Rolleninhabers in einem sozialen Gefüge mit bestimmten Rollenerwartungen, die sich von den Bezugsgruppen (Peergroups) ableiten. Die verschiedenen Bezugsgruppen stehen dabei ebenfalls in Interaktion miteinander, und deren Rollensegmente (Erwartungen einer Bezugsgruppe) können miteinander harmonisieren oder im (Rollen-)Konflikt miteinander stehen. Eine große soziale Kompetenz einer Rolle ist die Empathie, welche das Einfühlungsvermögen und somit die Berechenbarkeit einer anderen Rolle nutzbar machen kann. Das Ausmaß individueller Ausgestaltungsmöglichkeiten und Freiheitspielräume innerhalb von sozialen Rollen wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Die soziale Einbindung und wechselseitige Abhängigkeit spiegelt sich auch im Menschenbild der Psychotherapie: Der Mensch, der „Hauptakteur auf der Bühne des Lebens [,…] kann seine Geschichte nicht spielen ohne seine Mitspieler, die ihm seine Rolle zugestehen“.[19]
Interessant dabei aus meiner Sicht der Bereich der biotischen Rolle als Schnittstelle zwischen Biologie und Soziologie
Grenzbereich zwischen Soziologie und Biologie
Es gibt Rollen, die eng mit der (bio)soziologischen Tierhaftigkeit des Menschen verquickt sind, auch „biotische“ Rollen genannt. So kennen auch andere Primaten als der Mensch offenbar „den Großen“ oder „den Lauten“ und entwickeln in Gruppen besondere Verhaltensformen ihm gegenüber, wie auch er gegenüber den Anderen. Solche Rollen wurden in der Soziologie selten thematisiert, eine Ausnahme war Dieter Claessens in Rolle und Macht[23] und Das Konkrete und das Abstrakte.[24] Für das Verhalten des Kleinkindes sind solcherlei Rollen vermutlich besonders bedeutsam, denn es hat die sozialen Rollen im engeren Sinn – also die kulturellen, differenzierten oder situationalen Rollen – noch gar nicht internalisiert; „ein Fremder neben/über mir“ (der „Schwarze Mann“) erscheint ihm vermutlich einfach in der biotischen Rolle des gefährlichen Fressfeindes.
Hier würde ich den Bereich wohl deutlich weiter ziehen als dies in der Soziologie gemacht wird. Die biotische Rolle ist aus meiner Sicht wohl die entscheidenste Rolle bzw. die, die dringend mehr Beachtung innerhalb der Soziologie bekommen sollte.
Es findet sich auch noch ein Abschnitt zur Kritik:
Kritik des Rollen-Begriffs
In akteurbezogenen, oft mikrosoziologisch fokussierten soziologischen Theorien wird das Konzept der „sozialen Rolle“ in aller Selbstverständlichkeit angewandt (vgl. Literatur). Distanziert bis ablehnend stehen ihm hingegen kollektivbezogene Theorien – zum Beispiel der Strukturfunktionalismus oder die Ethnomethodologie gegenüber. Denn sie fassen die stets notwendigen Rollen-Kompromisse der Akteure eher als ein Fehlverhalten oder als „eurozentrisch“ auf und analysieren sie mit anderen Begriffen, etwa als „dysfunktional“ oder als „kulturimperialistisch“. Wo „Theorien der Gesellschaft“ von „soziologischen Theorien“ unterschieden werden, etwa im Marxismus oder in der Systemtheorie, da wird „Rolle“ entweder als gefährlicher Konkurrenzbegriff vehement zurückgewiesen, oder er wird einfach übergangen: Frigga Haug beanstandete als Marxistin, dass sowohl die Geschichte der Gesellschaft und ihre ökonomischen Bedingungen als auch das dialektische Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft mit dem Begriff „Rolle“ in das Individuum verlegt werden; die Theatermetapher „Rolle“ erleichtere zudem die Selbsttäuschung. Rollenforderungen stellen demnach eine äußere Übermacht dar, bei der die Gefahr besteht, dass das Individuum sich in die „innere Emigration“ zurückzieht – siehe dazu Rollendistanz. Gesellschaftliche Verhältnisse erscheinen dementsprechend fälschlich als unveränderbar.[25] Eine systemtheoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff der „Rolle“ steht noch aus. Die australische Männerforscherin Raewyn Connell bemängelt am kulturellen Rollenbegriff, dass gerade „Männlichkeit“ gar kein Rollenverhalten, sondern eine gesellschaftliche Praxis sei.[26] In ähnlicher Weise spricht auch Pierre Bourdieu von einer „Geschlechter-Praxis“ (einem geschlechtsspezifischen Habitus)
Die „normale“ Rolle wäre also zu individualistisch, es würde zu sehr betont, dass jeder seine eigene Rolle schaffen kann, weswegen im Feminismus eher die kollektivbezogenen Rollentheorien vorherrschen.
Deswegen wird in diesen Bereichen eher auf gesellschaftliche Praxis, Strukturen etc abgestellt, wenn ich es richtig verstehe