Habitus nach Bourdieu

Ein in der Soziologie verbreiteter Begriff ist wohl der des Habitus:

Habitus (lateinisch habitus = „Gehaben“, von habere = „haben“) ist ein Ausdruck für das Auftreten oder Benehmen eines Menschen; für die Gesamtheit seiner Vorlieben und Gewohnheiten bzw. für die Art, sich zu verhalten.

In der Soziologie wurde der Begriff „Habitus“ von Norbert Elias und Pierre Bourdieu zum Fachterminus erhoben. Bei Elias bezeichnet der Begriff „sozialer Habitus“ Gewohnheiten im Denken, Fühlen und Handeln, die Mitgliedern einer Gruppe gemeinsam sind (gleichbedeutend „soziale Persönlichkeitsstruktur“: die den Mitgliedern einer Gruppe gemeinsamen psychischen Merkmale). Nach Bourdieu bezeichnet „Habitus“ das gesamte Auftreten einer Person, im Einzelnen also z. B. den Lebensstil, die Sprache, die Kleidung und den Geschmack. Am Habitus einer Person lässt sich ihr Rang oder Status in der Gesellschaft ablesen. Durchaus möglich ist allerdings auch, dass eine Person mit einem der sozialen Schicht angemessenen Habitus durch verschiedenste Einflüsse in eine tiefere oder höhere soziale Schicht absteigt bzw. aufsteigt. Der Habitus ändert sich (zumindest kurzfristig) nicht.

Soweit, so gut. Der Begriff scheint also nicht ganz einheitlich verwendet zu werden. Einmal geht es um gewisse Gemeinsamkeiten, die Mitglieder einer Gruppe haben, das andere mal um das Auftreten einer Person. Letzteres scheint mir die auch umgangssprachlich gebräuchlichere Variante zu sein, wie auch die ganz oben stehende Definition zeigt.

Habitus wäre insofern ein Verhalten, mit dem Status und Position in einer Hierarchie angezeigt werden können und die für die jeweilige Position kulturell zugeordnet werden.

Habitus wird insofern auch immer einen biologische Komponente haben, weil Statusverhalten und Auftreten auf biologischen Grundlagen beruhen und zwar verschieden kulturell ausgeprägt sein können, aber dabei im Grundsatz Gemeinsamkeiten aufweisen. Jemand wird üblicherweise als statushoch verstanden, wenn er  die Regeln macht, die Anordnungen gibt, Respekt verlangt und erhält und Zeichen von hohen Ressourcen, Intelligenz und anderen Indikatoren besitzt, die vermuten lassen, dass er einen hohen Paarungswert hat. Unsere gesellschaftlichen Regeln dienen insoweit der Abgrenzung und Personen aus einem „Höheren Stand“ werden üblicherweise die kompliziertere Sprache haben, die die „niedrigeren Stände“ nicht ohne weiteres imitieren können.

Aus meiner Sicht ein gutes Beispiel für jemand der den Habitus einer höheren sozialen Schicht zeigt, dabei aber einer niedrigeren Schicht angehören soll, ist Jack Dawson (Leonardo DiCaprio, Titanic), der einen statushohen Habitus, ein Alpamannverhalten, eine gehobene Sprache, Gelassenheit und Abgebrühtheit zeigt und sich schnell in die als überstarr dargestellten Regeln des höheren Standes einfindet und sich sogar noch über sie lustig macht und dadurch einen höheren Status anzeigt (und danach die Frau in seine viel lebensfrohere Welt zieht und sie so erobert).

Aber zurück zum Habitus nach Bourdieu:

Habitus“ umfasst für Bourdieu zunächst die objektive Kategorisierung von Angehörigen bestimmter sozialer Klassen innerhalb der gesellschaftlichen Strukturen und darüber hinaus ein auf das Subjekt bezogenes Konzept der Verinnerlichung kollektiver Dispositionen.

Der Habitus ist ein Erzeugungsprinzip von Praxisformen und Verhaltensstrategien eines sozialen Akteurs. In Bezug auf eine der drei zentralen Strukturkategorien der Gesellschaft, auf die soziale Klasse, wird die Ausprägung des Habitus unter anderem von der Teilhabe an den gesellschaftlichen Gütern abhängig. Dabei spielen das ökonomische, kulturelle, soziale und symbolische Kapital eine entscheidende Rolle.

Es scheint also um eine sozialkonstruktivistische Theorie zu handeln. Über den Habitus wird geregelt, wie sich jemand verhalten darf, wenn er einer bestimmten Klasse zugehörig sein möchte .

Um die Funktionsweise des Habitus klarzustellen, muss man erstens verstehen, was Bourdieu unter der „generativen Grammatik“ versteht und zweitens muss man den Habitus im sozialen Kontext, vor allem in Bezug auf die drei zentralen Kategorien der Gesellschaft – soziale Klasse, Geschlecht und soziales Feld betrachten.

Hier wird also das Geschlecht eine der drei Kategorien der Gesellschaft.

Um die Funktionsweise des Habitus klarzustellen, muss man erstens verstehen, was Bourdieu unter der „generativen Grammatik“ versteht und zweitens muss man den Habitus im sozialen Kontext, vor allem in Bezug auf die drei zentralen Kategorien der Gesellschaft – soziale Klasse, Geschlecht und soziales Feld betrachten

Zur generativen Gramatik:

1. Generative Grammatik: In Anlehnung an Noam Chomskys Analyse der Sprachprozesse entwickelt Bourdieu diese Seite des Habitus. Noam Chomsky untersuchte das Sprechverhalten der Menschen und ist zu mehreren Ansichten gekommen. Das Wichtigste für das Verständnis des Habitus ist nach Bourdieu die Annahme, dass soziale Subjekte über ein System generativer Strukturen verfügen, die ihnen ermöglichen, unendlich viele Äußerungen zu erzeugen und damit auf jede mögliche Situation im Leben zu reagieren. Dies verhalf Bourdieu zur Konstruktion des Habitus als generative Grammatik.

Man muss im Zusammenhang mit Noam Chomsky klarstellen, dass Bourdieu von Chomsky nur diesen Ansatz übernahm und weiterentwickelte. Chomskys Annahme, dass Sprecher ihre persönliche Sprechweise von einer angeborenen Universalgrammatik ableiten, lehnte Bourdieu ab. Bourdieu definiert den Habitus als eine erworbene (nicht als angeborene) und als erfahrungsabhängige Konstruktion

Also Sprache, die ein bestimmtes System hat, innerhalb der mit ihr freie Konstruktionen erzeugt werden können. Bisher aus meiner Sicht keine so weltbewegende Einschätzung.

2a. Habitus und soziale Klasse: Mit der sozialen Klasse sind die vertikalen Ungleichheiten der Gesellschaft und die ungleiche Teilhabe der sozialen Subjekte an gesellschaftlichen Gütern gemeint. Man unterscheidet unter mehreren Kapitalformen, die für die Definierung der Klassen eine grundlegende Bedeutung haben. Es handelt sich um

  • ökonomisches Kapital,
  • kulturelles Kapital,
  • symbolisches Kapital und
  • soziales Kapital.

Mit dem ökonomischen Kapital sind die materiellen Ressourcen, über die ein soziales Subjekt verfügt, gemeint. Die akademischen Titel, erworbene Praktiken bilden kulturelles Kapital. Mit symbolischem Kapital sind Prestige und Anerkennung in der Gesellschaft gemeint. Die sozialen Beziehungen sind die Grundlage für soziales Kapital.

Also der Habitus bildet sich aus den Ressourcen, den akademischen Titeln als Zeichen von zum einen Intelligenz aber auch guter Ausbildung, den Praktiken, die jeweils bezeichnend für die jeweilige Klasse sind, mit Prestige und Anerkennung oder auch Ruhm oder Wertschätzung und schließlich die Beziehungen untereinander.

Meiner Meinung nach kann man das alles wesentlich präziser in einen evolutionär biologischen Zusammenhang darstellen. Ökonomisches Kapital sind auch hier Ressourcen, die Anzeigen, dass man sowohl die Möglichkeiten hat, sie zu besorgen als auch die Fähigkeiten, sie zu verteidigen, nachdem man sie erworben hat.

Kulturelles Kapital sind costly Signals für Intelligenz (eine Havardausbildung oder der Doktortitel sind gute Möglichkeiten die Qualität der eigenen Gene aufzuzeigen und werden auch beispielsweise von Geoffrey Miller in „The Mating Mind aufgeführt) und erworbene Praktiken sind Gruppenzugehörigkeiten zu einer Gruppe mit einem bestimmten Status. Prestige und Anerkennung sind ein Zeichen, dass man seinen Wert bereits früher unter Beweis gestellt hat oder zumindest aus einer Familie kommt, die dies getan hat also ein Anzeichen, dass auch andere von guten Genen ausgehen. Beziehungen untereinander stellen die Eingebundenheit in die Gruppe dar und sind damit ebenfalls ein Zeichen zum einen für den Einfluss innerhalb der Gruppe als auch für das Potential etwas in der Gruppe zu erreichen und nach oben zu kommen. Auch dies sind klassische Zeichen guter Gene.

Wenn eine Gruppe von sozialen Subjekten ähnliche Vorlieben vorweist und sich außerdem in ähnlichen sozialen Verhältnissen befindet, beobachtet man gewisse Gemeinsamkeiten. Diese gemeinsamen habituellen Strukturen sind nach Bourdieu für eine bestimmte soziale Klasse typisch. Diese gemeinsamen habituellen Strukturen bezeichnet der Begriff „Klassenhabitus“. Der klassenspezifische Habitus kann durch das Handeln der sozialen Subjekte, die einer Klasse angehören, rekonstruiert werden. Damit ist das Handeln der Klassenzugehörigen für andere Mitglieder der Gruppe leicht nachvollziehbar und erklärbar.

Die Klassen geben sich insoweit also bestimmte Rituale und Verhaltensweisen, die eine Zuordnung leichter machen. Das würde ich zum Teil auch so sehen. Man sollte allerdings auch nicht vergessen, dass bestimmte Verhaltensweisen auch bestimmte Möglichkeiten erfordern. Ein hoher Sprachschatz angereichert mit Fremdwörtern etc. setzt neben dem Zugang zu diesem Wissen auch eine gewisse Intelligenz voraus, ohne die der Sprachschatz meist nicht zutreffend eingesetzt werden kann.

Nun aber zum eigentlichen Thema des Blogs, dem Geschlecht:

2b. Habitus und Geschlecht: Mit dieser Strukturkategorie ist die Arbeitsteilung zwischen Frau und Mann gemeint. Diese gesellschaftliche Strukturierung ist in jeder Gesellschaft vorfindbar.

Diese gesellschaftliche Strukturierung ist in jeder Gesellschaft vorhanden, weil die Arbeitsteilung eines der Erfolgsmodelle der Evolution ist. Mit ihr wurde eine weitergehende Spezialisierung möglich, die auch notwendig war, da zum einen die Kinderbetreuung bei Menschen eine der aufwändigsten, wenn nicht die aufwändigste der Lebewesen ist und zum anderen der Mann sich damit weiterentwickeln konnte um sich für andere Aufgaben – intrasexuelle Konkurrenz, Schutz, Wettbewerb und Ressourcenbeschaffung über Jagd – zu spezialisieren.

Nach Bourdieu wird durch diese grundlegende Strukturkategorie der Gesellschaft das Herrschaftsverhältnis impliziert. Mit dem Verständnis von Zweigeschlechtlichkeit und mit der Hervorhebung der männlichen Herrschaft ist das Herrschaftsverhältnis in unserer modernen Gesellschaft besonders gut begreifbar.

Warum muss eigentlich jeder sofort in das Geschlechterverältnis ein eindeutiges Machtverhältnis hineindeuten, wenn die Beziehung der Geschlechter untereinander von einer gegenseitigen Beeinflussung bestimmt ist? Natürlich ist es einfach, eine männliche Herrschaft aufgrund der höheren Körperkraft und der häufig dominanteren Art herzuleiten aber das unterschätzt auch die Einflussmöglichkeiten der Frauen über Männer und deren Beteiligungen an der Ausgestaltung der Geschlechterverhältnisse.

Und auch da Herumhacken auf der Zweigeschlechtlichkeit ist aus meiner Sicht wenig nachvollziehbar, weil diese zwei Geschlechter nun einmal diejenigen sind, die sich evolutionär auswirken und auch den jeweiligen Hauptfall darstellen. Natürlich gibt es gewisse Mischfälle und fließende Übergänge, aber diese betreffen einen sehr kleinen Teil der Gesellschaft.

Die Zweigeschlechtlichkeit ist ein Unterscheidungsprinzip, das bei den Individuen von früher Kindheit an besonders ausgeprägt ist.

Was auch kein Wunder ist, da diese Unterscheidung einen starken biologischen Anteil besitzt

Diese Kategorie spielt eine große Bedeutung bei der Herausbildung des Habitus. Geschlechter sind als polare entgegengesetzte Kategorien, nicht wie ein Klassifikationssystem, konstruiert. Das geschlechtsspezifische Verhalten ist im Habitus besonders tief eingeprägt und beeinflusst intensiv das soziale Verhalten

Im Zusammenhang mit der Kategorie Geschlecht verwendet Bourdieu den Begriff der symbolischen Gewalt. Mit der symbolischen Gewalt ist eine mittelbare Form der Gewaltausübung gemeint. Charakteristisch für die symbolische Gewalt ist das nicht bewusste Einverständnis der Beherrschten (Frauen) gegenüber der herrschenden Ordnungsvorstellung. Beide Seiten, die Herrschenden (Männer) und die Beherrschten (Frauen), müssen dafür über ein Verhaltenssystem, über einen Habitus verfügen, in dem dieses Herrschaftsverhältnis eingeprägt ist.

Das klingt so ähnlich wie bei Foucault. Die symbolische Gewalt sind dort die gesellschaftlichen Regeln, die der Machtabsicherung dienen. Der Rest ergibt sich eigentlich schon aus den Grundlagen der Theorie.  Weil Frauen unterdrückt sind, muss über sie Macht ausgeübt werden. Deswegen muss es ein geheimnisvolle Macht geben, die es den Männern erlaubt, diese Macht aufrechtzuerhalten, ohne das die Frauen sich wirklich wehren. Die Begründung ist dann immer, dass der jeweilige Unterdrückte so in Regeln eingebunden ist, dass er nicht denken kann und deswegen die Regeln einfach akzeptiert.

Dabei gibt es eine viel einfachere Erklärung: Frauen sind einverstanden und es gibt keine geheimnisvolle Unterdrückung. Das Rätsel löst sich auf, wenn man berücksichtigt, dass Frauen anders sind als Männer und – natürlich nur im Schnitt – anderes wollen als Männer. Viel mehr Frauen als Männer wollen nicht in einem stressigen Wettbewerb stehen und um Status und Macht kämpfen. Sie bevorzugen es, wenn Männer diesen Wettbewerb unter sich ausüben und partizipieren an deren Früchten, in dem sie arbeitsteilig andere Arbeiten übernehmen, die Männer lieber ausführen wollen.

So muss man sich die Frage stellen, warum auch in unserer modernen Gesellschaft die Gleichberechtigung zwischen Frau und Mann nicht vollkommen stattgefunden hat. Bourdieu erklärt dieses Phänomen damit, dass der Habitus so tief „verwurzelt“[1] ist, dass er die erlernten (patriarchalen) Verhaltensweisen und das geschlechtsspezifische Verhalten in der Praxis (oder besser in der Mehrzahl, den Praxen) des sozialen Lebens „vorstrukturiert“.[2] Dies führe dazu, dass die Frauen unbewusst die männliche Herrschaftsordnung akzeptieren und diese selbst wiederum aktiv reproduzieren.

Hier sieht man gut, dass im letztendlich die Antworten fehlen. Einfach auf eine tiefe Verwurzelung zu verweisen macht die Sache sehr einfach. Überall veränderten sich die Geschlechterrollen, Frauen sind Anwälte, Bundeskanzlerinnen oder Unternehmerinnen, aber der Habitus ist einfach ansonsten zu tief verwurzelt und das Schreckgespenst der patriarchalen Lebensweise hält die Frauen in Schach. Die Frauen fahren unbewußt auf dieser Linie und bekommen es gar nicht mit.

Es ist aus meiner Sicht eine sehr einfache Sicht der Dinge, die die Geschlechterrollen und die jeweiligen Vorteile und Nachteile, die sie jeweils haben eben so wenig berücksichtigt wie die verschiedenen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Auch hier ist die Grundlage der Theorie die Gleichheit der Geschlechter, die durch die erlernten Vorstrukturierungen aufgehoben wird.

2c. Habitus und soziales Feld: Mit dem sozialen Feld ist die funktional-differenzierte arbeitsteilige Gliederung der Gesellschaft gemeint. Ein soziales Feld ist nach Bourdieu ein Kräftefeld, in dem die Beteiligten um Macht konkurrieren. Die Beteiligten versuchen, ihre Positionen und Repräsentationen durchzusetzen. Bourdieu vergleicht das soziale Feld mit einem Spiel. Jedes soziale Feld verfügt über eigene, für das soziale Feld typische Funktionsweisen mit spezifischen Grundsätzen. Für die Existenz eines sozialen Feldes ist die Identifizierung der Beteiligten mit diesem Funktionssystem wichtig – die Beteiligten machen es zu ihrem Beruf. Die spezifische Funktionsweise und die für das soziale Feld typischen Grundsätze sind bei den beteiligten sozialen Subjekten tief eingeprägt. Sie sind ihnen zur Natur geworden und werden im Habitus gespeichert.

Hier hat die Kultur einen starken Einfluss bei einem Spiel, dass sich aus der Natur ergibt. Wir kämpfen um Macht und soziale Anerkennung, weil wir im Herzen Primaten sind und als Gruppentiere die Position innerhalb der Gruppe ein wichtiges Merkmal für gute Gene ist. Die Regeln könnten dabei in den Kulturen verschieden ausgestaltet sein und unterliegen in der Tat einer starken Gewöhnung. Ein Stammeskrieger, bei dem man erst zum Mann wird, wenn man einen Gegner getötet hat, hat andere Vorstellungen von dem Spiel als jemand, der sich um eine gute Ausbildung bemüht, um dann eine hohe und gut bezahlte Position zu erhalten. Einer Frau des Typs Millionärsgattin mag hoher Status in einem eigenen Job mit vielen Überstunden weniger wichtig oder prestigeträchtig erscheinen als der Mann an ihrer Seite und die neuste Mode, die Einladung zu den wichtigsten Parties und das Gefühl gut in das soziale Leben eingebunden und von anderen wichtigen Leuten akzeptiert zu sein.

Im ganzen finde ich Bourdieu etwas „unterkomplex“. Er stellt gerade im Geschlechterverhältnis auf falsche Grundlagen ab.

Interessantes zu seiner Berücksichtigung im Feminismus:

Pierre Bourdieus Buch „Die männliche Herrschaft“ löste Ende der neunziger Jahre in Frankreich heftige Debatten aus. Feministinnen warfen ihm vor, er argumentiere einseitig und vernachlässige die Publikationen der Gender Studies. Vor allem, so der Einwand, zeige Bourdieu keinerlei Perspektive auf, um die männliche Herrschaft zu überwinden. (…)

Und nun gibt sich Pierre Bourdieu sogar als Theoretiker des Feminismus zu erkennen. In Die männliche Herrschaft träumt er von einer starken feministischen Bewegung – einer Bewegung, die sich einreiht in die Avantgarde der fortschrittlichen Kräfte. (…)

Deswegen nennt Pierre Bourdieu sein Vorgehen „objektive Archäologie unseres Unbewussten“ (S. 10). Ihr geht es um das Enthüllen von Machtmechanismen, die selbst an entlegendsten Orten Ähnlichkeiten aufweisen. Bourdieu versteht diese stillschweigenden Unterwerfungen als symbolische Gewalt: Es ist jene sanfte, für ihre Opfer unmerkliche, unsichtbare Gewalt, die im wesentlichen über die rein symbolischen Wege der Kommunikation und des Erkennens, oder genauer des Verkennens, des Anerkennens oder, äußerstenfalls, des Gefühls ausgeübt wird (S. 8). Die symbolische Gewalt findet Bourdieu in den Grundformen männlicher Herrschaft und weiblicher Zustimmung wieder. Sie manifestiert sich in einem System geschlechtlicher Unterschiede, die der französische Soziologe zu Konstanten menschlicher Verhaltensweisen erklärt. Was bedeutet es aber, wenn Bourdieu von Invarianz spricht? Findet man sie ebenso in den Sprach- und Verhaltenscodes der Kabylen und in denen westlicher Gesellschaften? Anders gefragt: Ist das konstante Schema, das Bourdieu für die Ausprägung männlicher Herrschaft verantwortlich macht, wirklich überall auffindbar? Als ein Schema, das dem Mann das Hohe, das Oben, das Gerade, das Trockene, das Harte, das Helle und das Öffentliche zuweist? Und entsprechend der Frau das Tiefe, das Unten, das Krumme, das Feuchte, das Weiche, das Dunkle und das Private? Es hat den Anschein, dass Pierre Bourdieu von einer traditionellen wissenschaftlichen Prämisse ausgeht: Er möchte zunächst eine idealtypische Geschlechterkonstellation aufzeigen. Diese ins Extreme verformte Konstellation männlicher Herrschaft und weiblicher Unterwerfung findet Bourdieu bei den algerischen Berbern, während er in den westlichen Gesellschaften die Entwicklung subtilerer Herrschaftsformen entdeckt. Diese Prämisse, die Annahme einer universellen Ausformung der geschlechtsspezifischen Gegensätze, lässt Bourdieu an eine Allmacht der Struktur glauben. Deswegen kostet es ihm einige argumentative Verrenkungen, den Gegenbewegungen den ihnen gebührenden Platz einzuräumen.

Das Problem des Feminismus ist also, dass bei Bourdieu ein Aussteigen schwierig ist. Er hat eine sehr starke Struktur, die sich nicht ohne weiteres umstürzen lässt.

Pierre Bourdieu erzählt den Ursprungsmythos der Kabylen. Er berichtet vom ersten Mann und der ersten Frau, von ihrer Begegnung an einem Brunnen und dem darauffolgenden Geschlechtsverkehr, bei dem die erfahrene Frau den unkundigen Mann in den Liebespraktiken unterweist. Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte noch eine „verkehrte“ Welt vor, da die Frau die obere Position beanspruchte. Das sollte sich aber schnell ändern: Eines Tages sagte der Mann zur Frau: ‚Ich möchte dir auch etwas zeigen; ich weiß auch etwas. Leg dich hin und ich leg mich auf dich.‘ Die Frau legte sich auf den Boden, und der Mann legte sich auf sie. – Er empfand dasselbe Vergnügen und sagte zur Frau: ‚Am Brunnen bist du es [die das Sagen hat], im Haus bin ich es.‘ Im Kopf des Mannes sind es immer die letzten Worte, die zählen, und seither lieben es die Männer, auf die Frauen zu steigen. So kam es, dass sie die Ersten wurden und dass sie regieren müssen.

Auch ein erschreckend einfaches Weltbild. Die Sexposition entscheidet darüber, wer das sagen hat. Immerhin hätte das bei feministischen aufgreifen ja auch Vorteil, da unten liegen ja auch ganz bequem ist.

So oder ähnlich, meint Pierre Bourdieu, habe sich die männliche Herrschaft in allen Gesellschaften entwickelt. Ihr Gefüge ist deswegen so unerschütterlich, weil sie sich niemals rechtfertigen muss. Wird sie dennoch angegriffen, dann gilt dies als Verstoß gegen die Naturordnung. Gegen eine Ordnung, die biologische Geschlechtsunterschiede und gesellschaftlich sanktionierte Geschlechtsteilung zusammenschweißt. „Willkürliche Konstruktion des Biologischen“ (S. 44) nennt dies Bourdieu. Dass diese Konstruktion von den Beteiligten, von den Herrschenden und den Beherrschten, nicht durchschaut wird, liegt für Bourdieu an einem Verblendungszusammenhang. Um diesen fatalen Zusammenhang für alle durchschaubar zu machen, verlangt er eine „historische Archäologie des Unbewussten“ (S. 97). Historisierung des mythischen Verblendungszusammenhangs lautet Bourdieus Devise. Erst wenn erkannt wird, dass auch diese Herrschaft ihren Ursprung hat, dass die geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen zu Instrumenten männlicher Herrschaftssicherung geworden sind – erst dann ist wirklicher Wandel möglich.

Also doch ein Ausstieg möglich. Es muss eben die Einsicht kommen, dass es alles auch anders geht. Insofern wäre Bourdieu sicherlich für den Feminismus sicherlich verwertbar. Aber auch hier wäre wohl eine Dekonstruktion vorzunehmen.

39 Gedanken zu “Habitus nach Bourdieu

  1. @Christian

    Jetzt nur kurz: schreibe dann später noch was zu diesem Blogeintrag:

    Selbstverständlich ist Bourdieus „Theorie der Praxis“ unterkomplex und dies aus verschiedensten Gründen: Es ist eine „soziologische Theorie“ und lässt alles das, was die Praxis der Menschen bestimmt und nicht soziologisch ist (Ontogenese und Pyholgenese oder ontogenetische und phylogenetische Strukturen des Menschen) mal aussen vor. Der Habitus ist also ein rein soziologisches Konstrukt/Konzept und kein biologisches oder psychologisches. Aber innerhalb der Soziologie ist die „Theorie der Praxis“ von Bourdieu bereits eine äusserst differenzierte soziologische Theorie, weil sie m.E. eine Synthese aus Marx, Max Weber und Emilie Durkheim ist, also den drei bedeutendsten Klassikern der Soziologie. Nach Bourdieu ist es schwierig, Marx, Weber und Durkheim als quasi unversöhnliche Gegensätze zu thematisieren, sondern sich können als komplementäre Theorien gelesen werden.

    • @Chomskyy

      „Der Habitus ist also ein rein soziologisches Konstrukt/Konzept und kein biologisches oder psychologisches“

      Das geht ja etwas in den Bereich der Sphärentrennung, die mir irgendwie suspekt ist. Wenn es bei den Geschlechtern biologische Ursachen gibt, dann muss man sie auch in die Betrachtung aufnehmen.
      Ein Modell, welches sie nicht aufnimmt muss dann mit hoher Wahrscheinlichkeit den eigentlichen Kern verfehlen.

      Ich finde es auch erstaunlich, dass soziologische Konzepte sich so schlecht von dem Unterdrückungskonzept lösen können. Da würde aus meiner Sicht eine Neubetrachtung erforderlich sein.

    • @ Chomsky

      Wenn die Soziologie nicht endlich anerkennt, dass der Mensch vor allem ein Säugetier ist, der ganz wesentlich von seiner Genausstattung geprägt wird – bis in sein Verhalten/seine kognitiven Eigenheiten hinein, wie andere Säugetiere auch – wird sie in der Tat in ihrem irrealsozialistischen Wolkenkuckucksheim weiterhin vor sich hindämmern, die Medien mit zeitgeistgefälligen Erklärungen von ungefälligen Phänomenen beliefern und gewaltig unterkomplex bleiben.

      • Wenn die Soziologie nicht endlich anerkennt, dass der Mensch vor allem ein Säugetier ist, der ganz wesentlich von seiner Genausstattung geprägt wird – bis in sein Verhalten/seine kognitiven Eigenheiten hinein, wie andere Säugetiere auch – wird sie in der Tat in ihrem irrealsozialistischen Wolkenkuckucksheim …

        Schlecht geschlafen? Ist Dir eine (sozialistische) Maus über die Leber gelaufen? 🙂

        • @ Peter

          Eine Maus.

          Eine Horde femisozialistischer Hooligänse und Femitrampel stampft Rumba auf meinem Occiput und hält das für schwebend-elegant.

          Was doch nur unsäglich vulgär und dumm ist.

          Aber kaum einer wagt es, ihnen das auf den Kopf zu zu sagen.

          Denn es sind ja Frauen!

          „Liebling, wirkt mein Hintern fett in den neuen Jeans?“

          „Nicht nur in den neuen!“

          Das wäre die ehrliche Antwort, straight forward.

          Und was antworten Männer tatsächlich?

          „Äh…, also, so direkt kann man das nicht sagen. Wenn Du Dich richtig zum Licht drehst, dann nicht.“

          Von der Lyrik, die jene Salatschnecken (rückgratlos und grätenfrei) abblasen, die als „feministische Männer“ gelten wollen, will ich gar nicht erst reden.

          PS:

          Christian, Salatschnecke ist KEINE Beleidigung!

          Tippse freut sich immer, wenn sie eine findet.

          Zeigt angeblich, wie öko das schlappe Blattwerk ist.

          Also:

          Salatschnecken sind NIEDLICH!

  2. @ Christian

    *Meiner Meinung nach kann man das alles wesentlich präziser in einen evolutionär biologischen Zusammenhang darstellen. Ökonomisches Kapital sind auch hier Ressourcen, die Anzeigen, dass man sowohl die Möglichkeiten hat, sie zu besorgen als auch die Fähigkeiten, sie zu verteidigen, nachdem man sie erworben hat.*

    In der Tat.

    Ich bin der Überzeugung, dass Bourdieu (& seine Jünger) den Habitus geboren haben, um dem verfluchten Biologismus auszuweichen und an der Illusion festzuhalten, eigentlich seien alle Menschen gleichartig, nicht wie andere Säugetiere prinzipiell individuell und familen-/gruppenabhängig (im Schnitt!) verschieden.

    Nichts scheint Sozialisten unerträglicher als Ungleichartigkeit und daraus hervorgehende Ungleichheit.

    Die muss im Erkenntnisprozess umschifft werden durch Schwurbelkonstrukte wie den Habitus und politisch ausgemerzt werden, oft buchstäblich und mit allen Mitteln, d.h. sie waren wie die Rassenausmerzer von der anderen Seite immer wieder bereit, über Leichenberge zu gehen.

    Heute versucht der Feminismus auf Biegen und Brechen Jungen zu Mädchen zu machen (das vor allem) und Mädchen zu Jungen (das viel nachlässiger, weil Mädchen nach wie vor das zu schonende, das rücksichtsvoller zu behandelnde Geschlecht sind).

    Auf dass wir alle gleich, gleich, gleich werden.

    Zum Kotzen.

    • @ Roslin, Christian

      Was ich mich bei der ganzen Geschichte immer frage ist, wie es sein kann, dass eine komplette Wissenschaft wie die Biologie oder die Evolutionstheorie in der Geschlechterdebatte ausgeschlossen werden kann. Wie kann es sein, dass wissenschaftlich anerkannte Fakten aus der Biologie bzw. Evolutionstheorie, geleugnet oder nicht mit einbezogen werden und das in Hochschulen, in den Medien und auch in der ganzen Erziehungsfrage!? Gerade in dieser, wenn es also um Kinder geht, finde ich es gefährlich und fahrlässig, biologische Tatsachen völlig ausszuschließen und Gender“wissenschaften“ an Kindern auszuprobieren, wobei ja garnicht klar ist, inwieweit diese überhaupt mit der Realität konform sind!? Wie könnte man dieses Thema, also Gender und Soziologie vs. Biologie und Evolution auf eine höhere Stufe zur Diskussion bringen, sodass Menschen (Eltern) die sich mit diesen Themen nicht befassen vlt. mal wach gerüttelt werden!?

      • Genau das habe ich auch gedacht, als ich Judith Butler gelesen habe. Wie kann man über Sex sprechen, ohne sich auch nur ein mal am Rande auf Biologie zu beziehen? Ihr Horizont wird überhaupt nur von einer Handvoll postmodernerTheoretiker, überwiegend aus Frankreich, gebildet, deren Kenntniss beim Leser stillschweigend vorausgesetzt wird.

        • Das Butler das ausschließt ist ja das eine. Das andere ist halt, dass fast die komplette Pädagogik und die Soziologie dies ausschließt, was in erster Linie unsere Kinder, die sozusagen als Versuchskaninchen herhalten müssen, betrifft. Was mir schleierhaft ist, ist das sich anscheinend niemand daran stört, selbst wenn es um Kinder geht. Wieso muss ein Harald Eia ein paar Fragen stellen und schon wird dem Genderinstitut, der Geldhahn zu gedreht?? Wieso, wird das nicht in den breiten öffentlichen Medien gezeigt/besprochen??

        • @ 7th sign

          *Was ich mich bei der ganzen Geschichte immer frage ist, wie es sein kann, dass eine komplette Wissenschaft wie die Biologie oder die Evolutionstheorie in der Geschlechterdebatte ausgeschlossen werden kann. *

          Die beste Antwort darauf hat bereits vor mehr als 100 Jahren Nietzsche in seinem Zarathustra gegeben (nur in dem Zitierten, danach endet der Aufklärer Nietzsche und seine Hybris läuft Amok).

          *Siehe, das ist der Tarantel Höhle! Willst du sie selber sehn? Hier hängt ihr Netz: rühre daran, dass es erzittert.

          Da kommt sie willig: willkommen, Tarantel! Schwarz sitzt auf deinem Rücken dein Dreieck und Wahrzeichen; und ich weiss auch, was in deiner Seele sitzt.

          Rache sitzt in deiner Seele: wohin du beissest, da wächst schwarzer Schorf; mit Rache macht dein Gift die Seele drehend!

          Also rede ich zu euch im Gleichniss, die ihr die Seelen drehend macht, ihr Prediger der Gleichheit! Taranteln seid ihr mir und versteckte Rachsüchtige!

          Aber ich will eure Verstecke schon an’s Licht bringen: darum lache ich euch in’s Antlitz mein Gelächter der Höhe.

          Darum reisse ich an eurem Netze, dass eure Wuth euch aus eurer Lügen-Höhle locke, und eure Rache hervorspringe hinter eurem Wort „Gerechtigkeit.“

          Denn dass der Mensch erlöst werde von der Rache: das ist mir die Brücke zur höchsten Hoffnung und ein Regenbogen nach langen Unwettern.

          Aber anders wollen es freilich die Taranteln. „Das gerade heisse uns Gerechtigkeit, dass die Welt voll werde von den Unwettern unsrer Rache“ – also reden sie mit einander.

          „Rache wollen wir üben und Beschimpfung an Allen, die uns nicht gleich sind“ – so geloben sich die Tarantel-Herzen.

          Und „Wille zur Gleichheit“ – das selber soll fürderhin der Name für Tugend werden; und gegen Alles, was Macht hat, wollen wir unser Geschrei erheben!“

          Ihr Prediger der Gleichheit, der Tyrannen-Wahnsinn der Ohnmacht schreit also aus euch nach „Gleichheit“: eure heimlichsten Tyrannen-Gelüste vermummen sich also in Tugend-Worte!

          Vergrämter Dünkel, verhaltener Neid, vielleicht eurer Väter Dünkel und Neid: aus euch bricht’s als Flamme heraus und Wahnsinn der Rache.

          Was der Vater schwieg, das kommt im Sohne zum Reden; und oft fand ich den Sohn als des Vaters entblösstes Geheimniss.

          Den Begeisterten gleichen sie: aber nicht das Herz ist es, was sie begeistert, – sondern die Rache. Und wenn sie fein und kalt werden, ist’s nicht der Geist, sondern der Neid, der sie fein und kalt macht.

          Ihre Eifersucht führt sie auch auf der Denker Pfade; und diess ist das Merkmal ihrer Eifersucht – immer gehn sie zu weit: dass ihre Müdigkeit sich zuletzt noch auf Schnee schlafen legen muss.

          Aus jeder ihrer Klagen tönt Rache, in jedem ihrer Lobsprüche ist ein Wehethun; und Richter-sein scheint ihnen Seligkeit.

          Also aber rathe ich euch, meine Freunde: misstraut Allen, in welchen der Trieb, zu strafen, mächtig ist!

          Das ist Volk schlechter Art und Abkunft; aus ihren Gesichtern blickt der Henker und der Spürhund.

          Misstraut allen Denen, die viel von ihrer Gerechtigkeit reden! Wahrlich, ihren Seelen fehlt es nicht nur an Honig.

          Und wenn sie sich selber „die Guten und Gerechten“ nennen, so vergesst nicht, dass ihnen zum Pharisäer Nichts fehlt als – Macht!

          Meine Freunde, ich will nicht vermischt und verwechselt werden.

          Es giebt Solche, die predigen meine Lehre vom Leben: und zugleich sind sie Prediger der Gleichheit und Taranteln.

          Dass sie dem Leben zu Willen reden, ob sie gleich in ihrer Höhle sitzen, diese Gift-Spinnen, und abgekehrt vom Leben: das macht, sie wollen damit wehethun.

          Solchen wollen sie damit wehethun, die jetzt die Macht haben: denn bei diesen ist noch die Predigt vom Tode am besten zu Hause.

          Wäre es anders, so würden die Taranteln anders lehren: und gerade sie waren ehemals die besten Welt-Verleumder und Ketzer-Brenner.

          Mit diesen Predigern der Gleichheit will ich nicht vermischt und verwechselt sein. Denn so redet mir die Gerechtigkeit: „die Menschen sind nicht gleich.“ *

          http://www.versalia.de/archiv/Nietzsche/Von_den_Taranteln.159.html

          Eine Gruppe Taranteln hat post-68 sehr erfolgreich den Marsch durch die Institutionen angetreten, besetzt die „Zentralganglien“ des westlichen Nervensystems (Universitäten, v.a. Geisteswissenschaften, Erziehungswesen, Medien) und kämpft von dort aus mit der angeblich höheren Gutmenschenmoral gegen „Rechts“, also gegen Biologismus und für die Schaffung des neuen Menschen, dessen Zustandekommen nur die bösen, weißen, mächtigen, heterosexuellen Männer mit ihren egoistischen Machtinteressen verhindern.

          Weshalb man die nach unten bringen muss, mit (fast) allen Mitteln, am beliebtesten ist hierbei die Beladung mit falscher Schuld, darum Herstory-Geschichtsklitterung, weiße Schuld (Colonial Studies), Diffamierung und Dämonisierung mittels politischer Zahlen (häusliche Gewalt, Beurteilungsbias bei vergleichbarem Verhalten, Verschweigen der Täterschaft und Schuld von Angehörigen der designierten Opfergruppen, die man als Bündnispartner für den Kampf gegen den weißen, heterosexuellen Mann braucht) und Umerziehung/Gehirnwäsche, vom Kindergarten an.

          In Wahrheit kämpfen diese Taranteln gegen die Realität, gegen die ungefällige Wahrheit und um ihren etablierten Platz an den reich gefüllten Futtertrögen.

          Soziologisch Nullitätenwissenschaftler.I.nnen verdienen ja nicht schlecht, stehen bestens im Futter, fressen die Steuertröge leer (Seit an Seit mit Bankstern).

          „Biologismus“ gefährdet die Deutungshoheit, die Macht, die Einkommen dieser Mandarinkaste, denn sie verdanken all das der GLAUBWÜRDIGKEIT ihrer Arkanlehre, ihrer „Sterndeuterei“, die empirisch nichts auf der Pfanne hat, siehe Bourdieus abründig-tiefgründige „tiefen Wurzeln“, die sich dem Licht seiner erleuchtenden Wissenschaft entziehen.

          Man muss halt dran glauben.

          An Hundezucht/Rennpferdezucht muss ich nicht glauben.

          Die Herren des Konsumkapitalismus haben ihrerseits entdeckt, dass diese Taranteln ganz nützlich sind beim Verfolg ganz eigener Ziele, denn auch die brauchen einen neuen Menschen, der herausgelöst ist aus allen nicht kommerziell verwertbaren Bezügen, der keine andere Loyalität kennt als die zur Firma, der keinen anderen Lebenssinn kennt als den Konsum, der zum ubiquitär einsetzbaren Legionär des Kapitalismus wird, morgen hier, übermorgen da, unbehindert durch Kinder und Familie, voll flexibel, der bereit ist, mit der gleichen Kühle seine Landsleute zu feuern und Fremde einzustellen, wenn’s nur dem Profit dient, der also frei ist von religöser Moral, asketischen Werten, ethnischen/patriotischen Solidaritäten, familiären Bindungen – alles nur Bremsklötze bei der umfassenden ökonomischen Verwertung des Menschen.

          All das hindert die Profitmaximierung und die Steigerung des Umsatzes.

          Dieses Bündnis aus Kapitalisten und Sozialisten schlägt die traditionelle Basis der westlichen Kultur zusammen, die jeweils andere Seite als nützliche Idioten der eigenen Sache betrachtend.

          Dass sie damit nur den Raum schaffen für die, die uns beerben werden (religiöse Fundamentalisten aus dem Süden oder aus dem eigenen Stall) bedenken sie nicht.

          Das ist der Verblendungszusammenhang, dem sie unterliegen, weil die einen geblendet sind vom Glanz des Goldes, die anderen von der Hoffnung auf den neuen Menschen und ihrer eingebildeten Gutheit, Bessermenschlichkeit.

          Es geht seinen Gang.

          Ein schöner Taranteltext neuesten Datums ist übrigens der hier.

          http://www.spiegel.de/thema/spon_helden_der_gegenwart/

          Die Dame hät sich sicher für eine linke Humanistin, leidet nur daran, dass sie immer noch nicht in der Chefetage des SPIEGEL sitzt, in die solche Geistesgrößen – ich gebe es zu – sehr wohl hineinpassten.

          Ach ja, das meiste Geld wird zwar von Männern verdient, aber von Frauen ausgegeben.

          Wer hat also die Macht im Konsumkapitalismus?

          Ist da die Devise „Nichts Gutes über Männer, nichts Schlechtes über Frauen!“ nicht ganz einfache Verkaufslogik?

          Um die zahlreichen Minderwertigkeitsgefühle, unter denen das aus welchen Gründen auch immer besonders selbstbewußtseinsgehemmte weibliche Geschlecht zu „therapieren“, die „Schneeflöckchen“ zu empauern?

          Das erklärt die Flut der Lobhudelartikel auf der einen Seite und der Dämonisierungsartikel auf der anderen und ihren Erfolg recht gut.

          So.

          Jetzt gehe ich Tippse verprügeln, meine Schklavin, die sich meiner Führung überlässt, sich von mir führen lässt – genau dahin, wohin sie geführt werden will und keinen Millimeter weiter.

          Wehe ihr, wenn das Mittagessen angebrannt ist!

      • Weil es sich nicht in erster Linie um einen wissenschaftlichen Streit handelt, sondern um einen politischen. Beide Pole, sowohl die „Biologisten“ wie auch die „Sozialisationsverfechter“ (ich nenn sie jetzt mal so) verfolgen all zu oft vielmehr politische Ziele als dass sie die Wahrheit zu ergründen trachten. Kurz zusammengefasst: Es soll nicht etwas bewiesen, sondern etwas erreicht werden.

        • Das ist auch der Eindruck den ich bisher gewinnen konnte. Aber spätestens in der Erziehungsfrage, muss man doch zur Vernunft kommen können und wenigestens die andere Seite mit einbeziehen. Auch Poltiker sind ja Menschen und haben Kinder. Oder?

        • Aber spätestens in der Erziehungsfrage, muss man doch zur Vernunft kommen können und wenigestens die andere Seite mit einbeziehen. Auch Poltiker sind ja Menschen und haben Kinder. Oder?

          Das sollte so sein. Aber die Soziologie ist nun mal keine exakte Wissenschaft, was den Interpretationsspielraum enorm gross werden lässt. Die Art und Weise, wie die Ergebnisse sodann interpretiert werden, hängt wesentlich von den eigenen weltanschaulichen Überzeugungen ab.

          Eine etwas systemischere Betrachtung führt zur Einsicht, dass die Soziologie ein Feld beackert, das durch eine Unmenge an sich wechselseitig beeinflussenden (Rückkopplungsmechanismen) „Variablen“ gekennzeichnet ist, was exakte Vorhersagen unmöglich macht. Diese simple Einsicht wird hier andauernd ignoriert oder es wird auf Wahrscheinlichkeiten ausgewichen (Meister Roslins innig geliebte Glockenkurve), was aber die Frage nach Ursache und Wirkung stets offen lässt. Am Ende bleiben nur Listen mit statistisch ermittelten Unterschieden/Korrelationen, deren Kategorisierungen die weltanschaulichen Überzeugungen bereits enthalten.

          Den systemtheoretischen Ansatz in der Soziologie halte ich für den fruchtbarsten. Allerdings müssen ein paar recht starke Prämissen akzeptiert werden, insbesondere die Annahme, dass soziale Systeme tendenziell strukturerhaltend/strukturstabilisierend sind. Ich behaupte nicht, dass Geschlecht und Ethnie bedeutungslos sind, halte aber strukturelle und funktionale Analysen für viel zielführender als dass gesellschaftliche Verhältnisse als Ausdruck biologischer Dispositionen gedeutet werden.

  3. @ Christian

    *Warum muss eigentlich jeder sofort in das Geschlechterverältnis ein eindeutiges Machtverhältnis hineindeuten, wenn die Beziehung der Geschlechter untereinander von einer gegenseitigen Beeinflussung bestimmt ist?*

    Weil für habituelle Sozialisten Ungleichheit IMMER durch Machtverhältnisse erzeugt wird, nie natürwüchsig sein kann.

    Denn die Natur ist gut und rein, bringt nur Gleichheit hervor.

    Habituelle Sozialisten sind ja in der Regel auch Rousseauianer.

    Es ist der böse machtgeile (weiße, heterosexuelle) Mann, der die Reinheit der Natur, die Urgerechtigkeit der matriarchalen Gruppensexkommune, das naturgegebene Paradies der Gleichen und Freien mit seiner Machtgier/Besitzgier, mit seinem Egoismus beschmutzt und geschändet hat.

    Die Behauptungen, habitueller Sozialisten, sie seien keine Anhänger der Gleichmacherei sind oft so glaubwürdig wie die Behauptungen unserer Geschlechtersozialist.I.nnen, sie seien keine Männerhassere.I.nnen.

    Das Vertrackte: Viele habituelle Sozialisten glauben subjektiv tatsächlich daran, lügen nicht.

    Aber an ihren Früchten/Taten kann man sie erkennen.

    Wie übrigens die falschen Christen auch.

    • „Wie übrigens die falschen Christen auch.“

      Was sind denn „falsche Christen“ und wie unterscheiden sie sich von „echten Christen“ und was sind di eMaßstäbe für die Unterscheidung?

      • hi adrian

        die bibel unterscheidet falsche und echte indem sie andere wörter benutzt. echte christen werden z.b. ‚kinder gottes‘ genant oder ‚wiedergeboren‘ religiös können beide sein.

        ‚falsche christen‘ werden sich irgendwann vom glauben abwenden.
        wiedergeboren christen wird nichts von gott trennen.
        als bsp ist da die islamische welt zu nennen wenn du im iran zum christentum konvertierst ist das quasi ein todesurteil. es ist verboten islam ‚abzulegen‘. wenn du dann in der todeszelle sitzt und dir angeboten wird doch wieder zum islam zurückzukehren entscheidet sich welche sorte christ du bist

        als maßstab kannst du immer gottes wort nehmen.
        wenn jemand behauptet das islam und christentum einen gemeinsamen gott haben, dann kannst du davon ausgehen das da was nicht stimmt.
        im islam ist christus lediglich ein prophet ohne weitere bedeutung. christen gibt es nur weil jesus am kreuz für unsere sünden gestorben und nach 3 tagen wieder auferstanden ist.

        allgemein ist das aber so eine sache anderen menschen den glauben abzusprechen. ich habe schon öfters vermeintliche fakten umgeworfen und neue aufgestellt nur um die dann wieder in frage zu stellen. das ist ein zentraler aspekt im glauben. das macht ein absolutes urteil schwer….

        die bibel geht in form von einem gleichnis auf deine frage ein. z.b.
        Mt 13 gleichniss vom sämann

        ( http://www.bibleserver.com/text/LUT/Matth%C3%A4us13 )

        Mt 13,25 das unkraut was da gemeint ist war früher ein echtes problem. es ist kaum vom getreide zu unterscheiden erst wenn ausreift. das unktraut ist gifitg mir fällt der name aber im moment nicht ein

  4. Betrachten wir die ganze Sache doch mal streng soziologisch:

    – Männer leben kürzer
    – Männer arbeiten mehr
    – Männer arbeiten gefährlicher
    – Männer leben ungesünder
    – Männer begehen öfter Verbrechen
    – Männer werden ofter Opfer von Verbrechen
    – Männer sind öfter obdachlos

    Et voila, der Mann ist gesellschaftlich benachteiligt. Beweisführung abgeschlossen.

  5. „Habitus wird insofern auch immer einen biologische Komponente haben, weil Statusverhalten und Auftreten auf biologischen Grundlagen beruhen und zwar verschieden kulturell ausgeprägt sein können,“

    Dem muss ich widersprechen. Bourdieu war Soziologe und Anthropologe. Für ihn ist der Habitus etwas ERLERNTES, nichts, was man in die Wiege gelegt bekommt. Nur deshalb kann er den Begriff des Habitus zur Grundlage einer Theorie machen, die SOZIALE UNGLEICHHEIT zum Gegenstand hat.

  6. Pingback: Soziale Rollen « Alles Evolution

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  8. Pingback: “Genderforschung ist wirklich eine Antiwissenschaft” | Alles Evolution

  9. ich würde bevor ich einen Artikel verfasse, der eine so komplexe Theorie streng vereinfacht darstellt, mich mehr mit Sekundärliteratur befassen. Es scheint mir, als hätten sie sich halbherzig mit Bourdieus Konzepten auseinandergesetzt. Man kann sicher einige Konzepte von Bourdieu attackieren(argumentativ), aber die Art und Weise wie Sie umgehen mit diesen Konzepten ist viel zu einfach, zu reduktionistisch und mir scheint es, dass sie zentrale Konzepte einfach nicht verstanden haben.

    Zitat

    Dabei gibt es eine viel einfachere Erklärung: Frauen sind einverstanden und es gibt keine geheimnisvolle Unterdrückung. Das Rätsel löst sich auf, wenn man berücksichtigt, dass Frauen anders sind als Männer und – natürlich nur im Schnitt – anderes wollen als Männer.

    Bitte erklären Sie mir warum die einfachere Erklärung eine bessere sein soll? Wenn Wissenschaftler immer die einfachere Erklärung akzeptieren, ist Fortschritt nicht möglich.

  10. Pingback: Strukturelle Diskriminierung | Alles Evolution

  11. Ach ihr seid so putzig! Soziologen sind Soziologen und keine Sozialisten. Und die Arbeitsteilung hat mal gar nix mit Biologie zu tun, die gibt es in der heutigen Form erst seit es den Kapitalismus gibt. Hört auf zu fantasieren und beschäftigt euch mit Geschichte. Gruß

    • Jain, in ihrer Schärfe ist die Arbeitsteilung seit der Protoindustrialisierung tatsächlich eine sehr neue Entwicklung. Davor waren die Arbeits- und Lebenswelt der Menschen nicht so strikt getrennt. Frauen und Männer arbeiteten auf dem gemeinsamen Hof, sie und die Kinder häufig in Verlagswirtschaft, die Männer (mit familienfremden Gesellen zB.) auf dem Feld oder in der Werkstatt.

      Aber der Dreiklang von

      Verlagswirtschaft – Manufaktur hin zu Fabriken

      mit seiner immer stärkeren Aufspaltung von Häuslicher und Exosphäre ist schon so zu konstatieren. Man könnte sagen diese Arbeitsteilung ist eine wirtschaftsliche Überformung biologischer Anlagen.

      Falsch ist es demnach diese ohne biologische Grundlage zu betrachten. Richtig ist, dass die heute zu beobachtende strikte Arbeitsteilung etwas ist, was mit dem deutschen Kameralismus bzw. dem französisch-englischen Merkantilismus anfing. Mitihin könnte man das Frühkapitalismus nennen.

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