Christine Bauer-Jelinek zu Karriere, Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts und dem Geschlechterkampf an sich

Christine Bauer-Jelinek hat ein Interview in der FAZ, indem sie einiges Interessantes sagt:

Hauptsächlich sehe ich, dass in der öffentlichen Debatte die Unterschiede der Geschlechter völlig verzerrt geschildert und bewertet werden. Die Frauen scheinen durch die Bank die besseren Eigenschaften zu haben. Man stellt uns als die besseren Menschen dar. (…) Denn die Klischees sind allgegenwärtig: Männer sind nur auf Zerstörung und Aggression aus, heißt es, sie sind Diktatoren und Technokraten, sie sind schuld an der Finanzkrise und der Euro-Krise. Frauen dagegen sind sozial, sensibel, empathisch, kommunikativ, fleißig, verantwortungsvoll, bescheiden – ich könnte die Liste ewig fortsetzen. Kurz: Sie sind die besseren Chefs und die besseren Menschen.

Das ist denke ich nur teilweise richtig. Es ist richtig, dass diese Haltung sehr häufig zu hören ist, aber im Gegenzug gibt es in anderen Bereichen sicherlich auch noch viel „Das können Männer besser“. Es gibt sicherlich immer noch Misstrauen gegenüber Frauen für bestimmte Positionen und im technischen Bereichen. Allerdings hat das den Nachteil, dass es eben bereits einer Ächtung unterliegt. Ein Politiker kann sich nicht mehr erlauben es zu sagen, hingegen darf er durchaus Lobgesänge auf Frauen der oben genannten Art halten ohne damit politisch unkorrekt zu sein.

Ja, im Beruf wird der Mann zum Feind stilisiert, den es zu bezwingen gilt. In meinen Coachings bin ich oft verblüfft, mit welcher Verachtung und welchem Zorn Frauen über Männer sprechen. Keinen Fehler können sie machen, der nicht „typisch Mann“ ist. Daheim wird der Mann zum Depp degradiert, er wird regelrecht unterdrückt: Hobbykeller müssen dem Familienzimmer weichen, die Sportschau ist tabu, es gibt keine männlichen Rückzugsräume mehr. Die Frau sucht die Möbel aus, und der Mann darf sie nur noch hereinschleppen. Und wenn er vor Frust verstummt, dann bohrt sie: „Woran denkst du? Sprich zu mir!“

Es ist – aber das mag der Kürze des Interviews geschuldet sein – ei etwas schlicht und insbesondere zu essentialistisch gemaltes Bild der Zustände. Richtig ist, dass einige Frauen so verfahren und in vielen Beziehungen Frauen wesentlich mehr Macht und Gestaltungsraum haben als der Genderfeminismus das landläufig zugeben will. Aber nicht alle Frauen unterdrücken ihre Männer, genau so wenig wie alle Männer ihre Frauen unterdrücken. Häufig liegt es in solchen Beziehungen dann eben auch am Mann selbst: Wenn ihm die Möbel egal sind und er lieber dort klein beigibt als seine Vorstellungen mit seiner Frau zu diskutieren, dann ist das erst einmal sein Problem. Im Job mag es etwas anderes sein. Dort halte ich ein Feindbild Mann, wenn es denn bei einigen Frauen so besteht, nicht für einen guten Weg, weil es im Endeffekt eine Verantwortungsverschiebung ist mit der die jeweilige Frau es sich zu einfach macht. Sie muss ja schließlich mit ihren Kollegen auskommen, wenn sie weiter kommen will.

Und zu Frauen in Führungspositionen und dem Einwand, dass Männer eher unter sich sein wollen:

Die Veränderung bedeutet vor allem den Siegeszug der political correctness: Jeder kleine Scherz auf Kosten der sakrosankten Frauen wird bestraft. Aber auch meine Coaching-Erfahrungen sprechen gegen Ihre These. Die Männer sind neugierig und offen für Frauen. Wie lassen sich sonst die Frauenförderprogramme erklären? Warum werden Frauen allerorten gepäppelt und bevorzugt, wenn man sie nicht an der Spitze sehen will?

Hier spielt meiner Meinung nach rein, dass ein gewisses Frotzeln und ein Scherz auf Kosten des Anderen bei Männern ein Spiel innerhalb der intrasexuellen Konkurrenz ist, dass nicht unbedingt feindselig sein muss, sondern auch eine gewisse Nähe erzeugen kann. Es geht insofern darum, dass man deutlich macht, dass man so vertraut ist, dass man sich diese Scherze erlauben kann, dass sie nicht als Angriff verstanden werden. Es sind insofern „Costly Signals“ die Signalisieren, dass man dem anderen genug vertraut, dass er daraus keine Fehlschlüsse herleitet und es als Angriff überbewertet. Was auch gleich deutlich macht, warum es so fatal sein kann sich wegen dieser Sprüche aufzuregen.

Natürlich können es innerhalb dieses Spiels auch Tests oder tatsächliche Provokationen sein, was dann ernster zu nehmen ist. Dann allerdings hängt es ebenfalls damit zusammen, wie man sie behandelt: Auch auf dem Schulhof hat der wenig Respekt verdient, der bei einem Streit zur Lehrerin ging und den anderen anschwärzte. Insofern eine schwierige Lage: Wer zu heftig reagiert, verliert Status, wer zu viele Spitzen gegen sich ergehen lässt ebenfalls. Männer sind dieses Spiel vielleicht einfach gewohnter.

Und zu den gläsernen Decken:

Sie finden also, es gibt keine gläserne Decke?

Doch, ich würde sogar sagen, die Top-Manager bunkern sich hinter massiven Mauern ein. Aber diese Mauern sollen Konkurrenten aller Art fernhalten, nicht nur Frauen. Es ist ein Irrtum, dass Männer nur mit Männern solidarisch sind und sich die Frauen deshalb gegen sie verschwören müssten. Das ist einer der größten Trugschlüsse der Frauenbewegung.

Das ist ein Aspekt, der gerne Übersehen wird: Männer sind nicht ein einiges Netzwerk, aus dem die Frauen ferngehalten werden. Sie stehen alle ebenfalls in Konkurrenz untereinander und kämpfen dort um den Aufstieg nach oben. Wenn ein Bündnis mit einer Frau ihnen mehr bringt als ein Bündnis mit Männern oder sie andere Vorteile davon haben, Frauen zu unterstützten (zB politisch korrekter erscheinen oder einen als gefährlich eingeschätzten Mann ausbremsen, indem man eine weniger gefährliche Frau mit Frauenförderung nach oben bringt) dann werden sie das machen.

Und zu Veränderungen durch Frauen:

Könnte eine gesunde Mischung von Führungsfrauen und -männern die Spielregeln gemeinsam in Richtung von mehr Chancengleichheit verändern?

Das ist eine Illusion. In der Wirtschaft kommt nach oben, von wem sich ein Unternehmen Gewinne verspricht. Sie werden nicht Vorstand, wenn Sie signalisieren, Sie wollen eine menschliche Arbeitswelt schaffen und alles schön sozial machen. Wer Macht will, muss dem System dienen – ganz unabhängig von der Geschlechterfrage.

Klingt ganz schön düster.

Ich kenne einfach zu viele erfolgreiche Frauen, die sich ganz locker mit diesem harten System arrangieren, davon massiv profitieren und es sogar vorantreiben. Diese Frauen sind nicht besser als Männer – sie sind die besseren Männer!

Haben Sie dafür Beispiele?

Hat Margaret Thatcher ein soziales Großbritannien geschaffen? Zeigt IWF-Chefin Christine Lagarde Mitgefühl mit der wirtschaftlichen Not der Griechen? Macht Angela Merkel Anstalten, die EU zu einer Wertegemeinschaft zu entwickeln? Dreimal nein. Diese Frauen machen nichts anders, als Männer es gemacht hätten.

Es ist schon lustig, dass die Interviewerin es als düster empfindet, dass Unternehmen Geld verdienen wollen und Leute nach oben bringen, die dafür sorgen, dass sie das machen. Soziale Maßnahmen müssen insoweit in Geld auszudrücken sein: Zufriedenere Arbeiter, Anwerben von besseren Kräften, besseres Image, dass alles können Erfolge sein, die sich niederschlagen. Aber die sind eben nicht einfach nur typisch weiblich.

Und zur Hausarbeit:

Frauen mögen sich die Berufswelt erarbeitet haben, aber Männer nicht die Haushalte.

Kein Wunder: Es ist den Frauen gelungen, durch ihr Streben in den Beruf das Ansehen dieser Aufgaben so massiv abzuwerten, dass niemand sie mehr machen will. Wir haben gepredigt: „Daheim verblöde ich, Kindererziehung reicht nicht.“ Kein Wunder, dass kein Mann daheim bleiben will. Man erobert nur etwas, das verteidigt wird

Also bitte, wer hatte jemals Lust auf Hausarbeit? Kindererziehung ist noch eine andere Sache. Jedenfalls gewährt der Beruf finanzielle Unabhängigkeit.

Ach was, die Frau wechselt nur die Abhängigkeit – vom Ehemann zum Arbeitgeber. Und wollen Sie stattdessen die Männer in die Abhängigkeit der Ehefrau schicken? Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich will Frauen nicht am Herd sehen. Mich wurmt es, dass heute einfach niemand mehr am Herd stehen will, niemand gern die Kinder erzieht und die Alten pflegt. Die Gesellschaft sollte Männern und Frauen helfen, auch die schönen Seiten dieser Aufgabe zu genießen.

Es ist etwas wahres daran: Für Männer lohnt es sich nicht unbedingt Hausmann zu werden, wenn dieser Job als schlecht gilt. Man kann ihn nicht als gut für Männer darstellen und andererseits die Unterdrückung der Frau aus ihm ableiten. Hinzu kommen noch die speziellen Männerprobleme in diesem Bereich: Geringer Status, geringes Geld, geringe Nachfrage nach Männern mit wenig Status und wenig Geld.

Und zum Ton in der Geschlechterdebatte:

Wie erklären Sie es sich, dass jedes Jahr mindestens ein Buch erscheint, in dem eine Frau anderen Frauen vorwirft, zu lahm, zu machtgeil, zu doof oder zu lieb zu sein?

Ich habe die Frauen nur so offen kritisiert, wie die Männer längst kritisiert werden. Aber ich fürchte, Sie müssen sich von zwei Illusionen verabschieden: Frauen sind nicht nur sehr unterschiedlich, sie sind unsolidarisch. Warten Sie ab, wenn erst viele Frauen um Spitzenpositionen konkurrieren. Ich fürchte, dann geht der Kampf erst richtig los.

Ich glaube auch nicht an eine zu starke Geschlechtersolidarität, weder bei Männern, noch bei Frauen. Beide Geschlechter bestehen nun einmal zwangsläufig aus Einzelwesen, die sich, wenn sie in einer Konkurrenzsituation stehen, an ihren eigenen Interessen orientieren. Wenn die eine Frau meint, dass ihr ein Mann als Verbündeter besser passt oder sie mehr fördert, dann werden sie eben ihr möglichstes tun, um die andere Frau aus dem Rennen zu werfen. Ebenso werden es die Männer machen