Ein feministischer Streitpunkt ist die Annahme des Namens des Mannes bei der Hochzeit. Es wird in gewisser Weise immer noch als unemanzipiert gesehen, quasi als Besitzmarkierung des Mannes, die antiquiert ist.
Dazu ein paar Überlegungen:
1. Das Vorname – Nachname System
Das Vorname – Nachname System hat sich insoweit in vielen Gesellschaften durchgesetzt. Es hat auch viele direkte Vorteile, die zu seiner geschichtlichen Verbreitung beigetragen haben. Der Nachnahme signalisiert zunächst erst einmal eine Zugehörigkeit zu einer gewissen Gruppe und Familie, liefert also Abstammungsinformationen, die wichtige Indizien bringen können, denn die eigenen Gene setzen sich aus den Genen der Verwandten zusammen, so dass in der Kenntnis von Verwandtschaft Information über gewisse Wahrscheinlichkeiten, nach denen vielleicht gute oder schlechte Eigenschaften vererbt wurden, enthalten sind. Die Verwandtschaft zu erfahren ist also eine interessante Information und insoweit auch ein Costly Signal, welches wir aufgrund der relativ sicheren Vaterschaft beim Menschen und der Paarbindung sowie der Entwicklung von Sprache nutzen können. Wer aus gutem Hause kommt gewinnt an Bedeutung, wer aus schlechten Hause kommt verliert zwar, kann aber auch nichts dagegen machen, was letztendlich die Eigenschaft eines Costly Signals ist.
2. Warum gerade den Nachnamen des Mannes annehmen?
Ich würde hier die folgenden Gründe sehen:
- zum einen hat die Tradition sicherlich einen patriarchischen Hintergrund. Frauen galten über lange Zeit als Besitz des Mannes und über den Namenswechsel gingen sie aus der Verantwortung des Vaters in die Verantwortung des Ehemannes über. Es markierte insofern schon einen Besitz und diente innerhalb der intrasexuellen Konkurrenz unter Männern auch als entsprechende Abschreckung.
- beim Menschen verliess nach archäologischen befunden eher die Frau ihre Familie (virilokal), Die Frau dann der bereits vorhandenen Familie zuzuordnen erleichert sicherlich ein In-Grouping
- Die Zuordnung zum Mann betont die Zusammengehörigkeit und seine Verantwortung für Kinder und Familie.
- Ruhm und Status ist für Männer ein klassisches Attraktivitätsmerkmal. Die Beeibehaltung seines Names erlaubt eine kontinuierlichere Betrachtung dieses Mannes und ist insofern für ihn und Leute, die ihn bewerten wollen, wichtiger.
- Männerbeziehungen sind häufiger auf eine große Gruppe ausgerichtet, Frauenbeziehungen eher persönlicher. In einer großen Gruppe sind Zugehörigkeiten wichtiger und es ist bedeutsamer solche Informationen zu erlangen als in persönlicheren Beziehungen, die eher auch nur über einen Vornahmen laufen können.
Natürlich kann man Gesellschaften so gestalten, dass diese Vorteile nicht zum Tragen kommen. In einem Matriarchat beispielsweise können viele dieser Vorteile wegfallen und eine Zuordnung zur Mutter wichtiger werden. Es gibt jedoch wiederum Gründe dafür, dass sich solche Matriarchate nicht stark verbreitet haben, sie sind in der Regel nicht konkurrenzfähig und können damit nur in vergleichsweise abgelegenen Gegenden existieren.
3. Warum heute noch den Namen des Mannes annehmen?
Der naheliegenste Grund ist natürlich die Tradition.
Meiner Meinung nach wird diese allerdings noch durch zusätzliche Umstände verstärkt, der mit Attraktivität zu tun hat.
Wenn eine gewisse Dominanz und ein männliches Auftreten als sexy wahrgenommen werden, dann stellt die symbolische Unterordnung unter den neuen Namen der Frau erst einmal etwas dar, was unsexy ist. Dies wird auch so kommuniziert. Mit dem Behalten ihres Namens macht damit die Frau indirekt ihre eigene Männerwahl (zumindest für die Frauen, die klassische Attraktivitäsmerkmale gut finden) schlechter und damit auch sich selbst. Ich denke, dass Frauen ihren Männern und sich selbst diesen Statusabzug gerne ersparen.
Natürlich könnte man das kulturell ändern, indem der Statusabzug abgebaut wird oder ein Zufallsprinzip ausgewählt wird. Solange aber mit der Namensannahme durch den Mann verbunden wird,dass dieser weniger Status hat, wird es dabei bleiben, dass Frauen auch eher den Namen des Mannes annehmen.
Wenn man auf diese Theorie abstellt, dann wäre es ein Beispiel dafür, wie Attraktivitätsmerkmale sich über die Paarbindung auf das Verhalten auswirken. Dabei muss die Frau gar nicht mal tatsächlich diejenige sein, die Entscheidungen ihrem Mann überlässt oder sich in der Beziehung unterordnet. Sie möchte nur ein bestimmtes Bild wahren, dass sie – ebenfalls aufgrund der Tradition, auf die sie sich berufen kann – nichts kostet.