Hauptwiderspruch, Nebenwiderspruch und Feminismus

In Teilen des Feminismus ist die Auffassung verbreitet, dass die Welt als ganzes besser wird, wenn endlich das Patriarchat / die hegemoniale Männlichkeit / die Phallokratie beseitigt worden ist. Alle anderen Probleme, auch solche, die Männer betreffen, hängen letztendlich eben an diesem Umstand, was es stark in die Nähe der Theorien von Hauptwiderspruch und Nebenwiderspruch rückt, wenn ich das richtig verstehe:

Das Begriffspaar Hauptwiderspruch und Nebenwiderspruch wurde von Vertretern und Strömungen des Marxismus geprägt. Die marxistische Theorie hat mehrere Widersprüche herausgearbeitet (z. B. Lohnarbeit und Kapital). Diese stehen allerdings nicht unabhängig, sondern ein Widerspruch kann durch einen anderen bestimmt oder bedingt sein. Erster würde dann Neben- letzterer Hauptwiderspruch heißen. Wie schon bei Hegel, wird dabei nicht zwischen „Widerspruch“ (vergleiche den Satz vom Widerspruch) und „Gegensatz“ unterschieden, sondern beide Begriffe auswechselbar gebraucht.

Deswegen ist die Beseitigung des Patriarchats / der hegemonialen Männlichkeit / der Phallokratie das vordringlichste Ziel, weil es alle anderen Schwierigkeiten beseitigt. Wenn einige Feministen davon sprechen, dass der Feminismus letztendlich die Befreiung aller will, indem das Patriarchat etc bekämpft wird, dann steckt denke ich zu einem gewissen Teil diese Annahme der Bedingtheit dahinter.

In der Wikipedia steht auch etwas zu der Diskussion dazu:

Patriarchat und Kapitalismus

Ein Zusammenhang zwischen dem Kapitalismus und den Geschlechterverhältnissen wurde innerhalb des Feminismus diskutiert, und zwar ob die Unterdrückung und Benachteiligung der Frauen ein „Nebeneffekt“ (Nebenwiderspruch) oder eine notwendige Voraussetzung des Kapitalismus seien. Sozialistische und marxistische Feministinnen betrachten die Frauenunterdrückung als immanentes Element des Kapitalismus. Sie beziehen neben der Produktions- auch die Reproduktionssphäre geschlechtliche Arbeitsteilung in ihre Analysen mit ein. Nach Frigga Haug gehe es um eine „Kritik der Produktionsweise des Kapitalismus, die auf Frauenunterdrückung in Form der Aneignung unentlohnter Arbeit basiert und des Fraueneinsatzes in geschlechtstypischer Arbeitsteilung bedarf.“ (zitiert nach Carstensen u.a.: S.3) Von feministischer Seite wurde kritisiert, dass die Unterdrückung der Frau zu einem Nebenwiderspruch der Produktion degradiert würde.

Hier sieht man meiner Meinung nach auch wieder, dass eifrig um die beste Opferposition gekämpft wird und es jedem wichtig ist, dass seine Position diejenige ist, die am bedeutsamsten ist und für die daher am meisten gekämpft werden muss. Wer darlegen kann, dass seine Position den Hauptwiderspruch betrifft, der sagt damit gleichzeitig, dass alle anderen Probleme verschwinden, wenn man nur genug für seine Sache kämpft – keine schlechte Position.

Wie so etwas aussieht, dass sieht man hier:

Da der Forschung- und Arbeitszusammenhang vieler Frauenforscherinnen in den 1970er und 1980er Jahren marxistisch und sozialistisch geprägt war, war es nahe liegend, dass sie zunächst vor allem die Verschränkung von Kapitalismus und Patriarchat 3 analysierten. Die zentrale Frage lautet dabei, welcher Ausbeutungsmechanismus der zentrale ist, d.h. ob Frauenunterdrückung nur ein Nebeneffekt oder die notwendige Voraussetzung des Kapitalismus ist. Sozialistische und marxistische Feministinnen 4 gehen davon aus, dass Geschlechteregalität im Kapitalismus nicht möglich ist. Die Unterdrückung von Frauen wird als grundlegendes Merkmal des Kapitalismus betrachtet. Kapitalismus und Patriarchat müssen notwendigerweise ko-existieren und stützen sich gegenseitig. An marxistischen Theorien wird kritisiert, dass Fragen der Produktion zu stark im Vordergrund stehen und die Unterdrückung von Frauen zum so genannten Nebenwiderspruch ‚verharmlost’ wird. Feministische Perspektiven auf die marxistische Theorie beziehen dagegen neben der Produktions- auch die Reproduktionssphäre sowie die geschlechtliche Arbeitsteilung in ihre Analysen mit ein. Marxistische Begriffe, insbesondere der Arbeitsbegriff, werden neu gedacht, um die Rolle von Frauen in der Reproduktion zu begreifen. 5 Dabei geht es nach Frigga Haug um eine „Kritik der Produktionsweise des Kapitalismus, die auf Frauenunterdrückung in Form der Aneignung unentlohnter Arbeit basiert und des Fraueneinsatzes in geschlechtstypischer Arbeitsteilung bedarf; dies um eine Gesellschaft zu reproduzieren, die sich einer Produktionsweise nach Profitlogik verschrieben hat, in der praktisch die Wiederherstellung der Gattung ebenso wenig vorgesehen ist wie diejenige der sonstigen Naturressourcen“ (Haug 2004: 49). Auch Ursula Beer (1991) geht davon aus, dass es ohne die Existenz von Geschlechtern kein Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital geben kann. Patriarchale Strukturen greifen deshalb so gut, weil sie ökonomisch und privat verankert sind. Das Grundprinzip kapitalistischer Gesellschaften folgt einer geschlechtshierarchischen Logik: Frauen sind für reproduktive, d.h. gebä- rende, versorgende, sorgende und emotionale Arbeiten zuständig und Männer für produktive. Dies spiegelt sich nicht nur in der Zuständigkeit der Frauen für Haus- und Sorgearbeit und der Männer für bezahlte Arbeit, sondern auch innerhalb der Lohnarbeit: So sind für erwerbstätige Frauen diejenigen Tätigkeiten vorgesehen, die reproduktiv sind: Krankenschwester, Lehrerin, Kindergärtnerin etc. Die Individuen sind dem Lohnarbeitsverhältnis damit immer als Frauen oder Männer unterworfen, nie nur als ‚geschlechtsneutrale’ Lohnabhängige. Lohnarbeiterinnen sind damit in doppelter Weise ausgebeutet und ohnmächtig, zum einen als Lohnabhängige und zum anderen aufgrund ihres Geschlecht

Meiner Meinung nach ist das falsch: Arbeitsteilung erlaubt Spezialisierung und damit eine höhere Produktivität. Die geschlechtsspezifische Aufteilung entspricht dabei eher bei dem Schnitt der Geschlechter vorhandener Vorlieben und Fähigkeitsausprügungen als einem Plan zur Unterdrückung.