„Liebe Feministinnen, es grüßt die Realität“

Mir kommt es so vor als würde mit zunehmenden Gewicht des radikalen Feminismus in der Netzwelt, sichtbar beispielsweise am Wandel in der Mädchenmannschaft, auch einiges mehr an Kritik laut werden.

Hier ist wieder jemand am schimpfen:

Ich habe keinen Bock, jedes Scheiß-Nomen durchzugendern. Ich habe keinen Bock, bei jeder Äußerung fünf mal nachzudenken, wen ich damit jetzt wenn er-sie-es einen schlechten Tag hat gefühlt diskriminieren könnte, es kotzt mich an, dass Männer/Nichtfeministen/Andersdenkende (jaaaaahaaaa, ich setzt mich grad mit Wonne in die Nesseln) belehrt, bevormundet und rund gemacht werden. Ich finde es ätzend, dass das Weibsvolk statt sich in Solidarität und schlüssiger Argumentation zu üben (und ja, ich denke, das sollte auch Männer und alles dazwischen mit einbeziehen) sich über die “reine Lehre” streitet, sich gegenseitig vorhält, wer wie viel und vor allem viel viel mehr/ härter/ erfolgreicher/ erfolgloser/ geradliniger/ politisch korrekter arbeitet, missioniert, reproduziert oder erzieht. Dabei werden fröhlich Randgruppen ausgegrenzt, Stereotypen abgearbeitet und Energien sinnlos verpulvert, die weissgott anderweitig sinnvoller eingesetzt wären.

Hier geht es also sowohl um den arroganten Ton, der oft innerhalb des Feminismus herrscht gegenüber „Andersdenkende“ als auch um die ewigen Grabenkämpfe wer nun korrekter ist und damit IDPOL besser umsetzt bzw. die Unterdrückungsolympiade gewinnt. Der Feminismus braucht eigentlich Gegner nur am Rande, er ist wunderbar in der Lage sich selbst zu zerfleischen. Momentan ist es gerade der Rassismusvorwurf, der quasi zu einer Lähmung führt, weil man vor lauter Awarnessteams und politischer Korrektheit die Gleichberechtigung komplett aus den Augen verloren hat.

Da stellt also einer so nen Beton-Mensch-ärger-dich-nicht in seinen Eingang. Geht halt woanders hin. Gibts keine Cafés in Berlin mehr? Da war auf dem Slutwalk irgendwas mit *politischkorrekt* People of Color und es gibt ein Riesengeschrei, dass das plötzlich ne rassistische Veranstaltung sein könnte und ausserdem ja kein safe-space wäre und es die Veranstalter/Initiatoren nicht geschafft und sich auch nicht ausreichend bemüht hätten, dafür zu sorgen, dass es einer wird. Hab ihr das selbst schon mal gemacht? So `ne Veranstaltung? Und dafür gesorgt, dass jede/r Anwesende sich uneingeschränkt zu jedem Zeitpunkt sicher gefühlt hat und in seiner Gesamtpersönlichkeit gewürdigt und bei allen Eventualitäten sein uneingeschränktes Wohlbefinden gewährleistet war?

Nein? Wundert mich nicht. Ist nämlich utopisch. Geht nicht. Es grüßt die Realität.

Realität? Welch seltener Aufruf innerhalb des Feminismus mir dies zu sein scheint. Aber sehr berechtigt. Die Auffassung, dass man etwas absolut kritiklos gestalten könnte ist in der Tat naiv und das immer feinere Untergliedern der Benachteiligungen und das Empören über kleinste subjektive Grenzüberschreitungen führt garantiert nicht zu einer besseren Welt, sondern nur dazu, dass sich die verschiedenen Gruppen hin auf Verletzungen belauern und sich gegenseitig beschimpfen, dass die jeweiligen Grenzen nicht eingehalten werden.

Wie also soll man sich entwickeln?:

Anyone sich mal überlegt, dass Dinge die gut gemacht werden sollen auch Spaß machen müssen? So macht Feminismus, Frauenarbeit, Engagement für Weiberkram keinen Spaß. Gestreite, Rechthaberei und Selbstdarstellung. Und zwar auf Kosten anderer. Auf Kosten derer, für die ihr eigentlich sprechen und arbeiten wollt: andere Frauen.

Nehmt doch mal bitte die Stöcke aus dem Arsch. Fasst euch mal an den Händen und seid nett zueinander

Ein nobler Aufruf. Wird aber nicht klappen, denn IDPOL ist wie eine Droge und verstärkt sich selbst.

Ein wenig mehr Nettigkeit und Sachlichkeit wäre aber in der Tat nett.