Eigentlich ja eine der Hauptfragen dieses Blogs: Wie spielen Biologie und Gesellschaft bei den Unterschieden zwischen Mann und Frau zusammen?
Meiner Meinung nach bildet häufig die Biologie die Grundlage und wird dann von der Kultur/ den gesellschaftlichen Normen ausgestaltet.
Nehmen wir Körperkraft. Aufgrund der anabolen Wirkung von Testosteron bauen Männer wesentlich schneller Muskeln auf und sind in der Regel stärker als Frauen. Dies kann dazu führen, dass gerade sehr kraftmuskelintensive Arbeit auf Männer verlagert wird. Wieviel dieser Arbeit auf Männer verlagert wird ist aber natürlich auch eine Frage der Gesellschaft. In der heutigen Zeit haben wir sehr viele Bürojobs, die keinerlei Körperkraft erfordern und mit denen man sein Brot verdienen kann. Eine Übernahme von Jobs, die reine Körperkraft erfordern, durch Frauen wird daher seltener erfolgen. Dies mag in einer Zeit, in der eine Familie irgendwie ein Pfeld pflügen muss oder in der Wassermassen für die Hausarbeit transportiert werden müssen, wieder ganz anders sein. Um so mehr Freiheit hier für die Frauen besteht Arbeiten, die eine höhere Körperkraft erfordern, nicht auszuüben, um so eher werden sie diese wahrnehmen.
Ein anderes Beispiel wäre Kleidung. Geht man davon aus, dass es biologisch abgespeicherte Attraktivitätsmerkmale gibt und eines davon ist, dass Frauen Männer mit einem hohen sozialen Status attraktiv finden, dann bietet es sich an über die Kleidung diesen hohen Status wiederzugeben. Welche Kleidungsform dabei Status wiedergibt ist natürlich in einem überaus hohen Maße kulturabhängig und es hängt um so komplexer die Gesellschaft wird um so eher von den jeweiligen Vorlieben der betreffenden Frau ab. Man kann mit einem recht schlichten schwarzen Anzug heute Status wiedergeben, wo man zu anderen Zeiten Spitzenschuhe, große Kragen, Seidenkleidung und lange Perücken brauchte. Was genau den Status transportiert kann insofern lediglich als abstrakte Regel formuliert sein, die dann ausgefüllt wird, etwa indem die Darstellung von Kleidung, die Ressourcen erfordert ein gemeinsamer Nenner ist. Ob die Umsetzung über teure Seide oder den Markenanzug verbunden mit einer teuren Markenuhr erfolgt ist dann für die jeweilige Zeit höchst relevant, hat aber dennoch die gleiche Grundlage.
Ein anderes Beispiel wäre intrasexuelle Konkurrenz unter Männern. In gewissen Zeiten mag dies erfordert haben, dass man sich mit schweren Waffen die Köpfe einschlägt. Heute trägt man solche Kämpfe im Sport oder über berufliche Erfolge und damit verbunden mehr Geld aus.
Zudem können gesellschaftliche Entwicklungen natürlich auch die Biologie beeinflussen, hierzu braucht es allerdings üblicherweise sehr lange Zeiträume. Weil wir gelernt haben, Feuer zu machen, konnten wir mehr Nährstoffe aus dem Essen erhalten und zudem auf ein weniger komplexes Verdauungssystem umstellen. Oder auf Geschlechter bezogen: Weil immer mehr Arbeitsteilung erfolgte, konnten sich Männer und Frauen auf bestimmte Tätigkeiten spezialisieren, was wieder mehr Arbeitsteilung ermöglichte, was wieder mehr biologische Spezialisierung ermöglichte.
Ein schönes Bild ist die Landschaft, auf der eine Stadt gebaut wird. Man kann viele verschiedene Städte auf einer Landschaft bauen, aber die Häuser werden sich eben an den Bergen und den Landschaftsverläufen orientieren müssen.
Biologie erzeugt viele von unseren Wünschen. Wie wir diese dann ausleben können und dürfen ist wieder Kultur. Männer beispielsweise wollen im Schnitt aufgrund der Wirkung von Testosteron und wohl auch entsprechender Gehirnveränderungen mehr Sex mit mehr verschiedenen Partnern als Frauen. Man kann dennoch ein System errichten, welches außerehelichen Sex ächtet oder man kann Prostituition erlauben oder verbieten. Den Sexualtrieb an sich wird man hierdurch nicht wesentlich ändern. Männer (und natürlich auch Frauen) werden versuchen solche Normen nach Möglichkeit zu umgehen, es wird dann eben heimlichen außerehelichen Sex und Untergrundsprostituition geben.
Diese Flexibilität macht es notwendig, die Prinzipien hinter der jeweiligen kulturellen Umsetzung zu verstehen. Wer diese nicht kennt, der mag annehmen, dass Spitzenkragen und schwarze Anzüge nichts miteinander gemein haben oder das die verschiedenen Umsetzungsformen intrasexueller Konkurrenz keinen Zusammenhang haben. Im wird der kulturelle Spielraum größer erscheinen als er ist.
Ein Beispiel dafür sind auch Kinderspielzeugsachen. Hier herrscht ja einiges an Streit, ob es so etwas wie Spielzeug für Jungs/Mädchen gibt. Auch da wird beispielsweise angeführt, dass Jungs und Mädchen gerne mit einem Ball spielen. Interessanter ist aber die Frage, wie sie mit diesem Ball spielen. Wenn die Mädchen ihn sich locker hin und herwerfen, die Jungen aber ein Spiel um gewinnen oder verlieren spielen, dann ist „mit einem Ball spielen“ nicht die relavante Kategorie, diese wird dann eher dadurch bestimmt, dass Jungs hier intrasexuellen Wettbewerb einüben, Mädchen nicht. Ähnliches gilt für Puppen vs. Aktionfiguren. Was gerade als Spielzeug gewählt und vorhanden ist, mag Kultur sein. Die Spielvarianten bei Jungs und Mädchen können sich dennoch unterscheiden, sie werden sich für das Spielzeug und die Art mit ihm zu spielen entscheiden, mit dem man die jeweiligen Vorlieben besser umsetzen kann.