Wie kann man intersexuelle genetische Selektionskonfikte zwischen den Geschlechtern lösen?

Männchen und Weibchen mögen zu einer Spezies gehören, auf der Ebene der Gene sind sie aber in gewisser Weise Konkurrenten.

Der Konflikt verläuft im Wesentlichen so:

Mutation und Selektion verläuft letztendlich auf der Ebene der Gene. Die Gene, die im Zusammenspiel mit anderen Genen die Fortpflanzungsvehikel bauen, die ihre Gene effektiv und dauerhaft weitergeben, reichern sich im Genpool an. Die Gene, denen das nicht gelingt, reichern sich nicht an und werden evtl sogar aussortiert.

Dabei gibt es keine Gruppenselektion und kein übergeordnetes Wohl der Art oder Fairness, sondern schlicht egoistische Gene, die nur scheinbar eine gewisse Fairness ausfweisen, wenn dies der beste Weg ist, in die nächsten Generationen zu gelangen. Dabei ist es zunächst erst einmal ungewiss, ob ein Gen die nächste Generation in dem Körper eines Weibchens oder dem Körper eines Männchens steckt. Spezialisiert es sich auf ein Geschlecht kann es besser abschneiden, wenn es in diesem steckt, aber schlechter, wenn es in dem anderen steckt. Spezialisiert es sich nicht, dann kann das Optimum für beide Geschlechter nicht unbedingt erreicht werden. Ein anderer Weg wäre die Aufspaltung und die Umsetzung verschiedener Lösungswege, die jedoch genetisch aufwendiger ist.

Eine gute Grafik dazu findet sich in dem Artikel „Sexually Antagonistic Selection, Sexual Dimorphism, and the Resolution of Intralocus Sexual Conflict“ (PDF)

Auf dem Bild sieht man die verschiedenen Möglichkeiten noch einmal dargestellt.

Hier wird auch deutlich, warum einige Unterschiede bei menschlichen Männer und Frauen verschieden stark ausgeprägt sind: Je nach Stärke des Selektionsdrucks und der Lösung zur Differenzierung, die sich durchgesetzt hat, kommt es zu einer starken Ausprägung von Unterschieden oder eher einer schwachen.

Der Vorgang der antagonistischen Selektion ist auch noch einmal in der Wikipedia dargestellt:

Merkmale, die zum reproduktiven Erfolg durch sexuelle Selektion führen, sind meist ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt. Der Selektionsdruck auf das jeweilige Geschlecht kann in unterschiedliche Richtung wirken, s. d. es kein gemeinsames Optimum für beide Geschlechter gibt. Dieses Phänomen wird „sexuell antagonistische Selektion“ genannt, führt tendenziell zu einer Erhöhung der genetischen Variabilität und ist dafür möglicherweise einer der wichtigsten Faktoren.[70][71]

Empirische Belege für das Wirken sexuell antagonistischer Selektion wurden bei einer Reihe von Arten festgestellt, wie z. B. bei Taufliegen[72] oder beim Rothirsch.[73] Beim Rothirsch wurde z. B. gezeigt, dass Töchter von reproduktiv besonders erfolgreichen Vätern einen geringeren Fortpflanzungserfolg besaßen als es dem Durchschnitt entspricht. Dieser Befund ist gleichzeitig ein schwerwiegendes Problem für Hypothesen, wie z. B. die Handicap-Hypothese, die einen größeren Erfolg für den Nachwuchs beider Geschlechts vorhersagt. Nach dem Modell sollten sich mutierte Allele mit Vorteil ausschließlich im männlichen Geschlecht auf dem X-Chromosom anreichern, weil sie hier beim Männchen Wirkung zeigen können, während ihre Wirkung beim Weibchen im heterozygoten Fall durch das Allel auf dem zweiten DNA-Strang gemindert sein kann. Diese Vorhersage konnte bei der Taufliege bestätigt werden.[74]

Sexuell antagonistische Selektion kann zu einem „Wettrüsten“ zwischen den Geschlechtern führen. Diese „sexuell antagonistische Koevolution“ wurde z. B. bei den Samenkäfern gezeigt.[75] Bei den Männchen vieler Arten weist der Aedeagus Dornen auf, die das Weibchen bei der Kopulation verletzen können. Die Weibchen reagieren mit einer Verstärkung des Genitaltrakts.

Da Lebewesen nicht per se als Gruppe mutieren, sondern immer nur Einzellebewesen, sind nach den gleichen Prinzipien auch Lösungen zugunsten eines Geschlechts möglich, beispielsweise, indem die Gene auf ein Geschlecht hin optimiert werden und beim anderen Geschlecht nachteile hingenommen werden. Diese Variante kann sich allerdings nur halten, wenn die Vorteile beim einen Geschlecht die Nachteile beim anderen Geschlecht aufwiegen und daher bei dem einen Geschlecht die geringere Nachkommenszahl durch eine höhere Nachkommenszahl beim anderen Geschlecht ausgeglichen wird.