Bei Onyx ist bereits seit langem ein Beauvoir-Zitat auf der ersten Seite zu lesen. Dort heißt es:
„Niemand ist den Frauen gegenüber herablassender als ein Mann, der seiner Männlichkeit nicht ganz sicher ist“
Das wird teilweise sogar zutreffen. Ähnlich wie jemand, der seiner Heterosexualität nicht sicher ist, Herablassender gegenüber Homosexuellen ist.
Es dürfte im gleichen Maße auf Frauen zutreffen:
„Niemand ist den Männern gegenüber herablassender als eine Frau, die ihrer Weiblichkeit nicht ganz sicher ist“
Auf den Feminismus übertragen würde das vielleicht eine Menge erklären, ebenso wie auf den Maskulismus übertragen.
Meiner Meinung nach resultiert das daraus, dass wir alle akzeptiert werden wollen und zu der Gruppe gehören wollen, aber eben gerade die, die vom Mainstream abweichen, sich hierüber ärgern, sich ausgegrenzt fühlen und ihre Gruppenzugehörigkeit durch Abgrenzung zur anderen Gruppe unterstreichen wollen. Es ist insoweit nichts ungewöhnliches und ein normaler In-Grouping, Out-Grouping Effekt, natürlich mit sehr unangenehmen Folgen. Homosexuelle erfahren das, genauso wie Ausländer, genauso wahrscheinlich wie Profeministen, die sich dann eben gegenüber nichtfeministischen Männern aggressiver zeigen als einige Feministinnen. Vielleicht ist insoweit auch Raewyn Connell ein gutes Beispiels für dieses Prinzip.
Ich hatte hier bereits einen Bericht zitiert, nach der ein sicherer Umgang mit der eigenen Geschlechterrolle nicht engstirniger, sondern toleranter machen kann.
Eine interessante Beobachtung machte Trautner bei Längsschnittstudien mit anfangs auffällig streng einteilenden Kindern: Wer als Kleinkind seine Welt besonders klar in männlich/weiblich aufteilte, konnte später lockerer mit den Kategorien umgehen. Das entspricht der Alltagswahrnehmung. Männer und Frauen, die früh in eine sichere Geschlechtsrolle gefunden haben, müssen sich nicht mehr ständig ihrer sexuellen Identität durch präpotentes oder püppchenhaftes Gebaren versichern. Sie können sich auch vom Rollenklischee abweichendes Verhalten erlauben.
Die klare Vorstellung von der Geschlechterdifferenz und der eigenen Zugehörigkeit ist offenbar eine gute Basis für einen späteren freien Umgang mit Stereotypen. Man kann sich dann Interesse und sogar Freude und Spaß an der Differenz leisten.
Das zeigt, dass die Annehmung einer Rolle, die zu einem passt, besser ist als das Ablehnen dieser Rolle. Der überzeugte ZB eher weibliche Homosexuelle wird entspannter sein, als der eigentlich weibliche Homosexuelle, der sich aber krampfhaft in eine männliche Rolle stüzt. Der eher männliche Mann wird entspannter sein, wenn ihm nicht kranpfhaft Weiblichkeit anerzogen werden soll.
Eigentlich kann insoweit das Zitat auch als Absage an eine unnötige Gleichmachung verstanden werden und als eine Bejahung des Umstandes, dass jeder die Rolle, die zu ihm passt wahrnehmen soll.
Einige Leser des Zitats werden es sicherlich auch schlicht als gelungene Abwertung von Maskulisten sehen , indem sie im Rückschluss folgern, dass deren von ihnen wahrgenommene Aggressivität und Herablassung lediglich eine Folge dessen ist, dass sie sich ihrer Männlichkeit nicht sicher sind. Was eine interessante Beleidigung wäre, weil sie ihnen damit eben die Männlichkeit absprichen. Über evolutionär interessante Beleidigungen hatte ich hier schon einmal etwas geschrieben.
Bei einigen hätten sie damit wahrscheinlich sogar recht. Sie wären gerne Statusmänner und meinen durch einen Maskulismus, der Männer über Frauen setzt, insoweit Minderwertigkeitsgefühle abbauen zu können.
Aber als generelle Position ist der Umkehrschluss eher damit vergleichbar, dass man meint, alle Feministinnen seien halt zu hässlich, um einen Mann abzubekommen.