Institutionalisierte Geschlechterpolitik und Identitätspolitik

Leser Nick schreibt in einem Kommentar:

Ich bin äußerst skeptisch gegenüber Identitätspolitik, weil jede Identitätspolitik irgendwann “umkippt” und zur pöstchenerhaltenden Politik der sich dann etablierenden Funktionäre wird.

Der real existierende Feminismus ist ein Paradebeispiel dafür: Er baucht den “Gegner” eben geradezu existenziell, um seine politischen Strukturen am Laufen zu halten.

Die wenigsten Frauen fühlen sich vom real existierenden Feminismus vertreten – warum sollte man ihn also als “Verhandlungspartner” auch nur in Erwägung ziehen?

Ein institutionalisierter Maskulismus würde den Job imho auch nicht unbedingt besser machen, würde sich ähnlich entwickeln, wenn ihm Pöstchen und Staatsmacht verliehen würde.

Weder Männer noch Frauen brauchen eine institutionalisierte Vertretung, die meisten Menschen sind in der Lage, eine Meinung zu vertreten. Die meisten wollen weder einen Maskulismus noch einen Feminisus, und die meisten Frauen lehnen auch z.B. sowohl das aktuelle Sorgerecht als auch die Benachteiligung von Jungen ab.

Ganz vermeiden lässt sich Identitätspolitik zwar offenbar nicht, aber ich würde das Ziel nicht in einer institutionellen Vertretung sehen, sondern darin, auf einer möglichst breiten Basis festgefügte und habitualisierte radikalfeministische bzw. geschlechterreaktionäre Interpretationsmuster ans Tageslicht zu zerren, Selbsthemmungen abzubauen und so möglichst breite Diskussionen zu entfachen.

Wenn die institutionalisierte, vom Staat eingesetzte Diskushoheit in der Geschlechterfrage perdu ist, dann kann man ja wieder jedes einzelne Problem gesamtgesellschaftlich und auf Augenhöhe breit diskutieren und demokratisch lösen.

Es sieht mir ganz danach aus, als wären wir auf gutem Weg dahin, wenn die GesterKempers schon panisch so einen Schrott in die Waagschale werfen.

In der Tat ein großes Problem. Wenn eine bestimmte Identitätspolitik betrieben wird, dann neigt diese Identität dazu eine Abgrenzung zu brauchen und sich anhand ihrer Gegner zu definieren. Genau dies führt dann wieder zu einer Institutionalisierung der ganzen Sache und damit zu verkrusteten Strukturen und Personen, die beweisen müssen, dass sie auch wirklich fest im jeweiligen Lager stehen und „für die Sache kämpfen“.

Andererseits ist eine Institutionalisierung auch kaum zu vermeiden, wenn man einen gewissen Einfluss aufbauen möchte und es um die Besetzung von Positionen und Funktionen geht.

Man kann wohl immer nur versuchen, einen Humanismus, eine Gleichberechtigungspolitik als Ziel auszugeben und eine Instituitionalisierung in diese Richtung zu lenken, wenn sie eintritt.

Wie denkt ihr bekommt man das Problem in den Griff?