In den Kommentaren ging es darum, wie sich Opfer sein im Feminismus und im Maskulismus unterscheidet. Dazu gab es die folgenden Kommentare:
Anlass war dieser Kommentar von Matthias zu dem ich etwas zu Opfer sein im Maskulismus ausführte. Leszek schlug vor, daraus einen Artikel zu machen.
Ich sagte dazu:
Sicherlich ein interessantes Thema. Wir können ja schon mal etwas vor-brainstormen
Ich hatte ja irgendwo schon einmal darauf verwiesen, dass auch der Maskulismus seine Standpunkttheorie hat, etwa in dem Sinne, dass alles was die Frau macht entweder einfach und problemlos oder eben Ausbeutung ist. Dazu diverse Verschwörungstheorien (“alle Richter sind Diener des Matriarchats” oder eben “die feministische Weltverschwörung”) Es scheint nicht so viele Wege zu geben, eine solche Einseitigkeit letztendlich umzusetzen.
Ich würde sagen, dass im Jammerfeminismus die Rolle häufig besser passt. Wohl deswegen kommt häufig im Jammermaskulismus noch mehr Aggressivität hinzu?
Welche Gemeinsamkeiten / Unterschiede würdest du denn sehen?
Leszek schrieb:
Ich denke, erstmal müssten wir eine Verhältnisbestimmung zwischen “Jammermaskulismus” und “Radikalmaskulismus” (bzw. den Äquivalenten beim Feminismus) vornehmen.
Ist das immer kongruent oder muss es das nicht zwangsläufig sein?
Gemeinsamkeiten:
Klar, die verschwörungstheoretischen Konstrukte “Patriarchat” einerseits und “Feminat/Femokratie” andererseits.
Dann die verallgemeinerten Zuschreibungen negativer Eigenschaften auf das jeweils andere Geschlecht: Frauen sind Parasiten/Männer sind patriarchalische Gewalttäter.
Die Tendenz das andere Geschlecht jeweils nur als privilegiert anzusehen: Es wird undenkbar, dass es auch auf Seiten des anderen Geschlechts signifikante Diskriminierungen und soziale Problemlagen geben kann.
Ich sehe die Aggressivität im Jammerfeminismus auch nicht unbedingt als geringer als im Jammermaskulismus. Der Opfernarzissmus begünstigt auf beiden seiten die Haltung: Ich bin Opfer, deswegen kann ich mir alles erlauben. Ist Dir mal aufgefallen, dass es gerade Jammerfeministinnen sind, die sich besonders gerne auf Valerie Solanas berufen?
Dann, wie Du richtig sagst, das erkenntnistheoretische Privileg/Standpunkttheorie. Wobei Jammerfeministinnen das ja explizit theoretisch ausgearbeitet haben, bei Jammermaskulisten ist das mehr implizit vorhanden, aber zum Glück noch ohne theoretische Basis. Wäre mir jedenfalls nicht bewusst.
Seitenblick stellte sein Ansicht wie folgt dar:
Eine Überlegung zur präziseren Erfassung der Jammerfraktionen:
Ich beobachte grob zwei recht verschiedene Typen des Jammerns bzw. der Jammerer.
Jammerer vom Typ 1 benutzen es wie eine Art Luftholen nach einer anstrengenden Sache. Dann kommt mal einiges laut raus, manches kommt überspitzt und – von außen betrachtet – ungerecht, und überhaupt sind alle doof.
Danach – und das ist der Witz – sind bei diesen Leuten wieder Energien da, um etwas zu verändern. Typ-1-Jammerer sagen anschließend manchen Leuten mal die Meinung, verabschieden sich vielleicht auch von belastenden Situationen, gehen die Problemfelder an, räumen also mal ein bisschen auf.
Und gut ist’s. Danach kommt Typ 1 auch erst mal ohne Jammerei durchs Leben. Bis zum nächsten Anlass.
Jammerer Typ 2 geht ganz anders vor. Dieser Typ findet mehr und mehr Gefallen an der Jammerei und richtet sich darin geradezu behaglich ein. Die Vorteile (bemitleidet werden, arme Unschuld sein etc.) schmecken halt so gut – da ignoriert man auch den Nachteil, dass man bei der Dauerjammerei als handelndes Subjekt nur noch sehr eingeschränkt vorkommt.
Zum inneren Einrichten gehört, die Jammeranlässe immer zu repetieren, ja geradezu zu zelebrieren. Für Letzteres braucht man eine Gruppe von Mitjammerern.
Weil es ein Prozess ist, zum Typ-2-Jammerer zu werden, kommt eine immer stärker werdende selektive Wahrnehmung dazu (der Jammer-Anlass wird verallgemeinert, manchmal sogar zu einem geschichtsbestimmenden oder metaphysischen Prinzip erklärt). Man erkennt diesen Typ m.E. an dem Verhältnis zwischen Jammerei und Aktion. Muss ich ausführen, welche Seite eindeutig die Oberhand hat?
Ich finde beide Typen bei sogenannten Maskulisten und Feministen und sonstigen -isten.
Leszek ergänzte noch wie folgt:
Ich habe den Eindruck, dass Jammermaskulisten im Schnitt passiver sind als Jammerfeministinnen. Die Verknüpfung von Jammern und konkretem Engagement scheint Jammerfeministinnen tendenziell leichter zu fallen.
Jammerfeministinnen haben m.E. nicht selten einen eher höheren Bildungsgrad (Gender Studies-Studentin oder so), ich weiß nicht, ob das bei Jammermaskulisten genauso ist.
Ich habe den Eindruck, dass bei Jammerfeministinnen der Opfernarzissmus häufiger in unrealistischen Appellen an die Umwelt zum Ausdruck kommt, ihre Ansprüche zu erfüllen. Jammermaskulisten scheinen mir hier im Schnitt pessimistischer zu sein.
Jammerfeministinnen sind häufiger sexualfeindlich als Jammermaskulisten, allerdings – auch bei Jammermaskulisten kommen sexualfeindliche Einstellungen m.E. häufiger vor als im Bevölkerungsdurchschnitt.
Die Frage ist also, wie gejammert und gelitten wird, ob es Unterschiede im Maskulismus und Feminismus gibt, was damit erreicht werden soll und welche Umstände jeweils das Jammer erleichtern.