Geschlechtsunterschiede beim räumliche Denken

Eine der Fähigkeiten, bei denen Geschlechtsunterschiede diskutiert werden, ist das räumliche Denken. Das Männer in diesem Bereich im Schnitt besser abschneiden als Frauen scheint mir in der wissenschaftlichen Literatur unstreitig (Lautenbacher, Gehirn und Geschlecht, S. 107ff). Es zeigen sich teilweise Abweichungen um eine Standardabweichung und darüber hinaus (Linn u. Peterson 1985, Master und Sanders 1993). Es geht lediglich darum, warum dies der Fall ist, also ob es auf gesellschaftlicher oder biologischer Basis oder einer Mischung aus beiden beruht.

Belege dafür, dass dieser Bereich bei Männern ausgeprägter sind, finden sich in diversen Bereichen: Alle Gebiete, die von einem räumlichen Denken profitieren, haben üblicherweise einen deutlichen Männerüberschuss. Beispiele sind Piloten (beim Landen ist räumliches Denken recht wichtig) und Dartspieler (auch ein recht deutlicher Bezug zur Jagd).

Anhaltspunkte dafür, dass diese Enwicklung stattgefunden und biologische Gründe für die Unterschiede vorliegen gibt es durchaus (sie wären auch ohne die evolutionäre Herleitung wirksam):

  • Auch innerhalb der Geschlechter verbessert Testosteron das räumliche Denken.
  • Der Zyklus der Frau beeinflusst zudem diese Fähigkeiten ebenfalls: Bei Testosteronhochständen ist das räumliche Denken besser (Hampson 1990; Epting u Overmann 1998)
  • Frauen, denen man Testosteron verabreicht hat, hatten höherer Lernerfolge bei Tests des räumlichen Denkens als Frauen, die ein Placebo erhalten haben (Burkitt, Widman, Saucier, 2007)
  • Auch die Testosterongaben bei Transsexuellen führen zu einer Verbesserung (van Goozen 1994 + 1995)
  • Männer haben bessere räumliche Fähigkeiten im Frühling, wenn ihr Testosteronstand höher ist, als im Herbst (Kimura Hampson 1994)
  • Frauen mit CAH schneiden in diesem Bereich ebenfalls besser ab (Hines et al 2003)
  • Homosexuelle Männer schneiden hingegen schlechter ab (Breedlove, 2000)
  • Und es gibt bei Männern und Frauen auch Übereinstimmungen mit der Digit Ratio, also dem pränatalen Testosteron.
  • Auch Gehirnunterschiede in diesen Bereichen wurden festgestellt, etwa Amunts (2007)

Das alles deutet sehr auf einen biologischen Hintergrund hin.

Dabei ist zunächst anzuführen, dass es in dem Bereich des räumlichen Denkens viele Geschlechterunterschiede auch bei Tieren gibt.

Das räumliche Denken ist meines Wissens nach insbesondere bei Raubtieren stärker ausgeprägt, bei Wesen, die ein größeres Gebiet kontrollieren müssen (zB innerhalb der Revierbildung etc) und auch bei solchen Wesen, die ansonsten räumliches Denken viel nutzen, beispielsweise Baumbewohner.

Bei Vögeln, bei denen die Geschlechter sich im Revierverhalten unterscheiden, also beispielsweise die Weibchen kleinere Reviere haben, während Männer um ein Revier bestehend aus den Revieren von 3 Weibchen kämpfen, haben Männchen zB ein besseres räumliches Denken. Ist es umgekehrt, dann haben Weibchen ein besseres räumliches Denken

Eine Unterscheidung in diesem Bereich ist insoweit zwischen den Geschlechtern nicht ungewöhnlich.

Geht man von einer Arbeitstrennung aus, bei der Männer gejagd haben, dann wäre sowohl die Orientierung im Jagdrevier (MacDonald u. Hewlett 1999; Saucier, Bowman und Elias 2003) als auch die Wurfgenauigkeit ein Faktor, der zu einer Entwicklung beigetragen haben könnte.

Hier sieht man aber auch wieder, dass mögliche Erklärungen aus der Evolution keineswegs das räumliche Denken begründen. Dieses lässt sich vielmehr anhand von Tests feststellen und die oben dargestellten Gruppen sprechen dafür, dass die in Tests festgestellten Unterschiede biologischen Ursprungs sind.

 

20 Gedanken zu “Geschlechtsunterschiede beim räumliche Denken

  1. Das ist eine nette Theorie, aber da stellt sich ganz groß die Frage wieso das denn so ist. Bei Emozionen ist das ja noch halbwegs nach zu vollziehen, aber wieso verbessert Testosteron das Räumliche Denkvermögen?
    Was macht Testosteron mit dem Gehirn, das dies plötzlich besser Funktioniert – und das anscheinend schon bei kleinen Dosen, wenn man sich die Frauen anguckt. Ich denke nicht, das die denen so viel Testosteron gegeben haben, dass es auch wirklich auswirkungen auf den Rest des Körpers hatte.
    Man stelle sich vor, bei den Urzeitmenschen wären aus unerfindlichen Gründen die Frauen zur Jagd gegangen. Würden denen dann jetzt die Brüste mit Testosteron wachsen, oder Östrogen das räumliche Denken verbessern?

    Wie gesagt, es ist eine Nette Theorie, die Studien scheinen es auch zu belegen, nur das wieso ist nicht wirklich beantwortet.

    • @omti

      Ich denke du stellst die Frage falsch:

      In der Evolution gibt es kein wirkliches „wieso“. Es geht einfach nur darum, dass über einen Botenstoff, hier Testosteron oder eben andere Hormone, eine Differenzierung erreicht werden kann, die bei dem jeweiligen Phänotyp dazu führt, dass die diesen bewirkenden Gene besser weitergeben werden.

      Natürlich hätte der Prozess auch vollkommen anders ablaufen können, aber die Differenzierung über Hormone ist ein altes Modell, dass sich anscheinend bewährt hat.

      Wenn die Frauen auf die Jagd gegangen wären, vielleicht würde dann Östrogen eher die entsprechenden Änderungen bewirken.

      Testosteron bewirkt eine Veränderung, weil sie eben für Männer vorteilhaft war. Ich hatte ja oben bereits einige Gründe angeführt, die eine Differenzierung zwischen Mann und Frau begründen können.
      Zu bedenken ist dabei, dass klare Unterschiede auch Vorteile an sich sein können. Es kann vorteilhaft sein, dass man eine bestimmte Sache kann, eine andere aber gerade nicht. Denn so wird eine Arbeitsteilung quasi erzwungen. Und eine Arbeitsteilung hat eben viele Vorteile, weil Spezialisierung effektiver macht. Wer alles kann, der kann eben alles etwas schlechter als ein Spezialist.

      • Ähm, das macht schon Sinn und war mir auch klar, nur wundert es mich ein bisschen. Es scheint ja wirklich nur das Testosteron zu sein, wenn ich das Richtig lese, das einem Menschen ein besseres räumliches Denken ermöglicht.
        Testosteron wirkt hier also wie eine Droge und nicht wie sonst als ein Mittel das die Art des Körperbaus bestimmt.
        Vielleicht habe ich das auch falsch verstanden, aber es ließt sich so, als ob Gehirn + Testosteron = Sofortig besseres räumliches Denken und nicht Gehirn + Testosteron führt zu wachstum in Gehirnstrukturen die besseres räumliches Denken ermöglichen.
        Ich frage mich jetzt ehrlich warum das so ist und das Gehirn da nicht quasi festwächst. Es scheint ja fast so, als wäre es gedacht den Testosteron/Östrogenspiegel da zu manipulieren um bestimmte Geisteshaltungen erzielen zu können.
        Deine Erklärung macht Sinn für den Status quo, aber nicht für die Variabilität.

  2. Warum hast Du uns nicht auch verraten, wann genau im Zyklus Frauen mit Männern in punkto räumliches Denken mithalten können?

    http://www.zeit.de/zeit-wissen/2007/01/Titel-Frauen-Maenner

    Weiteres:

    Bedeutet „Testosterongabe“ eigentlich immer Spritze (hab nämlich mal gehört, oral eingenommen würde es im Magen zu Östrogen umgewandelt)?

    Gibt es Erhebungen, die den Einfluss der Pille (sprich: die Unterdrückung auch der körpereigenen Testosteronproduktion etwa der Hälfte der gegenwärtig fortpflanzungsfähigen Frauen) auf das räumliche Denken untersucht haben?

    Wie wirken sich die täglichen Testosteron-Schwankungen von ca. 20 % auf das diesbezügliche Vermögen der jeweiligen Männer aus?

    Ich weiß leider auch viel zu wenig darüber, durch welche Tätigkeiten (oder auch Nahrungsmittel) sich der Testosteronspiegel erhöht…

  3. Östrogen scheint ein Aussetzen des logischen Denkens zu bewirken. Ist das mal an Männern durch Östrogengabe überprüft worden? Bei Frauen fällt es jedenfalls extrem auf. Sie sind Extremistinnen der Irrationalität. Wenn man mal Denkfehler am lebenden Objekt studieren will, braucht man sich eigentlich nur zwei Frauen einladen. Alles Weitere entwickelt sich von selbst.

    Früher wurden Frauen und die Gesellschaft noch vor der Unmündigkeit der Frauen geschützt. Falls die Forschung schädliche Wirkungen von Östrogen bestätigt, sollten Maßnahmen zur Behandlung oder zum Schutz von Frauen wieder in Erwägung gezogen werden.

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