Ich hatte es hier schon einmal kurz als Thema in dem Artikel „Die Deutschen flirten sehr subtil„. Ein Bericht in der Zeit haut in die gleiche Kerbe:
Eine Frau anzuflirten wird hierzulande so verstanden, als würde man sie nur als Sexobjekt betrachten oder sie zum Sexobjekt »reduzieren«. Achtung, Deutschinnen und Deutsche, hier kommt eine erschütternde Wahrheit: Natürlich denkt jeder Mann, der flirtet, zuerst an Sex. Und danach, eventuell, an gemeinsame Diskussionen. Ist das so schlimm? Verhindern diese schmutzigen Gedanken, dass man sich verlieben kann? Nicht, dass ich wüsste. (…)
Der deutsche Mann denkt ständig daran, was die Frau denken könnte; dass sie die Augen verdrehen könnte, dass sie gar nicht reagieren könnte, dass sie ihn blöd finden könnte oder unpassend oder weiß der Himmel was. Der deutsche Mann definiert sich über die Erwartung der Frau, oder besser gesagt, er ist nicht er selbst, sondern der Spiegel dessen, was er glaubt, dass die Frau sich wünscht. Um die deutsche Flirtkultur zu verstehen, muss man ein Spezialist der Spieltheorie sein. Als wäre alles nicht schon kompliziert genug.
Und dann weiter:
Ah. Ich höre den Aufschrei, den das Wort »erobern« auslöst! Erobern sei ein Wort, das aus der Zeit vor der Frauenbewegung stamme. Indem ich hofiere, übe ich eine Gewalt aus, indem ich eine Frau in ein Verhältnis einbinde, das sie vielleicht gar nicht möchte. Und ich tue es, nur weil ich ein Mann bin. Also ist der Flirt ein Ausdruck der männlichen Dominanz.
Das war sicherlich so in der Vergangenheit – aber heute? Eine Frau wird nicht verführt, sie lässt sich verführen – dieser feine Unterschied ist von allergrößter Wichtigkeit, denn vom Objekt wird die Frau zum Subjekt ihres eigenen Schicksals. Und es wäre vielleicht auch hier langsam Zeit, dass einige Damen verstehen, dass ein Flirt längst nicht der Ausdruck irgendeiner männlichen Dominanz oder sexuellen Belästigung ist, sondern die Einladung zum Tanz auf Augenhöhe.
Es scheint mir in der Tat nötig zu sein, wieder ein gesunderes Verhältnis zum Flirt zu entwickeln. Den Flirt als Spaß zu verstehen. Sich etwas Leichtigkeit anzugewöhnen.
Von beiden Seiten.