Warum sind Frauen lauter beim Sex?

Ich habe „Sex at Dawn“ angefangen und bin erstaunt, wie sehr dort auf Strohmänner eingedroschen wird. Die Theorien dort scheinen mir – wenn auch vieles interessant sind – größtenteils falsch und die Argumente recht oberflächlich. Aber vor einer Besprechung muss ich ja erst einmal ganz durch sein.
Eine der Thesen ist wohl, dass Männer und Frauen in der Steinzeit keineswegs monogam waren (das sie monogam gewesen sein sollen ist einer der Strohmänner), sondern eher zu Gruppensex neigten.
Eines der Argumente – neben Vergleichen mit Bonobos – ist, dass Menschenfrauen beim Sex laut wären, lauter als Männer. Bei anderen Primaten diene dies gerade dazu, andere Männer ebenfalls zur Paarung hinzuzuholen und so eine Spermienkonkurrenz herbeizuführen.
Die Erklärung kommt mir nicht sehr logisch vor, sie passt nicht zu der Sexual Strategies Theorie, sie berücksichtigt nicht unsere Liebeschemie und sie erklärt viele andere Punkte nicht, auf die das Buch (zumindest nach meinem Stand) noch nicht eingegangen ist. Vielleicht kommt dazu später mehr.
Ich finde diesen Punkt aber tatsächlich interessant und er verdient, da stimme ich den Autoren zu, innerhalb dessen was sie die „Standardtheorie“ nennen, eine Erklärung.
Mir würden dazu zwei Erklärungen einfallen:
1. Wie bereits hier dargelegt, kann Gruppensex eigentlich nur unter bestimmten Bedingungen für Frauen günstig sein. Gruppensex an sich würde bei hinreichend Zeit dazu führen, dass das Interesse an väterlicher Unterstützung der Kinder und Mitversorgung abnimmt, da damit die Vatersicherheit fällt.
Auch aus Sicht des Mannes ist es nicht sinnvoll sich beim Sex der Gefahr auszusetzen, dass andere Männer der Sex erregt und sie die Gelegenheit nutzen um ihrerseits Sex zu haben (evtl. gegen den Willen der Frau und des Mannes). Das dürfte der Grund sein, warum Männer eher leise sind. Ein weiterer Grund wäre das Anlocken von Tieren.
Allerdings könnte es vorteilhaft für die Frau sein, so laut zu sein, dass der Mann, um die Gefahr eines Nebenbuhlers gering zu halten, seinerseits gezwungen ist, vorsichtiger zu sein.
Eine ähnliche Strategie fahren nach einer Theorie laut lärmende Vogelkücken im Nest. Sie ziehen durch ihren Lärm potentielle Raubtiere an, die ihnen selbst gefährlich werden können. Aber die Eltern haben gleichfalls etwas zu verlieren, nämlich ihre gesamte Brut, und die Kücken haben zudem die Chance, dass ein Raubtier nur ihre Geschwister frisst und zudem die Gefahr, dass ein Geschwisterteil die Erpressungsstrategie zuerst einsetzt und dann das Fressen erhält. Also kann es sich für sie trotz der Eigengefährung lohnen, möglichst laut um Essen zu betteln und die Eltern mit ihrem eigenen Leben zu erpressen (ich meine das Beispiel gab es bei Dawkins in „Das egoistische Gen“.)
Hier könnte die Lautstärke der Frau ein „Mach es sicher oder riskiere, dass ein anderer Mann oder andere Männer auch Lust auf mich bekommen“ sein.
2. Des weitern könnte es auch in der Tat ein Zeichen an die anderen Männer sein. Wenn der eigene Mann dann nicht genug Status hat und ein anderer Mann tatsächlich eingreift, dann könnte dies durch aus zum (genetischen) Vorteil der Frau sein, wobei sie wiederum unschuldig wäre, weil sie es ja nicht kontrollieren kann. Gegenüber dem Mann, mit dem sie schläft wäre es insofern in gewisser Weise ein Shittest: Kommst du damit klar, dass ich laut bin und andere es hören?
3. Es könnte sich auch einfach daraus entwickelt haben, dass weibliche Lust und Orgasmus ein wichtiges Zeichen für den Mann sind und daher „Laute Frauen“ trotz der Risiken erfolgreicher in der Weitergabe der Gene waren
Das sind recht spontane Gedanken dazu. Vorher müsste man natürlich noch die Frage stellen, ob Frauen überhaupt tatsächlich lauter sind. Das würde ich durchaus bejahen. Dann wäre noch hinzuzufügen, dass es sicherlich auch möglich gewesen wäre, Sex leise zu machen. Dann stellt sich die Frage, warum keine Selektion in diese Richtung stattgefunden hat, sondern Frauen laut sind.