„Weil man gesellschaftliche Faktoren beim Menschen nicht ausblenden kann, kann man nie beweisen, dass diese nicht eigentlich maßgeblich für Unterschiede sind“

Ein häufig gehörtes Gegenargument gegen biologische Begründungen ist, dass man nicht auschliessen kann, dass es doch gesellschaftliche Gründe für angebliche Unterschiede gibt. Denn kein Mensch kann – abgesehen von bizarren Menschenversuchen, die so aber nicht stattfinden – außerhalb der Gesellschaft aufwachsen. Daher könne nie geklärt werden, was eigentlich für Unterschiede zwischen den Geschlechtern ursächlich sei.

Das ist meiner Meinung nach allerdings nicht richtig.

1. Wenn die Gesellschaft konstant bleibt, aber die Biologie abweicht lassen sich Unterschiede erkennen

Ein Weg aus diesem Umstand heraus ist, dass man untersucht, wie sich bestimmte Menschen mit biologischen Unterschieden innerhalb der Gesellschaft bewegen.

a) CAH

Ein Beispiel dafür sind CAH-Mädchen. Sie sind erkennbar weiblich und werden insofern von der Gesellschaft als Mädchen wahrgenommen. Gleichzeitig produziert ihre Nebennierenrinde (unter anderem) überdurchschnittlich viel Testosteron. Dies führt zu einer Vermännlichung im Verhalten.

Hiergegen wird eingewendet, dass das Testosteron eben nicht nur zu einer Vermännlichung des Verhaltens führt, sondern eben auch zu einem männlicheren Körper. Daraus soll sich dann – weil die Menschen aufgrund ihrers Phänotyps auch gleichzeitig ihr Gender anders ausrichten, das männlichere Verhalten resultieren. Das läßt aber die Fälle unberücksichtigt, bei denen eine Behandlung erfolgt und insoweit der Hormonspiegel normalisiert ist und nur noch das pränatale Testosteron wirkt. Hier wird dann argumentiert, dass die ärztliche Untersuchung selbst eine Wirkung hat und das Kind unsicher in seiner Sexualität macht. Allerdings erklärt dies nicht, warum dann kontinuierlich ein männlicheres Auftreten erfolgt. Es wäre bei einer rein gesellschaftlichen Erklärung damit zu rechnen, dass einige der Mädchen ihre Weiblichkeit überbetonen um sie insoweit trotz ihres Körpers abzusichern. Schließlich drängt sie die Rollenerwartung und die Macht der Geschlechternormen genau in diese Richtung. Ich finde es auch wenig überzeugend, dass zum einen die Wirkmächtigkeit der Geschlechternormen realtiv absolut gesetzt wird, aber bereits gewisse körperliche Abweichungen solch entscheidene Auswirkungen haben sollen.

b) CAIS

Ein weiteres Beispiel wären CAIS-Mädchen. Diese haben eine überdeutlich weibliches Verhalten. Das könnte man damit erklären, dass sie einen sehr weiblichen Körper haben (da ja kein Testosteron wirkt), aber dennoch sind die Unterschiede insoweit nicht deutlich genug. Den meisten Betroffenen fällt der Zustand erst auf, wenn sie keine Pubertät haben und ihre Regel nicht bekommen. Dann wiederum sind keine Fälle gekannt, wo das Erkennen, dass man ein Y-Chromosom hat, zu einer Vermännlichung führt. Auch ist mit gesellschaftlichen Erwartungen schwer zu erklären, warum CAIS-Mädchen so gut wie ausschließlich auf Männer stehen, also (Wenn man sie als Frauen ansieht, was ich tue) so gut wie nie Homosexuell sind. Denn es sind ja ansonsten genug lesbsiche Frauen gekannt, die eine sehr weibliche Art haben (wenn auch viele Homosexuelle Frauen eine männlichere Art haben).

c) Transsexualität

Bei Transsexuellen wurde bei M–>F Transsexuellen vererbbare schwächere Testosteronrezeptoren nachgewiesen. Körperlich entsprechen diese aber vollkommen den übrigen Männern. Die Gesellschaft kann sie daher auch nur als Männer wahrnehmen. Ich sehe daher nicht, wie ein abweichender Gesellschaftlicher Druck auf sie wirken kann. Wenn daher Abweichungen vorhanden sind, dann wären diese auf die Biologie zurück zu führen.

d) „Claocal exstrophy“

Hier werden bereits bei Geburt bestimmte Geschlechtszuweisungen vorgenommen und der Körper operativ angepasst. Es zeigen sich bei Betroffenen dennoch teilweise von dem Phänotyp abweichende geschlechtliche Verhalten. Hier könnte man wieder darauf abstellen, dass den Betroffenen aufgrund ihrer Vergangenheit bewußt ist, dass ihr Geschlecht unklar ist. Allerdings werden sie gesellschaftlich als einem Geschlecht zugehörig wahrgenommen, so dass ein entsprechender Druck in diese Richtung existiern sollte.

2. Einzelne gesellschaftliche Erklärungen können ausgeschlossen werden

Einzelne Gesellschaftliche Erklärungen können durchaus untersucht werden. Wenn bestimmte Faktoren genannt werden und diese dann beispielsweise innerhalb der geschichtlichen Entwicklung wegfallen, dann muss entweder eine Änderung eintreten oder dieser Faktor kann nicht so wesentlich gewesen sein.

Heutzutage ist beispielsweise Homosexualität wesentlich akzeptierter als früher. Dennoch scheinen nicht mehr Leute homosexuell zu werden.