„Wenn sich das Andere dem Normalen gegenüber widerständig zeigt, muss es gewaltförmig zurückgestoßen werden“

 Nadine Lantzsch schreibt in ihrem Beitrag „Der Gaze Effekt und Feminismus“ das Folgende:

Wenn das Normale das Andere konstruiert und dem eigenen unterordnet, will es natürlich weiterhin Verfügungsmacht über das Andere haben, sich Gewissheit verschaffen, dass das, was da als Abweichung herunterdefiniert wurde, auch an dem Platz verbleibt, den es zugewiesen bekommen hat. Wenn sich das Andere dem Normalen gegenüber widerständig zeigt, muss es gewaltförmig zurückgestoßen werden, sonst könnte es die vermeintlich sichere Positionen gefährden

Das finde ich in der Geschlechterdebatte interessant, allerdings aus einer anderen Sicht als Lantzschi.

Heute gilt gerade im Politischen Gleichheit der Geschlechter und feministische Grundgedanken als normal und dem Mann oder „Der Männlichkeit“ ist die Unterdrückerrolle zugewiesen worden, zumindest innerhalb der feministischen Debatte. Der Unterdrücker wurde hier durch den Feminismus konstruiert.

An diesem Platz soll der Mann als Unterdrücker auch bleiben, denn sonst lassen sich die Überhöhungen der Frau und deren Opferstatus nicht mehr halten. Er muss also immer wieder auf diesen Platz zurückgestoßen werden, was man ja auch im Feminismus sehr gut beobachten kann: Alles kann auf den Mann als Unterdrücker, die Phallokratie, die hegemoniale Männlichkeit zurückgeführt werden.

Andere Erklärungen, die dieses Weltbild gefährden, werden ebenfalls zurückgestoßen, und das mit dem üblichen Mittel, sie als „Backlash“ oder patriarchalistische Theorie zu sehen. Vor diesem Hintergrund können beliebig viele biologisch-medizinische Studien zu einer Unlogik, zu einem Nichtargument, zu etwas, was allenfalls neben der eigenen Meinung steht und ausgeblendet werden kann, weil man einen anderen Blickwinkel hat, erklärt werden. Dabei verzerrt man das Bild, das die Biologie zeichnet am Besten noch soweit, dass man es einfacher abwerten kann, eben zu einem Essentialismus.

Es erinnert mich an einen Dialog in „Coupling“, indem es ebefalls um Macht einer Gruppe ging, die als Widerstand angesehen wurde:

 

Patrick: Oh, don’t be so PC.

Howard: Typical leftie puritan.

Sally: Typical what? Come the revolution.

Patrick: What revolution? You guys are in power! We’re the revolution now.

Sally: No… no, it can’t be right.

Patrick: You’re the evil empire.

Sally: No!

Howard: Yes! Like Star Wars! And Patrick and me are the Rebel Alliance!

Sally: No! You’re not the goodies! We’re the goodies. We’re lefties! We’re always goodies!

Patrick: (Darth Vader voice) No, Sally, you are the establishment!

(Video habe ich leider nicht gefunden, wenn einer einen Link hat…)

Die moralisch überlegende Gruppe zu sein, die aber leider nichts ändern kann, weil sie nichts in der Hand hat und daher nur Widerstand leisten kann, ist eine dankbare Position. Das zeigen diverse Parteien auch in der Opposition. Ihre Politik muss sich weniger am machbaren Orientieren und kann theoretischer sein. Sie müssen sich weniger Sachzwängen beugen und können negative oder unerwartete Folgen ihrer Theorien in der Praxis oder fehlende Umsetzungsmöglichkeiten besser ausblenden. Kommen sie tatsächlich an die Macht ergibt sich dann mitunter ein Praxisschock, wie man es auch bei der SPD gesehen hat, die ihren sehr linken Flügel, der nunmehr die tatsächliche Revolution wollte, nicht mehr vertrösten konnte.

Deswegen wird auch beim Feminismus der Umstand hochgehalten, dass man der Underdog ist, der gegen das Übermächtige Patriarchat ankämpft. Das erlaubt freie Ziele, Feindbild, Gruppenzusammenhalt. Eigene Ziele und Gestaltungsmöglichkeiten herunter zu spielen kann für solche Gruppen sehr sinnvoll sein.

Interessant sind auch die von ihr genannten Reaktionsmöglichkeiten:

1. Gleichgültigkeit

Das ist die bevorzugte Strategie der Maße, die davon ausgeht, dass sie feministische Theorien nicht betreffen und einfach weiterlebt wie bisher

2. Assimilation

Das ist eine Strategie (pro-)feministischer Männer, aber auch eine Strategie des „Equity-Feminismus“, indem er anführt, auch ein Feminismus zu sein, dem es aber auf Gleichberechtigung ankommt, nicht auf Gleichstellung. Diese Assimilation war bisher nicht erfolgreich, da sie erkannt wurde, ermöglicht aber immerhin eine Entkräftung von Vorwürfen aus dem Bereich der relativ gleichgültigen.

3. Differenzierung und Radikalisierung

Auch in diesem Bereich kann man gemäßigtere feministische Theorien, eben auch den Equity Feminimus und auch die – beim ersten Ansatz – gemäßigtere Männerbewegung und den Maskulismus einordnen. Die radikaleren Teile der Männerbewegung und des Maskulismus haben dann eben die Radikalisierung bereits durch.

4. Verwerfung/Dekonstruktion

Diesem Bereich sind insbesondere weite Teile der medizinischen und biologischen Wissenschaft zuzuordnen, die den Geschlechterbereich betreffen. Allerdings wird meist nur der Unterschied selbst nageführt, ohne den Widerspruch direkt anzusprechen. Steven Pinker beispielsweise mindert Kritik, indem er sie auf „radikale Feministen“ bezieht und sich selbst über den Equity Feminismus dem gemäßigteren Bereich zuordnet.

Auch Maskulismus und Männerbewegung sind natürlich in diesem Bereich tätig und behandeln feministische Theorien und Mythen wie etwa die Lohndiskriminierung, Falschbeschuldigung und Vergewaltigung etc.

Die Wahrnehmung als Täter und der Opfergedanke im Feminismus

Nadine berichtet bei der Mädchenmannschaft über einen offenen Brief des Forschungsnetzwerks Frauen und Rechtsextremismus. Dort wird kritisiert, dass man Frauen nicht genug Schlechtes zutraut:

“Aus unserer Perspektive wird hier das übliche Klischee von der unpolitischen Frau unreflektiert reproduziert. […] Frauen haben nach dieser Logik zum einen keine politische Überzeugung und wenn, dann keinesfalls eine so gewalttätige wie die rechtsextreme. Frauen gelten immer noch als das ‘friedfertige’ Geschlecht. Wenn überhaupt, dann erscheinen Frauen in der Szene nur als sexualisierte Anhängsel denkbar.”

Und weiter von Nadine:

Besonders problematisch an dieser Verharmlosung sei vor allem die Wirkmächtigkeit dieser sexistischen Grundannahme: Rechtsextreme Frauen geraten gar nicht erst in den Fokus der Ermittlungsbehörden, weshalb sie weitestgehend unbehelligt blieben. Hinzu kommt, dass die Präsenz von Frauen in der rechtsextremen Szene diese auch nach außen weniger bedrohlich und gewaltvoll erscheinen lasse. Das Forschungsnetzwerk warnt deshalb eindringlich vor der sexistischen Verharmlosung rechtsextremer Frauen und fordert Medienschaffende und Wissenschaftler_innen auf,

Das ist wirklich verwunderlich. Wie kommen die Leute nur darauf, dass Frauen nicht selbstständige Täter sein können?

Vielleicht erklärt es dieser Text, ebenfalls von Nadine:

Beliebte Strategie gegen Widerstand ist auch die Umkehrung der Dominanz und Zuschreibung auf das Andere. Da ist dann auf einmal von Sexismus gegen Männer die Rede. Schon werden alle Machtverhältnisse plattgewalzt und das vermeintliche Unterdrückungsmoment den Unterdrückten aufgebürdet und mit der Aufgabe betraut, dieses abzuschaffen.

Aber sogar daran, dass sie nicht richtige Täter sein können sind Frauen nicht schuld. Ihnen wird das Täter sein durch das Patriarchat verwehrt, indem sie als seine Opfer dargestellt werden:

Indem Frauen als universelle Opfer des Patriarchats konstruiert werden, können sie demnach also nicht gleichzeitig auch Gespielinnen, Mittäterinnen und Unterstützerinnen oder selbst Täterinnen sein. Sie werden erneut zu Objekten gemacht, ihnen wird erneut das Recht abgesprochen, sich als Individuen zu positionieren, die auf unterschiedliche Weise verstrickt sind in ein wesentlich komplexeres und diffizileres Feld von Macht, Herrschaft und Gewalt, als es bis dato von Feminist_innen gezeichnet wurde (…) Mit der These von Mittäterinnenschaft ist es möglich auch innerhalb der vermeintlichen Opfergruppe „Frau“ Dominanzkulturen und Mechanismen aufzuspüren, die neben dem Patriarchat andere Unrechtsregime produzieren. So werden die Belange von subalternen Gruppen sichtbar, für die Patriarchat und Sexismus weniger Ausschluss produzieren, denn beispielsweise Rassismus.

Oder diesen Text von Julie Bindel:

For heterosexual women, feminism can be a nightmare. Women are the only oppressed group who are expected to love their oppressor. But please stop trying to play nice. Until we overthrow male supremacy and admit that male power is the problem, not radical feminism, nothing will change.

Oder bei Schuldeingeständnissen der Männer wie diesem:

As a man, I feel sorrow that women and feminine energy have been suppressed for so many thousands of years on our planet. Everywhere we look, women have been disenfranchised. Throughout history, we have raped and abused you, burned you at the stake, bought and sold your bodies for sexual pleasure, barred you from religious and political office, relegated you to subservient chores, forced you to hide your faces and even cut off your organs of sexual pleasure.

Wenn man davon ausgehen soll, dass Männer „Schrödingers Vergewaltiger“ sind und die Handlungsmaxime eines Mannes sein soll:

„If I were dangerous, would this women be safe with me“

Wenn man mit Jessica Valenti meint, dass die Aufhebung der Unschuldsvermutung bei Vergewaltigung ein gutes Modell ist:

Swedish rape laws don’t ban „sex by surprise“ (a term used by Assange’s lawyer as a crass joke), but they do go much further than U.S. laws do, and we should look to them as a potential model for our own legislation. In fact, some activists and legal experts in Sweden want to change the law there so that the burden of proof is on the accused; the alleged rapist would have to show that he got consent, instead of the victim having to prove that she didn’t give it.

Wenn man beständig vom schlechten Patriarchat, der Phallokratie, der männlichen Gesellschaft, die es zu überwinden gilt, der Unterdrückung der Frau spricht.

Wenn selbst beim BH-Kauf alles Unterdrückung ist:

„Es geht nicht um Schutz, sondern darum, etwas „unsichtbar“ zu machen. (…) Irgendjemand hat ein Problem mit Brüsten, wie die Natur sie wachsen lässt. Weibliche Nippel sollen unsichtbar werden. Und in wattierte Förmchen eingepackt, wird die weibliche Brust normiert. Kleine, große, spitze, hängende, runde, schiefe, lustige oder flache Brüste sieht man immer weniger. Mit Pulli- und T-Shirt-BH sieht jede Brust, die einem auf der Straße entgegenkommt, gleich aus: fest, rund und mittelgroß. So wird Frauen eingeredet, das, was sie schon haben, sei nicht ganz so super wie das, was sie haben können.“

Wenn man davon ausgeht, dass die hegemoniale Männlichkeit für das Übel in dieser Welt zuständig ist.

Wenn man davon ausgeht, dass Frauen keinerlei Vorteile haben, sondern allenfalls „wohlwollenden Sexismus“ erleiden, also auch insoweit passive Opfer sind.

Wenn man davon ausgeht, dass Frauen noch nicht einmal eine Nicht-Frauenzeitschrift kaufen können, weil sie so in ihrer Frauenrolle gefangen sind.

Wenn selbst eine Demokratie mit freien geheimen Wahlen noch zu einer Unterdrückung der Frau führt

… dann kann man sich eigentlich auch nicht wundern, wenn Frauen nicht als Täter, als Handelnde wahrgenommen werden.

Das würde es eher erfordern, ihnen bei sonstigen gesellschaftlichen Handlungen einen eigenen, nicht unterdrückten Willen zuzugestehen.

Das würde bedeuten, dass man davon ausgeht, dass sie alle Zustände ebenso mitzuverantworten haben wie die Männer und die Gesellschaft ebenso stützen wie diese. Das würde bedeuten, dass man erkennt, dass Frauen ein eigenes Interesse an Luxusgütern haben, das sie den Wettbewerb bei sich aber jedenfalls auch bei den Männern unterstützen. Das sie nicht in einer matriarchalen Subsistenzwirtschaft leben wollen, sondern in einer modernen Gesellschaft mit allen Vorzügen wie Schutz, Technik, Medizin. Das die weiblichen Partnerwahlkriterien ebenso wichtig waren für die Schaffung des modernen Menschen wie umgekehrt die männlichen. Das Frauen Macht hatten und haben, wenn auch häufig persönlichere Macht statt gesellschaftlicher.

Es gehört schon eine Menge Chuzpe dazu, gleichzeitig zu fordern, dass man Frauen als Täter wahrnimmt, Verlagerung von Verantwortung auf sie aber als Umkehrung des Unterdrückungsmoments sieht. Es gehört einiges dazu, sich darüber zu beschweren, dass Frauen als Opfer dargestellt werden und damit zu Objekten gemacht werden und andererseits den Opferkult selbst zu errichten, wo man kann.

Frau Lantzsch, ich bin beeindruckt.

 

Unterschiede in der Reaktion auf Kritik und das Impostersyndrom

Susan Greenfield greift in einem Interview zwei interessante Punkte auf:

My credo is that I would love to see a world where the person trumps the gender. Certainly, as regards working with both sexes, there is good and bad. If you have to discipline a male member of your staff, if you say something like, „I don’t think you are working very hard“, they will take that on the chin and say „I think this or that“, and you will talk it through and then that is the end of it. A woman might burst into tears, get sulky, generalise the very specific complaint. The strong thing about women is that they are very sensitive to relationships, but there is a bad side to that – in that sort of situation, they think you don’t like them any more. Men compartmentalises their professional lives and their personal lives more easily than women do. Also, I think men are far more competitive than women. What I try and do with the women I have supervised is to actually get them to fight their corner and to stand up for what they believe in.

Das ist ebenfalls eine Erfahrung, die ich gemacht habe. Mit Männern kann man eher Streitigkeiten in einer Sache haben, die sich aber dann nicht auf das persönliche auswirken. Frauen im Schnitt hingegen sehen viele Streitigkeiten auf sich selbst bezogen und demnach auch als Angriff auf sich selbst.

Es passt zu den Darstellungen von Geary zur Gruppenbildung bei Männern, die ich in dem Artikel „Männerfreundschaften und Koalitionsbildung“ dargelegt habe, insbesondere zu dem Punkt „Eine Toleranz für interpersonalen Konflikt um Dominanz-Wettbewerbe zuzulassen und gleichzeitig die Gruppenverbindung aufrechtzuerhalten“. Ebenso passt es zu der Unterscheidung „systematisches vs. empathisches Gehirn

LF: Do you think that women in leadership roles tend to be more collaborative?

SG: Yes, and there’s also something called the imposter syndrome. Many successful women I have spoken to often feel they are there by a fluke. They feel that they will be seen through in a way that I don’t think men do.

Susan Pinker räumt in ihrem Buch diesem Syndrom bei Frauen ebenfalls einen hohen Wert zu.

Satoshi Kanazawa hat ebenfalls einen Artikel dazu. Er zitiert Susan Pinker wie folgt:

er ability, conviction, and good judgment saved countless lives. But Dr. Chan discounted her native smarts – and the opportunity to promote herself – attributing it all to luck. Another public health expert physician, an acquaintance of mine, once told me that her expertise in tuberculosis is “a fluke.” She travels the world to give lectures. She talks to the media and helps draft policy. Yet the diminutive, sharply dressed doctor has wondered aloud why people treat her with deference. “There are an awful lot of people out there who think I’m an expert. How do these people believe all this about me? I’m so much aware of all the things I don’t know.”

Natürlich wird es wiederum eine Sache sein, die nur im Schnitt zutrifft und es wird dementsprechend auch Männer geben, die genauso denken. Wer eine Studie zu den Verteilungen über die Geschlechter hat, kann sie gerne in den Kommentaren verlinken.

Als Erklärung kommen soziale Umstände in Betracht, aber natürlich auch biologische. Beispielsweise die Auswirkungen von Testosteron auf das Selbstvertrauen.

Warum Väter keine Elternzeit nehmen

Aus einem Spiegelartikel zu Vätern und Elternzeit

Vielleicht sind es Fälle wie dieser, die deutsche Männer davon abhalten, für die Familie im Beruf zu pausieren. Drei von vier, die bald Vater werden, schrecken davor zurück, Elterngeld wenigstens für die beiden – exklusiv für sie reservierten – „Partnermonate“ in Anspruch zu nehmen.

Zwar nehmen heute mehr Männer als vor Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 eine Babypause – doch oft nur sehr kurz und mit großen Bauchschmerzen. 3,4 Monate betrug die durchschnittliche „Bezugszeit“ für Väter bei der letzten Erhebung; Frauen blieben im Schnitt 11,7 Monate beim Kind. Und das, obwohl sie „nur“ 648 Euro Elterngeld bekamen, während ihre Partner 1045 Euro kassierten.

Offenbar wollen viele Männer mit familiären Anliegen im Betrieb keine Wellen schlagen und halten sich zurück. Bei einer Forsa-Umfrage unter 1000 Männern im Alter zwischen 20 und 55 Jahren offenbarten 45 Prozent der Befragten ihre Furcht vorm Karriereknick, wenn sie die Partnermonate beantragten: Sie rechneten mit „sehr oder eher negativen“ Konsequenzen. Und laut einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung erwarteten sogar 80 Prozent jener Männer, die dann doch eine kürzere oder längere Elternzeit nahmen, zunächst negative Reaktionen im Unternehmen.

Ralf Specht, der bei der Hamburger Initiative Väter e.V. Arbeitnehmer zum Elterngeld berät, kennt Papas Angst vorm Elterngeld. „Etwa zwei Drittel der Männer, die Vater werden und über eine Elternzeit nachdenken, fürchten berufliche Nachteile und vermeiden das Gespräch mit dem Vorgesetzten“, schätzt er.

(…)

 „Etwa 17 bis 18 Prozent hatten negative Erfahrungen gemacht – aber kaum jemand bekam langfristig und nachhaltig Probleme.“ Das gelte vor allem für eine Elternzeit von zwei bis sechs Monaten, so Reuyß. „Schwieriger wurde es für diejenigen, die ihr geändertes berufliches Engagement institutionalisieren wollten, etwa indem sie Teilzeit arbeiteten.“

Ich finde 17-18% schon gar nicht so wenig. Zumal man damit rechnen kann, dass viele ihren Chef oder ihre Chefin einordnen können und die, die in jedem Fall Probleme bekommen würden, eher zu denen gehören, die dann keine Elternzeit nehmen.

Steigert eine Frau als Hauptverdiener das Scheidungsrisiko?

Eine Studie zu der Frage, inwieweit Ehen mit weiblicher Hauptverdienerin eher geschieden werden:

Using German panel data from 1984 to 2007, we analyze the impact of labor division between husband and wife on the risk of divorce. Gary Becker’s theory of marriage predicts that specialization in house- and market work, respectively, reduces the risk of separation. Tradition- ally, the breadwinner role is assigned to the husband, however, female employment has risen substantially and egalitarian gender attitudes are more common today. Our results suggest that specialization per se does not enhance marital stability. Female breadwinner-couples have a higher probability of divorce than couples with a traditional labor division, whereas the egalitarian one has no effect.

Quelle: Labor division between wife and husband and the risk of divorce: New evidence for Germany (PDF, Volltext)

Aus der Studie zu vorherigen Studien:

From the international perspective, it is quite common to use the wife’s in-come as proportion of total household income as variable of main interest. With respect to the estimated effect of it the analyses can be divided into two groups. One group consists of those studies that ¯nd a destabilizing im- pact of female’s relative income. Early examples are Booth et al. (1984) and D’Amico (1983) (using wives‘ potential earnings). The second group do not ¯nd any statistically signicant effect of this ratio. Examples are Tzeng and Mare (1995), Bumpass et al. (1991), and Spitze and South (1985). Tzeng and Mare (1995), however, ¯nd that a change in wife’s earnings raises the probability of divorce which cannot be found for changes in husband’s earn- ings. Similarly, Weiss and Willis (1997) suggest that an unexpected increase in wife’s wage earning capacity destabilizes a marriage, whereas an unex- pected increase in husband’s wage earning capacity lowers the probability of divorce. In her review of the relevance of the independence hypothesis, Oppenheimer (1997) emphasizes the weaknesses of those studies that have found a posi- tive relationship between the wife’s income proportion and risk of divorce. The independence hypothesis says that women’s rising labor force partici- pation has increased their financial independence and has therefore reduced the value of marriage (Oppenheimer (1997)). She states that the independence hypothesis is based on the traditional gender-specifc specialization and should not be relevant anymore for modern couples. However, some recent studies show the opposite. Kesselring and Bremmer (2006) (using a sample of the US Current Population Survey), Liu and Vikat (2004) (register-based data for Sweden), as well as Jalovaara (2003) (register-based data for Finland) and evidence for the independence effect despite the fact that Scandinavian countries usually stand for egalitarian gender attitudes. The authors show that if the female’s earnings become a larger proportion of the total family income, the likelihood of divorce increases. This effect is not compensated by the stabilizing effect of a higher family income. Only Sayer and Bianchi (2000) confirm Oppenheimer’s predictions after controlling for a huge set of indicators like demographic characteristics, children, marital duration, time spouses spent together, and a gender ideology index. Hence, empirical evidence is not clear.

Meiner Meinung nach ist es wahrscheinlich eher ein Statusproblem. Demnach hängt viel davon ab, inwieweit anderweitig Status demonstriert werden kann. Die Fähigkeit zu Versorgen ist insoweit ein Kriterium innerhalb des Statusbegriffs, aber natürlich ein wichtiges wie sich an der Sexual Strategies Theorie erkennen lässt.

Turner Syndrom und Imprinting

Das Turner-Syndrom liegt vor, wenn Menschen statt zweier Kopien des X-Chromosoms (eines von der Mutter, eines vom Vater) oder einem X-Chromosom und einem Y-Chromosom lediglich ein X-Chromosom haben.

Da nur ein X-Chromosom vorliegt handelt es sich stets um Frauen.

Interessant ist dabei aber, dass man Unterschiede zwischen diesen Frauen feststellen kann, je nach dem, ob sie das X-Chromosom vom Vater oder von der Mutter erhalten haben.

urner’s syndrome is a sporadic disorder of human females in which all or part of one X chromosome is deleted. Intelligence is usually normal but social adjustment problems are common. Here we report a study of 80 females with Turner’s syndrome and a single X chromosome, in 55 of which the X was maternally derived (45,X[m]) and in 25 it was of paternal origin (45,X[p]). Members of the 45,X[p] group were significantly better adjusted, with superior verbal and higher-order executive function skills, which mediate social interactions. Our observations suggest that there is a genetic locus for social cognition, which is imprinted and is not expressed from the maternally derived X chromosome. Neuropsychological and molecular investigations of eight females with partial deletions of the short arm of the X chromosome indicate that the putative imprinted locus escapes X-inactivation, and probably lies on Xq or close to the centromere on Xp. If expressed only from the X chromosome of paternal origin, the existence of this locus could explain why 46,XY males (whose single X chromosome is maternal) are more vulnerable to developmental disorders of language and social cognition, such as autism, than are 46,XX females.

Quelle: Evidence from Turner’s syndrome of an imprinted X-linked locus affecting cognitive function.

Der Grund dahinter ist Gen-Mathematik:

Eine Frau gibt immer ein X-Chromoson an ihre Nachkommen weiter, ein Mann entweder ein Y-Chromosom oder ein X-Chromosom. Da auf dem Y-Chromosom im wesentlichen die Daten für die Hodenbildung vorhanden sind und ein paar auf Männer bezogene Daten (zB Körpergröße etc) werden die übrigen Daten, die sonst auf dem X-Chromosom liegen, bei einem Sohn alleine von dem mütterlichen X-Chromosom abgerufen, während es bei einer Tochter dank zweier X-Chromosomen auch von dem des Vaters abgerufen werden kann.

Das bedeutet, dass die Gene der Frau, die allein auf dem X-Chromoson liegen bei einem Sohn sicher durchgesetzt werden, bei einer Tochter aber nur zu 50%. Sofern also die Gene der Frau auf dem X-Chromosom für Söhne optimiert werden, schlägt dies voll durch und führt zu mehr Nachkommen bei den Söhnen. Bei den Töchtern kann diese Optimierung zwar nachteilig sein, aber sie kommt auch nur in 50% der Fälle zum tragen.

Beim Mann verhält es sich genau umgekehrt. Ein X-Chromosom des Mannes führt zwingend zu einem Mädchen, da von der Frau ja nur ein weiteres X-Chromosom kommen kann. Eine Selektion auf für Frauen erfolgreiche Gene kann hier also erfolgen.

Interessant in diesem Bereich ist das sogenannte Genomische Imprinting. Dabei geht es darum, dass die Gene untereinander „regeln“, ob die Gene der Mutter oder des Vaters umgesetzt werden. Dies geschieht durch epigenetische Prägung der Gene und führt dazu, dass eines der beiden Gene entweder bei der Mutter oder beim Vater inaktiv ist. Dies liegt daran, dass Selektion ergeben hat, dass die Gene des Geschlechts, bei dem die Gene nicht aktiv sind, besser für die jeweilige Situation vorbereitet sind und eher bestimmen können, ob es sich um ein Mädchen oder einen Jungen handeln wird, was sich aus der oben genannten Genmathematik ergibt (Parental Origin effects).

All dies ist natürlich nur dann sinnvoll, wenn es vorteilhaft ist, dass es Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Sind die Geschlechter gleich und werden die Eigenarten nur durch die Kultur herausgearbeitet, dann könnte keine Selektion in dieser Weise stattfinden.

Eine Theorie zum Imprinting ist die parental conflict hypothesis. Diese geht davon aus, dass die Eltern verschiedene Interessen haben. Die Mutter möchte nach Möglichkeit einen gesunden Nachwuchs, aber auch fit bleiben für weiteren Nachwuchs. Der Vater hingegen, der nicht zwangsläufig mit der Mutter in einer Beziehung ist, hat ein Interesse an einem möglichst kräftigen Nachwuchs, auch auf Kosten der Mutter. Viele der Imprinting Gene streiten sich daher um den Wuchs des Babys und seinen Zugriff auf die Placenta, also seine Versorgung. Die Mutter will ein moderates Wachstum, der Vater hingegen ein kräftigeres Wachstum.

Darauf aufbauend auch sehr interessant: The imprinted Brain Theory

The imprinted brain theory argues that since it is uncertain if a woman’s other and future children have and will have the same father, as well as the father generally having lower parental investment, it may be in the father’s reproductive interest for his child to maximize usage of the mother’s resources while it may be in the mother’s interest to limit this in order to have resources for her other and future children.[2][3]

Thus, a genomic imprinting with slight maternal bias would be associated with factors such as decreased growth, more tractable behavior, and an empathizing and less self-centered personality causing less demands on the mother. The opposite would occur for a slight paternal bias.[2][3]

However, an extreme genomic imprinting in favor of maternal genes is argued to cause psychosis such as in schizophrenia spectrum disorders while an extreme genomic imprinting in favor of paternal genes is argued to cause autism spectrum disorders. Thus, people with schizophrenia empathize and read too much into situations and see hidden intentions everywhere, causing delusions and paranoia, while people with autism seem to be blind to the intentions of others. There are other contrasts such as ambivalence vs. single-mindedness.

Schizotypal personality disorder is argued to be analogous to Aspberger syndrome with both being less severe forms.

The theory is compatible with various genetic or environmental factors increasing the risk for schizophrenia and autism since many factors, genetic or environmental, are known to affect genomic imprinting. In the view many different factors may change overall imprinting balance and cause similar disorders.

Warum täuschen Frauen eine Orgasmus vor?

Eine Studie zum Vortäuschen eines Orgasmus durch Frauen:

The current study tested the hypothesis that women pretend orgasm as part of a broader strategy of mate retention. We obtained self-report data from 453 heterosexual women (M age, 21.8 years) in a long-term relationship (M length, 32.8 months) drawn from universities and surrounding communities in the southeastern United States. The results indicated that (1) women who perceived higher risk of partner infidelity were more likely to report pretending orgasm, (2) women who reported greater likelihood of pretending orgasm also reported performing more mate retention behaviors, and (3) women’s perceptions of partner infidelity risk mediated the relationship between pretending orgasm and the performance of cost-inflicting mate retention behaviors, such as Intersexual Negative Inducements (“Flirted with someone in front of my partner”) and Intrasexual Negative Inducements (“Yelled at a woman who looked at my partner”). Thus, pretending orgasm may be part of a broader strategy of mate retention performed by women who perceive higher risk of partner infidelity.

Quelle: Do Women Pretend Orgasm to Retain a Mate? (Volltext, PDF)

Auch interessant: Die dortigen Zahlen dazu:

Women are more likely to report pretending orgasm during intercourse than are men (e.g., Thornhill et al., 1995). According to previous research, about 50% to 60% of women self-report pretending orgasm (Darling & Davidson, 1986; Hite, 1976; Muehlenhard & Shippee, 2009; Schaefer, 1973; Wiederman, 1997; see Muehlenhard & Shippee, 2009, for review). We are aware of only one study investigating men’s self-reports of pretending orgasm (Muehlenhard & Shippee, 4 2009). In a sample of 180 male college students, 18% reported pretending orgasm (compared to 48% of women in a parallel sample).

Das sagt natürlich nichts über die Häufigkeit des Vortäuschens aus.

Zu den positiveren Gründen:

Although we found a positive relationship between pretending orgasm and Positive Inducements and Public Possession Signals, we were unable to detect a relationship between perceptions of partner infidelity risk and these two categories of mate retention. Women may pretend orgasm to display commitment and interest to their partners; these behaviors are similar to benefit-provisioning acts included in the Positive Inducements and Public Possession Signals categories (e.g., “Gave in to my partner’s sexual requests”). In other words, higher perceived risk of partner infidelity risk is not the only predictor of pretending orgasm. Women sometimes engage in such behaviors to emphasize love and care. Because men are attentive and interested in a female partner’s orgasm, women may pretend orgasm to keep their partner happy. Darling and Davidson (1986) asked participants open-ended questions regarding pretending orgasm; the primary response by 51% of women who pretended orgasm was “feel guilty, but it is important to satisfy my partner”

Der Umstand, dass der Partner kommt, ist eben häufig für beide wichtig. Der Mann möchte, dass die Frau kommt und es macht ihn glücklich, wenn das der Fall ist (was biologisch sowohl für Befruchtung und aufgrund der ausgeschütteten Hormone auch für die Partnerbindung (und damit auch wiederum für die Fortpflanzung, da das wiederum mehr Sex und geringere Fremdgehwahrscheinlichkeit bedeutet) interessant ist). Die Frau möchte auch, dass der Mann kommt, einmal weil es ebenfalls Partnerbindungsaspekte hat, aber mitunter eben auch, weil sie weiß, dass er versuchen wird seinen Orgasmus zu verzögern bis sie kommt, aber auch weiß, dass sie nicht kommen kann und es im Sinne der Partnerschaft besser ist, einen Orgasmus vorzuspielen, damit er dann kommen kann.

Beim Mann dürfte es ähnlich sein. Er weiß, dass die Frau ihn zum Orgasmus bringen will, aber er nicht kommen kann (Alkohol, schon zuviel Sex, zuviel Stress, was auch immer). Sie wird sich schlecht fühlen, wenn sie ihn nicht zum Orgasmus bringen kann, er hat aber einfach keine Lust mehr, es weiter zu versuchen. Der Mann hat allerdings das Problem des Ergusses, der mit dem Orgasmus verbunden wird und schwerer vorzutäuschen ist.

 

Geschlechterzuweisungen und Abwertung von Verhalten

Geschlechterzuweisungen, also männlich und weiblich, sind für viele Menschen wichtige Elemente der eigenen Identität.

Das zeigt sich auch in der Behandlung von Abweichungen, im Extrem natürlich bei den „größeren Abweichungen“, wenn so etwas in Transphobie oder Feindseligkeiten gegen Homosexuelle umschlägt.

Aber auch in vielen kleinen Bereichen des Alltags:

Neulich auf einer Party hatte beispielsweise ein Partygast eine Flasche Likör dabei, sich von der Gastgeberin entsprechende kleine Plastikbecherchen („Pintchen“) geben lassen und in die Runde gefragt, wer in diesem Raum einen mittrinkt. Einer der Gäste war recht zurückhaltend, wollte erst genau wissen, was es für ein Likör ist, wollte sein Pinchen nicht zu voll, und trank es dann eher vorsichtig nippend. Die Partygästin mit der Flasche, die ihr Pintchen geext hatte, veranlaßte das zu dem Ausspruch: „Du trinkst auch wie eine Frau“. Natürlich mit einem Lächeln, aber dennoch interessant.

Andere Beispiele hat man im täglichen Leben genug und jeder dürfte entsprechende Zuweisungen schon einmal gehört haben. Klassisch wäre zB „Der heult wie ein Mädchen“ oder „Stell dich nicht an wie ein Mädchen“.

Insgesamt scheinen dabei die Zuordnungen des negativen zum weiblichen zu überwiegen. Man kann aus einer anderen Betrachtung heraus aber auch einfach darauf abstellen, dass die Frauenrolle mehr Freiheiten lässt als die Männerrolle und daher Abweichungen von dieser weniger toleriert werden. Danach wird nicht generell weibliches Verhalten abgewertet, sondern weibliches Verhalten von Männern diesen nicht zugestanden. Man könnte sagen, dass sie nicht „privilegiert“ genug sind, um ein solches Verhalten zeigen zu dürfen.

Dafür spricht meiner Meinung nach, dass ein Großteil des Verhaltens, dass als zu weiblich beim Mann kritisiert wird, bei Mädchen erwartet wird. Dies wäre mit einer reinen Abwertung dieses Verhaltens nicht zu erklären.

Das macht es für die Betroffenen natürlich nicht besser. Schuld sind meiner Meinung allerdings eher essentialistische Ansichten über Mann und Frau, die man biologisch sehen kann („Männer und Frauen sind immer so, nicht nur im Schnitt“) oder gesellschaftlich („Männer und Frauen sollten so erzogen werden, dass sie auf eine bestimmte Weise sind“). Nach heutiger Ansicht in der Biologie gibt es natürlich weiblichere Männer und männlichere Frauen und schleichende Übergänge, wie es bei einer Normalverteilung mit unterschiedlichen Mittelwert und sich überlappenden Trägern nicht anders zu erwarten ist.

Beides sollte man akzeptieren.

Ich denke diese Vergleiche sind so beliebt, weil wir Menschen zu schematischen Denken neigen. Wir haben Vorstellungen von Männlich und Weiblich, die eher dem Normalfall entsprechen und natürlich auch darauf ausgerichtete Attraktivitätsmerkmale. Starke Abweichungen gerade beim Geschlecht sind aus evolutionär-biologischer Sicht wichtige Signale zur Bewertung von Attraktivität und Wert auf dem Partnermarkt. Das sind unbewußte Wertungen, die eigentlich moralisch wenig aussagen sollten, von denen wir uns aber nicht ohne weiteres frei machen können. Auch hier gilt natürlich, dass ein bewußter naturalistischer Fehlschluß darauf, dass dann ein bestimmtes Verhalten gut und richtig oder gar verlangbar ist, falsch ist.

„Weil man gesellschaftliche Faktoren beim Menschen nicht ausblenden kann, kann man nie beweisen, dass diese nicht eigentlich maßgeblich für Unterschiede sind“

Ein häufig gehörtes Gegenargument gegen biologische Begründungen ist, dass man nicht auschliessen kann, dass es doch gesellschaftliche Gründe für angebliche Unterschiede gibt. Denn kein Mensch kann – abgesehen von bizarren Menschenversuchen, die so aber nicht stattfinden – außerhalb der Gesellschaft aufwachsen. Daher könne nie geklärt werden, was eigentlich für Unterschiede zwischen den Geschlechtern ursächlich sei.

Das ist meiner Meinung nach allerdings nicht richtig.

1. Wenn die Gesellschaft konstant bleibt, aber die Biologie abweicht lassen sich Unterschiede erkennen

Ein Weg aus diesem Umstand heraus ist, dass man untersucht, wie sich bestimmte Menschen mit biologischen Unterschieden innerhalb der Gesellschaft bewegen.

a) CAH

Ein Beispiel dafür sind CAH-Mädchen. Sie sind erkennbar weiblich und werden insofern von der Gesellschaft als Mädchen wahrgenommen. Gleichzeitig produziert ihre Nebennierenrinde (unter anderem) überdurchschnittlich viel Testosteron. Dies führt zu einer Vermännlichung im Verhalten.

Hiergegen wird eingewendet, dass das Testosteron eben nicht nur zu einer Vermännlichung des Verhaltens führt, sondern eben auch zu einem männlicheren Körper. Daraus soll sich dann – weil die Menschen aufgrund ihrers Phänotyps auch gleichzeitig ihr Gender anders ausrichten, das männlichere Verhalten resultieren. Das läßt aber die Fälle unberücksichtigt, bei denen eine Behandlung erfolgt und insoweit der Hormonspiegel normalisiert ist und nur noch das pränatale Testosteron wirkt. Hier wird dann argumentiert, dass die ärztliche Untersuchung selbst eine Wirkung hat und das Kind unsicher in seiner Sexualität macht. Allerdings erklärt dies nicht, warum dann kontinuierlich ein männlicheres Auftreten erfolgt. Es wäre bei einer rein gesellschaftlichen Erklärung damit zu rechnen, dass einige der Mädchen ihre Weiblichkeit überbetonen um sie insoweit trotz ihres Körpers abzusichern. Schließlich drängt sie die Rollenerwartung und die Macht der Geschlechternormen genau in diese Richtung. Ich finde es auch wenig überzeugend, dass zum einen die Wirkmächtigkeit der Geschlechternormen realtiv absolut gesetzt wird, aber bereits gewisse körperliche Abweichungen solch entscheidene Auswirkungen haben sollen.

b) CAIS

Ein weiteres Beispiel wären CAIS-Mädchen. Diese haben eine überdeutlich weibliches Verhalten. Das könnte man damit erklären, dass sie einen sehr weiblichen Körper haben (da ja kein Testosteron wirkt), aber dennoch sind die Unterschiede insoweit nicht deutlich genug. Den meisten Betroffenen fällt der Zustand erst auf, wenn sie keine Pubertät haben und ihre Regel nicht bekommen. Dann wiederum sind keine Fälle gekannt, wo das Erkennen, dass man ein Y-Chromosom hat, zu einer Vermännlichung führt. Auch ist mit gesellschaftlichen Erwartungen schwer zu erklären, warum CAIS-Mädchen so gut wie ausschließlich auf Männer stehen, also (Wenn man sie als Frauen ansieht, was ich tue) so gut wie nie Homosexuell sind. Denn es sind ja ansonsten genug lesbsiche Frauen gekannt, die eine sehr weibliche Art haben (wenn auch viele Homosexuelle Frauen eine männlichere Art haben).

c) Transsexualität

Bei Transsexuellen wurde bei M–>F Transsexuellen vererbbare schwächere Testosteronrezeptoren nachgewiesen. Körperlich entsprechen diese aber vollkommen den übrigen Männern. Die Gesellschaft kann sie daher auch nur als Männer wahrnehmen. Ich sehe daher nicht, wie ein abweichender Gesellschaftlicher Druck auf sie wirken kann. Wenn daher Abweichungen vorhanden sind, dann wären diese auf die Biologie zurück zu führen.

d) „Claocal exstrophy“

Hier werden bereits bei Geburt bestimmte Geschlechtszuweisungen vorgenommen und der Körper operativ angepasst. Es zeigen sich bei Betroffenen dennoch teilweise von dem Phänotyp abweichende geschlechtliche Verhalten. Hier könnte man wieder darauf abstellen, dass den Betroffenen aufgrund ihrer Vergangenheit bewußt ist, dass ihr Geschlecht unklar ist. Allerdings werden sie gesellschaftlich als einem Geschlecht zugehörig wahrgenommen, so dass ein entsprechender Druck in diese Richtung existiern sollte.

2. Einzelne gesellschaftliche Erklärungen können ausgeschlossen werden

Einzelne Gesellschaftliche Erklärungen können durchaus untersucht werden. Wenn bestimmte Faktoren genannt werden und diese dann beispielsweise innerhalb der geschichtlichen Entwicklung wegfallen, dann muss entweder eine Änderung eintreten oder dieser Faktor kann nicht so wesentlich gewesen sein.

Heutzutage ist beispielsweise Homosexualität wesentlich akzeptierter als früher. Dennoch scheinen nicht mehr Leute homosexuell zu werden.

 

Dschingis Khan: Warum es sich (genetisch) lohnt ein Alphamann zu sein

Es gibt eine Theorie, nach der etwa 0,5% der Weltbevölkerung Gene tragen, die sich zu Dschingis Khan zurückverfolgen lassen:

We have identified a Y-chromosomal lineage with several unusual features. It was found in 16 populations throughout a large region of Asia, stretching from the Pacific to the Caspian Sea, and was present at high frequency: ∼8% of the men in this region carry it, and it thus makes up ∼0.5% of the world total. The pattern of variation within the lineage suggested that it originated in Mongolia ∼1,000 years ago. Such a rapid spread cannot have occurred by chance; it must have been a result of selection. The lineage is carried by likely male-line descendants of Genghis Khan, and we therefore propose that it has spread by a novel form of social selection resulting from their behavior

Quelle: The Genetic Legacy of the Mongols

Etwa 16 Millionen Nachkommen in der männlichen Linie. Das ist insoweit schon einmal sehr beachtlich.

Frans de Waal in „Der Affe in uns“ dazu (S. 158)

Anthropologen haben uns zahlreiche Beweise vorgelegt, dass mächtige Männer über mehr Frauen verfügen und mehr Nachkommen zeugen.Ein verblüffendes Beispiel lieferte eine kürzlich durchgeführte genetische Untersuchung in Ländern Zentralasiens. Gegenstand war das Y-Chromosom, das nur Männer haben. Nicht weniger als 8% der asiatischen Männer weisen so gut wie identische Y-Chromosomen aus, was darauf schließen läßt, dass sie alle einen einzigen Vorfahren haben. Dieser Mann hatte so viele Nachkommen, dass er heute schätzungsweise 16 Millionen männliche Nachkommen hat. Nachdem sie herausgefunden hatten, dass dieser große Befruchter vor rund tausend Jahren lebte, haben sich die Wissenschaftler auf Dschingis Khan als den wahrscheinlichsten Kandidaten geeinigt. Khan, seine Söhne und seine Enkel herrschten über das größte Reicht der Weltgeschichte. Ihre Armen schlachteten ganze Bevölkerungen ab. Schöne junge Frauen jedoch durften die Truppen nicht anrühren: man brachte sie dem mongolischen Herrscher höchstpersönlich.

Also keine sehr freiwillige Mutterschaft für diese Frauen, aber immerhin eine genetisch erfolgreiche.