Lamarckismus

 Unter Lamarckismus versteht man die Idee, dass Erfahrungen sich vererben können.

Der Sohn eines eigentlich schwächlichen Mannes, der sich durch Kraftsport mit Mühen stärker gemacht hat, würde demnach stark werden, die Muskeln seines Vaters erben. Weizen, der die Erfahrung von Forst gemacht hat, würde in späteren Generationen besser mit Frost zurechtkommen, der Hals einer Giraffe wäre von Generation zu Generation länger geworden, weil die Giraffen sich nach dem Futter strecken etc.

Diese Idee kann aus mehreren Gründen nicht klappen:

  • Die Idee, dass Erfahrungen das Erbgut umgestalten, würde mehrere Schritte erfordern:
    • zunächst müßte vor der Erstellung des Genetischen Materials, das zur Erstellung der Nachkommen genutzt wird, der Körper gescannt werden, also die neuen Muskeln erfasst werden
    • dann müßte diese Information neu codiert werden um sie in einem Wachstumsplan verwenden zu können. Es müßte also eine Berechnung durchgeführt werden, nach der ermittelt wird, wie diese neue Information in einen Wachstumsplan einzufügen ist, damit sogleich ein Körper mit der neuen Eigenschaft entsteht. Bei dem Körper des Kraftsportlers müßte also berechnet werden, wo neue Muskeln vorhanden sind und dann die Stellen im Genplan gefunden werden, der diesen Muskelaufbau steuert.
    • Dann müßte die Information im Genplan gezielt hin zu mehr Genwachstum geändert werden. Dies allein zeigt schon, dass Lamarckismus nicht funktionieren kann oder jedenfalls nicht praktiziert wird. Denn wir haben in unserem Körper weder einen entsprechenden Scanmechanismus noch eine Umrecheneinheit. Vielmehr werden die Eizellen bei der Frau bereits bei der Geburt mit deren Genmaterial bestückt und nicht mehr geändert. Ein Lamarckismus könnte daher eh nur bei den Erfahrungen des Mannes ansetzen, findet aber auch dort nicht statt. Das Genmaterial verändert sich nicht über die das Leben eines Menschen, abgesehen von Mutationen im geringfügigen Maße.
  • Ein weiterer Nachteil des Lamarckismus wäre es, dass nicht zwischen nachteiligen und vorteilhaften Veränderungen unterschieden werden könnte. Wächst bei einem Genträger ein Tumor, dann müsste dieser beim Scan erfasst und in den Genplan eingebaut werden, da er sich von einem mehr an Muskeln insofern nicht unterscheidet. Auch wenn jemand negative Erfahrungen macht müsste sich das niederschlagen, die Kinder eines fast verhungerten unterernährten Menschen müssten also dementsprechend auf die Welt kommen.
  • Eine andere Betrachtung würde eine sehr raffinierte Auswertungssoftware erfordern, die insbesondere zukünftige Ereignisse sehr zuverlässig voraussagt und auf ihre Geeignetheit für eine Weitergabe hin analysiert. Und dies kontinuierlich beim Mann, wann immer neue Spermien erstellt werden.
Berechtigterweise wird daher eine Theorie, die auf einer Vererbung von Erfahrungen aufbaut, nicht mehr vertreten. Die Veränderungen bei Lebewesen werden vielmehr allgemein mit Mutationen und Selektion, also der Evolutionstheorie erklärt