Das modulare Gehirn und Selbsttäuschungen

Bei Matt Ridley habe ich eine interessante Passage zu inneren Widersprüchen gefunden, bei der es um das modulare Gehirn geht:

The Kurzban theory of hypocrisy takes as its starting point that the mind is modular. That is to say, just as the body uses different organs to achieve different ends—bones, kidneys, skin and nerves each being designed for different jobs—so the brain uses specialized mental circuits honed for tasks like vision, social interaction and fear. Mr. Kurzban uses the parallel of the smartphone. Different apps are built for different jobs.

If the mind is modular, says Mr. Kurzban, then sometimes the modules will contradict each other. The hunger module will demand a cheeseburger, while the vanity module demands a diet. People break New Year’s resolutions because willpower is just one module, up against some formidable mental rivals. Eliot Spitzer’s moralistic module led him to condemn prostitution; his lust module chose a different path. Presumably, we disapprove of hypocrisy because we have a fairness module: We demand that others practice equal treatment, and we see their hypocrisy as evidence that they exempt themselves from their own rules.

Mr. Kurzban says there is no reason to expect consistency from a modular mind. „A foolish consistency,“ said Emerson, „is the hobgoblin of little minds.“ This leads him to the conclusion that self-deception comes about not for some holistic purpose such as „protecting the self“ from damage to self-esteem (as many psychologists have argued) but simply because it serves the purpose of one module to deceive another. In his view, we deceive ourselves as a sort of public-relations exercise: so that we project a particular perspective to the outside world.

Die Idee des modularen Gehirns scheint mir sehr nachvollziehbar. So kann sich ein Gehirn am ehesten entwickeln, indem einzelne Bereiche immer weiter ausgebaut werden.

Es passt allerdings nicht zur Theorie des „unbeschriebenen Blatt„, die ja letztendlich auch dem Poststrukturalismus und damit dem Genderfeminismus zugrundliegt.

Ein modulares Gehirn wäre vielmehr für seine jeweilige Aufgabe in den jeweiligen Modulen spezialisiert und könnte damit auch besser mit einer speziellen „Software“ für diesen Bereich ausgestattet sein.

Natürlich ist auch hier noch vieles umstritten. Man darf also auf weitere Forschung gespannt sein. Aber es würde vielleicht einiges an Widersprüchlichkeit weniger widersprüchlich machen.

61 Gedanken zu “Das modulare Gehirn und Selbsttäuschungen

  1. Um die Widersprüchlichkeiten der Menschen zu erklären braucht man kein modular aufgebautes Gehirn. Zumal ein modular aufgebautes Gehirn für sich genommen nicht erklären kann, warum bestimmte Module bei der Mehrheit der Menschen so konsequent in der Auseinandersetzung „mit anderen Modulen“ gewinnen.

    Jeder weiß zum Beispiel, dass Rauchen schädlich ist. Jeder kennt die Folgen, trotzdem machen es viele. Jeder weiß, dass er regelmäßig Sport machen sollte. Fast niemand macht es regelmäßig. Jeder weiß, dass er Alkohol nur in Maßen genießen sollte… usw. usf.

    • warum bestimmte Module bei der Mehrheit der Menschen so konsequent in der Auseinandersetzung „mit anderen Modulen“ gewinnen

      Ich denke, welches Modul gerade das Stärkste ist, hängt extrem von der Situation ab. Wenn die Hand wehtut, zieht man sie weg, und überlegt nicht erst, was für folgen das hat, das heist aber nicht, dass man nie überlegt.

      In einer ruhigen, intellektuellen Situation gewinnt natürlich „Ich mach irgendwann mal Sport“ gegen Erschöpfung, einen Vorsatz fassen ist ja nicht anstrengend. In der Konkreten Situation nach der Arbeit,wo man geplant hatte, zu Joggen, gewinnt die Erschöpfung.

  2. @Haselnuss

    Damit ein Modul gewinnt muß ja nur die Selektion positiver Mutationen, die ein solches Gewinnen erlauben, stattfinden. Wenn mehr Menschen mit einem überlegenen Modul dauerhaft mehr Nachkommen haben reichern sich entsprechende Gene im Genpool an.

      • Das verhalten, das du aufgezählt hast, spielt Evolutionshistorisch aber keine Rolle: Zu wenig Sport war bis vor 100 Jahren nur einigen wenigen überhaupt möglich.

        Zigaretten passen aus mehrererlei Hinsicht nicht: zum einen ist die Verfügbarkeit von Tabak sehr jung, Weiterhin setzt der Tod durch Lungenkrebs nach 50 voraus, dass man überhaupt 50 Jahre alt wird (auch eine eher neue Sache), und weiterhin stirbt man auch da in einem Alter, in dem Fortpflanzung nicht mehr wirklich wahrscheinlich ist.

  3. @Haselnuss

    weil wir in einer Zeit leben, in der die selektion nicht stattfand. Ohne Kühlschrank und Supermarkt wird essen interessanter. Wer jagen und sammeln muss statt im Büro zu sitzen braucht keinen Sport sondern spart besser Energie. Und Zigaretten sind Suchtstoffe, die unsere Körperchemie ausnutzen

    • Fast hättest du es gehabt. Das sind alles Aktivitäten, die unser Belohnungszentrum ansprechen. Es gibt in der Gehirnforschung Hinweise, dass die Hauptaufgabe der menschliche Rationalität beim Durchschnittsmenschen die ex post-Rationalisierung (Hamster) der Entscheidungen ist.
      Und als generelle Regel gilt: Wenn ein Streit zwischen Belohnungszentrum und Großhirn entbricht, gewinnt das Belohnungszentrum.

      Du siehst, es sind keine auf Aufgaben spezialisierte „Module“ und keine vagen, nicht-testbaren Hilfshypothesen notwendig, die die Theorie am Leben zu halten. Als Bonuspunkt ist es darüber hinaus mit der Evolutionstheorie- und psychologie vereinbar.

  4. So könnte man sich die Frage stellen, warum es irgendwann in der Evolution zu einer Steigerung der Komplexitätsstufe des menschlichen Gehirns kam oder anders ausgedrückt, warum wurden auf das Stammhirn die anderen Gehirnteile aufgepfropft, waren „diese“ – je nach evolutionärer Stufe – alle in der nächsten Generation dann funktionstüchtig? Hurra mein Frontallappen hat sich ausgebildet, Mutti du hast noch keinen!

    Ich glaube, diese Dinge sind evolutionär so nicht erklärbar. Auch „Module“ sind letztlich wieder Einheiten. Man kann sich, philosophisch mit dem Phänomen der „Emergenz“ oder „die Summe ist mehr als seine Teile“ behelfen, erklären tut dies allerdings nichts, wie die kosmologische Konstante von Einstein.“Spontan“ hat sich das herausgebildet, bei gleichen Umweltbedingungen für A und B. Ist mir zu einfach.

    • Warum brauchst du da einen „Spontanen Stirnlappen?“

      Wenn man die „module“ mal so ähnlich wie organe Auffasst, ist dein Argument eigentlich das der „irreduziblen komplexität“.

      Ich glaube aber sehr wohl, dass man Übergänge haben kann.
      Man brauch z.B. nicht direkt einen komplett spezialisiertes Modul für ‚ich will einen Cheesburger‘, ein Gehirn, was mit einer minimal häufigeren Wahrscheinlichkeit die entscheidung fürs Essen fällt kann schon einen Selektionsvorteil haben.

      Analog zu Dawkins beispiel mit dem Auge, was sich aus einer lichtempfindlichen Zelle entwickelt haben kann, kann sich ein spezielles „Modul“ auch aus einer subtilen Änderung im Gehirn ergeben.

      • kann sich ein spezielles „Modul“ auch aus einer subtilen Änderung im Gehirn ergeben.

        Das würde aber dazu führen, dass sich dabei das Stammhirn auch ändern müsste. Häufigkeiten sind keine physiologischen Änderungen im Gehirn. Die Frage ist doch wie sich diese Entscheidungen manifestieren. Bilden sich keine hirnspezifischen Korrelate ist es irrelevant, was du „ich will einen Cheesburger“ denkst.

        Eigentlich müssten sich die Korrelate bereits vor dem Wunsch, der Möglichkeit eines solchen Wunsches gebildet haben, zumal man als Evolutionist ja einen Materialismus, meist einen eliminativen, vertreten muss.

  5. Man denke nur, was für hyper-mega „neue“ Umweltbedingungen, die uns gänzlich fremd sind das wohl gewesen sein mögen! Sind da Alien-Intruders auf die Welt gekommen und haben unsere Vorfahren an Dauerstimuli fürs Gehirn angeschlossen?

    Ohne zu überzeichnen, müssten meiner Ansicht nach, schon uns gänzlich fremde Umweltbedingungen, welche sehr stimulierend auf das Gehirn wirkten, vorgeherrscht haben.

    • Es wird unmittelbar durch die Handlungen aktiviert (Rauchen, Essen, Sex; mit Elektroden lässt es sich direkt stimulieren) und ist einer der stärksten Motive menschlicher Handlungen. Das Belohnungszentrum hat Suprematie im Gehirn. Das stellt man fest, wenn man sich überlegt, von welchen Gewohnheiten der Mensch nicht lassen kann. (Es hängt noch mit den Emotionen zusammen, aber die lassen wir mal außen vor.) Der rationalere Teil unseres Gehirns (Großhirn) hat dagegen nahezu keine Chance. Deshalb fällt es dem Menschen auch so schwer von schlechten Gewohnheiten zu lassen; sie machen zu viel Spaß.

    • *Wenn es nur das ausführende Organ der anderen Module ist, die quasi darum kämpfen, wer es aktiviert, dann wäre klar, warum es dumm ist.*

      Bin ich hier eigentlich die einzige, die sich das wie ein Videospiel vorstellt? Oder wie den Buzzer bei Gameshows.
      (dö-dööööm. Großhirn sagt du bist zu fett!)

      *Mr. Kurzban uses the parallel of the smartphone. Different apps are built for different jobs.*

      Oh Apps kenn ich! Cool ich kann Wissenschaftler verstehen!
      Boah ne, Populärwissenschaft ick hör dir trapsen.
      Irgendwie krieg ich immer kurz ne Gänsehaut, wenn Wissenschaftler Metaphern verwenden, wo sich jeder Bildleser zu relaten kann (no offense).

  6. „Das Gehirn des Menschen ist ein unbeschriebenes Blatt, dass erst durch seine Lebenserfahrungen geformt wird.“

    Ohne Lebenserfahrungen kann das Blatt noch unbeschrieben sein. Ist auch nachvollziehbar. Und auch, dass Menschen gezielt die Hand bewegen (mag es lediglich Gymnastik sein), ist nachvollziehbar. Ohne ein Ziel – glaube ich – bewegt sich die Hand nicht, es sei denn, die Person ist geistesgestört. Du streckst doch die Hand aus z. B. wenn du jemanden begrüßen möchtest oder den Knopf drücken möchtest.
    „Es passt allerdings nicht zur Theorie des „unbeschriebenen Blatt„, die ja letztendlich auch dem Poststrukturalismus und damit dem Genderfeminismus zugrundliegt.“

    Ich habe keine Ahnung, wie ein unbeschriebenes Blatt Papier mit Postrukturalismus und Genderfeminsismus zusammenhängt, aber ich weiß, dass das Zusammenleben der Menschen in einer Gemeinschaft nicht ohne Struktur vor sich hin geht.

    „Ein modulares Gehirn wäre vielmehr für seine jeweilige Aufgabe in den jeweiligen Modulen spezialisiert und könnte damit auch besser mit einer speziellen „Software“ für diesen Bereich ausgestattet sein.“

    Ich habe nichts gegen Spezialisierung und auch eine Brille als Art „Hardware“ können meine Augen stärken, aber fremde „Software“ möchte ich in meinem Körper nicht beheimaten.

    „Natürlich ist auch hier noch vieles umstritten. Man darf also auf weitere Forschung gespannt sein. Aber es würde vielleicht einiges an Widersprüchlichkeit weniger widersprüchlich machen.“

    Vielleicht, wenn wir uns bewusst darauf einigen würden, uns dessen bewusst wären, dass unsere Freiheit da begrenzt ist, wo die Freiheit des Gegenübers anfängt, hätten wir auch einen Fortschritt gemacht (???)

    • @starosczyk

      „Ohne Lebenserfahrungen kann das Blatt noch unbeschrieben sein.“

      Aber wenn es vollkommen leer ist, wie soll man dann wissen, wie man etwas reinschreibt?
      Das Gehirn braucht in jedem Fall eine sehr komplizierte Software, so oder so. Wenn man eine so komplizierte Software akzeptiert, dann sollte man sich auch überlegen, warum man meint, dass bestimmte Standarderfahrungen nicht ebenfalls abgelegt werden, um gewisse Richtlinien zu geben. Solche Vorgaben (nicht als Befehle, aber flexibel ausgestaltet als Wünsche und Aufträge) könnten einen Vorsprung geben bei der Weitergabe der Gene und sich damit im Genpool anreichern

      • Christian

        o „@starosczyk
        „Ohne Lebenserfahrungen kann das Blatt noch unbeschrieben sein.“

        Ich habe mal was über Intuition gelesen. Wenn Du jemanden auf Deine Intuition (vor allem weibliche Intuition!) hinweist, wirst Du im Allgemeinen als Spinner abgestempelt. Vielleicht – stand da im Text – werden in der Zukunft nach neuen Standpunkten intuitive Prozesse ähnlich wie heute der Strom-Lauf erklärt?

  7. @haselnuss

    [direkte Aktivierung des Belohnungszentrums]
    also bei Drogen kann ich es mir vorstellen. Aber auf die kann die Evolution ja auch schlecht reagieren.
    Bei Essen müßte ja das Belohnungszentrum direkt mit optischen Nerven und geruch und Geschmacksnerven sowie dem Magen verbunden sein ohne Auswertungsstation dazwischen. Auch bei Sexuellen Reizen müßte eine Auswertung der Signale erfolgen. Stelle ich mir direkt schwierig vor

    • Christian: „Aber auf die kann die Evolution ja auch schlecht reagieren.“
      So lange wie archäologische Ausgrabungen zurückreichen, gibt es Drogenfunde. Natürlich reicht dies nicht in die magische Zeit zurück, in der die Evolution stattgefunden hat, du weißt schon, die Zeit fast ohne archäologische Funde, aber doch sehr weit. Unsere nächsten Verwandten 😉 nehmen auch Drogen.

      Insofern ist es nach deiner Argumentation plausibel, dass die Geschichte der Menschheit eine Geschichte des Drogenkonsums ist. Hm, Drogenkonsum muss wohl einen evolutionären Vorteil gebracht haben… 😀

      • @Haselnuss

        Kein Grund es ins lächerliche zu ziehen. Wir können auch einfach diskutieren.

        Ich führe meine Argumente gerne noch einmal an:

        – Wir essen zuviel, obwohl es ungesund ist
        Es ist heute ungesund, zuviel zu essen, weil wir Nahrung im Überfluss haben. Wir können jederzeit beliebige Mengen Nahrung aus dem Supermarkt holen und über Tiefkühlschränke und Kühlschränke zudem auch länger vorhalten. Dies war jedoch lange zeit in unserer Entwicklungsgeschichte nicht der Fall. Wir waren auf Früchte bzw. Jagdbeute angewiesen. Wenn die zeiten schlecht waren, dann musste man hungern. Wenn ein Großwild erlegt worden ist, dann lohnte es hingegen „Bingeeating“ zu betreiben, also reinzustopfen was ging, damit man das leicht verderbende Fleisch in sich lange haltendes Körperfett umwandeln konnte. Ein Modul, dass uns sagt „wann immer Nahrung vorhanden ist iss solange du kannst, gerade wenn sie Nährstoffreich ist (Zucker, Fette etc) kann daher unter diesen Bedinungen leicht entstehen.

        – Wir machen zuwenig Sport
        Sport erscheint mir eine eher neue Erfindung zu sein. Die meisten Urgesellschaften, die bis heute exististieren scheinen mir keinen Sport zu kennen, bei dem es darum geht, diesen lediglich auszuüben um sich mehr zu bewegen. Dies dürfte daran liegen, dass Sport wesentlich weniger notwendig ist, wenn man körperlich arbeitet und keinen Bürojob hat. Die körperliche Arbeit sorgt dann selbst dafür, dass die dafür erforderlichen Muskeln ausgebildet werden.
        Zudem verbraucht Sport Kalorien, sowohl akut als auch über den Muskelaufbau beim Grundverbrauch. Sport über die benötigen Bewegungen hinaus kann demnach kostenintensiv sein.
        Dennoch kann Sport, wenn er einem das Gefühl gibt, etwas besser zu können oder in einem Wettbewerb zu gewinnen oder (gefühlten) Status im intrasexuellen Wettbewerb zu erhalten, von bestimmten Modulen unterstützt werden. Dem entgegen arbeitet dann das „Energiehaushaltsmodul“. Um so abstrakter der Erfolg ist, um so unwahrscheinlicher ist ein direktes Ansprechen der anderen Module.

        – Drogen

        Selbst wenn Drogenkonsum sehr alt ist muss der Mensch sich nicht entsprechend angepasst haben.

        Teilweise hat er dies ja sogar:
        Europaer haben Keime im Wasser durch Alkohol abgetötet, Chinesen durch Abkochen. Deswegen können Europäer Alkohol besser abbauen als Chinesen.

        Aber es ist natürlich sehr schwierig eine Selektion auf Drogenresistenz vorzunehmen, wenn diese Drogen sehr selten sind und die Körperchemie nachahmen.
        Denn das würde erfordern, dass die Körperchemie komplett umgestellt werden muss, damit der Drogenstoff nicht mehr mit den körpereigenen Drogen verwechselt werden kann. Eine solche Mutation muss dann auch ihre Mühe wert sein.
        ich bezweifele, dass die meisten heutigen Drogen in dieser Form eine Möglichkeit hatten, größere Selektionen auszulösen. Gibt es denn Belege für langanhaltenden frühzeitlichen Drogenkonsum?
        Viele Drogen erfordern ja Labore oder gezielte Kultivierung, die es auch noch nicht so lange gibt.

        Es fragt sich also welche Auswirkungen der Drogenkonsum hatte, welche Mutationen als Gegenmaßnahme wie aufwändig waren und wie verbreitet er war.

        Wenn ein gewisses Rauschkraut genutzt wurde um zB Verbindung mit den Ahnen herzustellen oder sein Seelentier zu finden, dann bringt es nicht unbedingt vorteile dagegen immun zu sein.
        Wenn eine Mutation erfordert die Körperchemie auf die Gefahr einer Unfruchtbarkeit hin zu ändern, dann waren die Kosten zu hoch, ebenso wenn der Eingriff in die Körperchemie nicht in hinreichend kleinen Schritten möglich ist.
        Eine „Gegenmutation“ muss auch nicht das Rauschmittel selbst betreffen, sondern es kann auch eine Abneigung gegen Leute im Rauschzustand sein, die einen diese meiden läßt und zu einer Ächtung dieses verhaltens außerhalb besonderer Umstände (religiöse oder Kulthandlungen) führt. Dies kann eine einfachere Reaktion sein als eine Umstellung der Körperchemie.

  8. OT ?

    http://videos.arte.tv/de/videos/eine_frage_der_gene-4198120.html

    Eine Frage der Gene

    Die seriöse Wissenschaft ist sich einig, dass die rund sieben Milliarden Menschen, die heute die Erde bevölkern, allesamt aus einer kleinen Gruppe von Männern und Frauen und deren Nachkommen hervorgegangen sind, die vor 200.000 Jahren in Afrika lebten. Diese Gründergruppe der Menschheit setzte sich aus höchstens 30.000 zeugungsfähigen Erdbewohnern zusammen. Der Beweis dieser Behauptung findet sich in jedem Individuum in Gestalt der DNA, des Gencodes der Gattung Mensch.
    Der Gencode ist das unauslöschliche Band zwischen den Menschen über alle Kontinente, Hautfarben und Sprachen hinweg. Gerade die Hautfarbe, die seit jeher dafür herhalten muss, die Behauptung wesentlicher Unterschiede zu rechtfertigen, ist das sichtbare Zeichen der schier grenzenlosen Anpassungsfähigkeit des menschlichen Körpers. Sie sagt viel über die Geschichte der Gattung Mensch aus, beispielsweise über Migrationen und darüber, wie die ersten Siedler in Europa vor etwa 20.000 Jahren hellhäutig wurden.
    Die Paläoanthropologen Yves Coppens und Pascal Picq, die Genetikerin Evelyne Heyer und der Anthropologe Jean-Jacques Hublin erzählen die faszinierende Geschichte der Eroberung der Erde durch den Homo sapiens, seiner unglaublichen Anpassungsfähigkeit und der daraus resultierenden Vielfalt. Die Dokumentation begleitet ein Forscherteam zu den Khoisan in Namibia, um DNA-Proben zu entnehmen. Die Untersuchung ergibt, dass diese „Buschmänner“ direkte Nachkommen der ersten Menschen auf dem afrikanischen Kontinent sind und dass sie über die Jahrtausende hinweg im Unterschied zur übrigen Weltbevölkerung den großen genetischen Reichtum der ersten Menschen bewahrt haben.
    Eine weitere Reise führt mit dem Paläoanthropologen Fabrice Demetter nach Kambodscha. Er wurde von der UNESCO beauftragt, den wissenschaftlichen Wert von prähistorischen Felsbildern im kambodschanischen Kardamom-Gebirge zu untersuchen und festzustellen, welche Rückschlüsse sie auf die Entwicklung der Menschheit zulassen.

    • Gratuliere lucia,
      ein Problem stellt sich dennoch. Wenn selbst die Nobelpreisträger zugestehen, dass sie keinen Dunst haben, wie der Übergang von Chemie auf Biologie in früher Erdgeschichte vonstatten gegangen ist, dann brauchen wir uns noch nicht Gedanken darüber machen, welcher Homo nun wie entstanden ist.

      „The genetic material is the harder problem; the chemistry is just more complicated. The puzzle has been understanding how a molecule like RNA can get replicated before there were enzymes and all this fancy biological stuff, protein machinery, that we have now in our cells.“

      • Wie welcher Homo entstanden ist, ist auch nicht so wichtig, weil wir die Einzigen sind. Heute ist für uns m. E. viel wichtiger, wie wir Rassismus in den Griff kriegen und mit den gemachten Erkenntnissen wäre es möglich, wenn es denn gewollt wird.

      • Terminatus30

        „Gratuliere lucia,
        ein Problem stellt sich dennoch. Wenn selbst die Nobelpreisträger zugestehen, dass sie keinen Dunst haben, wie der Übergang von Chemie auf Biologie in früher Erdgeschichte vonstatten gegangen ist, dann brauchen wir uns noch nicht Gedanken darüber machen, welcher Homo nun wie entstanden ist.“

        Ich sag doch. Wir müssen mit dem Wälzen im Staub anfangen:

        Hiob 10,9
        Bedenke doch, dass [a]du mich aus Erde gemacht hast, und [b]lässt mich wieder zum Staub zurückkehren?
        a) Kap 33,6; 1.Mose 2,7; b) 1.Mose 3,19

      • @Starosczyk

        Hiob 10,9
        Bedenke doch, dass [a]du mich aus Erde gemacht hast, und [b]lässt mich wieder zum Staub zurückkehren?
        a) Kap 33,6; 1.Mose 2,7; b) 1.Mose 3,19

        Männliche Erfindungen scheinen dich zu faszinieren. 😉

      • @terminatus

        „Wenn selbst die Nobelpreisträger zugestehen, dass sie keinen Dunst haben, wie der Übergang von Chemie auf Biologie in früher Erdgeschichte vonstatten gegangen ist, dann brauchen wir uns noch nicht Gedanken darüber machen, welcher Homo nun wie entstanden ist.“

        Der Übergang mag im dunklen liegen. Aber nur weil wir es nicht genau erklären und wissen können bedeutet das ja nicht, dass es unerklärbar ist oder einfach ein verdammt zufälliges Ereignis war.
        Bei der Bewertung der Wahrscheinlichkeiten hat man ja durchaus eine günstige Basis. Schließlich ist das Universum riesig, absolut riesig und auch recht alt. Wie viele Milliarden Planeten mag es in ihm geben? Wir wissen, dass wir zumindest entstanden sind, weil wir über diese Frage nachdenken können. Wenn wir die einzigen sind, dann kann man die Wahrscheinlichkeit sehr sehr gering ansetzen für ein solches Ereignis.

        Und es kann ja auch erst einen einfacheren Replikator gegeben haben, den wir heute nicht mehr kennen und aus dem sich dann das System entwickelt hat.

        Was eine schwere Erklärbarkeit jedenfalls nicht bedeutet, ist das dadurch Gott wahrscheinlicher wird. Denn Gott ist seiner Natur nach noch viel schwerer erklärbar als ein Replikator. Es ist nur eine Verlagerung auf die Entstehung Gottes, für die man dann wieder einen Gott braucht.
        Und es bedeutet schon gar nicht, dass es einen Gott gibt, der mehr gemacht hätte als einen Replikator in die Welt zu setzen, selbst wenn man von einem Gott ausgehen würde.

      • @Christian
        Ich sehe schon, du willst mir ein „argumentum ad ignorantiam“ unterstellen. Da gehst du fehl. Ich behaupte nicht, dass der Umstand, dass wir keine Erklärung für diesen Sachverhalt haben, ein Beleg für die Existenz eines „Schöpfergottes“ wäre.

        Im Gegensatz dazu, ziehst du einen Fehlschluss zumindest implizit.

        „Aber nur weil wir es nicht genau erklären und wissen können bedeutet das ja nicht, dass es unerklärbar ist oder einfach ein verdammt zufälliges Ereignis war.“

        Die Tatsache, dass etwas zum Zeitpunkt t1 nicht in einem wissenschaftlich zufriedenstellenden Sinne erklärt werden kann, bedeutet nicht, dass etwas zum Zeitpunkt t2 dann erklärt werden kann. Ein „aber“ legt hier einen falschen Schluss nahe.

        „Bei der Bewertung der Wahrscheinlichkeiten hat man ja durchaus eine günstige Basis. Schließlich ist das Universum riesig, absolut riesig und auch recht alt. Wie viele Milliarden Planeten mag es in ihm geben? Wir wissen, dass wir zumindest entstanden sind, weil wir über diese Frage nachdenken können.“

        Der Grund für die Existenz des Menschen ist seine Reflexionsfähigkeit – scheint mir eine sehr christliche Position zu sein 😉

        „Wenn wir die einzigen sind, dann kann man die Wahrscheinlichkeit sehr sehr gering ansetzen für ein solches Ereignis.“

        Auch das scheint mir ein christliches Argument zu sein. Mache aus dem Konjunktiv einen Indikativ und du würdest einige Theologen damit erfreuen

        „Und es kann ja auch erst einen einfacheren Replikator gegeben haben, den wir heute nicht mehr kennen und aus dem sich dann das System entwickelt hat.“

        Ja aber eben auch nicht. Diese Möglichkeit legt keinen Schluss nahe.

        „Was eine schwere Erklärbarkeit jedenfalls nicht bedeutet, ist das dadurch Gott wahrscheinlicher wird. Denn Gott ist seiner Natur nach noch viel schwerer erklärbar als ein Replikator.“

        Die Frage wäre, was du unter „Gott“ verstehst. Über Wahrscheinlichkeiten und „Feinabstimmungsargumente“ möchte ich hier nicht diskutieren. Das Beispiel mit dem Replikator ist schief. Vom heute aus, als „Lebewesen“ betrachtet, ist ein Replikator ansich keine große Sache. Beim Übergang vom Nichts ins Etwas oder von der Chemie in die Biologie ist ein Replikator eine sehr große Sache. Ob hier ein „göttliches Prinzip“ „metaphysisches Konstrukt“ kein besseres Erklärungsmuster, und sei es nur eine vorläufige Hypothese, darstellt, bleibt dahingestellt.

        • @terminatus

          Du hast mich falsch verstanden: Das wir denken ist nicht der Grund unserer Existenz. Der Umstand, dass wir denken, belegt, dass einmal ein Replikator auf einer Welt entstanden ist. Der Grund ist in meinen Augen entweder der Zufall oder Mechanismen, die wir noch nicht verstehen.

          Auch mein zweites Argument hast du falsch verstanden: ich meinte, dass wir bisher nur den Beleg haben, dass einmal Leben entstanden ist, nämlich auf der Erde. Ein unwahrscheinliches Ereignis bei einer Milliarde Milliarden Planeten (wie auch immer die Zahl heißt) und einer sehr langen Zeitspanne kann auch dann eintreten, wenn es sehr unwahrscheinlich ist. Bei einer Wahrscheinlichkeit von 1000 Milliarden zu 1 hätten wir immer noch eine Menge Planeten, auf dem Replikatoren entstanden sind.

          Letztendlich bringst du ja doch ein fehlerhaftes Argument aus der Unwahrscheinlichkeit. Dir ist es zu ungewiss, dass ein einfacher Replikator entstanden sein kann. Also meinst du es könnte ein noch unwahrscheinlicheres Element, nämlich ein göttliches Prinzip oder ein metaphysisches Konstrukt diesen Replikator erschaffen haben. Aber die Entstehung eines göttlichen Prinzips oder eines metaphysischen Konstrukts ist ja noch unwahrscheinlicher als ein einfacher Replikator, da kompöizierter. Es müßte selbst Ergebnis eines Prozesses sein, aller wahrscheinlichkeit nach eines evolutionären Konzeptes, denn das ist der einzige uns bekannte Weg, wie komplexes Leben entstehen kann. dann brauchst du aber wieder einen Replikator vor dem Replikator

  9.  @Starosczyk
    Hiob 10,9
    Bedenke doch, dass [a]du mich aus Erde gemacht hast, und [b]lässt mich wieder zum Staub zurückkehren?
    a) Kap 33,6; 1.Mose 2,7; b) 1.Mose 3,19
    Männliche Erfindungen scheinen dich zu faszinieren.

    Von: lucia am 19. Oktober 2011
    um 8:57 pm

    … sprach das einstige Model. Modelling ist natürlich kein Anpreisen, gell

    „Die Idee des modularen Gehirns scheint mir sehr nachvollziehbar. So kann sich ein Gehirn am ehesten entwickeln, indem einzelne Bereiche immer weiter ausgebaut werden.“

    Was passiert, wenn „Gott“ immer wieder zum Krieg mobilisiert?

    http://www.br-online.de/br-alpha/geist-und-gehirn/geist-und-gehirn-manfred-spitzer-mord-im-namen-gottes-ID1220549779596.xml

    • Immer weiter ausgebaut werden?

      Zitiere:
      Gehirnvolumen verringert sich bereits mit 18 Jahren.
      Laut einer Studie am Universitätsklinikum Aachen, an der Männer zwischen 18 und 51 Jahren teilgenommen haben, verringert sich das Gehirnvolumen schon ab dem 18. Lebensjahr. Betroffen sind die Bereiche, die Bewegungen und komplexe Handlungen steuern.

      Gerade ist die Pubertät abgeschlossen, da beginnt auch schon der Abbau:
      Den Wissenschaftlern war es erstmals möglich, das Altern bestimmter Hirnareale sichtbar zu machen und zu vergleichen. Hierzu bildeten sie das Gehirn in dünnen Scheiben ab und konnten mit Hilfe einer dafür neu entwickelten Software Unterschiede messen.

      Veränderungen wurden vor allem im Kleinhirn, im Thalamus sowie in der sensorischen und motorischen Hirnrinde sichtbar. „Diese Bereiche gehören zu Schaltkreisen, die für die Steuerung von Bewegungen des Menschen zuständig sind“, erklärte Peter Pieperhoff, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungszentrum Jülich. Auch das sogenannte präfrontale-limbische System, das komplexe Handlungsabläufe wie etwa beim Autofahren koordiniert, hätten sich bei den jüngsten Studienteilnehmern bereits verändert.

      Initiiert und durchgeführt wurde die Studie zum Altern des Gehirns im Rahmen der sogenannten „Jülich Aachen Research Alliance“, einem Bündnis zwischen der Aachener Hochschule und dem Forschungszentrum Jülich.

      Mit diesem Ergebnis ist aber nur der erste Teil der Studie abgeschlossen. Als nächstes sollen die Gehirne von Patienten mit Hirnerkrankungen, wie Alzheimer oder Parkinson, untersucht und verglichen werden.

      • Lucia

        „Immer weiter ausgebaut werden“

        Also ist auf das Gehirn auch kein Verlas? Ich bin lieber für die Seefahrer-Regel „Eine Hand für die Gruppe und eine für mich“ statt für das Studieren der Bibel!

      • Edit:

        The Mismeasure of Man (deutsch: Der falsch vermessene Mensch) ist ein 1981 veröffentlichtes Buch des Paläontologen und Harvard-Professors Stephen Jay Gould. Das Werk ist eine Kritik am allgemeinen Intelligenzbegriff und seiner Anwendung auf verschiedene Ethnien, Geschlechter und Bevölkerungsgruppen. Mit The Mismeasure of Man gelang Gould eine der einflussreichsten modernen Diskussionen des Intelligenzbegriffs. 1996 wurde das Buch in einer veränderten und erweiterten Ausgabe herausgegeben, diese Fassung enthält eine ausführliche Kritik an Charles Murrays und Richard Herrnsteins Buch „The Bell Curve“.

        Dabei versucht er zu zeigen, dass die Messung einer einheitlichen Kapazität „Intelligenz“ grundsätzlich verfehlt ist. Der Begriff „Intelligenz“ umfasst nach Gould vielmehr eine in Teilen willkürliche Zusammenstellung kognitiver Fähigkeiten, die sich zudem aus einer komplexen Interaktion von sozialen und biologischen Faktoren ergeben.

        http://de.wikipedia.org/wiki/The_Mismeasure_of_Man

      • Starosczyk:

        Durch das Studieren der Bibel lernt frau mit am besten den männlichen Größenwahn kennen. Ist zumindest praktisch, da weiß frau, was auf sie zu kommen könnte. 🙂

      • @ lucia
        Schön wie du wikipedia zitieren kannst. Leider vergisst du allzuoft auch den, den meisten Artikeln beigefügten, Kritikteil zu erwähnen.

        „Eine weitaus kritischere Besprechung publizierte Steve Blinkhorn im selben Jahr in der Zeitschrift Nature. Er bezeichnet das Werk darin als „Meisterwerk der Propaganda“, welches die Fakten verzerrt wiedergebe. Goulds Diskussion der Intelligenztheorie ignoriere die vorangegangenen 25 Jahre. Gould habe in relevanten und methodologischen Punkten nichts korrektes beigetragen. Ähnlich äußerte Steven Pinker sich in einem Interview: Goulds Argumente seien von Intelligenzforschern bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung als stark fehlerhaft bis unehrlich empfunden worden und seien heute weitgehend in Verruf geraten.“

        Ich scließe mit Jensen:
        „Die gegenwärtige Theorie einer allgemeinen, angeborenen Intelligenz sei weder methodisch zweifelhaft noch rassistisch motiviert. Vielmehr sei sie die beste Theorie bei den aktuell verfügbaren Daten“

    • @Starosczyk

      Das die Bibel fürchterlichste Passagen enthält, gerade im alten Testament, aber durchaus auch im neuen, ist klar. Ich als Atheist verstehe auch immer weniger, wie man dieses Buch als religiöse Grundlage nehmen kann und vollumfassend als Werk eines gütigen Gottes nehmen kann.

      Aber sie wird ja sehr selektiv gelesen. Und die Lehren Jesus sind ja durchaus menschenfreundlich. In philosophischer Hinsicht kann man sich mit diesen denke ich durchaus anfreunden.

      Es bringt insofern wenig die schrecklichsten Stellen als Beleg für die Schrecklichkeit des heutigen Patriarchats zu sehen.

      • Christian

        „Es bringt insofern wenig die schrecklichsten Stellen als Beleg für die Schrecklichkeit des heutigen Patriarchats zu sehen.“

        Irgendwie hast Du Recht. Es reicht eigentlich der Blick in den Spiegel, um keine weitere Schritte machen zu müssen.

  10. Lucia bezieht sich auf Stephen Jay Gould. Das wird nun vermutlich bald den guten Roslin auf den Plan rufen. 🙂

    Ich habe mir auch mal wieder was überlegt, wie man die Annahme angeborener Intelligenz-Unterschiede vielleicht in Frage stellen kann.

    Ich habe hier mal wieder ein lesenswertes Interview mit dem Hirnforscher Lutz Jäncke entdeckt (ab S. 16).

    Klicke, um auf eb-kurs-winter08.pdf zuzugreifen

    Thema ist „Gehirn und Lernen“.

    In dem Interview betont er vor allem, dass wir dann am besten lernen, wenn uns das Thema stark interessiert – wenn Lernen Spass macht.

    Das bringt mich auf die interessante Frage, bis zu welchem Grad Intelligenz-Unterschiede zwischen Individuen, die unter vergleichbaren Umweltbedingungen aufgewachsen sind, tatsächlich Unterschiede hinsichtlich der angeborenen intellektuellen Begabungen wiederspiegeln und inwiefern es sich vielleicht um angeborene Unterschiede in den Neigungen und Interessen handelt.

    Setzen wir einmal vergleichbare Sozialisationsbedingungen (einschließlich pränataler Bedingungen) voraus und nehmen wir an, eine Person würde im Erwachsenenalter Wissenschaftler, eine andere Sportler. Beide machen nun einen IQ-Test und es kommt zu dem Ergebnis, dass der Wissenschaftler einen höheren IQ besitzt als der Sportler (das muss natürlich nicht unbedingt der Fall sein.)

    Läge das dann zwangsläufig an Unterschieden im angeborenen Potential an Intelligenz, oder könnte es nicht auch so sein, dass beide das gleiche genetische Potential zur Intelligenz hatten, aber verschiedene angeborene Neigungen. Dem Sportler machen bestimmte körperliche Tätigkeiten einfach großen Spass, daher eignet er sich die dafür erforderlichen Kompetenzen an, abstraktes Denken hingegen interessiert ihn einfach nicht so sehr. Der Wissenschaftler hat hingegen mehr Spass an abstrakten Denkprozessen, was einen Anstieg seiner Intelligenz bewirkt.

    Falls diese Überlegung schlüssig ist, wäre die Annahme, dass Unterschieden in der Intelligenz (bei vergleichbarer Sozialisation) notwendigerweise verschiedene angeborene intellektuelle Befähigungen zugrundeliegen in Frage gestellt.
    Anstatt „Intelligenzgene“ könnten dann auch Gene, die zu bestimmten Interessen disponieren, der ausschlaggebende Faktor für Intelligenzunterschiede sein.

    • @Leszek:

      Beide machen nun einen IQ-Test und es kommt zu dem Ergebnis, dass der Wissenschaftler einen höheren IQ besitzt als der Sportler (das muss natürlich nicht unbedingt der Fall sein.)

      Läge das dann zwangsläufig an Unterschieden im angeborenen Potential an Intelligenz, oder könnte es nicht auch so sein, dass beide das gleiche genetische Potential zur Intelligenz hatten, aber verschiedene angeborene Neigungen

      Alfred Binet hat 1905 den ersten brauchbaren Intelligenztest für die jeweiligen Altersgruppen entwickelt. 1912 erfand William Stern den IQ. Beides in einer Zeit in der Frauen mehrheitlich noch nicht studieren konnten. Folglich wurde der IQ mehr für männliche als für weibliche Denkweise entwickelt. Ein Schelm, der darin die in der Zeit noch herrschende Meinung erkennt, dass Frauen den Männern intellektuell unterlegen sind.

      Studien weisen nach, dass es Intelligenzunterschiede zwischen sozialen Schichten gibt. Insofern geht der Begriff Intelligenz à la Gould konform mit denselbigen, dass er eine in Teilen willkürliche Zusammenstellung kognitiver Fähigkeiten ist, die sich ja aus einer komplexen Interaktion von sozialen und biologischen Faktoren ergeben. Außerdem ist der IQ durch üben manipulierbar und obendrein ist er mehr auf Akademiker als auf den „normalen“ Menschen zu geschnitten.

      Anstatt „Intelligenzgene“ könnten dann auch Gene, die zu bestimmten Interessen disponieren, der ausschlaggebende Faktor für Intelligenzunterschiede sein.

      http://sciencev1.orf.at/science/news/150151

      Zitiere:
      Britische Forscher haben bestätigt, was man schon länger vermuten durfte: Der Beitrag der Genetik zur Intelligenz verteilt sich auf sehr viele Erbfaktoren, 0″Mastergene“ der Klugheit gibt es nicht.

      „Genom-Screening bei Schülern“

      Intelligenz ist keine Blütenfarbe. Dass ein so vielschichtiges Phänomen (oder sollte man sagen: Konstrukt?) von vielen Faktoren beeinflusst wird, sagt einem daher bereits die Intuition. Nur ist die nicht immer ein verlässlicher Ratgeber, weswegen man diese Sache durchaus überprüfen sollte.

      Das haben nun Forscher um den Psychologen Robert Plomin getan, sie untersuchten bei 7.000 Kindern 500.000 Genabschnitte und filterten daraus jene sechs, die am stärksten mit der Intelligenz zusammenhingen.

      Doch selbst wenn man den Beitrag dieser sechs Gene zusammen zählt, kann man damit lediglich ein Prozent der Gesamtvariation erklären, schreiben die Forscher im Journal „Genes, Brain and Behavior“ (Online-Veröffentlichung).

      „Keine großen Effekte“

      Das heißt, es gibt Hunderte, vermutlich sogar Tausende weitere Erbfaktoren, die unseren Verstand beeinflussen. Die meisten davon sind noch nicht bekannt. „Wenn wir die einflussreichsten Faktoren abgeschöpft haben und sie lediglich für ein Prozent der Variation verantwortlich sind, dann müssen wir noch ein weiten Weg gehen“, sagt Plomin gegenüber dem Journal „New Scientist“ (1. Dez. 07, S. 16). „Die wichtigste Erkenntnis ist: Es gibt keine großen Effekte.“

      Harvard-Psychologe Stephen Pinker liefert indes einen wichtigen Interpretationshinweis: Geringe Effekte pro Einzelgen bedeuten nämlich keineswegs, dass Intelligenz nicht erblich ist.

  11. @Terminatus

    Du hast den ironischen Unterton der Bemerkung übersehen.
    Ich finde, die Art und Weise, wie wir die Sache bisher diskutiert haben, eigentlich ziemlich produktiv.

    Roslin verteidigt mit den besten ihm zur Verfügung stehenden Argumenten die Position der konventionellen Intelligenzforschung sowie die Annahme von IQ-Gruppenunterschieden.
    Peter und ich (vielleicht möchte sich ja auch Lucia beteiligen) konfrontieren diese Annahmen mit den besten uns zur Verfügung stehenden Gegenargumenten und Kritikpunkten.

    Ich finde, da haben beide Seiten bisher eine sachliche und mit Argumenten geführte Diskussion hingekriegt.

    • Korrektur:

      „sowie die Annahme von genetisch disponierten IQ-Gruppenunterschieden“

      hätte da natürlich stehen sollen.

      Dass es durchschnittliche Gruppenunterschiede in der Intelligenz gibt, bestreite ich ja nicht. Wo kommen diese Unterschiede her? war ja gerade die Streitfrage.

    • Das Problem ist ja, dass es kein Problem gibt, wie Rost richtig festhält: „Intelligenz ist! das am besten erforschte Merkmal der Psychologie“. Es gibt einen Konsens! (Kimura 2007, Gottfredson 1997), welchen Roslin und ich hier vertreten. Hier von „konventionell“ zu sprechen und damit zu insinuieren, dass es einen ebenbürtigen Forschungszweig gäbe, welcher zu einer anderen Einschätzung – zw. 50 und 80% der Intelligenz sind angeboren – gelangt, ist so einfach nicht richtig und in meinen Augen einer Bias geschuldet. „Experten“ sagen … – ja welche Experten denn?

      Die 52 unterzeichnenden Intelligenzforscher – siehe Gottfredson – zur Mehrheitsmeinung in der Intelligenzforschung jedenfalls nicht.

      • Auch eine wissenschaftlich verbreitete und anerkannte Position steht nicht außerhalb der Kritik. Wäre es so – es gäbe wenig wissenschaftlichen Fortschritt.

        Die Befunde über die Erblichkeit von Intelligenz zw. 50% und 80% sind für sich genommen auch keinesfalls ausreichend, um IQ-Gruppenunterschiede zu erklären, weil bei IQ-Gruppenunterschieden noch sehr viele andere Faktoren mithineinspielen, wie ich schon mehrfach dargelegt habe (z.B. Verteilung von Infektionskrankheiten, Unterschiede in der medizinischen Versorgung, Umweltgifte, unterschiedliche Ernährung, pränataler Stress, Nikotin, Alkohol und Drogen während der Schwangerschaft, kulturelle und subkulturelle Wertesysteme, Qualität der pädagogischen Ausbildung).

        Und darüberhinaus habe ich oben eine Hypothese formuliert und zur Diskussion gestellt, warum selbst Intelligenzunterschiede zwischen Individuen (bei vergleichbaren Umwelteinflüssen) möglicherweise zumindest partiell andere Ursachen haben könnten als Unterschiede in der vererbten intellektuellen Begabung.

        Es ist wohl kaum ein „Bias“ eine Hypothese zur Diskussion zu stellen.

        Hast Du zu dieser Hypothese ein gutes Gegenargument auf Grundlage des „wissenschaftlichen Konsenses“?
        Denn zu ermitteln, ob es ein solches gibt, darum ging es mir ja.

        Ansonsten müsste diese Hypothese wissenschaftlich geprüft werden.

      • „Auch eine wissenschaftlich verbreitete und anerkannte Position steht nicht außerhalb der Kritik. Wäre es so – es gäbe wenig wissenschaftlichen Fortschritt.“

        Das Problem ist ja nicht die Kritik, das Problem ist, dass du mit deinen Aussagen den Anschein erweckst, alsob es da einen Zweig gäbe, welcher anderslautender Meinung ist. Diesen gibt es meiner Meinung nach nicht. Es mag vereinzelte Postmodernisten geben, die dies anders beurteilen, deren Meinungen sind aber nicht der Wissenschaftlichkeit sondern dem eigenen Gusto geschuldet.

        Du postulierst:
        Gleiches angeborenes Potential an Intelligenz, gleiche Umweltbedingungen aber verschiedene angeborene Neigungen. Konklusio: Annahme, dass Unterschieden in der Intelligenz (bei vergleichbarer Sozialisation) notwendigerweise verschiedene angeborene intellektuelle Befähigungen zugrundeliegen in Frage gestellt.

        Erst einmal stellt sich die Frage, was du hier überhaupt postuliert hast? Dein Beispiel könnte genausogut materialistisch, aufgefasst werden und die 20 bis 50% der Sozialisation geschuldeten Intelligenzanteil hiermit erklären. Somit wären 100% genetisch erklärbar, einmal über Vererbung einmal über Interessens-Dispositionen. Ich sehe nicht, inwiefern dies im Geringsten den Vererbungsanteil angreifen sollte. Den Konnex zwischen Interesse, Spaß und Intelligenz musst du erst einmal begründen, nicht die etablierte Intelligenzforschung, welche ja, meines Wissens, durchaus eine Verbesserung der Leistungen bei einzelnen IQ-Testungen von bis zu 6 IQ Punkten – in etwa – zuerkennt. Bei Culture-Fair-Testungen sieht die Sache wieder anders aus. Hättest du bestimmte Testungen dieser Art gemacht, wüsstest du vermutlich, dass selbst üben, die Einsicht in den Testaufbau, Interesse bei dir nicht bekannten Aufgaben nicht weiterhelfen. Du siehst die Lösung einfach nicht, währenddessen jemand, der die allgemeine Intelligenz diesbezüglich besitzt, auch bei fehlendem Interesse, die Lösung sofort erkennt. Der Grundfaktor „g“ lässt sich nicht wegdiskutieren. Was ist mit Savants? Haben die daran „Interesse“? Oder wurden sie kulturell daraufhin, durch ihre Eltern gedrillt? Trotzdem vollbringen einige Savants in verschiedenen Intelligenzbereichen Höchstleistungen. Hier eine ominöse kulturelle Komponente zu verorten ist nahezu grotesk. Gerade die Gehirne von Savants geben uns Aufschluss darüber, wie Biologie wirkt.

      • @Terminatus

        Den Begriff „konventionelle Intelligenzforschung“, der Dich offenbar so stört, verwende ich manchmal um einerseits die Forschungstradition, in der die 52 unterzeichnenden Intelligenzforscher stehen, von den sogenannten alternativen Intelligenztheorien abzugrenzen, (die von Eysenck und Rost in ihren Büchern kritisiert werden), andererseits um die Auffassungen von Eysenk, Rost etc. von denen ihrer Kritiker wie Gould, Lewontin, Rose, Kamin abzugrenzen (welche keine Postmodernisten sind).

        „Dein Beispiel könnte genausogut materialistisch, aufgefasst werden und die 20 bis 50% der Sozialisation geschuldeten Intelligenzanteil hiermit erklären.“

        Auch dann wäre es ja eine für die Intelligenzforschung wissenschaftlich relevante Hypothese.
        Das Beispiel könnte aber eben auch anders aufgefasst werden und einen Teil der dem genetischen Anteil der Intelligenz zugeschriebenen 50%- 80% erklären.

        Was die Culture Fair-Testungen angeht, ist doch trotzdem wahrscheinlich, dass Personen mit mehr Spaß am abstrakten Denken in der Regel besser abschneiden.
        Die Frage ist ja: Bewirkt höhere Intelligenz mehr Interesse an Themen, die abstrakte Denkvorgänge erfordern oder bewirkt mehr Spass an abstrakten Denkvorgängen eine höhere Intelligenz oder trifft beides bis zu einem gewissen Grad zu und steht in Wechselwirkung zueinander?

        Die Savants sind hochinteressant, aber wenig repräsentativ.

        Ich will nicht darauf hinaus, dass es keine Erblichkeit der Intelligenz gäbe, sondern dass Unterschiede in der Intelligenz zwischen Individuen (bei vergleichbarer Sozialisation) nicht notwendigerweise primär von Unterschieden in der angeborenen Intelligenz herrühren. Ein Teil könnte auch aus Unterschieden in angeborenen Interessen herrühren.

        Bei Gelegenheit werde ich die verhaltensgenetische und psychologische Literatur zu dieser Frage durchforsten.
        Jetzt fehlt mir gerade die Zeit.

  12. „Was die Culture Fair-Testungen angeht, ist doch trotzdem wahrscheinlich, dass Personen mit mehr Spaß am abstrakten Denken in der Regel besser abschneiden.“

    Eben das wird in der Regel berücksichtigt. Darauf habe ich schon hingewiesen. Noch einmal, wenn es um die Grundintelligenz „g“ geht, bleibst du die Erklärung schuldig.

    „Das Beispiel könnte aber eben auch anders aufgefasst werden und einen Teil der dem genetischen Anteil der Intelligenz zugeschriebenen 50%- 80% erklären.“

    Durch einen anderen, vererbten Faktor des „potentiellen Interesses“ auf einem Genstrang. Beispiel hierfür könnte durchaus sein, dass „weiße“ eher Eishockey spielen und Schwarze eher Basketball. Eine Durchmischung ist hierbei in den USA noch nicht! geglückt.

    Gould stellt die Ergebnisse falsch dar oder hinkt dem Stand der Forschung hinterher und wurde schon lange dahingehend widerlegt, kritisiert u.a. von Pinker. Warum verwendest du ihn?

    „Auch dann wäre es ja eine für die Intelligenzforschung wissenschaftlich relevante Hypothese.“

    Eben nicht, weil du dich dann selbst widerlegen würdest.

    „Für die Erklärung dieses Phänomens, wäre meine Hypothese doch eventuell gut geeignet.“

    Das einzige was du in Frage stellen würdest, wäre der kulturelle Einfluß, insofern du noch deiner genetisch fixierten „Interessenstheorie“ nachhängst.

    „Die Savants sind hochinteressant, aber wenig repräsentativ.“

    Falsch! Sind für die Intelligenzforschung die Hochbegabten wenig repräsentativ, weil die normal Begabten das nicht wollen? Die Savants sind sehr wichtig, da sie uns Einblicke in Funktions- und Arbeitsweise des Gehirns, in biologisch-genetische Einflüsse zur Intelligenz geben.

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