Zinsen waren hier wiederholt als Ursache für den allgemeinen Niedergang im Gespräch. Vielleicht ist es daher an der Zeit einen eigenen Artikel dazu zu haben:
Zinsen sind zunächst nichts anders als die Miete von Kapital.
Wenn jemand ein Auto braucht, dann wundern wir uns nicht, wenn er dem anderen für den Nutzungszeitraum einen bestimmten Betrag und das Auto zurückgeben muss. Wir geben im das Auto wieder, weil es ihm gehört und den Betrag, weil wir es Nutzen durften.
Alles hat einen Gegenwert, und die Nutzung erscheint uns insoweit einen Betrag wert zu sein, weil wir den Vorteil eines Autos unmittelbar erfassen können.
Bei Geld ist die Sache anscheinend schwieriger. Ich vermute, dass es an elementaren Grundsätzen unseres Wertesystems liegt, dass auf Gleichwertigkeit ausgelegt ist.
Einfacher ist das vielleicht mit einem Sack Geld. Wir geben den Sack Geld zurück und zusätzlich einen weiteren Teil Geld, weil wir den Sack Geld nutzen konnten.
Weil es aber in gleichen Einheiten gehandelt und sich um ein Verbrauchsgut handelt erscheint es uns ungerecht. Denn wir haben 100 € bekommen und unser Gerechtigkeitsgefühl sagt uns, dass wir deswegen eigentlich 100 € zurück geben müssten.
Ich denke dieses Gerechtigkeitsgefühl bei Verbrauchsgütern ist insbesondere bei Fleisch entstanden, dass man früher nicht lagern konnte. Die Jäger waren darauf angewiesen, dass immer einer Glück hatte und Großwild erlegt hat und dann seine Beute geteilt hat. Da jeder mal gegeben hat und man das Fleisch eh nicht lagern konnte, ist dies eine für alle vorteilhafte Lösung.
Es ist verständlich, wenn es als ungerecht angesehen wird, wenn der eine eine Keule nimmt und dann später dafür 2 Keulen zurückhaben will. Den bei Verbrauchsgütern erscheint dies, weil es eben die Ausbeutung in Notlagen ermöglicht als wucherisch in einem System auf Gegenseitigkeit.
Das verwechselt aber, dass Geld nicht schlecht wird. Derjenige der Geld übrig hat, kann es speichern und kann daher auch erwarten, dass er für die Nutzung etwas bekommt. Ein Vorgang der in unserer Urzeit bei Verbrauchsgütern einfach nicht bestanden hat.
Weil Geld nicht schlecht wird, ist es das gute Recht desjenigen, der es hat, es möglichst effektiv einzusetzen. Er kann dies machen, indem er es investiert oder eben indem er es anderen Leuten zur Verfügung stellt, die es investieren, und ihm dann für das Mieten des Geldes entschädigen.
Üblicherweise besteht ja auch ein echter Gegenwert für den Darlehensnehmer:
- Wer z.B. ein Haus bauen will, der kann normalerweise die finanziellen Mittel nicht ohne weiteres aufnehmen. Das Darlehen versetzt ihn hierzu in die Lage. Würde er kein Darlehen bekommen, dann könnte er entweder nicht bauen oder aber er müsste Realdarlehen mit allen Handwerkn schließen, und den Werkvertrag in Raten zahlen. Dies würde erhebliche Beeinträchtigungen schon bei den Handwerkern bedeuten, die dann die Baumaterialien vorfinanzieren müssten etc.
- wer ein Gewerbe plant, der kann sich hierüber das Anfangskapital besorgen. Ohne dieses könnte er gegebenenfalls sein Geschäft nicht starten oder erweitern. Er müßte seine Idee direkt an jemanden verkaufen, der das nöige Kapital hat.
In beiden Fällen müßte zunächst dargestellt werden, warum jemand Geld verleihen sollte, wenn ihm keine Zinsen gezahlt werden. Er wäre dann besser beraten, das Geld anderweitig zu investieren, zum Leidwesen derjenigen, die eine Finanzierung benötigen.
In einem System, dass ohne Zinsen auskommen möchte besteht ein Liquiditätsengpasse. Es müßte daher dargelegt werden, wie dieses Inovationshemmnis umgangen werden soll. Wer hieraus keine Antwort hat, der sollte sein System überdenken.
Ein weiterer Einwand ist, dass man dann eben Geld zu einem echten Verbrauchsgut machen soll – es muss an Wert verlieren, damit die obige Gleichung wieder stimmt und unser Gerechtigkeitsgefühl aus der Steinzeit zufrieden ist.
Dabei wird aber übersehen, dass Bargeld der geringste Anteil am Geld ist. Bankguthaben als im Wert sinkendes Geld auszugestalten würde wohl schwierig werden, zumal die Banken dann eben gegenseitig im Kreis überweisen würden. Kann man dies aber nicht ausschalten, dann zahlen die Leute eben einfach bargeldlos.
Zudem würden die Leute in Ersatzwährungen fliehen, weil jeder Einzelne bei SEINEM Geld jedenfalls keinen Verlust machen will. Das Land, dass als erstes die umlaufgesicherte Währung einführt gibt damit im Endeffekt lediglich sein Finanzsystem auf und verlagert die Kreditbeschaffung ins Ausland, dass sich über das Geschäft freuen wird (es reicht ein Bankhaus im Ausland um das System aufrecht zu erhalten. Weil die Leute dann dort ihr Geld anlegen können und untereinander tauschen können. Es sei denn man riegelt das Land, dass die umlaufgesicherte Währung einführt, sofort ab. Dann schneidet man sich natürlich vom internationalen Handel ab.
(es gab meines Wissens nach auch noch keine umlaufgesicherte Währung, die vollkommen eigenständig lief. Es stand immer eine nicht umlaufgesicherte Währung daneben, in der die Leute größere Geschäfte abwickeln konnten).
Zudem hat man damit lediglich ein künstliche Inflation geschaffen. Wenn jemand Waren im Ausland kaufen will, dann werden die Verkäufer kein umlaufgesichertes Geld nehmen, dass einen ungewissen Wert hat, der zudem schwierig zu kontrollieren ist, sondern Divisen. Die dann mit umlaufgesicherten Geld teuer einzukaufen sind.
Etwas anderes ist die Frage, ob Staaten Kredite aufnehmen können sollten. Hier wirkt sich meiner Meinung nach einer der Schwächen der Demokratie aus: Es fehlt an einer langfristigen Verantwortung der handelnden Politiker. Dies ist eine Stärke, weil Macht sich nicht zu stark verfestigen kann. Aber eine Schwäche, weil Erfolge nicht langfristig, sondern auf einen überschaubaren Zeitraum ausgelegt sind. Wenn ein Politiker die Wahl hat zwischen einem langfristigen Erfolg, der zunächst bedeutet, dass der Bürger in der Gegenwart weniger hat und einem kurzfristigen Erfolg, den er als solchen verkaufen kann, der aber die berühmten „späteren Generationen“ belastet, dann kann die aus seiner Sicht logischere Wahl der kurzfristige Erfolg sein.
Für diesen ist unser Gehirn auch eher ausgelegt, da es auf das Leben als Jäger und Sammler ohne Besitz hin selektiert wurde, wo die Lebensumstände eher Entscheidungen mit kurzfristigen Auswirkungen erforderten.