Im Militär gibt es zwei Arten, Ziele zu erreichen.
- das Führen über Befehl: Es können bestimmte Handlungen vorgegeben werden, die dann so ausgeführt werden sollen
- das Führen über den Auftrag: Es wird ein Ziel vorgegeben und dem Soldaten überlassen, wie er es erreicht.
Das Führen über Befehl hat den Vorteil, dass man bestimmte Handlungen schnell erreicht und nicht davon abhängt, dass der Soldat die falschen Überlegungen anstellt. Das Führen durch Auftrag hat hingegen den Vorteil, dass der Soldat flexibler agieren kann und auf unvorhergesehene Umstände besser reagieren kann. Beide Prinzipien lassen sich auf die Steuerung durch Reflexe, Instinkte und Wünsche übertragen. Ein Reflex ist geeignet, wenn eine Reaktion möglichst schnell erfolgen soll. Nährt sich ein Objekt sehr plötzlich und schnell oder taucht ein anderer Mensch sehr plötzlich und schnell vor einem auf, dann ist es sicherer zunächst zurückzuzucken als die Lage zu analysieren. Wenn man nahezu alles frisst, was sich bewegt und die richtige Größe hat und vorbeifliegt, dann lohnt sich ein diesbezüglicher Schnappreflex. Das menschliche Leben erfordert allerdings wesentlich komplexere Entscheidungen. Dies dürfte auch daran liegen, dass die Gegenspieler intelligenter sind und daher ein verdrahtetes Verhalten zu schnell durchschauen und ausnutzen könnten. Wer immer gleich reagiert ist berechenbar, wer sich neue Wege ausdenken kann nicht. In dieser Hinsicht ist ein freier Wille sinnvoll. Allerdings ist es aus der imaginären Sicht der egoistischen Gene weiterhin wichtig, dass die Ziele „Weitergabe der Gene“ erhalten bleibt.
Um so komplexer die Reaktionen des anderen und um so komplizierter die Situation um so günstiger ist die „Führung über Auftrag“. Wünsche sind daher nichts weiter als eine Auftragserteilung und die Intensität der Wünsche kann steuern, welche Priorität ein Wunsch hat. Dabei sind Maßstab für die Intensität des Wunsches – die Notwendigkeit der Wunscherfüllung – die Einfachheit der Wunscherfüllung Wer seit 2 Tagen nichts gegessen hat, der wird hungriger sein als jemand, der vor einer Stunde gegessen hat. Weil die steinzeitliche Erfahrung besagt, dass die Notwendigkeit für eine Wunscherfüllung steigt. Wer gut gegessen hat, aber etwas besonders nahrhaftes sieht, was er sich einfach nehmen kann, der mag noch einmal Hunger bekommen, weil eine solch gute Gelegenheit nicht ungenutzt bleiben sollte (vielleicht der Grund, warum Nachtische meist sehr Kalorienreich sind: Sie verführen uns so eher zum Essen trotz eigentlicher Sättigung („etwas süßes geht immer“)). Die Vorgabe „Hunger“ ermöglicht uns beliebige Wege einzuschlagen, sei es Jagd, die Suche nach Früchten etc oder das Einkaufen in einem Supermarkt. Es ermöglicht uns in der heutigen Welt unsere Planung so auszurichten, dass wir einer bestimmten Tätigkeit nachgehen, die kein Essen produziert, aber über das dafür erzielte universelle Tauschmittel Geld Lebensmittel zu erwerben. Dies wäre über einen Schnappreflex natürlich nicht möglich.
Auch für andere Wünsche kann man entsprechende Betrachtungen vornehmen. Unser Sexualtrieb stellt beispielsweise einen Wunsch dar, der aber wenn keine Reize vorhanden sind, relativ niedrig gehalten werden kann, da die Notwendigkeit der Wunscherfüllung keine Frage des täglichen Überlebens ist. Bietet sich aber eine Gelegenheit dann bietet es sich gerade bei Männern an, den Wunsch recht hoch anzusetzen. Zu Bedenken ist dabei, dass der Wunsch nicht auf das tatsächliche Ziel ausgerichtet sein muss. Es reicht, wenn eine Motivation zu Handlungen besteht, die üblicherweise zu einer Zielerfüllung folgen. Bei Sex wäre es beispielsweise viel zu kompliziert das eigentlich Ziel vorzugeben, also „erreiche eine Befruchtung“. Denn die Vorgänge, die für eine Befruchtung notwendig sind, sind viel zu kompliziert und können automatisiert werden. Ebenso wie wir nicht wissen müssen, wie Sauerstoff ans Blut abgegeben wird, solange wir das Bedürfnis haben Luft in unsere Lungen zu bekommen oder genau zu verstehen, welche Muskeln wir wie benutzen müssen, um einen Arm zu bewegen, ist das Wissen um die Einzelheiten des Vorganges nicht erforderlich. Es reicht, wenn der Wunsch nach Sex entsteht. Um so unberechenbarer die Umstände, um so wichtiger ist eine Führung über Aufträge. Gerade das Leben der Menschen ist aufgrund ihrer Intelligenz besonders kompliziert. Aber auch bei einer extremen Intelligenz lohnt es sich immer noch Zielvorgaben zu haben bzw. eine Selektion gegen Zielvorgaben wie Sex, Essen etc ist wenig effektiv, weil sich diese nie geändert haben.
Oder wie Schopenhauer es ausdrückte:
Wir sind frei, zu tun, was wir wollen, aber nicht frei, zu wollen was wir wollen.“